Straubinger Krippenweg

Termin

Die Reisingerkrippe.
Dieser Brauch findet vom 01. bis zum 22. Dezember 2024 statt.

Einstiegsinformation

Zur Advents- und Weihnachtszeit laden die Krippenfreunde Straubing und das Amt für Tourismus zu der Sonderführung Straubinger Krippenweg durch die Innenstadt ein. Auf dem Rundgang werden den Teilnehmern und Teilnehmerinnen unter fachkundiger Leitung historische Krippenfiguren, Weihnachts- und Jahreskrippen vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart gezeigt. Zentrale Stationen der Führungen sind die verschiedenen weihnachtlichen Darstellungen in den Kirchen und im Foyer des Gäubodenmuseums. Außerdem werden Krippen in den Schaufenstern der Geschäfte des Stadtzentrums aufgestellt. Da die gezeigten Krippen zu den wertvollsten und größten in dem Bezirk gehören und fünf Jahrhunderte umfassen, kann Straubing als die Krippenstadt Niederbayerns gelten.

Ablauf

Da sich der Krippenweg auf das Stadtzentrum beschränkt, kann man die einzelnen Stationen in eineinhalb bis zwei Stunden ohne Eile abwandern. Die Route wird nach den jeweiligen Führungsbedingungen entschieden, wobei spezielle Wünsche einzelner Gruppen berücksichtigt werden. Um Überschneidungen von Gruppen, die parallel unterwegs sind, zu vermeiden, sprechen sich die Gästeführer ab. Auch beispielsweise nicht geöffnete Kirchen- oder Museumsräume, schlechte Witterungsverhältnisse, gehbehinderte Gruppen oder Zeiteinschränkungen durch Gruppen können die Route verändern. Für den Weg wird diese Reihenfolge empfohlen: Start bei dem Amt für Tourismus - Karmelitenkirche (älteste Krippe) - Krippenstube der Karmeliten - Ursulinenkirche, Weihnachtsfoyer Gäubodenmuseum, Weihnachtsaltar Spitalkirche, Kirche St. Jakob (in zweckmäßiger Reihenfolge) - Reisinger Krippe in der Jesuitenkirche als Höhepunkt. Dazwischen können immer wieder die in den dreizehn Schaufenstern ausgestellten neueren und älteren Krippen, die von den Straubinger Krippenfreunden angefertigt oder gesammelt wurden, betrachtet werden. Die Schaustücke werden jedes Jahr gewechselt. Im Jahr 2012/13 war die Stadtpfarrkirche St. Jakob (Pfarrplatz 13) während der Weihnachtszeit wegen Innenrenovierung geschlossen. Der Brauch wurde am 6. Januar 2013 (Heilige drei Könige) von 14.00 - 16.00 Uhr beobachtet. Bei dieser Einzelführung nahmen 25 Personen teil, darunter neun männliche, überwiegend ältere Menschen. In der Gruppe waren sowohl Leute, die die Stadt und die einzelnen Gebäude schon kannten, als auch Besucherinnen und Besucher, die zum ersten Mal in Straubing waren. Da es regnete, waren eher wenige Menschen auf dem Stadtplatz unterwegs, als sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Amt für Tourismus (Theresienplatz 2) sammelten. Nach der freundlichen Begrüßung durch die Gästeführerin wurde dicht aneinander stehend die erste Krippe in einem Schaufenster eines Ladens im Stadtturm (Tabakwaren Zeller - Stadtturm) betrachtet und Wissenswertes dazu erzählt. Ebenso zu der nächsten Krippe (Sparkasse Niederbayern-Mitte - Theresienplatz 12/24) erhielt man die wichtigsten Informationen, die bei der Gruppengröße noch gut verständlich waren. Eine noch größere Teilnehmerzahl würde das Zuhören jedoch erschweren.
Detailaufnahme.
