Votivtafel

Einstiegsinformation

Votivtafeln an der Decke der Kapelle in Altötting.

Bei einer Votivtafel, oder auch einem Votivbild (von lat. votum, ,,Gelübde, Gebet, Wunsch“) handelt es sich in der Regel um ein kleinformatiges Bild, gemalt auf Holz, Leinwand, Papier, Blech oder hinter Glas. Das Stiften einer Votivtafel steht im engen Zusammenhang zur Wallfahrt. Die Votation ist eine komplexere geistliche Handlung. Die Absicht der Votivtafeln ist der öffentliche Dank, im Hinblick auf ein gnadenhaft empfundenes Geschehen in kritischer Situation. Das Votivbild zeigt den Votanten, den angerufenen Patron in der Ikonographie eines Gnadenbildes und weißt auf den Anlass der Votation hin. Das Votivbild ist ein öffentliches Bekenntnis des Votanten für sein Vertrauen in die Wunderkraft des Gnadenbildes. Es steht zwischen dem Stifterbild, der Weihgabe und dem Epitaph.

Herkunft und Geschichte des Votivbilds

Das seiner Form und seinem Inhalt nach voll ausgebildete Votivbild als eigenständiger Typus ist in der westlichen, vor allem der katholischen Kirche seit dem Ende des 15. Jahrhunderts bekannt. Der Ursprung liegt vermutlich in Italien. Frühe Belege wallfahrtlich dargebrachter kleiner Tafelbilder stammen beispielsweise aus dem Santuario della Madonna del Monte (Forlì), des hl. Nikolaus in Tolentino (Macerata) oder der S. Maria della Quercia in Viterbo. „Votivtafeln stehen sowohl was ihr äußeres Erscheinungsbild als auch was den dargestellten Inhalt und den geistigen Hintergrund betrifft in der Geschichte nicht völlig einzigartig dar.“

Sie weisen vielmehr eine gewisse formale und geistige Verwandtschaft zu Epitaphen, Marterln, der Weihgabe und Stifterbildern auf. Der Zusammenhang des Votivbildes mit dem mittelalterlichen Stifterbild dürfte als erwiesen angesehen werden. Die Stiftung war eine der meist verbreiteten Frömmigkeitsübungen, die nicht zuletzt auch Reichtum und Besitz der Kirche mitbegründete und die sehr früh auch ihre bildhafte Objektivation erfuhr. Als Stifterbild bezeichnet man die Darstellung eines oder mehrerer Stifter oder Auftraggeber, die gegenüber den zentralen Figuren des Bildes oft proportional stark verkleinert sind. Die Stiftung verfolgt jedoch einen anderen, spirituellen Zweck, sie verspricht Seelenheil, wobei die Votation einen Teil einer rituellen Wallfahrtshandlung darstellt. Die ältesten Votivtafeln, die aus deutschem Sprachgebiet erhalten blieben, stammen aus der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert.

Votivtafel, die Votant und Votationsanlass zeigt.

Das früheste in Deutschland erhaltene Votivbild stammt aus dem Jahr 1501, und berichtet von der Erkrankung des Knechts Oswald Dienstl, der an Epilepsie litt und drei Tage lang bewusstlos war, bis seine Frau gelobte, ein wächsernes Haupt nach Altötting zu stiften. Während diese Tafel noch einen langen Text trägt, tritt das Bild im Laufe der Zeit immer weiter in den Vordergrund. Über einen Zeitraum von etwa hundert Jahren fehlen Zeugnisse des Votivbrauchtums dann fast völlig. Denn in einer Welt, die seit der Epoche der Aufklärung immer vernünftiger wird, scheut man das öffentliche Bekenntnis zum Wunderglauben. Die massenhafte Stiftung von Votivtafeln setzt erst knapp ein Jahrhundert später mit der Gegenreformation wieder ein. Erst in den Jahren um 1620/30 trat die Votivtafel in Deutschland wieder in Erscheinung.

Die Hochzeit des wallfahrtlichen Votivbildes fällt in das Jahrhundert vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zum Einsetzen der Aufklärung. Also in jene Epoche, in der auch der barocke Wallfahrtskult seine höchste Blüte erlebte. „Die Verbote, mit denen die aufklärerische Obrigkeit 1784 in Österreich und 1803 in Bayern das gesamte wallfahrtliche Opferwesen und damit auch die Votivbildspende belegte, vermochten es wohl, diesen volksfrommen Brauch zurückzudrängen, nicht aber ihn auszurotten.“ Nach 1800 setzte noch einmal eine Entwicklung ein, die zu einer dritten Blütezeit der Votivtafeln führte, diese war allerdings nun betont bäuerlich geprägt.

