Werdenfelser Fosanacht

Termin

Dieser Brauch findet vom 08. bis zum 14. Februar 2024 statt.

Einstiegsinformation

Leben und nicht lustig sein überlaß ich Toren. Denn der Trieb zur Fröhlichkeit ist mir angeboren.
Dieser Spruch stand 1784 an einem Haus in Partenkirchen. Doch trotz seines Alters scheint er im Werdenfelser Land noch heute allgemeingültig zu sein. Hier findet seit Jahrhunderten ein alter Brauch statt: Die `Werdenfelser Fosanacht´. Jedes Jahr zur gleichen Zeit werden die seit Jahrhunderten weitergegebenen Holzlarven aus ihren Truhen geholt – mit den dazugehörigen Gewändern der Ahnen –, aufgesetzt und das Publikum unterhalten. Dieses Spektakel muss man einfach gesehen haben! Die Vielfalt der Maschkera ist groß und es gibt vor allem eine besondere Regel, die die Maschkera einhalten müssen: Man darf nicht erkannt werden! Und in diesem Tun müssen auch die Zuschauer eine wichtige Regel befolgen: Die Rügen der Maschkera muss man über sich ergehen lassen!

Ort

Vor allem Mittenwald und die beiden Ortsteile Garmisch und Partenkirchen sind bekannt für diesen Faschingsbrauch. Aber auch die kleineren Gebiete des Werdenfelser Landes haben nicht nur einen kleinen Teil an diesem Brauch, so zum Beispiel Farchant oder Grainau. Die Werdenfelser Fosanacht endet wie überall Mitternacht am Aschermittwoch. Wer nach Mitternacht (am Aschermittwoch) noch seine Maske trägt, dem wachse sie so ans Gesicht, dass er sie sein ganzes weiteres Leben mit sich tragen muss. Hochkonjunktur erfährt dieser Brauch jedoch am Unsinnigen Donnerstag, Faschingssonntag und Faschingsdienstag. An diesen Tagen findet ein Umzug mit den oben benannten Maschkeratypen statt. Desweiteren finden sogenannte Faschings-Gungln in verschiedenen Wirtshäusern statt. An bestimmten Tagen ist allerdings kein Maschkera unterwegs, da es ihnen der Brauch untersagt. Sogenannte „halbheilige“ Tage (Mittwoch, Freitag und Samstag) verbieten es den Maschkerern, sich zu zeigen. Außerdem gibt es bestimmte Tage, an denen das Fastnachtstreiben ebenfalls verboten ist: „am Lichtmeß- und am Blasiustag (kirchliche Festtage), in Mittenwald am Agathentag und in Partenkirchen in der Sebastiansoktave.“ Der Brauch in Mittenwald wird auf den großen Marktbrandvon 1830 zurückgeführt. In Partenkirchen sei es in dieser einen Woche als Gedenken an die schwere Pest im Jahre 1634 verboten.