Gleich als nächstes wurde die Reisingerkrippe, die wertvolle Jahreskrippe der Marianischen Männerkongregation in der Jesuitenkirche (Theresienplatz 46) besucht. Da Johann Baptist Reisinger (1830-1882), Präses der Kongregation und Ehrenbürger der Stadt Straubing, mit den Krippendarstellungen pastoral wirken wollte, ließ er in den Jahren 1848-1861 bekleidete Figuren, Tiere und Zubehör von einheimischen Künstlern, Handwerkern und Putzmacherinnen gestalten und erwarb neben drei Dutzend Biedermeierfiguren zu einer Fastenkrippe einen wertvollen barocken Altbestand. Die Figurengruppen aus verschiedener Hand wurden zu einer Jahreskrippe zusammengefügt. 18 biblische Szenen werden in flachen bis zum Gewölbeansatz reichenden Vitrinen in einem schmalen länglichen Seitenraum (2,73 m x 9,62 m) gezeigt, den die Besucherinnen und Besucher eng beieinanderstehend füllen. Szenen aus dem Alten und Neuen Testament und die wichtigsten Lebensstationen Jesu sind teilweise in exotische, teilweise in heimatliche bekannte Umgebung gesetzt. Beispielsweise ist in der fünften Vitrine, in der der Weihnachtsfestkreis veranschaulicht wird, das Krippengeschehen vor der Silhouette der Stadt Straubing zu sehen. Da die einzelnen Gestalten immer mehrfach verwendbar waren, konnten die Szenen im 18. und 19. Jahrhundert sehr viel figurenreicher gestellt werden. In einer Dokumentationsvitrine werden zusätzlich Figuren und Gegenstände präsentiert, die etwas über das Alter der Barockfiguren, die Ausstattung der Biedermeierfiguren, die undefinierbaren Zuwächse aus der Zeit nach Reisinger und verloren gegangene Szenen, aussagen können. Die Besucherinnen und Besucher bekamen kostenlos ein Textblatt mit der Szenenfolge, wobei jeweils der Bezug der biblischen Szene zum menschlichen Dasein hervorgehoben wird. Nach dem Verlassen der Jesuitenkirche zog die Gruppe weiter zu der Anbetung der Hirten und Könige bei dem Amt für Tourismus (Theresienplatz 2). Die Figuren der orientalischen Krippe aus der Zeit um 1945 wurden aus Holz geschnitzt. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen konnten der Gästeführerin unterwegs oder bei den einzelnen Stationen jederzeit Fragen stellen. Da man sich bei den Führungen primär den bedeutungsvollsten Stationen des Krippenweges widmen will, wird teilweise auch nur im Vorbeigehen auf Krippen in Schaufenstern hingewiesen, zum Beispiel auf zwei weitere Krippen in Schaufenstern der Simon-Höller-Straße (Reisebüro Plötz und Braun Fenster + Rolladen + Technik) auf dem Weg zur Spitalkirche (Spitalgasse 3). Da der Kirchenraum gewöhnlich nicht zugänglich ist, sperrte eine Nonne auf, damit alle Besucherinnen und Besucher vor dem rechten Seitenaltar der gotischen, später barockisierten Kirche, zusammenkommen konnten. Die Gästeführerin betonte die Seltenheit der Krippenaltäre und erzählte, dass die monumentale Krippenszene 1794 von dem Straubinger Bildhauer Franz Xaver Keller (1752-1827) gestaltet wurde. Die Geburt Jesu in Hochrelief ist vor einem gemalten Hintergrund der Stadt Bethlehem gestaltet und wird seitlich von zwei als Vollplastik geschnitzten Hirten abgerundet.
Die Gästeführerin.
Bei der kleinen Wanderung durch die Innenstadt wurde weiterhin darauf geachtet, dass das Gehtempo für jeden angemessen ist und die Gruppe zusammen bleibt. Nächster Halt war das Weihnachtsfoyer im Gäubodenmusem (Fraunhoferstraße 23). Dort sind
Übersicht zur Krippenführung.
jedes Jahr andere Krippen zu betrachten, sowohl Exponate aus der eigenen Sammlung des Museums als auch Leihgaben aus Privatbesitz, wodurch immer wieder neue Aspekte der ostbayerischen Krippenlandschaft Beachtung finden. Das Haus Nazareth von Emmeran Rath (1914-2002) aus Niederachdorf, eine mechanische Krippe, die 1999 an das Gäubodenmuseum gelangte, präsentiert Jesus als Kind, das fleißig hilft.  