Gestaltung der Votivtafel

Das Schema der Votivtafel

Die Grundstruktur

Votivtafel, die nur das Gnadenbild zeigt.

Die Votivtafel zeichnet sich, trotz stark variierender Ausdruckskraft und formalen Elementen, durch das relativ strenge und einheitliche Schema der Darstellung aus. Abgebildet sind der Votant, die von ihm angerufene Himmelsmacht, das Votationsmotiv und eine Inschrift. Letztere befindet sich in den meisten Fällen in der unteren Bildhälfte und fällt teilweise formelhaft – kurz (ex voto) oder aber auch als detaillierter Bericht aus. Sie enthält Namen, Daten und die Geschichte der wunderbaren Rettung des Bittflehenden. Der Votant, der oftmals als frommer Beter dargestellt ist, und der Votationsgrund (der äußere Anlass zum Bittruf, der Votant in jenem Augenblick „augenscheinlicher Todesgefahr“) sind oftmals bildmittig dargestellt. Die angerufene Person wird häufig in der Form des Gnadenbildes dargestellt unter dem sie am betreffenden Wallfahrtsort verehrt wird. Das Kultobjekt nimmt die obere Bildmitte bzw. die rechte oder linke Seite ein. Dieses idealtypische Programm wird häufig nicht erfüllt, und somit sind alle möglichen Signifikantenkombinationen möglich und feststellbar.

Die Varianten

Für den Betrachter der Tafeln und die Forschung ist es natürlich hilfreicher, wenn eine ausführliche Inschrift den Verlöbnisgrund, Namen, Orte und Daten eingehend und genau schildert. Jedoch ist dies selten der Fall. Die genannten Grundelemente sind nicht immer vollständig vorhanden und sie können auch ineinander übergehen. Dies soll im Folgenden an ausgewählten Beispielen in wenigen Zügen erläutert werden.

Es können Votant und Votationsanlass in einer Darstellung zusammengefasst sein. Zu sehen ist das Gnadenbild und eine weitere Person, bei der es sich offensichtlich um den Erkrankten Votanten in seinem Bett liegend, handelt. Er hat die Hände zum Gebet gefaltet. Darunter befindet sich eine Inschrift. Bei dieser Tafel lässt sich sagen, dass es sich um eine simultane Darstellung verschiedener Phasen eines Geschehens handelt.

Des weiteren gibt es auch die isolierte Darstellung erkrankter oder versehrter Körperteile, beispielsweise eines Beines, Augen oder erkrankter Organe. Diese können mit einem, ebenfalls im Bett

Votivtafel ohne Votivanlass.

liegenden Stifter, oder völlig zusammenhangslos abgebildet sein. Es existieren auch Votivtafeln, auf denen das Gnadenbild allein, meist zusammen mit einer Inschrift, gezeigt ist.  Diese Tafeln, lassen jedoch jegliche Deutung außen vor und geben keinerlei Informationen zu Ort, Geschehen oder Votant preis.

Eine weitere Votivtafel aus Altötting  zeigt lediglich das in einen Wolkenkranz eingebettete Gnadenbild in der oberen Bildhälfte, die zwei Votanten in der linken und rechten Bildhälfte darunter und in der linken unteren Ecke eine geöffnete Schriftrolle mit der Aufschrift ,,Ex Voto 1888. Ohne weitere Erläuterung, ob die Stiftung des Votives in prophylaktischer Absicht oder bezugnehmend auf ein abgewendetes Unheil erfolgte.

So tritt statt des genauen Datums oft nur eine Jahreszahl auf. Der Stifter der Tafel wird nicht persönlich genannt, sondern versteckt sich hinter seinen Initialen. Auch das Motiv wird zu einer starren Formel. Ex voto. Zumeist steht die bildliche Wiedergabe im Vordergrund.

Ex Voto

(von lat. votum = ,,Gelübde, Gebet, Wunsch“). Bei der kurzen Formel handelt es sich um das Versprechen oder Anverlöbnis zwischen der angerufenen Person und dem Gläubigen. Ein Mensch „verlobt“ sich an eine Gnadenstätte, bzw. an den dort verehrten Heiligen, d.h. stellt sich ihm anheim und verspricht bei Erhörung der Bitte den Dank öffentlich zu bezeugen. Oft treten auch andere Kürzel als Inschrift auf. „do ut des“ (ich verspreche dir, damit du mir gibst), „V.F.G.A.“ (Voto fatto, grazia avuta: Verlöbnis getan, Gnade erhalten), „G.R.“ (Grazia ricevuta: Gnade erhalten) oder ein einfaches „Maria hat geholfen“.

