Yalda-Nacht

Termin

Darstellung der Yalda-Nacht.

Dieser Brauch findet alljährlich am 21. Dezember statt.

Einstiegsinformation

Die Yalda-Nacht (persisch Shab-e Yalda) ist eines der vier großen persischen Feste des iranischen Kulturkreises, welche gemäß des iranischen Sonnenkalenders jeweils zum astronomischem Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winteranfang gefeiert wurden und aus vorislamischer Zeit stammen. Heute sind nur noch Eyde-Norooz oder Nouruz (Frühlingsanfang) und Shab-e-Yalda übrig geblieben.

Bei der Yalda-Nacht handelt es sich um die längste Nacht des Jahres, die Wintersonnenwende vom 30. Quaus auf den 1. Dey, welche der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember entspricht.

Ablauf

Dieses traditionelle Fest, das schon die Zoroastrier gefeiert haben, symbolisiert den Sieg des Lichts über die Finsternis, da die Tage danach wieder länger werden. Aufgrund dieser Symbolik war Yalda (aramäisch Geburt) zu früheren Zeiten der Sonnengottheit Mithra geweiht.

In der längsten Nacht des Jahres treffen sich traditionell alle Familienmitglieder und Freunde, um das Fest gemeinsam am zentralen Wärmepunkt, den Korssi, zu erleben. Der Korssi ist ein niedriger, viereckiger Tisch, unter welchem sich eine Schale mit heißen Kohlen befindet. Daran können sich die Anwesenden die Füße beziehungsweise den ganzen Körper wärmen. Heute, im Zeitalter von zentralen und mobilen Heizungssystemen, finden sich jedoch nur noch sehr selten traditionelle Korssi in den Häusern.

Jedoch treffen sich noch immer Familie und Freunde, um gemeinsam zu feiern und sich über die nun länger werdenden Tage zu freuen. Die Gestaltung der Feier ist durch die Vielfältigkeit des Vielvölkerstaates Iran sehr von regionalen Bräuchen abhängig.

Speisen zur Yalda-Nacht.

Meist werden verschiedene Speisen gereicht, wie etwa Trockenfrüchte, Nüsse, Obst oder Backobst. Diese werden an einer festlich geschmückten Tafel angerichtet. Von zentraler Bedeutung sind dabei bestimmte Obstsorten wie Honig- und Wassermelonen, Trauben und Granatäpfel. Diese Obstsorten reifen im Iran gewöhnlich in den Monaten Mai, Juni, Juli und August und werden auf behutsame Art und Weise für die Yalda-Nacht konserviert und aufbewahrt. Der Verzehr der Früchte geht auf einen allgemein verbreiteteten Aberglauben zurück. Demnach wird derjenige, der während der längsten Nacht des Jahres Wassermelonen verzehrt, den ganzen Winter lang gesund bleiben und keine Erkältung bekommen.

Vor allem in ländlichen Gegenden ist es auch immer noch üblich, dass in der Yalda-Nacht lodernde Feuer entzündet werden. Das Feuer steht in diesem Kontext wiederum metaphorisch für den Sieg des Lichts über die Dunkelheit.

Die Yalda-Nacht gilt auch als die Nacht der Liebenden, die sich gegenseitig beschenken und gemeinsam fröhliche Lieder singen. Während einzelne Festelemente in verschiedenen Regionen des Irans variieren, gehört die Lesung und Schicksalsdeutung aus der Gedichtsammlung (persisch Diwan) des berühmten persischen Dichters Hafiz zu den unverzichtbaren Pflichten, die nicht vergessen werden dürfen.