Die Darstellung solle Kinder daran erinnern ihren Eltern zu helfen, erläuterte die Gästeführerin. Die heilige Familie bei der Arbeit wurde seit Anfang des 19. Jahrhunderts als Vorbild für jede christliche Familie häufig veranschaulicht. Manche Betrachterinnen und Betrachter verweilten etwas länger vor der Vitrine und man sah ihnen die Freude an den einfachen mechanischen Bewegungen der Figuren an. Die Anbetung der Hirten, eine Krippe des Straubinger Waisenhauses, welches von 1878 bis 1983 von den Franziskanerinnen aus Mallersdorf geleitet wurde, gelangte mit Stall, Zubehör und mehr als 150 Figuren aus Privatbesitz in die Sammlung des Museums. Die große Vierseitkrippe, eine Sammelkrippe mit überwiegend aus Niederbayern stammenden Figuren des 19. und 20. Jahrhunderts, stand dieses Jahr im Mittelpunkt. Seit 1983 wurde sie von der Familie Karl nach Motiven aus Straubing und dem Bayerischen Wald angefertigt und bis 2008 stets durch Bauten und restaurierte Figuren erweitert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Krippenweges verteilten sich in dem Vorraum, ließen die weiteren ausgestellten Krippen auf sich wirken oder informierten sich noch genauer durch die Ausstellungstexte. Die Gästeführerin ging mit durch das Foyer, wies Einzelne auf lokale Figuren hin oder erläuterte die verborgene Symbolik einzelner Darstellungen. Beispielsweise Tiere können als Symbole einen tieferen Sinn andeuten, der manchmal nicht leicht zu entschlüsseln ist. Anschließend wird die älteste Krippe in Straubing in der Karmelitenkirche besucht (Albrechtsgasse 28). Die etwa einen Meter hohen Figuren lassen sich seit 1638 in Zusammenhang mit einem Krippenspiel nachweisen. Mit diesen restaurierten Jesuitenfiguren werden in der Weihnachtszeit in sich ablösender Folge sechs verschiedene Szenen in einer über zwei Meter hohen Kulisse vor dem Sebastiani-Altar aufgebaut: Verkündigung an Maria, Gang zu Elisabeth, Herbergssuche, Hirtenanbetung, Königsanbetung, Flucht nach Ägypten. Die Zuhörerinnen und Zuhörer folgten nacheinander der Gästeführerin in einen kleinen Raum, der Krippenstube, links neben dem rückwärtigen Eingang zur Karmelitenkirche, in denen sie weitere Darstellungen in zwei Vitrinen betrachten konnten. Die Szenen der zwei Jahreskrippen, deren Figuren aus verschiedenen Beständen stammen, werden acht- bis zwölfmal im Jahr geändert. Die Vitrine auf der rechten Seite veranschaulicht die wichtigsten Abschnitte des Kirchenjahres. Gegenüber ist eine mechanische Krippe bei der durch Einwurf einer Münze ein Kreislauf in Bewegung gesetzt wird, ein Wagen mit dem Christkind vorbei fährt und Musik gespielt wird. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Krippenweges wurden darauf hingewiesen, dass die Krippenstube tagsüber ganzjährig geöffnet ist. Zwischen den einzelnen Stationen wurden Gespräche über den Krippenweg, aber auch über andere Themen geführt. Letzte Station dieser Führung war die Anbetung der Hirten und Könige in der Ursulinenkirche (Burggasse 40). Der arkadenartiger Ruinenstall mit neu gekleideten, älteren, bis zu 60 cm hohen Figuren mit fein modellierten Wachsköpfen und farbig bemalten Tieren aus Papiermaché ist in der Weihnachtszeit aufgebaut. Auch die Ordensgründerin und eine Schülerin sind als Figuren in der Krippe dabei. Da die Kerngruppe schrittweise ergänzt wurde, wird der Umgang mit älteren Krippenfiguren angesprochen. Die Gästeführerin erklärte, dass restauratorische Maßnahmen, bei denen Wert auf historische Authentizität und Ästhetik gelegt wird, zeitaufwendig und schwierig sein können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Krippenweges, die das erste Mal in dieser Kirche, dem letzten gemeinsamen Werk der Brüder Asam waren, staunten auch allgemein über den Bau oder bewunderten den gebastelten Christbaumschmuck. Um kurz nach 16.00 Uhr bedankte sich die Gästeführerin für die Teilnahme und verabschiedete sich von der Gruppe.