Stilistische Merkmale

Votivtafel aus Maria Birnbaum.

Szene und dargestellte Gegenstände

Schilderung des Votationsanlasses in Phasen

Bei einer Tafel aus dem Kloster Maria Birnbaum sieht man in der linken Bildhälfte den verwundeten Votanten unter einem Baum liegend. Sein Hut ist ihm vom Kopf gefallen. Auf der rechten Bildhälfte erkennt man ihn zusammen mit einer weiteren Person, in Adorationshaltung mit erhobenen Armen. Es lassen sich also zwei Phasen erkennen: ein Mal in dem Moment des Unglücks und ein Mal nach der Rettung.

Hinweisende Gebärden

Ein anderes von den Votivtafelmalern gerne benutztes Stilmittel ist die hinweisende Gebärde zur Veranschaulichung der äußeren Votationsgründe. Wenn man die Zeichen versteht, so kann man den Grund warum eine Tafel gestiftet wurde zumindest vermuten. Hierbei deuten die Votanten mit ihrem Zeigefinger beispielsweise auf ihren Kopf, Augen oder andere Gliedmaßen, die erkrankt oder verletzt sind. Eine genauere Diagnose ist hierbei leider nicht möglich.

Die Umgebung des Votanten

Beachtung verdient auch die Umgebung des Votanten, die manchmal zur Kennzeichnung des Votationsgrundes oder des Kultplatzes beiträgt. Es gibt neutrale Positionen, unbestimmbare Sakralräume und Außenansichten von Haus und Hof. Sehr häufig finden sich weite Landschaften, die als Zeichen für den irdischen Bereich schlechthin zu verstehen sind.

Der Vorhang

Votivtafel mit dargestelltem Vorhang.

Häufig wird die gesamte Darstellung durch einen mehr oder weniger naturalistisch gemalten Vorhang eingerahmt.  Manchmal finden wir diese Vorhänge nur spärlich angedeutet, manchmal begegnen sie uns auch als mächtige Draperie mit Kordeln und Quasten, so dass das Bild einen theaterhaften Zug annimmt. Harvolk deutet den Vorhang als Mittel zur Hervorhebung der Heiligkeit des Schauplatzes im Sinne des Tabernakels, dessen Bedeutung über die formal-dekorative Funktion hinausgeht. Der Vorhang markiert somit die Grenze zwischen irdischem und heiligem Raum.

Die Wolkenbank

Des Öfteren wird das Gnadenbild auch auf einer Wolkenbank, bzw. einem Wolkenkranz dargestellt. Beispiele hierfür sind die Votivtafeln zwei, vier, fünf und sechs. Zu sehen ist jeweils die angerufene Person, umgeben von Wolken. Sie sind vollkommen abgegrenzt zu der restlichen Umgebung und stellen somit ein Sinnbild für das Überirdische dar.

Maler und Herstellungsprozess

Nicht immer waren die Votanten gleichzeitig auch die Maler der Votivtafeln. In der Regel handelte es sich um Auftragsarbeiten. Sie wurden von einem zumeist anonym gebliebenen und nebenberuflich tätigen „Taferlmaler“ angefertigt. Diese Maler betätigten sich hauptberuflich oft als Schreiner oder Bauern. Aber es gibt auch wirkliche Kunstwerke darunter, von der Hand großer Künstler geschaffen. So soll Franz v. Lenbach in seiner Jugend im heimatlichen Schrobenhausen sein Geld mit dem Malen von Votivtafeln verdient haben. Die meisten blieben jedoch anonym, und signierten ihr Werk nicht. Nur wenige Votivmaler sind an ihrem Stil erkennbar und ausfindig zu machen. Die meisten Votivtafeln sind auf Holz gemalt, seltener auf Leinwand. Man verwendet auch Karton oder Papier. Einige wenige Votivtafeln wurden auch in der sogenannten Hinterglas-Technik ausgeführt, bei der man das Bild auf die Rückseite einer Glasscheibe malte. Im 19. Jahrhundert wird auch Blech zur Grundlage genommen, ein Material, dass auch im 20. Jahrhundert noch Verwendung findet. Gewöhnlich haben die Tafeln eine leuchtende und kräftige Farbgebung. Oftmals unter Verwendung der Primärfarben (Rot, Blau, Gelb bzw. Gold). Die Grundsätze einer naturalistischen Wiedergabe sind in der Darstellung nicht wichtig. So erscheinen die Figuren oftmals naiv. Sie zeichnen sich durch Flächenhaftigkeit, oftmaliges Fehlen der Perspektive und unterschiedliche Größenverhältnisse aus.

