Einstiegsinformation
Die Pfadfinderbewegung wurde im Jahr 1907 von Baron Robert Stephenson Smyth Baden-Powell begründet, als er auf der Insel Brownsea im Hafengebiet von Poole ein Zeltlager für 21 Jungen aller sozialen Schichten veranstaltete. Die Idee einer Jugendbewegung, die dem Grundsatz des learning- by- doing folgte, indem jedem verantwortungsvolle Aufgaben für die ganze Gruppe übertragen wurden, wurde innerhalb weniger Jahrzehnte auf der ganzen Welt verbreitet . Die internationale, religiös und politisch unabhängige Bewegung für Kinder und Jugendliche hat sich auch in Deutschland etabliert, wobei sich die Stämme, also altersübergreifende Gruppen an einem Ort, in verschiedenen Bünden und Landesverbänden zusammengeschlossen haben. Die größten Bünde in Deutschland sind dabei der katholische Sankt- Georgs- Bund DPSG, der eher evangelische Verein Christlicher Pfadfinder VCP und der interkonfessionelle Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder BdP . Innerhalb der Bünde haben sich eigene Traditionen entwickelt, wobei alle das Ziel der Förderung der Entwicklung junger Menschen verfolgen, damit diese in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen können. Dazu sind die Pfadfinder in drei Stufen nach dem Alter unterteilt. Die Stufe der Wölflinge richtet sich an 6-12- Jährige, die vor allem durch spielerische Methoden an die Pfadfinderidee herangeführt werden sollen. Die Stufe der Pfadfinder etwa von 12 bis 16 Jahren soll den Jugendlichen Selbstständigkeit und ein Verantwortungsgefühl gegenüber Umwelt und dem Gemeinwesen vermitteln. Diese beiden Altersstufen sind in Gruppen, den Meuten und Sippen, die sich nach den Geburtsjahrgängen gliedern, zusammengefasst. In der Stufe der Ranger und Rover ab 16 Jahren schließlich geht es darum, wirklich gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und sich selbst entsprechend seiner Fähigkeiten einzubringen. „Dabei steht der junge Mensch als ganzheitliche Persönlichkeit im Mittelpunkt. Wir wollen als verantwortliche Bürgerinnen und Bürger eine demokratische, weltoffene Gesellschaft mitgestalten und mittragen.“ Der Übergang von Mitgliedern von einer Stufe in eine andere wird in jedem Stamm anders zelebriert, wobei der genaue Ablauf meist über Generationen weitergegeben wird. Dennoch gibt es entsprechend des Selbstgestaltungsprinzip im Laufe der Zeit Veränderungen im genauen Ablauf, die dahinter stehende Idee bleibt aber die gleiche: Beim Eintritt in die Stufen der Wölflinge und der Pfadfinder gibt man das Versprechen ab, nach den Regeln der Pfadfinderinnen und Pfadfinder zu leben. Beim Stufenübergang in die Roverstufe erneuert man sein Versprechen und bekommt zusätzlich Verantwortung übertragen.
Ablauf
Hier wird der Ablauf einer typischen Versprechensfeier beim Stamm Jean Monnet aus Neubiberg, der dem BdP angehört, beschrieben.
