Holzkirchener Kerzenwallfahrt zum Bogenberg

Termin

Dieser Brauch findet vom 07. bis 09. Juni 2025 statt.

Einstiegsinformation

Teilnehmer der Wallfahrt mit Holzstange.
Seit mehr als 500 Jahren machen sich die Holzkirchener (Marktgemeinde Ortenburg bei Passau) am Samstag vor Pfingsten auf, eine 13 Meter lange, mit Wachs umwickelte Holzstange, die Pfingstkerze oder „lange Stang“, zum 75 km entfernten Bogenberg zu tragen. Am zweiten Tag der Fußwallfahrt, dem Pfingstsonntag, kommen sie gegen 14.00 Uhr in der Wallfahrtskirche Bogenberg an und übergeben dort ihre Opfergabe. Das besondere an dieser Laienwallfahrt ist nicht nur ihre Beständigkeit, mit der sie seit Jahrhunderten durchgeführt wird, sondern auch die körperliche Leistung der Kerzenträger, die die 50 kg schwere Holzstange das letzte Wegstück von Bogen zum Bogenberg stehend hinauftragen.

Ablauf der Wallfahrt

Vorbereitungen am Freitag vor Pfingsten

Bei der Pfingstkerze handelt es sich um einen fast 13 m langen Fichtenstamm, der zwei Jahre zuvor gefällt und anschließend zum Trocknen gelagert wurde. Am Freitag vor Pfingsten wird der Fichtenstamm dann für die Wallfahrt vorbereitet. Die Leute vom Haslingerhof in Schöfbach, die sich seit mittlerweile drei Generationen um die Organisation und die Vorbereitungen dieser Laienwallfahrt kümmern, umwickeln den Fichtenstamm mit rotem Wachs in Form von dicken Wachsschnüren. Zusätzlich arbeiten sie im oberen Drittel 5 Büschel vom Segensbaum (lat. Juniperus sabina, dt. auch Stinkwacholder) ein, die Spitze wird außerdem mit einem blauen Band verziert. Um 19.00 Uhr finden sich auf dem Haslingerhof der Pfarrer von Holzkirchen mit einigen Ministranten und ca. 100 Pfarrangehörige ein, um in einer feierlichen Prozession die Kerzenträger auf ihrem ersten Stück der Wallfahrt zu begleiten. Die Kerze wird auf dem 1 km langen Weg von Schöfbach nach Holzkirchen stehend getragen und in der Kirche von Holzkirchen im Rahmen einer kleinen Andacht vom Pfarrer geweiht.

Der Pfingstsamstag

Die Holzstange bei der Wallfahrt.
An diesem Tag bewältigen die Wallfahrer den Weg von Holzkirchen nach Deggendorf, eine Strecke von ca. 50 km. Um 05.00 Uhr morgens beginnt der Tag mit einem Wallfahreramt in der Holzkirchner Pfarrkirche. Anschließend wird die Kerze einmal stehend um das Gotteshaus und dann über den Brunndoblberg getragen. Oben angekommen wird sie umgelegt und fortan überwiegend liegend, das heißt auf den Schultern von zwei Männern, getragen. Zum Schutz der Kleidung und des Wachses ist der Stamm an diesen beiden Stellen zusätzlich mit Lohe (Baumrinde) umwickelt. Hinter den Kerzenträgern gehen die Kreuzlbuben mit einem Holzkruzifix, die Vorbeter (mit Lautsprecher), dann die Männer und hinter ihnen die Frauen. Die Vorbeter stimmen an diesen beiden Tagen etwa 30 bis 35 Rosenkränze an; es gibt aber auch Wegstrecken mit Gebetspausen. Zwischenstationen mit Pausen für Verpflegung sind Vilshofen, Hofkirchen, Winzer und Niederalteich. In Vilshofen schließen sich zahlreiche Gläubige den Wallfahrern an. Vor Hofkirchen wird die Kerze erneut stehend getragen. Nach der Segnung durch den Pfarrer von Hofkirchen machen sich die Pilger auf den Weg nach Winzer, wo sie Zeit für ein Mittagessen haben. Nach einer kurzen Rast beim Kloster Niederalteich folgt das längste Teilstück dieses Tages. Kurz vor Ankunft in der Kirche St. Martin in Deggendort tragen die Männer die Kerze zu Ehren Gottes wieder stehend. Etwa gegen 18.00 Uhr ist es dann soweit: Sie haben die 50 km lange Strecke geschaftt und legen die lange Stang, wie die Kerze von den Einheimischen auch genannt wird, in der Pfarrkirche St. Martin ab. Busse bringen die etwa 300 Wallfahrer anschließend zurück nach Vilshofen und Holzkirchen.

Der Pfingstsonntag

Am Sonntag bewältigen die Wallfahrer die ca. 25 km lange Strecke von Deggendorf nach Bogen und den Aufstieg auf den Bogenberg, wobei die Kerze das letzte und schwierigste Stück ( mit ca. 100 m Höhenunterschied) nur noch stehend getragen wird.