Die Votivtafel und ihre Erscheinungsformen – Darstellung der Anlässe

Votivtafel aus Blech.

„In den Votivtafeln werden für uns die Leiden einzelner Personen und kleinerer Gemeinschaften, die ohne sie vergessen und ohne Geschichte wären, noch einmal Gegenwart.“ Sie erzählen lauter Geschichten von Verzweiflung, Glaube und Hoffnung. So sind sieZeugen von Demut und Dankbarkeit. Die beschriebenen Leiden bilden ein breites Spektrum von Krankheiten, Kriegen und Schlachten, Unfällen und Naturkatastrophen. Jedes Bild steht für ein Schicksal, das man der angerufenen Himmelsmacht anvertraut hat. So wie es ganz unterschiedliche Menschen gibt, existieren unzählige Darstellungsformen und Anlässe, die sich schwer in Kategorien einordnen lassen. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über verschiedene Anlässe gegeben werden:

Krankheitsdarstellungen

  • Krankheiten des Menschen
  • Gebrechen des Leibes
  • Die kranken Gliedmaßen (Augen, Beine..)
  • Wahnsinn und Besessenheit, Dämonische Mächte
  • Schwangerschaft und Geburt
  • Kleinkind und Totgeburt
  • Krankheiten des Viehs
  • Probleme der Viehzucht

Unfälle

  • Der Mensch und seine Arbeit
  • Der Sturz, der „freie Fall“
  • Überfälle und Unfälle auf Reisen

Naturgewalten und schwere Zeiten

  • Das Feuer, der Blitz
  • Wassernot
  • Überschwemmung
  • Epidemien
  • Krieg im eigenen und im fremden Land, Gefangenschaft und Tortur
  • Gewalt, Verbrechen

Nicht ersichtlich

  • Die Bittenden auf den Knien oder im Stehen

Votivtafeln und die Medizin

Votivtafel, die eine OP darstellt.

Votivtafeln stellen eine großartige Illustration der Medizingeschichte dar. Sie geben einen Einblick in die damals vorherrschenden medizinischen Praktiken und die teilweise katastrophalen hygienischen Umstände unter denen beispielsweise Operationen durchgeführt wurden. So waren unter anderem Abführen, Aderlass und Klistier die Grundpfeiler der Behandlung fast jeder Krankheit. Operationen wurden zudem ohne Anästhesie, Antisepsis oder Bluttransfusionen ausgeführt. In der heutigen Zeit ist das nicht mehr vorstellbar. Aber auch viele Seuchen und eine hohe Kindersterblichkeit führten dazu, dass diverse Heilige (14 Nothelfer) angebetet wurden, die jeweils für eine bestimmte Krankheit oder ein bestimmtes Symptom standen. Meistens bezog sich die Krankheit auf ihren Märtyrer-Tod. So rief man z.B. den heiligen Erasmus bei Unterleibserkrankungen, Geburtsschmerzen und Koliken, weil man ihm die Eingeweide mit einer Winde aus dem Leib gespult hatte. Die heilige Apollonia half bei Zahnschmerzen, weil ihr vor ihrem Tod die Zähne gezogen wurden. Der Maler musste sich nicht an wissenschaftliche Exaktheit halten. Das war für den Votanten auch nicht vorrangig wichtig. Trotzdem sind die erhaltenen Votivbilder eine reiche Informationsquelle für die Geschichte der Medizin. Sie geben über die damaligen Lebensbedingungen Aufschluss, und stellen somit einen wahren Schatz, nicht nur für die Medizingeschichte, sondern auch für die Geschichte unserer Kultur überhaupt dar.

Die Wiederentdeckung der Votivtafel in Sammlung und Forschung

Votivtafel, die einen Autounfall darstellt.