Hintergrund-Infos

Ein wesentlicher Festbestandteil der Yalda-Nacht ist die Lesung aus dem Diwan des Hafiz. Diese Sammlung beinhaltet etwa 500 lyrische sowie sprachlich schlichte Gedichte des 14. Jahrhunderts, die meist in Ghaselen geschrieben sind. Bei einer Ghasele handelt es sich um eine traditionsreiche Form der persischen Literatur, welche ursprünglich als Liedform im Laufe des 8. Jahrhunderts im südasiatischen Raum zwischen Persien und Indien enstand. Seit dem frühen 19. Jahrhundert wird diese Form auch als Reimschema in der deutschsprachigen Literatur angewendet. Kennzeichnend für eine Ghasele ist die Folge von zweizeiligen Strophen, deren zweiter Vers den in der ersten Strophe angewandten Reim besitzt.

Hafiz verknüpfte diese Literaturform mit zusätzlichen panegyrischen Elementen. Jede seiner Ghaselen widmet sich einer bestimmten Thematik und setzt sich aus bis zu 15 Reimpaaren mit je zwei Halbversen zusammen. Auffallend ist auch der Bilderreichtum im Diwan, welcher aus dem Sufismus stammt und das Ineinandergreifen von Alltag und Ewigkeit versinnbildlicht.

Aufgrund der hochkomplexen Form- und Sinnzusammensetzungen der Gedichte werden Hafiz‘ Verse auch als Schicksalsdeutung oder Orakelbefragung (Fal e Hafis) von der älteren Generation interpretiert und gedeutet.

Beispielgedicht: Leicht ist die Lieb

Deutsche Übersetzung aus dem Persischen von Joseph von Hammer-Purgstall (1774-1856)

Reich mir o Schenke das Glas,

Bringe den Gästen es zu,
Leicht‘ ist die Lieb‘ im Anfang, Es folgen aber Schwierigkeiten.

الا یا ایها الساقی ادر کاسا و ناولها

که عشق آسان نمود اول ولی افتاد مشکلها

Wegen des Moschusgeruchs, Welchen der Ostwind geraubt
Deinen gekrausten Locken, Wie vieles Blut entfloss dem Herzen!
به بوی نافه‌ای کاخر صبا زان طره بگشاید

ز تاب جعد مشکینش چه خون افتاد در دله

Kann ich genießen der Lust, In des Geliebten Gezelt,
Wenn mich zum Aufbruch immer, Der Karawane Glocke rufet!
مرا در منزل جانان چه امن عیش چون هر دم

جرس فریاد می‌دارد که بربندید محملها

Folge dem Worte des Wirtes, Färbe den Teppich mit Wein.
Reisende sind der Wege, Sie sind des Laufs der Posten kundig.
به می سجاده رنگین کن گرت پیر مغان گوید

که سالک بی‌خبر نبود ز راه و رسم منزلها‌

Finstere Schatten der Nacht! Wogen und Wirbelgefahr,
Können Euch wohl begreifen, Die leicht geschürzt am Ufer wohnen?
شب تاریک و بیم موج و گردابی چنین های

کجا دانند حال ما سبکباران ساحلها

Durch die befriedigte Lust, Ward ich zum Mährchen der Stadt,
Kann ein Geheimnis bleiben, Der Stoff der allgemeinen Sage?
همه کارم ز خود کامی به بدنامی کشید آخر

نهان کی ماند آن رازی کز او سازند محفلها

Wünschest du Ruhe Hafis, Folge dem köstlichen Rat:
Willst du das Liebchen finden, Verlass die Welt und lass sie gehen.
حضوری گر همی‌خواهی از او غایب مشو حافظ

متی ما تلق من تهوی دع الدنیا و اهملها

Gewährsperson

Im Rahmen dieses Artikels wurde ein Interview mit Herrn Roozbeh Karimi geführt. Herr Karimi, Ingenieur und schwarzweiß Fotograf persischer Herkunft, lebt seit vielen Jahren in Augsburg.

Weblinks

Literatur

  • Kerber, Peter: Iran. Islamischer Staat mit jahrtausendealter Kultur. Berlin 2010.
  • Otto-Treutmann, Barbara: In Tschador und Flipflops. Mein Leben in Teheran. Ulm 2007.