Organisation

Barockkrippe Karmelitenkirche.
Der Straubinger Krippenweg fand 2012/13 bereits zum 17. Mal statt. Maßgeblich sind daran die Straubinger Krippenfreunde beteiligt. Dieser einzige Krippenverein Niederbayerns gründete sich als neue Untergruppe des Bayerwaldvereins 1997 unter Leitung von Guido Scharrer, schloss sich dem Bayerischen Krippenverband an und umfasst etwa 90 Mitglieder. Durch die Pflege des Krippenbaues, das Vermitteln von Kenntnissen über den Brauch und das nähere Erfassen einheimischer Krippen, soll die einheimische Krippentradition fortgeführt werden. Die Aktiven treffen sich meist einmal wöchentlich in einer eigenen Werkstatt in Kellerräumen des Straubinger Herzogschlosses, um vor allem Figuren und Gebäude zu gestalten. Außerdem finden monatlich Vorträge, Fahrten oder Kurse statt. Große, mehrwöchige überregionale Ausstellungen, die vom Bayerischen Nationalmuseum München sowie dem Kulturamt, dem Amt für Tourismus und dem Fremdenverkehrsverein in Straubing unterstützt wurden, fanden 1997/98, 2002/03, 2007/08 und 2012/2013 im Herzogschloss statt. 2012/13 konnte der Krippenweg durch die überregionale Krippenausstellung „Krippen aus Altbayern und Franken, Oberösterreich und Böhmen“ bereichert werden, die sehr unterschiedliche Krippen, sowohl heimatliche als auch orientalische Darstellungen, aus vier Jahrhunderten präsentierte. Da jedes Jahr möglichst andere Krippen in den Schaufenstern ausgestellt werden sollen, beginnen die Vorbereitungen für den Straubinger Krippenweg schon einige Monate zuvor. Beispielsweise hilft die Familie Karl mit und auch andere Personen sind bei dem Aufbau und der Betreuung der Krippen in den Kirchen oder im Weihnachtsfoyer des Gäubodenmuseums beteiligt. Zusätzlich unterstützt wird der Krippenweg von dem Fremdenverkehrsverein Straubing und vor allem von dem Amt für Tourismus. Im ersten Jahr (1997) wurde nur ein zweiseitiges hektografiertes Informationsblatt herausgegeben, dann ein jährlich aktualisierter gedruckter Prospekt mit Texten und Bildern. Dieser informiert anschaulich über die Hauptstationen des Straubinger Krippenweges, erklärt die Geschichte der Krippe allgemein und in Straubing und bietet mit einem Übersichtsplan Orientierung. Er wird vom Amt für Tourismus herausgegeben und ist dort kostenlos erhältlich. Alle anderen Arbeiten werden von den Krippenfreunden ehrenamtlich geleistet. Momentan führen offiziell sechs Personen Gruppen, alles Gästeführer des Amtes für Tourismus, die von Guido Scharrer ausgebildet wurden. An den sechs Sonntagen werden Führungen für Einzelpersonen angeboten und es können Führungen für Reisegruppen, Vereine oder Schulklassen gebucht werden. Über den Straubinger Krippenweg informieren neben dem Amt für Tourismus, bei dem sich Gruppen anmelden können, regionale Medien, wie das Straubinger Tagblatt oder die Webseite von Straubing. 2012/2013 gab es an den Sonntagnachmittagen sieben Einzelführungen mit insgesamt 102 Personen und dreizehn Gruppenführungen mit insgesamt 254 Personen. Zusätzlich erkunden mit Hilfe des Übersichtsplans auch einzelne Personen und Kleingruppen, beispielsweise Familien, den Straubinger Krippenweg. Wie bei anderen Stadtführungen müssen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Sonderführung bezahlen, die Gebühren oder Teile davon fließen jedoch nicht in den Krippenweg ein.

