Sonnwendfeuer

Termin

Sonnwendfeuer nach der Entzündung.

Dieser Brauch findet alljährlich am 21. Juni statt.

Einstiegsinformation

Zur Sonnwende am 21. Juni jeden Jahres werden mancherorts Feste gefeiert und Sonnwendfeuer entzündet. Auf diesen Termin fallen die kürzeste Nacht und der längste Tag des Jahres. In Bayern sind es in der Regel Vereine, die ein Sonnwendfest organisieren, das zu ihrem Jahresprogramm gehört.

Sonnwendfeuer in Inningen

Im Augsburger Stadtteil Inningen wird das Sonnwendfeuer jährlich am örtlichen Sportplatz der Tennisabteilung des FSV Inningen veranstaltet. In der derzeit 4.789 Einwohner zählenden Gemeinde wird das Fest erst seit 1999 veranstaltet. Dort treffen nicht nur die Mitglieder des Vereins, sondern viele Interessierte und vor allem junge Familien aufeinander, um zusammen das Feuer zu bestaunen. Das Holz wird von den jungen Mitgliedern des Vereins eine Woche vorher aus den benachbarten Waldabschnitten geholt und zu einem Stapel aufgeschichtet. In den vergangenen Jahren kamen dabei Haufen mit bis zu sechs Metern Höhe zusammen. Die ortsansässige Freiwillige Feuerwehr beobachtet den Aufbau und ist beim Abbrennen vor Ort, um eventuellen Gefahren vorzubeugen. Das Fest findet immer am 21. Juni statt. Die Zahl der Teilnehmer stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an, 2007 kamen dabei ca. 400 Menschen zusammen. Bei Musik und Tanz wird die Nacht gefeiert. Nicht selten spendet die Glut für viele Stunden, bis in den Morgen hinein, die nötige Wärme um gesellig beisammen zu sitzen.

Hintergrund-Infos

Holzbeschaffung

Heutzutage wird das Holz für große Feuer meistens auf deutlich einfachere Weise herbei geschafft. Die jungen Bauern bzw. die jungen Vereinsmitglieder sammeln im Wald das heruntergefallene Holz und bringen es kurz vor dem Fest zum Schauplatz. Teilweise wird auch Sperrmüll (wenn er geeignet ist) mit auf den Holzstapel gegeben. Genauso wie manche sehr viel Wert auf einen besonders hohen Maibaum legen, tun es andere beim Holzstapel. Dann kann ein Holzhaufen auch bis zu zehn Meter hoch werden.

Aus Niederösterreich ist überliefert, dass junge Männer in den Dörfern früher um den Gedenktag des Hl. Veit herum (15. Juni) von Tür zu Tür gingen und Holz sammelten mit dem Spruch: „Der heilige Sankt Veitl tat bitten um a Scheitl. Wer uns koa Biadl und koa Scheitl gibt, hat des ganze Jahr koa Glück“ (nach: Kapfhammer). So wuchs der Holzstapel zum Sonnwendfeuer. In anderen Gemeinden brachte jeder Einwohner Holz zum Feuer mit.

Termin

Sonnwendfeuer nach der Entzündung.

Solche besonderen Zeitpunkte wie die Sonnenwende waren und sind Menschen zu jeder Zeit elementar erfahrbar. Bereits bei antiken Kulturen lassen sich Belege für die Verknüpfung dieses Termins mit religiösen Veranstaltungen finden.

Der Volkskundler Prof. Walter Hartinger verweist dabei auf eine gewisse Kontinuität bei der Festlegung von christlichen Festen im Jahreslauf: „Durch die heilsgeschichtliche Formung des Jahres im Sinne des Christentums ist natürlich die Empfindung für naturbezogene Abläufe und Wendepunkte nicht automatisch außer Kraft gesetzt worden“ (aus: Hartinger, Walter: Religion und Brauch). Auf den Termin der Sommersonnenwende hat die Kirche „schon in der Antike die Feier des hl. Johannes des Täufers gelegt; und dieser hatte Anteil an der christlichen Licht- und Sonnensymbolik, da er nach der herrschenden Lehre als der entscheidene Vorläufer Christi galt“ (aus: Hartinger, Walter: Religion und Brauch). Die Legende, die Knochen des Johannes seien verbrannt worden, und ein Bibelstelle, die ihn als „Licht der Heiden“ benannte, legten als christlich-religiöse Handlung nahe, an diesem Tag mit dem Entzünden eines Feuers ein Zeichen zu setzen. Im Johannesevangelium steht: „Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“ (Joh 1,6-9). Das Feuer soll dieses Licht symbolisieren und der Bezug zu Johannes Baptist (dem Täufer) ist hergestellt.

Ein Merksatz, um sich den Termin der Sonnenwende einzuprägen, lautete früher: „Von Veitl bis zur Hanneskent braucht die Sunn zur Umawend“. Der Tag des Heiligen Veit ist der 15. Juni, der Johannes des Täufers ist der 24. Juni.

