Jaudusfeuer in Ottmaring

Termin

Dieser Brauch findet am 30.03.2024 statt.
Das Jaudusfeuer in Ottmaring.

Einstiegsinformation

Judasverbrennen, Judasbrennen, Jaudusbrennen, Jaurusbrennen, Jarusfeuer oder Jaudusfeuer werden insbesondere in Bayern die traditionellen Osterfeuer genannt, die vieler Orts sichtbar die Nächte an Ostern erleuchten. Im Weiteren wird der Begriff des Jaudusfeuers verwendet, der in den ländlichen Regionen um Aichach-Friedberg (Bayern) verbreitet ist. Beim Jaudusfeuer handelt es sich um einen christlichen Brauch, bei dem das Osterfeuer am Abend des Karsamstags oder mancherorts erst am Abend des Ostersonntags abgebrannt wird. Er ist in ganz Deutschland und in vielen Teilen Österreichs verbreitet. In Ottmaring, einem Ortsteil von Aichach-Friedberg, findet der Brauch in der Nacht zum Ostersonntag statt. Wie auch in einigen anderen Regionen Deutschlands, insbesondere in Süddeutschland, wird dabei im Osterfeuer eine Stroh- oder Holzpuppe verbrannt, die symbolisch Judas Ischariot darstellt und dem Feuer so seinen Namen gibt.

Empirische Dokumentation

Ablauf und Akteure

An Ostern findet im Christentum die jährliche Gedächtnisfeier zur Auferstehung Jesu Christi statt, der nach dem neuen Testament als Sohn Gottes den Tod überwunden hat. Die Osterliturgie wird mit einem kleinen Feuer an der katholischen Kirche der Gemeinde begonnen und ist ein zentrales Ereignis für die Christen. Die Menschen versammeln sich am Feuer, während der Priester das Feuer weiht. „Über das flammende Holzfeuer spricht der Priester die Segensworte: »Allmächtiger, ewiger Gott,du hast durch Christus allen, die an dich glauben,das Licht deiner Herrlichkeit geschenkt. Segne dieses neue Feuer, das die Nacht erhellt, und entflamme in uns die Sehnsucht nach dir, dem unvergänglichen Licht,damit wir mit reinem Herzen zum ewigen Osterfest gelangen. Darum bitten wir durch Christus, unserem Herrn.«“ Die Osterkerze wird dann an dem geweihten Feuer entzündet und in einer feierlichen Prozession als Lichterweihe in die dunkle Kirche getragen. Sie versinnbildlicht die Auferstehung Christus als Sieger über den Tod und somit dem Licht der Welt. Das Licht ist Symbol der Freude und das Ende von Trauer und Buße. „Sie wird nun während der gesamten fünftägigen Osterzeit bis Pfingsten die Gottesdienste mit ihrer steten Flamme begleiten, um den Gläubigen Hoffnung zu spenden und um auf das neu entstandene Leben hinzuweisen.“
Teilnehmer beim Jaudusfeuer.
Mancherorts tragen die Gläubigen das Osterlicht aus der Osternacht durch lange Holzstecken oder mitgebrachten Kerzen nach Hause. „Bis vor wenigen Jahrzehnten wetteiferten die Buben darum, das Feuer nach der Messe in die Häuser zu tragen und dann mit einem Geldstück oder zumindest einigen Ostereiern dafür entlohnt zu werden.“ Seit vielen Jahren ist es in Ottmaring ein fester Brauch, am Abend des Karsamstags das Osterfeuer bzw. das Jaudusfeuer mit dem Licht der Osterkerze aus der Pfarrkirche zu entzünden. Für das Feuer sammelt die männliche Dorfjugend über mehrere Tage oder Wochen vor Ostern naturbelassenes Brennmaterial aus Baum- oder Strauchschnitt. Dabei ziehen sie in der Gemeinde von Haus zu Haus und erbitten die Bewohner um eine freiwillige Feuerspende, Brennmaterialen oder Geld für Spesen. Dabei wird meist mit den Hausbewohnern auch ein Schnaps getrunken. Die gesammelten Holzstöße werden in Form einer Pyramide außerhalb der Gemeinde auf der „Klinge“ aufgetürmt. Dabei müssen jede Menge Sicherheitsvorschriften und Auflagen der Stadt und des Landratsamtes beachtet werden. Um dem Jaudusfeuer seinem Namen gerecht zu werden, wird auf der Spitze des Stapels symbolisch eine Strohpuppe angebracht. Früher glaubte man daran, dass „der Schein des Osterfeuers den Menschen, die ihn sahen, Glück bringen (würde). Die Häuser, auf die der Schein fiel, sollten sicher sein vor Brandgefahr und die Menschen, die in den Häusern wohnten, sollten vor Krankheit geschützt werden. Um den Schein möglichst weit reichen zu lassen, wurden die Osterfeuer meist auf Hügeln aufgeschichtet.“ Beim Einbrechen der Dunkelheit versammelt sich die Gemeinde, hauptsächlich die Jugend, gesellig um das Jaudusfeuer und kann bei heißer Gulaschsuppe, antialkoholischen oder selbstmitgebrachten alkoholischen Getränken dem Flammenspiel des riesigen Feuers zuschauen. Früher wurde oft um das Feuer getanzt, musiziert und gesungen. Auch heute läuft Musik, jedoch aus Musikanlagen heraus und das gemeinsame Trinken steht bei den Jugendlichen im Vordergrund.