Vorbereitung
Der Termin ist nur den Organisatoren, also dem aktuellen Roverkreis bekannt, wobei den zu versprechenden Kindern und Jugendlichen oftmals schon vorher klar ist, dass ein Abend am Zeltlager ohne offizielles Programm bedeutet, dass es wohl eine Versprechensfeier geben wird. Wichtig für die Organisatoren ist außerdem die möglichst unbemerkte Suche nach einem geeigneten Platz mitten in der Natur, möglichst abgeschieden von sonstigen Zeichen der Zivilisation. Außerdem werden Halstücher vorbereitet, die je nach Stufe entweder gelb, blau- gelb oder blau-gelb-rot sind und als Symbol für die Zugehörigkeit des Einzelnen zur Pfadfinderbewegung steht. Wichtig für den späteren Ablauf ist außerdem die Vorbereitung einer Lichterspur, also einem mit Fackeln beleuchteten Weg vom Zeltlager zum Ort der Versprechensfeier, und einer Versprechensfeier- Geschichte, die den inhaltlichen Rahmen vorgibt. Die zu versprechenden Stammesmitglieder treffen sich außerdem in ihren Gruppen zu einem Gespräch, das „Sippe intern“ bzw. „Meute intern“ genannt wird. Darin wird über die Pfadfinderregeln gesprochen und v.a. den Jüngeren der Ablauf und die Bedeutung der Versprechensfeier erklärt. Außerdem soll es darum gehen, dass jeder in sich geht und überlegt, welche Pfadfinderregeln für ihn in besonderem Maße gelten und wo man an sich arbeiten sollte. Für die etwa 15- 16- Jährigen, die in die Roverstufe aufgenommen werden sollen, ist am Abend vor der Versprechensfeier eine Wache eingeplant, die mindestens ein paar Stunden oder eher eine ganze Nacht in Einsamkeit vorsieht. Während dieser Zeit soll mithilfe von Denkanstößen wie den Pfadfinderregeln, nachdenklichen Texten und teilweise Feedback der anderen Rover das eigene Verhalten im Stamm reflektiert werden und außerdem sollen Vorsätze für die verantwortungsvolle Aufgabe als Rover gefasst werden.
Die Versprechensfeier
Sobald es dunkel ist versammelt sich der ganze Stamm, bzw. alle am Zeltlager Anwesenden gekleidet in Kluft – soweit vorhanden – und Halstuch am Lagerfeuer. Die Versprechensfeier beginnt dort mit dem Vorlesen des ersten Teils einer Geschichte, die in der Regel einen der Pfadfinderwerte Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme, Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit, Achtung vor dem anderen, Selbstbeherrschung, Courage, Umweltschutz und Bewusstsein für die Natur, Freundschaft, Einsatz für Frieden und Gemeinschaft, sowie Kritikfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft thematisiert. Schweigend geht dann ein Teil des Stammes los zu einer sog. Lichterspur, auf der den Fackeln folgend mit kurzen Stopps an diesen die Fortsetzung der Geschichte gelesen wird. Nach und nach machen sich die weiteren Meuten und Sippen auf den Weg zum Versprechensplatz. Die Wartenden am Feuer singen in der Zeit Pfadfinderlieder mit Gitarrenbegleitung. Nach und nach erreichen schließlich alle Mitglieder des Pfadfinderstammes den Versprechensfeierplatz, der möglichst feierlich mit Fackeln dekoriert ist. Dort wird ein großer Kreis gebildet, in dem auch die drei oder vier Mitglieder der Stammesführung stehen. Der letzte Teil der Geschichte wird vorgelesen und außerdem erläutert, was man aus der Geschichte lernen kann und was daraus bei den Pfadfindern im eigenen Stamm relevant sein soll. Oftmals wird dabei auf aktuelle Fehlentwicklungen im Stamm eingegangen. Schließlich folgt der zeremonielle Teil, in dem die neu aufzunehmenden Kinder und Jugendlichen gruppenweise in die Mitte des Kreises gebeten werden. Alle Anwesenden heben die Hand zum Pfadfinder- bzw. Wölflingsgruß, einer bestimmten Handhaltung mit drei bzw. zwei abgespreizten Fingern. Diejenigen in der Mitte des Kreises sprechen entweder die Worte „Ich will ein guter Freund sein und unsere Regeln achten.