Die Motive aus denen heraus eine Gemeinschaft ein Fest mit Feuer zu Sonnwendzeit feiert oder früher gefeiert hat, sind unterschiedlich. Ebenso der genaue Termin. Denn für die Feier kommen und kamen neben dem naturgegebenen Tag der Sonnenwende auch die Tage darum herum in Frage. In der christlich geprägten Gesellschaft besonders die Nacht zum Johannes-Gedenktag. Heute liegt der Termin meist am Wochenende vor oder nach dem natürlichen Sonnwendtag.

Alte Wetterregeln, Wettbewerbe und Zauber zum Johannestag

Die Nacht zum Johannestag galt auch als „Losnacht“. Man glaubte, in diesen Nächten sei es möglich das Wetter für die kommenden Wochen vorauszusagen. Eine bäuerliche Wetterregel besagte: Ist das Wetter am Johannistag gut, so ist für das weitere Jahr eine gute Ernte sowie gutes Wetter zu erwarten. Entsprechendes galt für schlechtes Wetter am Johannistag. Der Johannisnacht und dem Johannistag wurden teilweise eine besonders positive Wirkkraft nachgesagt. Mit Magie versuchte man sich die Kraft dienstbar zu machen. Das Sonnwendfeuer soll allein beim bloßen Hineinschauen schon eine gewisse Segens- und Heilwirkung entfachen und Glück bringen. Auch der Rauch soll die Menschen und Tiere vor Krankheiten beschützen und sie sogar heilen. Zudem gilt und galt die Asche als besonders wertvoll. Streut man sie aufs Feld, wird die Ernte umso ertragreicher. Streut man sie in das eigene Haus, wird dieses vor allem Bösen beschützt. In Niederösterreich meinte man, „so weit der Schein des Feuers reicht, wird es nicht hageln“ (nach: Kapfhammer).

Bekannt ist auch der Brauch des Kranzflechten am Johannestag. Die Kränze wurden aus sieben oder neun verschiedenen Pflanzen geflochten. Dazu gehören z.B. Bärlauch, Beifuß, Eichenlaub, Farnkraut, Johanniskraut, Klatschmohn, Kornblumen, Lilien, Rittersporn und Rosen. Dann wurden sie über Türen und Fenster gehängt, um das Haus vor bösen Geistern und Dämonen zu schützen. Legte man eine kleine Ausführung eines solchen Kranzes unter das Kopfkissen der Person die man liebt, sollte das Glück für die Zukunft bringen.

Mit dem Glauben, durch eine Handlung in dieser Nacht Einfluss auf Künftiges nehmen zu können, hat möglicherweise auch der so genannte Feuersprung (Kittelbrennen) zu tun. Andererseits ist das Springen übers Feuer aber einfach eine körperliche Herausforderung, die dazu anregt in Wettbewerb mit anderen zu treten. Solche Sprünge locken auch als Mut- und Geschicklichkeitsproben. Aus Niederösterreich ist bekannt, dass früher junge Paare Hand in Hand über das Feuer sprangen und sich so eine glückliche gemeinsame Zukunft erhofften (nach: Kapfhammer, Günther: Brauchtum in den Alpenländern). Ein Vers dazu ist: „Sunnawend, Sunnawend, dass mi net s`Feier brennt, dass i bald z’heiraten kumm, drum tanz und spring i drum.“

Sonnwendfeste als gesellschaftliches Ereignis im 15. und 16. Jahrhundert

Gerade im Mittelalter wurde das Fest zur Sonnenwende in vielen Schriften und Zeugnissen erwähnt. Für die Bevölkerung besaß das Fest besonders in dieser Zeit eine besondere Bedeutung. Nicht zuletzt kann man die hohe Akzeptanz und Bedeutung des Festes im Volk an der Tatsache festmachen, dass sich immer wieder Adelige, Herzöge und Ritter an diesem Festtag unters Volk mischten und mit um das Feuer tanzten, tranken und das Fest genossen. Vom Ende des Mittelalters wurden mitten in den Städten, oft direkt auf den Marktplätzen große Feuer abgebrannt. In der Münchner Stadtkammerrechnung von 1401 wird beschreiben, wie ausgelassen und überschwänglich gefeiert wurde:“Umbe wein, umb holz, um ostervaz, umb graß und knechten, die dy pänk ab dem haws auf den margt trugen an der sunbentnacht, da der herzog Stephan uns sein gemahel und dass frawel auf dem margt tanzten mit den purgerinnen bei dem sunbentfeuer.“ Aber auch in Augsburg, Regensburg und Wien wurden mitten im Stadtzentrum Sonnwendfeuer entzündet. Es dauerte nicht lange bis die ersten Verbote auftauchten aufgrund der Gefahr, die von den Feuern ausging. In München ist das erste Verbot aus dem Jahr 1471 bekannt. Doch wie aus späteren Einträgen ersichtlich ist, hatten die Initiatoren wenig Glück mit dem Verbot. Im Augsburger Stadtarchiv z.B. tauchte das erste Verbot 1538 auf. Im Laufe der Jahre wurde das Fest vielerorts immer wieder untersagt. Doch die Beliebtheit verhalf dem Fest zu einer großen Beständigkeit. Später lehnte die geistliche oder aufklärerisch gebildete Obrigkeit das ausgelassene Fest als Ganzes ab und unterstellte dabei auch, es handle sich um heidnisches Treiben, das mit dem christlich frommen Leben nicht zu vereinbaren sei.