Brauchverständnis

Krippe in der Ursulinenkirche.
Guido Scharrer glaubt, der Straubing Krippenweg ist beliebt „wegen der Qualität und Vielseitigkeit der Krippen aus fünf Jahrhunderten, wegen der Konzentration des Krippenweges auf das historische Zentrum, den man in ca. zwei Stunden bequem ablaufen kann, wegen der intensiven und informativen lokalen und überregionalen Werbung, wegen der vielseitigen Unterstützung durch die Medien, wegen der fachkundigen und freundlichen Führungen“. Es ist eine Besonderheit, Krippen aus fünf Jahrhunderten, darunter eine der ältesten Krippen in Bayern überhaupt und einen äußerst seltenen Krippenaltar zu besichtigen. „Insgesamt ergibt sich eine ausgewogene Mischung aus künstlerischen und volkstümlichen Krippen in bemerkenswerter Qualität. Da Straubing vier Ganzjahreskrippen besitzt und zahlreiche andere weihnachtliche Darstellungen, ist eine Krippenführung sogar das ganze Jahr über möglich und findet vereinzelt auch außerhalb der Weihnachtszeit statt“, erwähnt der 1. Vorsitzende der Straubinger Krippenfreunde. Der Straubinger Krippenweg wird von einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterschiedlich wahrgenommen. Die gezeigte Vielfalt und Kreativität der touristischen Attraktion kann beeindrucken. Man lernt auf dem Rundgang nicht nur die verschiedenen Darstellungen einer Krippe, sondern auch einige Kirchen und Gebäude der Stadt kennen. Die Krippen sind Indikatoren kultureller Prozesse, sie können viel Kulturgeschichte vermitteln, denn jede Krippe hat „eine Geschichte, die ihre Entstehung, ihren künstlerischen und kulturellen Rang mit anderen Kunsterzeugnissen vergleicht, die nach Quellen und Vorbildern sucht und Zusammenhänge zeigt. Beispielsweise dokumentieren die Schaustücke teilweise zeitgenössische Kleidung, Bauten oder Handwerkszeug. Feststellbar war eine besondere Begeisterung für die mechanischen Krippen, deren Figuren eine ständig wiederkehrende Bewegung zeigen. Christoph Daxelmüller, Professor für Volkskunde, ist der Ansicht: „In den mechanischen Krippen äußert sich das Wesen der Krippe als mobilem, bildlich und szenisch veränderbarem Objekt liturgischen Gebrauchs am vollkommensten. In ihnen […] dokumentiert sich jene Spielfreude in der Darstellung szenischer Handlungsabläufe, die das ‚gefrorene Theater‘ der Krippe für kurze Zeit aus seiner Erstarrung lösen lassen.“ Bei den Jesuiten, vor allem noch im 17. Jahrhundert, sollten Krippen neben der Allgemeinseelsorge, neben Predigt, Unterrichtung und Spiel, wesentlicher Vermittler der Glaubenswahrheiten sein. Dieser hohe Anspruch scheint seit der Gewichtsverlagerung vom Zentrum des Heilsgeschehens in die Peripherie der Begleitszenen, seit den Krippenverboten, seit der Säkularisation, nicht mehr zu gelten. Dass auch heute Krippen Menschen noch bewegen, vermutet Karl Franz, „liegt wohl daran, dass auch in der kleinsten Krippe etwas vom Innersten des menschlichen Lebens aufscheint, seine ganze Spannweite sichtbar wird.“ Der Bezug der biblischen Szene zum menschlichen Dasein, dem Zentralereignis der Geburt neuen Lebens, ist unübersehbar. Die weihnachtliche Atmosphäre wird zum Beispiel im Advent durch den Straubinger Christkindlmarkt oder durch die Kerzen und die Christbäume in den Kirchen verstärkt. Da man nacheinander viele unterschiedliche Darstellungen des biblischen Geschehens betrachtet, kann der Krippenweg auch als eine Form der Meditation als eine Art Pilgerweg betrachtet werden, der zum Schauen und Nachdenken einlädt. Auch Personen, die sich sonst nicht für Religiöses interessieren, können von den Krippen angezogen werden. Ein weiterer Grund für die Freude an der Krippe ist die Lust am Bauen und Gestalten. Man kann das Geschick, den Fleiß und die Fantasie erkennen mit der die Krippen gestaltet wurden. Die von dem Verein selbst gestalteten Werke geben Anregungen zum Nachbauen. Selbstgefertigte Krippen, die eine eigene Geschichte erzählen und vererbt werden, können für eine Familie eine besondere Bedeutung bekommen. Die Veranstaltung kann vielleicht auch dazu beitragen, dass die eine oder andere in Vergessenheit geratene Krippe von den Nachkommen wieder hervorgeholt und aufgestellt wird.