“ bei den Wölflingen bzw. beim Übertritt in die Pfadfinderstufe „Ich will (im Vertrauen auf Gottes Hilfe) nach den Regeln der Pfadfinderinnen und Pfadfinder mit euch leben.“(vgl. Regeln im Anhang). Danach reichen die Stammesführungen den neu Aufgenommenen die linke Hand, wobei der kleine Finger abgespreizt wird . Zudem werden die Halstücher überreicht, die für Wölflinge schlicht gelb sind und oftmals schon einen Besitzer hatten, die blau- gelben Pfadfinderhalstücher hingegen sind neu. Pfadfinder mit etwa 16 Jahren, die die notwendige Reife für das Amt eines Gruppenleiters, also Ranger bzw. Rovers haben, werden anhand einer Beschreibung ihres Charakters nach vorne gebeten. Nach einer Erneuerung des Pfadfinderversprechens werden die gelb- blau- roten Halstücher mit guten Wünschen übergeben. Zum Abschied aus der gemeinsamen Zeit als Sippe wird oftmals von den neuen Rovern eine kleine Überraschung wie einheitliche Kleidung vorbereitet. Nach dieser offiziellen Aufnahme in den Stamm gehen alle gemeinsam zurück zum Lagerplatz, wobei die Stimmung wieder ausgelassener wird. Vor allem jedoch den Jüngeren ist die Anspannung der besonderen Situation ins Gesicht geschrieben und es dauert oftmals bis zum nächsten Tag, bis diese sehr symbolträchtige Verleihung des Halstuchs realisiert wird. Zurück am Lagerplatz klingt der Abend am Lagerfeuer bei Gesang und dem Pfadfindergetränk Tschai, einer Mischung aus Tee und Säften mit Trockenfrüchten und Nüssen, bei dem jeder Stamm sein eigenes Rezept hat, aus.
Bedeutung
Beim Stufeneintritt in die Wölflingsstufe geht es um die Aufnahme neuer Mitglieder in den Pfadfinderstamm. Bei der Verleihung des Pfadfinderhalstuchs steht dieses als Symbol für mehr Verantwortung v.a. sich selbst gegenüber, sodass Kindern mit einem gelb- blauen Halstuch z.B. anders als Wölflinge schnitzen dürfen. Beim Stufenübertritt in die Roverstufe geht es einerseits um die Erneuerung des Pfadfinderversprechens und außerdem um die Selbstreflexion aus der Wache, sodass die Bedeutung der Regeln für die folgende Arbeit z.B. als Gruppenleiter verinnerlicht wurden. Die Roverhalstücher wurden vorher möglichst unbemerkt den Pfadfindern abgenommen und um einen roten Streifen ergänzt.
Teilnehmer
Anwesend sein sollen so viele Mitglieder des Stammes wie möglich, wobei wegen des Termins während eines Pfadfinderlagers in den Schulferien oftmals gerade die älteren Pfadfinder verhindert sind. In der Regel sind keine Externen bei einer Versprechensfeier anwesend, weil es um die Aufnahme in die Gemeinschaft des Stammes geht.
Geschichte
Das Pfadfinderversprechen vom Gründer Baden- Powell, unter den Pfadfindern kurz BP genannt, sah ein Versprechen in dreierlei Form vor- gegenüber Gott gleich welcher Religion, sich selbst und der Gruppe: Die Pfadfinder versprachen damals ihre Pflicht gegenüber Gott und dem König bzw. dem Land zu tun, jederzeit anderen Menschen zu helfen und das Pfadfindergesetz zu erfüllen.
Gewährspersonen
- Laura Geiselmann, Mitglied des Stammes Jean Monnet, Neubiberg
- Pia Schmidhuber, Mitglied des Stammes Jean Monnet, Neubiberg
Anhang
Die neun Pfadfinderregeln im BdP lauten wie folgt:
- Ich will hilfsbereit und rücksichtsvoll sein.
- Ich will den anderen achten.
- Ich will zur Freundschaft aller Pfadfinderinnen und Pfadfinder beitragen.
- Ich will aufrichtig und zuverlässig sein.
- Ich will kritisch sein und Verantwortung übernehmen.
- Ich will Schwierigkeiten nicht ausweichen.
- Ich will die Natur kennen lernen und helfen, sie zu erhalten.
- Ich will mich beherrschen.
- Ich will dem Frieden dienen und mich für die Gemeinschaft einsetzen, in der ich lebe.