Ablauf

Nachfolgend sollen einige der verschiedenen Maschkeratypen dargestellt werden. Zunächst dürfen auf keinen Fall die ‚Schellenrührer‘ fehlen. Ihre Kleidung besteht aus einer kurzen Lederhose und einem weißen Hemd. Ihre Holzmaske zeigt einen maskulinen Bayer. Sie ziehen als Paar durch die Straßen: Der eine trägt an seinem breiten Ledergürtel eine große Kuhglocke, welche er mit seinen rhythmischen ‚Schnacklern‘ zum Klingen bringt. Sein Partner – der sogenannte ‚Vortänzer‘ – begleitet ihn mit Sprüngen. Diese Figur geht auf den alten heidnischen Brauch, den Winter mit Lärm zu vertreiben, zurück. Außerdem tragen sie Ruten bei sich, welche sie vor sich her tragen. Des Weiteren ist an einem Werdenfelser Fosanachtsumzug das ‚Muiradl‘ immer anwesend. Hier wird ein entrindeter Baumstamm von mindestens sechs Maschkerern gezogen. An dem Baumstamm ist ein bewegliches Rad mit einer Nabe durch die Radmitte befestigt, welches mit einer Seite immer den Boden berührt. Auf diesem Rad sitzen zwei Maschkerer (nach außen ein Mann und eine Frau, in Wirklichkeit zwei Männer) und müssen sich auf dem Rad halten. Je schneller jedoch die Maschkerer gehen, welche den Baumstamm ziehen, desto schneller dreht sich das Rad und desto fester müssen sich die beiden Sitzenden halten. ‚As Fleckerlgwand‘ ist auch überall in dieser Region bekannt. Der Name benennt bereits die Kleidung: Ein Gewand mit vielen an einer Seite aufgenähten bunten Flecken. Auch die ‚Jacklschutzer‘ dürfen nicht fehlen. Es sind fünf mit blauen Hosen, einem langen weißen Hemd und einer schwarzen Zipfelmütze über ihrer Holzlarve maskierte Männer. Vier davon tragen eine sogenannte ‚Blochn‘ – eine Heuplane -, mit welcher sie eine Puppe – den sogenannten ‚Jackl‘ – in die Luft schleudern. Der fünfte Mann gibt dazu den Befehl. Hintergrund der Jacklschutzer sind die Schlosser- und Schmiedezunft. Diese zogen früher, meist zu fünft, mit einer zwei mal zwei Meter großen Plane und einer Stoffpuppe, die man Jackl nannte, durch die Ortschaften. Die Puppe wurde so benannt, weil die Schmiede ihren Vorschlaghammer ebenfalls Jackl getauft hatten. Hatten sie keine Arbeit, so zogen sie durch die Ortschaften und baten mit dem Hochschleudern der Puppe darum. Nun hat sich die Bedeutung des Brauchs geändert: Der Jackl war von nun an nicht mehr ein Symbol der Schmiede, er verkörperte jetzt vielmehr den Winter, den man hinausschutzen wollte. Mit zum Fasching im Werdenfels gehören auch die "Untersberger Mandl". Es sind zwei Kobolde – Mann und Frau – mit überdimensional großen Hüten. Diese sollten die bösen Geister und Dämonen vertreiben. Des Weiteren sorgen auch die "Biggalan" für Tumult. Mit gewaltigen Höckern (Buckel, daher der Name) tanzen sie lautlos mit unheimlichen Beinverrenkungen und hohen Sprüngen. Sie haben eine schwarze Zipfelmütze über dem Kopf gezogen und ziehen mit einer ‚Saubloda‘ (Schweinsblase) umher. Mit dieser versehen sie die Zuschauer mit einem Schlag – einerseits als Zeichen der Weckung (Erweckung des Frühlings) und zum anderen als Abwehr gegen die Dämonen. Aber ihre Bedeutung ist geschichtlich bedingt in Partenkirchen noch eine andere: Zu der Zeit als es nur einen Polizisten gab, wurden junge Männer als Hilfe geholt, um kontrollieren zu können, dass die Kinder rechtzeitig nicht mehr auf der Straße unterwegs sind. Diese wurden dann mit Schlägen durch die ‚Saubloda‘ nach Hause getrieben. Auch das ‚Krätz’nweibla‘ ist im Werdenfelser Land recht bekannt. Hier wird ein Mann, welcher in einem Korb auf dem Rücken einer Frau sitzt, dargestellt. Da dies jedoch tatsächlich zu schwer für eine Person alleine wäre, besteht der Oberkörper der Frau lediglich aus Stoff. Das heißt, der tatsächliche Maschkera stellt mit den Beinen eine Frau und dem Oberkörper einen Mann dar. Nicht zuletzt begleiten noch weitere kleinere Fosanachtsgestalten den Umzug: So unter anderem Hexen, ‚Bärentreiber‘ oder ‚Kitteltrager‘. Auch ist meist eine Maschkera-Musik mit von der Partie. Faschings-Gungl Ein ebenso schöner Brauch sind die sogenannten „Gungln“, an denen sich jeweils montags, dienstags und donnerstags die einheimischen Mädchen zum gemeinsamen Tanz mit den „Maschkeras“ einfinden. Diese haben eine jahrhundertelange Tradition, welche sich nur geringfügig verändert hat: Man trifft sich heute nicht mehr in Privathäusern, sondern in Wirtshäusern. Auf den Gungln wird „getanzt, gescherzt, „derbleckt“, gespielt […]“. Und auch hier müssen sich die Maschkera an die Regel des Nicht-erkannt-werdens halten. Es braucht also ein wenig Übung und Geschick, wenn man sein Bier trinken möchte und hierfür seine Larve unerkannt nach oben und wieder nach unten schieben muss.

Akteure

Die Holzlarven werden von Generation zu Generation weitergegeben. So wird dieser Brauch also lediglich von Hiesigen, also Werdenfelsern, ausgeführt.