Hintergrund-Infos

Entwicklungsgeschichte

„Krippe […] ist die szenische Darstellung eines Ereignisses der Heilsgeschichte, die das gesamte irdische Wirken Christi umfaßt. In den Krippenfiguren selbst wie im Aufbau der Krippe mit Architektur, Gebirgslandschaft und Panorama manifestiert sich ein Stück erstarrten Theaters. […] Sie dient dazu, dem andächtigen Menschen abstrakte Heilslehre in von ihm versteh- und nachvollziehbaren Bildschemata zu vermitteln“, erklärt Christoph Daxelmüller. In Bayern gilt die Jesuitenkrippe in Altötting von 1601 als erste Krippe mit wechselnden Darstellungen. 1638 wird von den Straubinger Jesuiten über eine „Geburtsszene in einer Höhle in Lebensgröße innerhalb eines Stallbaues“ berichtet, deren Figuren rekonstruiert in der Karmelitenkirche zu sehen sind. Die „Beauftragung wirklicher Künstler mit der Herstellung von Krippen“ begann 1707 mit einer neuen Krippe für die Stiftskirche St. Jakob in Straubing. Von der Aufklärung ausgelöst ordnete 1789 das Bistum Regensburg die „Beschränkung der Darstellung auf die jeweilige Hauptszene“, ein Verbot von allzu weltlichen Begleitszenen, an. Der Krippenaltar in der Spitalkirche stellt ein bemerkenswertes Umgehen des allgemeinen Krippenverbotes in Kirchen von 1803 dar. Zahlreiche Krippen scheinen die kirchlichen und staatlichen Verbote nicht überstanden zu haben. Durch die Verbote dürften viele Kirchenkrippen zerstört worden sein, verfielen in Kellern und Speichern oder wanderten in Privatbesitz, wodurch die Verbreitung der Hauskrippe begann und ein neuer Aufschwung der Krippengestaltung einsetzte. Vor allem in ärmeren Regionen Niederbayerns waren nur wenige Krippen aus Holz geschnitzt, die „meisten bestehen aus Papiermaché, Gips oder aus bedrucktem Karton“. Für Figuren waren Ausschneidebögen im „armen“ Niederbayern bis nach dem Zweiten Weltkrieg weit verbreitet.Anlässlich beispielsweise der von Franz und Elisabeth Karl renovierten Krippenfiguren für Kirchen, der Steigerung von Besucherzahlen im Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums im Straubinger Herzogschloss und der Vorbereitungsphase zur Gründung der Straubinger Krippenfreunde entwickelte Guido Scharrer zur Weihnachtszeit 1996/97 die Idee zum Straubinger Krippenweg. Mittlerweile haben sich die einzelnen Stationen beträchtlich vermehrt. Der Initiator wählte sorgsam Schaufenster im historischen Zentrum für die zusätzlichen Krippen aus. Die etwa zwanzig Stationen wurden erst im Dezember 2012 auf fünfzehn reduziert, vor allem wegen der parallel dazu stattfindenden überregionalen Krippenausstellung im Herzogschloss. Guido Scharrer erklärt, dass in den Schaufenstern eine würdige und vor Fremdeinflüssen gesicherte Präsentation bis zum Fest Heilige drei Könige garantiert werden muss. Aus der Sicht von Krippenfreunden erweist sich das Aufstellen von Krippen als reine Ausstellungsobjekte zu Werbezwecken als nicht erstrebenswert. Genaue Aussagen über die Besucherzahl und deren Entwicklung seit 1996 sind nicht möglich wegen den Personen, die selbstständig den Krippenweg erwandern und nicht annähernd geschätzt werden können. Nach der Einschätzung des Initiators lässt sich über die Jahre eine steigende Zahl erkennen, die Krippenbegeisterung dürfte jedoch ihren Höhepunkt überschritten haben.