Von Deggendorf nach Bogen

Teilnehmer an der Wallfahrt.
Für die Holzkirchener beginnt dieser Tag noch früher als der Pfingstsamstag. Um 04.00 Uhr morgens holt sie der Bus ab und bringt sie nach Deggendorf, wo sich die Wallfahrer um 05.00 Uhr zum Gottesdienst treffen. Beim Abmarsch wird die Kerze 1 km lang stehend getragen. Zwischenstationen mit Rast an diesem Tag sind Neuhausen, Niederwinkling und Pfelling. Zwischen Niederwinkling und Pfelling, genauer: ab Welchenberg, stellen die Männer die Kerze erneut auf und tragen sie stehend die nächsten 1,5 Kilometer. In Pfelling gibt es ein Marterl, von wo aus der Bogenberg für die Wallfahrer zum ersten Mal zu sehen ist. An diesem Marterl wird zu Ehren der Mutter Gottes ein nur mündlich überliefertes Gebet gesprochen. Etwa um 13.30 Uhr erreichen die Pilger den Ort Bogen, der die Wallfahrer mit einer Blaskapelle begrüßt und zum Stadtplatz führt. Dort warten neben mehreren tausend interessierten Zuschauern etliche Ehrengäste, wie der Landrat vom Landkreis Straubing/Bogen, der Bürgermeister von Bogen und der Wallfahrtspfarrer von Bogenberg. Während diese in ihren Reden die Wallfahrer begrüßen, haben jene noch einmal eine letzte Verschnaufpause vor dem letzten und schwierigsten Teil der Wallfahrt.

Der Aufstieg auf den Bogenberg

Nach den Begrüßungsreden stellt sich der Pilgerzug in neuer Reihenfolge auf: zuerst der Zeremonienmeister mit der Blaskapelle, dann die vier Mädchen mit der Tragemadonna, einer Mutter-Gottes-Statue, die man zuvor von der Wallfahrtskirche Bogenberg herunterbrachte, die kirchlichen Vertreter und anschließend die Wallfahrer. Mit ausreichend Sicherheitsabstand folgen die Kerzenträger, eine Gruppe von etwa 10 bis 15 kräftigen Männern, die von nun die Lange Stang stehend tragen. Die vielen Schaulustigen schließen sich teilweise den Wallfahrern an bzw. folgen den Kerzenträgern, so dass sich eine stattliche Prozession ergibt. Die Kerzenträger übernehmen immer nur ein kurzes Stück des Weges und geben dann die Kerze an den nächsten ab, da der Aufstieg und das Ausbalancieren der knapp 13 m langen und ca. 50 kg schweren Stange viel Kraft und Geschick erfordert. Würde die Kerze fallen und zerstört werden, so würde dies als ein Zeichen für ein drohendes Unglück gedeutet werden. Oben angekommen wird die Kerze noch stehend um die Wallfahrtskirche herum getragen, dann umgelegt und in die voll besetzte Kirche hineingebracht. Im Mittelschiff angekommen, wird sie das letzte Mal aufgestellt, stehend nach vorne zum Altar getragen und schließlich seitlich des Altarraumes am Rand des Bogens befestigt. Dort bleibt sie zwei Jahre lang. Bei der Wallfahrt im folgenden Jahr wird die Kerze auf der anderen Seite des Bogens ersetzt. Als Abschluss zelebriert der Pfarrer von Bogenberg einen feierlichen Gottesdienst. Wallfahrer und Touristen haben auf dem Bogenberg auch die Möglichkeit, sich kulinarisch zu stärken und Andenken und Mitbringsel zu erwerben.
Die  aufgebahrte"Kerze" in der Wallfahrtskiirche.

Hintergrund-Infos

Zur Entstehungsgeschichte

Anlass der Wallfahrt war eine Borkenkäferplage in der Gegend von Holzkirchen im 15. Jhdt. Genaue Zeitangaben liegen nicht vor, die späteren Quellen datieren das Gelübde der Holzkirchner entweder auf das Jahr 1475, 1471 oder 1496. Da die Holzkirchener befürchteten, die Borkenkäfer könnten den ganzen Baumbestand in der waldreichen Gegend vernichten, baten sie die Mutter Gottes auf dem Bogenberg um Hilfe und gelobten, jährlich eine Opferkerze aus einem Fichtenstamm zu bringen, wenn die Plage ein Ende hätte. Offensichtlich hatte die Plage daraufhin wirklich ein Ende, und die in ihrem Gottvertrauen gestärkten Holzkirchener begingen jährlich eine Dankwallfahrt nach Bogenberg. Seit mehr als 500 Jahren wird dies nun jährlich, ohne Unterbrechung, durchgeführt, anfangs noch am Dienstag nach Pfingsten, später wurde der Tag auf den Pfingstsamstag verlegt.

