Ein genaues Datum kann man bei diesem Brauch nicht festlegen, da er wetterabhängig ist.
Einstiegsinformation
Das bei entsprechender Schneelage alljährlich in der Faschingszeit stattfindende Schnablerrennen in Gaißach bei Bad Tölz ist zweifellos etwas für Wagemutige. Bei dem Spektakel ist es nur den Gaißachern erlaubt, die historischen Hornschlitten ohne Bremse und Steuerung über die 1,5 Kilometer lange Strecke samt Schanze am Ende zu steuern, um dann in der Gesamtwertung und der Gunst der Zuschauer ganz vorne zu liegen.
Ablauf
Der Lehener Berg ist der Schauplatz, an dem sich die Gaißacher todesmutig vom Rechelkopf her in Richtung Ziel stürzen. Als besondere Attraktion gilt der Zielhang (Gerstelhang) mit der Naturschanze, an der es um den weitesten Sprung des Tages geht. Die Veranstaltung ist ein besonderer Höhepunkt für viele Gaißacher, denn dann kommen in die kleine Gemeinde (3.000 Einwohner) zwischen Bad Tölz und Lenggrieß bis zu 20.000 Zuschauer.
Fast alle Gaißacher sind irgendwie am Rennen beteiligt, sei es als Pilot/in oder Kopilot/in oder bei der Organisation. Feuerwehrleute, Sicherheitspersonal, Streckenposten, Parkplatzeinweiser und viele mehr sorgen mit großem Einsatz für das Gelingen der Veranstaltung. Ist man nicht aktiv am Geschehen beteiligt, steht man natürlich direkt an der Strecke und feuert die Lokalmatadoren lautstark an. Die Verantwortung für die Organisation liegt beim örtlichen Gaißacher Schnabler- und Schlittenrennen e.V. und dessen Komitee. Für die Sicherheit der Fahrer wird bestmöglich durch eine gut präparierte Strecke, Fangzäune und zahlreiche Sanitäter gesorgt.
Reglement
Es gibt zwei Disziplinen, in denen gestartet werden kann. Zunächst dürfen die jungen Mädchen und Buben auf herkömmlichen einsitzigen Schlitten die vereiste und steile Strecke in Angriff nehmen. Sie müssen dabei allerdings mindestens 15 Jahre alt sein und einen Hauptschulabschluss besitzen.
Das eigentliche Hauptaugenmerk liegt aber auf den Schnablern, also den großen, zweisitzigen Hornschlitten. Männer (mindestens 16 Jahre alt), die aus Gaißach stammen oder dort wohnhaft sind, müssen mit einem Mitstreiter (der auch von außerhalb stammen darf) die Strecke so schnell wie möglich bewältigen. Auch der Sprung über die Naturschanze trägt zur Wertung bei. Es dürfen keinerlei Veränderungen an den Schlitten vorgenommen werden, sonst ist eine Disqualifikation unumgänglich. Es gibt Wertungen in drei Kategorien: Die Schlittenfahrer/innen, die Schnabler und der Schnablersprung. Die Schnablerwertung, also die reine Zeit vom Start bis ins Ziel, ist aber durchaus am Prestigeträchtigsten.
Hintergrund-Infos
Ursprung
Die Veranstaltung geht auf die Stammtischwette einiger junger Burschen zurück, die im Jahre 1928 herausfinden wollten, wer den Weg von der auf 1124 Meter gelegenen Schwaigeralm bis ins Tal als Schnellster auf seinem Hornschlitten (Schnabler) bewältigen könne. Mit den großen, ca. 2-3 Meter langen Schlitten, brachten einst Bergbauern Heu und Holz von der Alm ins Tal zurück. Seither wird das Rennen jedes Jahr vom örtlichen Gaißacher Schnabler- und Schlittenrennen e.V. ausgetragen - wenn das Wetter es zulässt.
Rekorde und Wissenswertes
Der absolute Streckenrekord liegt bei 1:13:20 Minuten. Der bisher weiteste Sprung auf einem Schnabler belief sich auf 25 Meter (1981). Die Schlitten, die den Sprung nicht schadlos überstehen und bei der Landung zu Bruch gehen, werden vom örtlichen Wagner auf Kosten des Schnablervereins repariert.
Allein schon die vielen Verkleidungen der Fahrer und Mitfahrer sind sehenswert. Da das Rennen in der Faschingszeit ausgetragen wird, sind fast alle kostümiert. Auch die so genannten Gaudischlitten, die außer Konkurrenz mitfahren, sind immer eine Attraktion. Dabei werden durch Ideenreiche Einfälle oft die Nachbardörfer aufs Korn genommen und durch den Kakao gezogen. Das Schnablerrennen wurde von einer Norwegischen Zeitung in die Liste der 50 Verrücktesten Sportarten der Welt aufgenommen und erfreut sich einer immer weiter wachsenden Beliebtheit. Die Gemeinde Gaißach wurde dadurch landesweit bekannt, auch in Kanada und China wurde schon darüber berichtet. Nach dem Aschermittwoch kann das Rennen nicht mehr ausgetragen werden, da es nur als Faschingsveranstaltung genehmigt wird.
Der Verein hat ein Rennlied veröffentlicht, das alljährlich anlässlich dieses Spektakels gesungen wird.
Hornschlitten
Die Hornschlitten sind traditionelle Arbeitsgeräte. Vor der Technisierung der Berglandschaften waren sie fast das einzige Transportmittel für die Bergbauern im Winter. Mit ihnen konnte man Holz und Heu aus den Wäldern und Wiesen ins Tal bringen, aber auch zum Futtertransport wurden sie genutzt. Nur sehr mühsam konnten die Schlitten mit Hilfe eines Gurtes bzw. eines Lederriemens durch den teils hohen Tiefschnee gezogen und geschoben werden. Steile Hänge waren dabei besonders gefährlich, da die Schlitten keine Bremsen hatten. Später spannte man auch Rinder und Pferde vor die Schlitten, gerade wenn die Schlitten schwer beladen waren. Heutzutage erledigen diese Arbeiten Traktoren bzw. Liftanlagen. Die Schlitten werden also nur noch als Sportgeräte genutzt. Sie sind aber aufgrund des Reglements bei vielen Hornschlittenrennen (gerade beim Schnablerrennen in Gaißach) in ihrer traditionellen Bauart zu bestaunen. Der Name Hornschlitten geht übrigens auf die baubedingten gamshornförmigen Kufen zurück.