Stadtgöttin Cisa

Einstiegsinformation

Die Stadtgöttin Cisa ist eine Stadt-Allegorie, eine Verkörperung der Stadt Augsburg. Im 15. und 16. Jahrhundert entstanden Cisa-Darstellungen, die bis heute an historischen Bauten der Stadt zu sehen sind.

Beschreibung

Die Spitze des Perlachturmes wird von einer Wetterfahne bekrönt, darauf befindet sich eine Darstellung der Cisa. Cisa ist als Frauenfigur in antikisierender Form, sitzend dargestellt und hält eine kupferne Zirbelnuss, wie sie zum Wappen der Stadt Augsburg gehört, in ihrer Hand. Zwischen 1612 und 1618 wurde der Perlachturm von Elias Holl, dem damaligen Stadtbaumeister, im Renaissancestil umgebaut. Die Laterne erhielt dabei eine Wetterfahne. Die Wetterfahne fiel bei einem Luftangriff während des Zweiten Weltkrieges 1944 ebenso wie das dort angebrachte Turamichele vom Turm. Da sie sich aber im Turmgeländer verfing, musste nur wenig rekonstruiert werden.

Eine weitere prominente Darstellung der Stadtgöttin ist auf einem vergoldeten Relief auf dem Herkulesbrunnen in Augsburg zu bewundern. Hergestellt wurde es von dem Goldschmied David Attenberger (1596-1602). Es zeigt die Stadtgöttin Cisa, die Einzug in Rom hält.

Hintergrund-Infos

Allegorien für Städte und Länder

Das Auftreten von Stadt-Allegorien wie Cisa war im 19. Jahrhundert nichts Ungewöhnliches. Für Basel stand die „Basilea“, für Augsburg „Cisa“, für Köln „Colonia“ usw. Entsprechende Personifikationen für Staaten sind z.B. die „Helvetia“ für die Schweiz, die „Italia“ für Italien, die „Germania“ für Deutschland, die „Bavaria“ für Bayern usw. Darstellungen solcher Frauengestalten sind uns durch Skulpturen, Gemälde, Zeichnungen bis hin zu Karrikaturen überliefert. Bis in die Zeit des Historismus war die Darstellung solcher Allegorien auf Festwägen mit phantasievollen Aufbauten und lebenden Personen auch immer wieder Bestandteil von Festzügen. Die Allegorien dienten Repräsentationszwecken und wurden auch Identifikationspunkte. In Augsburg gründeten Studenten des Polytechnikums 1851 eine Studentenverbindung namens „Cisaria“.

Neuerdings erreichen einige der Stadt-Allegorien als Fasnachts- oder Karnevalfiguren einige Bekannheit. So steht die „Colonia“ inzwischen neben dem Kölner Dreigestirn und die „Basilea“ spielt in der Basler Fasnacht eine Rolle. Eine größere Zahl ist heute allerdings weitgehend unbekannt. Länder-Allegorien begegnen uns heute z.B. in der politischen Karikatur.

Cisa-Sagen

Um die Figuren winden sich jeweils eigene Geschichten. Auch über Herkunft und Bedeutung der Cisa wird in Sagen spekuliert. So soll bereits vor der im Jahr 15 v. Chr. durch die Römer gegründeten Stadt „Augusta Vindelicorum“ (oder „Vindelicum“) an der selben Stelle eine Siedlung der keltischen Vindelicer bestanden haben. Diese habe den Namen Cisaris getragen und Cisa sei dort als Göttin verehrt worden. Sie sei die Göttin des Bergbaus gewesen und Beschützerin der Frauen, insbesondere der Schwangeren und der Ernte. Außerdem habe es eine Cisa-Statue gegeben, die durch das Turamichele am Perlachturm verdrängt worden sei.

Cisa-Spuren

Die Geschichtsforschung kann nur soviel bestätigen:

  • Die lateinisch verfasste Handschrift „Excerptum es Gallica Historica“ aus der Zeit um 1135 erwähnt die von schwäbischen Stämmen errichtete Stadt Cisaris zwischen Wertach und Lech, die nach einem Heiligtum der Göttin Cisa benannt gewesen sei. Die Aussagekraft des Textes ist jeodch keineswegs der einer Urkunde. Der Verfasser der Handschrift suchte vielmehr nach Erklärungen für die im 12. Jahrhundert nicht mehr verstandenen, vor-alemannischen Ortsnamen.
  • Zu den von den Alemannen verehrten Göttern gehörte ein Gott namens Ziu.
  • In der (heute evangelischen) Ulrichskirche war seit dem späten Mittelalter ein Medusenhaupt aus römischer Zeit eingemauert.
  • Humanisten beschäftigten sich im 15. Jahrhundert mit der Frühzeit der Stadt Augsburg. Sie sahen in dem Medusenhaupt die Darstellung einer früher vor Ort verehrten Göttin und brachten dies mit dem Stadtnamen Cisaris in Zusammenhang. Die Stadtchronik von Meisterlin aus dem Jahre 1457 enthält das Ergebnis der humanistischen Theorien: die Abbildung einer vermeintlichen heidnischen Göttin namens Cisa. Es handelt sich um eine Federzeichung von H. Mülich, nach der Steinfigur, die im 15. Jahrhundert über dem Tor der Ulrichskirche angebracht war.

Literatur

  • Kießling, Hermann: Augsburg und sein Rathaus 1985. Augsburg 1985.
  • Winkler, Gerd: Turmichele. Geschichte und Gescichten einer liebenswerten Augsburger Besonderheit. Augsburg 2006.

Weblinks