Mythologie und Nationalismus

Jakob Grimm hat in seinem Werk „Deutsche Mythologie“ 1835 in Kapitel III geschrieben: „Die Osterfeuer, Maifeuer, Sonnwendfeuer mit ihren mannigfachen Gebräuchen, leiten auf heidnische Opfer zurück …“. Folgt man diesem Gedankengang von Jakob Grimm, müsste man die rein christliche Bedeutung vieler Feuer, die heute zu Bräuchen im Jahreslauf gehören, in Frage stellen. Es gibt kaum Zeugnisse der germanischen Religiosität. Das wenige, das sich erhalten hat, reicht bei weitem nicht aus, um die Theorien von Jakob Grimm und anderen Mytholgie-Begeisterten zu belegen. Was bisher erforscht ist, stützt diese Gedankengebäude nicht. Trotzdem sind solche Theorien weit verbreitet und gut zu erzählen, werden mit Versatzstücken aus der nordischen Götterwelt kombiniert. Zum Beispiel: Der heidnische Hintergrund wird an der Huldigung der Gottheit Wotan festgemacht. Mit dem Feuer solle dem Tag gedacht werden an dem Wotan Walhalla verließ und Segen über die Erde brachte. Ein anderes Beispiel: Der Tag sei Baldur (der „leuchtende Lichtriese“, Sohn Odins) geweiht, der von seinem blinden Halbbruder Hödur, einer Verkörperung des lichtarmen Winterhalbjahres, getötet wird. Baldur verkörpere hier das junge, anwachsende Sonnenlicht, das zur Sommersonnenwende zu ersterben beginnt.

Derartige Entwürfe zu einer „germanischen“ Vergangenheit und Religiosität waren ein Grund für „nationale Kreise, wie Studentenverbindungen und Turnvereine“ Ende des 19. Jahrhunderts. Anfang des 20. Jahrhunderts waren es vor allem nationalistische Kreise, die Sonnwendfeste feierten. Gerade in der Zeit des Dritten Reichs erlebte das Fest einen gewaltigen Aufschwung. Das Fest wurde von den Nationalisten propagiert und in vielen Dörfern und Städten wieder eingeführt. Wie viele Feste wurde auch dieses dazu benutzt, die „Volksgemeinschaft“ zu stärken. Das Sonnwendfest wurde zu einem „rein germanischen Fest“ erklärt. Wie viele Feste wurde auch das Sonnwendfest groß inszeniert und es wurde mithilfe einer sog. Feuerrede versucht, die Ideologie der Nationalsozialisten im Volk zu verankern.

Nach dem Krieg verschwand das Fest fast vollständig aufgrund seines Hintergrunds während der Nazidiktatur. Nach und nach wurde das Fest aber seit den 1970er Jahren wieder neu belebt und gefeiert. Heutzutage sind es oft Brauchtums-, Sport- oder Schützenvereine, die das Fest veranstalten. Gerade wegen der belasteten Vergangenheit ist das Fest aber dennoch kritisch zu betrachten. Vereinzelt wird das Sonnwendfeuer auch heute noch von Neo-Nazis als Vorwand für Treffen benutzt. Auch der mythische Hintergrund ist ein Stück weit in den Hintergrund gerückt. In vielen Dörfern zählt heute vor allem das gesellige Beisammensein, bei Musik, Wein und Bier kommen die Familien und Einwohner aller Generationen zusammen, um das Feuer und die Nacht zu genießen.

Literatur

  • Becker-Huberti, Manfred: Lexikon der Bräuche und Feste. Freiburg 2007.
  • Hartinger, Walter: Religion und Brauch. Darmstadt 1992.
  • Kapfhammer, Günther: Brauchtum in den Alpenländern. München 1977.
  • Kumpfmüller, Judith/Steinbacher, Dorothea: Das Bayrische Brauchtumsjahr: Lebendige Folklore zwischen Frankenwald und Watzmann. München 2005.
  • Pötzl, Walter: Brauchtum. Von der Martinsgans zum Leonhardiritt, von der Wiege bis zur Bahre. Augsburg 1998.
  • Wolf, Helga Maria: Das Brauchbuch. Alte Bräuche, Neue Bräuche, Antibräuche. Freiburg 1992.