5. September 2009

Junggesellensabschiede

Ihre Frage an Dr. Brauch:

Kann man die Junggesellensabschiede auch als Brauch bezeichnen? In Bamberg haben wir pro Wochenende ca 6 Junggesellenabschiede von Gruppen, die von weither kommen. Sie haben feste Rituale und laufen anscheinend nach einem vorgegebenen Muster ab.

Dr. Brauch antwortet:

Junggesellen- und Junggesellinnenabschiede sind Teil der so genannten „rites de passage“, die den Übergang zu einem neuen Lebensabschnitt begleiten. Dass Braut und Bräutigam vor der Eheschließung noch einmal getrennt nach Geschlechtern in ihrem je eigenen Freundeskreis ausgelassen feiern, ist eine aus dem Angelsächsischen kommende Tradition. Dort werden diese Abende „Stag Night“ oder „Hen Night“ genannt. Sie waren ursprünglich Männern vorbehalten, fanden im Elternhaus des Bräutigams statt und dienten vordergründig der Aufklärung über die ehelichen Pflichten. Inzwischen haben sich diese Feiern zu Kneipentouren entwickelt, in denen Gruppen junger Männer in einheitlicher Kleidung vornehmlich freitags oder samstags durch die Innenstädte ziehen. Diese Art, den Abschied vom Ledigendasein zu begehen, hat mittlerweile auch in Deutschland Einzug gehalten, oft zum Ärger der betroffenen Anwohner, die sich durch das Grölen der zu vorgerückter Stunde Betrunkenen belästigt fühlen. Wir haben es hier mit dem Phänomen des Hypertrophierens zu tun. Der Brauch wurde „in seinen Formen gesteigert“ (Josef Dünninger). Ähnliches ist beim Polterabend zu beobachten: Während es früher genügte, zum Zeichen des Glücks ein Glas zu zerbrechen, kippt man Brautpaaren heute oft ganze Lkw-Ladungen voller Scherben vor die Türe. Junge Frauen begehen die „Stag night“ mehrheitlich noch zurückgezogen. Sie treffen sich bei der Braut, verwöhnen sich gegenseitig mit Pediküre, Maniküre oder Gesichtsbehandlungen, trinken Champagner und verzehren kleine Häppchen. Beliebt sind in Schokolade getauchte Obststücke.