Erinnerungen einer früheren Teilnehmerin

Marienstatue zur Wallfahrt.
Frau Anna Braunstein nahm als junges Mädchen 1954 am letzten Stück der Wallfahrt teil. Ihre Aufgabe war es, zusammen mit drei anderen Mädchen eine Mutter-Gottes-Figur, die Rosenkranzkönigin aus einem Seitenaltar der Bogenberger Kirche, zuerst nach Bogen hinunterzutragen und dann dort die Wallfahrer mit folgendem Spruch zu begrüßen:
Tragt sie nun in Gottes Namen Unsrer lieben Frau hinauf. Nehmt die Mühsal und das Schwitzen Gott zu Liebe jetzt in Kauf. Bleibt dem Bogenberg verbunden weiterhin nach Väterart, denn von allen Wallfahrtszügen ihr die treuesten Pilger wart.
Anschließend reihten sich die vier Mädchen im Pilgerzug ein und trugen die Statue wieder zur Wallfahrtskirche hinauf. Obiger Spruch wird schon seit längerer Zeit nicht mehr vorgetragen. Die Marienfigur wird heute im Anhänger nach Bogen gefahren, wo dann aber wie früher vier Mädchen (wenn möglich Kommunionkinder) mit der Statue den Wallfahrern beim letzten Wegstück voraus gehen.

Das mündlich überlieferte Gebet am Marterl bei Pfelling

Dieses bisher nur mündlich überlieferte Gebet hat laut Herrn Haslinger folgenden Wortlaut:
Ich grüße dich Maria, ich grüße dich Maria, ich grüße dich Maria! O Maria ich grüße dich, 33000mal wie dich der hl. Erzengel Gabriel gegrüßet hat. Es freuet dich in deinem Herzen und mich in meinem Herzen, dass der hl. Erzengel Gabriel den himmlischen Gruß zu dir gebracht hat - gefolgt von einem Gegrüßet seist du Maria; das ganze Gebet wird dreimal hintereinander gesprochen.

Sonstige Informationen

Geschnitzte Darstellung Mariä Himmelfahrt.
  • Die Kerzenträger haben etwa 5 Jahre lang das Aufrechttragen der Holzstange geübt, bis sie in der Lage waren, die Kerze während der Wallfahrt sicher auszubalancieren.
  • Während des 2. Weltkrieges war die Kerze kürzer, weil kräftige Männer fehlten, um den schweren Fichtenstamm in Originallänge stehend zu tragen.
  • Der Borkenkäferbefall kann auch heute noch ein bedrohliches Ausmaß annehmen. Nebenstehendes Bild, eine Wandtafel der Bogenberger Wallfahrtskirche, zeigt, dass 1983 ebenfalls die Fürbitte der Gnadenmutter erbeten wurde.
  • Die Tragemadonna, die Rosenkranzkönigin, die in einem Seitenaltar in der Bogenberger Wallfahrtskirche
Die Figur der Mariä Himmelfahrt, stammt aus dem Jahre 1605. Das Kleid, das sie trägt, wurde zuletzt von Frau Anna Lehmann, geb. Braunstein, einer gelernten Schneiderin aus Bogen, angefertigt. Es handelt sich hier aber nicht um das Gnadenbild, das den Ort zum Wallfahrtsort und den Bogenberg zum heiligen Berg gemacht hat.

Gewährspersonen

Herzlicher Dank geht an Frau Anna Lehmann, geb. Braunstein, heute wohnhaft in 72810 Gomaringen. Ihre Erinnerung an den verschollen geglaubten Begrüßungsvers bereichert die vorliegende Beschreibung sehr. Ebensolcher Dank gebührt dem derzeitigen Wallfahrtsleiter Herrn Thomas Haslinger, der nicht nur den Text des Marterl-Gebetes mitteilte, sondern auch gerne bereit war, meine Fragen zu dieser Wallfahrt zu beantworten.

Weblinks

Literatur

  • Der Bogenberg - 900 Jahre Marienheiligtum, Sonderausstellung 24.4. - 12.9.2004, Begleitheft zur Ausstellung, Kreis- und Heimatmuseum auf dem Bogenberg, 2004, Verlag: Hartmannsgruber KG, 94327 Bogen
  • Pfarr- und Wallfahrtskirche Bogenberg, Bistum Regensburg, Landkreis Straubing-Bogen, Patrozinien: Heilig Kreuz, Mariä Himmelfahrt, Schmidleitner, K., Pfarrer BGR, Neueder, H., Kreisheimatpfleger, 3. Auflage, 2011, Verlag: Oberfränkischer Ansichtskartenverlag Bouillon,Humboldtstr. 5, 95444 Bayreuth

Medien

  • TV-Dokumentarfilm Den Frieden in der Hand. Das Holzkirchner Wallfahrtsgelübde, Deutschland 2003, Regie: Vilsmaier J., Rosenmüller M. H., produziert vom Bayerischen Rundfunk, München

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