Verbreitung des Brauches

Die Region kann sich heute nicht quantitativ mit den Krippenlandschaften in Schwaben und Oberbayern messen, jedoch qualitativ in den Einzelobjekten. Laut Guido Scharrer zeigt sich die Renaissance der Krippenbewegung in Niederbayern besonders in dreierlei Weise: „Neue Haus- und Kirchenkrippen werden vermehrt gekauft und auch selbst gebaut, zahlreiche Krippenausstellungen werden in größeren oder kleineren Orten veranstaltet, vielgestaltige Krippenwege durch die Ortszentren werden zum „Krippenlaufen und Krippenschauen“ angeboten: zuerst in Straubing […], später in Bodenmais, Deggendorf, Landshut und Passau.“ Seit etwa zwei Jahrzehnten gibt es in Bayern und auch in anderen Regionen Krippenwege in nennenswerter Zahl. Sie haben vor zehn Jahren sprunghaft zugenommen und manche sind erst in den allerletzten Jahren entstanden. In Niederbayern gibt es Krippenwege in Straubing, Landshut, Deggendorf, Passau und Tittling, wovon nicht alle jedes Jahr stattfinden. Ein musikalischer Krippenweg findet in Augsburg statt. Der bekannteste Krippenweg Bayerns wird jährlich in Bamberg veranstaltet. Die Unterschiede sind weniger regional, sondern in der Art der Krippenwege. Es gibt einerseits zu allen Tageszeiten zugängliche, allgemein öffentliche Krippenwege, andererseits Krippenwege, die zu bestimmten Zeiten für meist kleinere Gruppen in private Wohnungen führen, wie zum Beispiel in Plößberg. Außerdem sind die Veranstalter sehr unterschiedlich: Kommunen, Werbegemeinschaften, Krippenvereine, Einzelpersonen und Mischformen. In den Kirchen stehen meist orientalische Krippen, die häufig Hirten mit orientalischen Physiognomien und Kleidern oder Wüstenlandschaften mit hellen, kubischen Gebäuden zeigen, also die Umgebung des Heiligen Landes. Regional überwiegen bei den Heimatkrippen die jeweiligen traditionellen Gebäudearten, zum Beispiel Fachwerkbau in Franken, Gebirgsstil in Oberbayern, Bayerwaldhäuser in Niederbayern.

Weblinks

Gewährsperson

  • Guido Scharrer, 1. Vorsitzender der Krippenfreunde Straubing und langjähriger Schriftleiter der einzigen Krippenzeitschrift Deutschlands: „Der bayerische Krippenfreund“, die es seit 1917 gibt und vom Verband Bayerischer Krippenfreunde herausgegeben wird.

Prospekte

  • Krippenprospekt Straubinger Krippenweg 1996/97 Herausgeber: Amt für Tourismus und Stadtwerbung Straubing. Texte: Dr. Nina Gockerell, Franz Karl, Guido Scharrer. Idee und Redaktion: Guido Scharrer
  • Krippenprospekt Straubinger Krippenweg 2012/13 Herausgeber: Amt für Tourismus und Stadtwerbung Straubing. Texte: Franz Karl und Guido Scharrer

Literatur

  • Daxelmüller, Christoph: Krippen in Franken. Würzburg 1978.
  • Gockerell, Nina: Krippen im Bayerischen Nationalmuseum. München 1994.
  • Karl, Franz: Das fünfte Evangelium. Krippen im Kloster der Karmeliten zu Straubing. Straubinger Hefte Nr. 55. Straubing 2005.
  • Karl, Franz: Krippen in der Jesuitenkirche zu Straubing. Straubinger Hefte Nr. 59. Straubing ²2009.
  • Scharrer, Guido (Hg.): Straubinger Krippen. Straubing 2002.
  • Scharrer, Guido: Krippe in Niederbayern. In: Riolini, Peter/Scharrer, Guido (Hg.): Ge-schichte der Krippe in Bayern. Straubing 2010, S. 18-29.

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