Requisiten

Die wichtigste Requisite für einen Werdenfelser Maschkera ist die Holzlarve. Hier gibt es unzählig verschiedene: „ „scheane“ und „schiache“, alte und junge, „guate“ und „böase“ . „Die Larve ist nicht irgendeine Verkleidung. „Sie hilft uns, nicht erkannt zu werden“, erklärt Neuner, „ein passendes Gewand inklusive Kopfbedeckung gehören aber noch dazu.“ Zudem verändert man neben der Stimme auch seinen Gang und versucht, anders zu gestikulieren als gewöhnlich. „Manche legen sogar den Ehering ab und schwärzen sich die Hände“, so der Schnitzer […].“Diese Bemühungen haben nur ein Ziel: Unerkannt zu bleiben! Um dies zu erfüllen, kommt es sogar vor, dass die Maschkera gegenseitig ihre Larven im Verlauf des Abends tauschen. Die Maschkera genießen auch ein so hohes Ansehen, dass es den Zuschauern untersagt ist, sich ihnen in den Weg zu stellen oder ihnen bei ihren Anschuldigungen, die sie einem offiziell entgegenbringen dürfen, zu widersprechen. „Maschkerazeit berechtigt, über andere ein Rügegericht zu halten. Gewöhnlich verbreitet man daher Respekt. Selbst bei härtesten Anschuldigungen, Herabsetzungen oder Schelten wagt es kaum jemand, […] [zu widersprechen].“

Varianten

Wie bei jedem Brauch in einer Region gibt es auch im Werdenfelser Fasching Variationen in jedem Teilgebiet, in jeder Ortschaft. Hier werden nur die größeren Variationen genannt. Zum einen finden sich in Mittenwald zwei weitere Maschkeratypen: Die Verkehrtgeher und die ‚Pfannenzieher. Die Verkehrtgeher sind auf der einen Seite mit einer männlichen, auf der anderen Seite mit einer weiblichen Holzlarve ausgestattet. Beim Pfannenzieher wird ein Mann in einer großen Holzpfanne von acht Buben durch den Ort gezogen. Zum anderen gibt es einen weiteren Brauch, welcher sich zwar nicht regional unterscheidet, aber nicht jedes Jahr, sondern nur alle sieben Jahre einmal stattfindet: Der Schäfflertanz. Dieser hatte seine Uraufführung im Jahre 1835. „Ein Partenkirchner, der in München eine Lehre absolvierte und den Schäfflertanz kennen lernte, hat ihn in seine Heimat gebracht.“ Den Zug führt ein Kasperl (auf die Gruppe verteilt sind es drei) an. Ihm folgen die Musiker – zunächst die Trommler, dann die Bläser –, der Vorstand, die Schäffler – die Handwerker, welche relativ am Ende das Fass beschlagen –, die sicherlich 30 männlichen Tänzer und schließlich zwei Schäffler, welche das Fass auf einem Wagen ziehen. Sobald sie sich positioniert haben, beginnt der relativ schwere und lange Tanz der Schäffler in ihren kurzen Lederhosen, weißen Hemden und grünen Hüten. Die Kasperl schlagen Räder, tanzen mit, lassen sich tragen und tragen zur Belustigung der Zuschauer bei. Nachdem der Tanz vollendet ist, wird das Fass von den Handwerkern in ihrer langen Lederschürze beschlagen. Darauf stellt sich anschließend ein Schäffler, welcher zwei Schnapsgläser in einem, später zwei, Reifen rotieren lässt und eine Geschicklichkeit ausweist, welche sich sehen lassen kann, da das Schnapsglas daraufhin noch voll ist. Diese wird dann einem Vorstand weitergereicht, welcher zum Wohle verschiedener Förderer trinkt und dies in eine Rede verpackt. Das Befüllen der Schnapsgläser übernimmt ein Mann, welcher sich als Frau verkleidet. Schließlich wird noch das Schäfflerlied gesungen und das Spektakel ist vorüber.

Hintergrund-Infos

Bei der Werdenfelser Fosanacht kamen weitere Figuren hinzu und andere fielen dafür weg. Ein Beispiel hierfür ist das Weberfransala-Kostüm. Es bestand anstatt der Flecklan aus lauter Fransen, die vom Abfall der Weber herstammten (cirka 30 bis 50 cm lang). Einer der ersten bekannten und berühmtgewordenen Larvenschnitzer war der 1790 in der „Untermühle“ in Partenkirchen geborene Matthias Henggi. In Mittenwald waren es vor allem die dortigen Geigenbauer, welche die Holzlarven schnitzten. So wurden sie von Generation zu Generation weitergegeben und gut verwahrt.

Weblinks

Literatur

  •  Rehm, Adolf und Hildegard: Lebendiges Brauchtum in Werdenfels. Garmisch-Partenkirchen 1995.
  •  Zerling, Clemens; Schweiger, Christian: Masken im Alpenraum. Perchten, Tresterer, Wilde Leut‘… Graz 2005.
  • Rehm, Biwi: brauchtum in garmisch-partenkirchen und im werdenfelser land. Edition Bayern Nr. 4, 2010, Hrsg.
  • Haus der Bayerischen Geschichte: Garmisch-Partenkirchen und Werdenfelser Land.

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