Organisation der Brauchveranstaltung

Wenn eine Gemeinde von Aichach-Friedberg ein Jaudusfeuer abbrennen möchte, muss dieses im Kommunalreferat der Stadt Friedberg angemeldet werden. Die Veranstalter müssen dabei einige Auflagen beachten und folgende Unterlagen zur „Genehmigung von Feuerwerken und Lagerfeuern“ mitbringen:
  • „Veranstaltungsort mit Lageplan, auf dem auch die Zufahrt zweifelsfrei erkennbar ist.
                            Jaudusfeuer Auflagen.
  • Flurnummern und Gemarkung des vorgesehenen Grundstücks.
  • Name und Einverständniserklärung des Grundstückeigentümers.
  • Verantwortlicher Veranstalter mit Name und Anschrift.
  • Veranstalter-Haftpflichtversicherung.“
Das Abbrennen von Jaudusfeuern unterliegt dabei dem Artikel 19 Absatz 5 des Landesstraf- und Verordnungsgesetztes. Es ist wichtig dass die Veranstalter sich an die Auflagen halten um für alle Teilnehmer ein sicheres und schönes Fest gewährleisten zu können.

Gefahren

So schön die Osterfeuer für die Menschen zum anschauen sind, so bergen sie für die Natur eine Gefahr. Schnell können die Osterfeuer zu Scheiterhaufen für Tiere werden. „Der NABU warnt, dass zu früh aufgeschichtete Osterfeuer zur Todesfalle für Kleintiere werden. […] In der ausgeräumten Landschaft suchen Insekten, Amphibien, Rotkehlchen und Zaunkönig, Igel und Wiesel Unterschlupf in den attraktiven Holzhaufen.“ Die Tiere sehen die aufgeschichteten Reisighaufen als vermeintlich sichere Nistplätze in der meist noch kahlen Frühjahrszeit. Daher wird immer wieder betont, dass die Holzstapel nicht schon Wochen lang liegen sollen, sondern erst am Tag des Abbrennens aufgeschichtet werden. Ältere Haufen sollten vorsichtig umgeschichtet werden, um den Tieren eine Fluchtmöglichkeit zu bieten. Auch ist wichtig darauf zu achten, dass die Osterfeuer keine Müllhaufen sind und falsche Materialien beim Verbrennen gefährliche Stoffe freisetzen könnten.