„Es gibt wohl kein geschichtliches Dokument, das in solcher Komprimierung und Prägnanz den stets gespannten Bogen des Daseins zwischen Leiden und Hoffen, zwischen Angst und Zuversicht wiedergibt – und das mit einer Eindringlichkeit und Überzeugungskraft, wie sie nur dem spontan Echten eigen ist. Das Votivbild ist deshalb mit gutem Grund eine Fundgrube für die volkskundliche Forschung geworden.“

Votivtafeln geben Aufschluss über volksmedizinische und religiös-magische Praktiken (Operationen, Taufe totgeborener Kinder…), das damalige Leben im Allgemeinen (Kleidung, bäuerliche Arbeitsvorgänge) und die Probleme und Ängste von Früher. Innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums gelang es Forschern, Sammlern und Interessierten recht umfangreiche Kenntnisse des Votivbildwesens zu erlangen. Außen vor sind in dem Fall die bis in das Spätmittelalter zurückreichenden Wallfahrts- und Mirakelbücher. Die Wissenschaft beschäftigt sich mit diesem Thema eigentlich erst seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Zu dieser Zeit entstanden auch die ersten Völkerkundemuseen. Anfangs machen nur einige Privatsammler auf die Bedeutung dieser gegenständlichen Zeugnisse des Volksglaubens aufmerksam. Zu nennen wären der Künstler Hugo von Preen, der Kulturgeschichtler Anton M. Pachinger und vor allem die Forscherin Marie Andree-Eysn. Sie ebnen den späteren Weg zur Weiterarbeit, Inventarisierung der Votivtafeln und die wechselvolle Wiederentdeckung der Votivbilder überhaupt.

Auch einige Künstler des Expressionismus, unter anderem die Künstlergruppe „Der blaue Reiter“, widmeten sich der Bauernmalerei, Votiv- und Hinterglasbildern sowie der einheimischen Volkskunst. Das Votivbild, das früher nur als primitive Volkskunst galt, ist ab diesem Zeitpunkt ausstellungswürdig geworden. Davon zeugen bis heute große Sammlungen von Rang, z.B. von Maria Andree-Eysen oder Rudolf Kriss, die später dann das Bayerische Nationalmuseum in München ergänzte und dem Forscher Lenz Kriss-Rettenbeck als Grundlage für seine Publikationen diente. Auch heute noch werden jedes Jahr aufs Neue Votivtafeln gespendet. Die Anzahl ist jedoch im Vergleich zu früher stark rückläufig. Sie zeugen von unserem heutigen Leben, den medizinischen Standards und unserem sozialen Umfeld. So sind die modernen Votivtafeln oft durch andere stilistische Merkmale oder Materialien gekennzeichnet, jedoch werden bis heute ähnliche Bildinhalte gezeigt. Beispielsweise passieren jetzt Arbeitsunfälle nicht mehr mit dem Ochsen, dafür mit Kettensägen oder Hochspannung; Unfälle auf der Straße nicht mehr mit der Kutsche sondern mit dem Auto und Operationen werden nicht mehr ohne Narkose, sondern mit Hilfe modernster Technik durchgeführt.

Literatur

  • Amereller, Almut: Votiv-Bilder. Volkskunst als Dokument menschlicher Hilfsbedürftigkeit, dargestellt am Beispiel der Votiv-Bilder des Klosters Andechs. München 1965.
  • Baer, Frank: Votivtafel-Geschichten. Votivtafeln erzählen von Räubern und Kriegen, von Feuersbrünsten und Kindsnöten, und Verkehrsunfällen und von wunderbarer Hilfe. Rosenheim 1976.
  • Beitl, Klaus: Votivbilder. Zeugnisse einer alten Volkskunst. Salzburg 1973.
  • Brauneck, Manfred: Religiöse Volkskunst. Votivgaben, Andachtsbilder, Hinterglas, Rosenkranz, Amulette. Köln 1978.
  • Creux, René (Hrsg.): Ex voto. Brauchtum und Glaube. Die Bilderwelt des Volkes. Frauenfeld 1980.
  • Harvolk, Edgar: Votivtafeln. Bildzeugnisse von Hilfsbedürftigkeit und Gottvertrauen. München 1979.
  • Kriss-Rettenbeck, Lenz: Das Votivbild. München 1958.
  • Kriss-Rettenbeck, Lenz: Ex Voto. Zeichen Bild und Abbild im christlichen Votivbrauchtum. Zürich 1972.
  • Theopold, Wilhelm: Hab ein kostbar Gut erfleht. Ein Essay über Votivmalerei. München 1977.
  • Theopold, Wilhelm: Votivmalerei und Medizin. Kulturgeschichte und Heilkunst im Spiegel der Votivmalerei. München 1978.