Historische Genese, Verbreitung und Forschungsstand

Entwicklungsgeschichte

Das Jaudusfeuer gehört zum Feuerbrauchtum, bei dem durchwegs Großfeuer abgebrannt werden. Die Menschen setzen sich dabei mit dem Licht und den Kräften der Natur auseinander. Gerade zu Beginn des 20. Jahrhunderts verortete man Osterfeuer im heidnischen Ursprung. Schon die Germanen sollen seinerzeit große Scheiterhaufen entzündet haben, um den Frühling zu begrüßen und um die Sonne auf die Erde zu locken. Dies gilt, wie ähnliche vermeintlich uralte heidnische Traditionen als wissenschaftlich überholt. Schon immer war das Feuer ein Fruchtbarkeitssymbol. Das Feuer mit seiner reinigenden, aber auch zerstörerischen Kraft, die vonnöten ist, damit Neues entstehen kann, steht hier für die Freude über die Auferstehung Christi beziehungsweise für die erstarkende Sonne. Früher betrachtete man dies als ein besonderes Feuer, das geehrt und bis zum Sonnenaufgang bewacht werden musste. Die Versammlung von Menschen um das Feuer war im Mittelalter aber nicht nur ein sichtbares Zeichen des christlichen Lebens, sondern vor allem auch ein gesellschaftliches Ereignis. Auch das kann man bis heute erkennen. Zum Brauch des Judasbrennens könnte ein altes Kirchenlied beigetragen haben, das schon im 14. Jahrhundert verbreitet war. Die letzte Strophe lautete: »O du armer Judas, was hast du getan, dass du unsern Herrn also verraten hast? Deshalb musst du leiden höllische Pein, Luzifers Geselle musst du sein!«“ Nach der Volksmeinung damals stand fest, dass Judas bei dem Satan im höllischen Feuer brennen müsse. Judas Ischariot war einer der zwölf Jünger Jesu von Nazareth, die er selbst als Apostel berief. Laut dem neuen Testament war er es der Jesu in Jerusalem verraten hatte. Durch ihn wurde Christus an die Römer ausliefertet und gekreuzigt. Das negative Bild des Judas symbolisiert seither Verrat und Vergänglichkeit.

Allgemeine Verbreitung

Der Brauch des Osterfeuers ist in ganz Deutschland und Teile von Österreich verbreitet. Die Bezeichnungen und Variationen sind dabei von Ortschaft zu Ortschaft unterschiedlich und lassen sich nicht genau festlegen. Da das Jaudusfeuer witterungsbedingt dieses Ostern (2015) in Ottmaring nicht statt gefunden hat, kann ich nur auf weitere Bilder der Friedberger Allgemeine im Umkreis Aichach-Friedberg verweisen. In Derching und Wulfertshausen wurde trotz Regen und Schnee das Feuer entzündet. Hier ist auch der Judas als Strohpuppe zu erkennen.

Gewährspersonen

Ich habe für diesen Artikel die Großmutter und den Großvater meiner Freundin befragt, die seit sie Kinder sind, am Brauch des Jaudusfeuer teilnehmen.

Weblinks

Literatur

  • Läpple, Alfred: Kleines Lexikon des Christlichen Brauchtums, Pattloch Verlag, Augsburg, 1996.
  • Seethaler, Susanne: Unsere bayerische Lebensart, Echtes Brauchtum von A – Z, Nymphenburger Verlag, München, 2004.
  • Kumpfmüller, Judith / Steinbach, Dorothea: Das bayerische Brauchtumsjahr, Lebendige Folklore zwischen Frankenwald und Watzmann, Heyne Verlag, München, 2005.
  • Ferrari, Waltraud: Alte Bräuche neu erleben, Fest- und Alltag im Rhythmus der Jahreszeiten, Leopold Stocker Verlag, Graz, 2014.
  • Werner, Paul / Werner, Richilde: Der bayerische Heiligenhimmel, Frommer Brauch im Jahreslauf, Plenk Verlag, Berchtesgaden, 2003.

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