Rottweiler Fasnet

Termin

Umzug bei der Fasnet.
Dieser Brauch findet vom 06. Januar bis zum 14. Februar 2024 statt.

Einstiegsinformation

„Jedem zur Freude und Niemand zum Leid", dies ist das Motto der Rottweiler Fasnet. Die frühere Reichsstadt blickt auf eine lange Narrentradition zurück. Viele Besucher kommen am Fasnachtsmontag und Dienstag nach Rottweil, um den historischen Narrensprung zu sehen.

Ablauf

Dreikönig ist der Auftakt der Vorfasnachtszeit. Die Mitglieder der Narrenzunft sind an diesem Tag im Frack als Abstauber unterwegs und ziehen durch die Stadt. In den Häusern werden die Narrenkleider bereit gelegt und die Abstauber befreien diese symbolisch von Staub. Mit dem Schmotzigen Donnerstag beginnt die eigentliche Fasnet. Zahlreiche Jugendliche bevölkern vormittags verkleidet den historischen Stadtkern. Abends ziehen Schmotzigen Gruppen mit einem Programm durch die Rottweiler Kneipen und kommentieren satirisch das Stadtgeschehen. Der Fasnachtssonntag wird mit der Proklamation eröffnet. Die Rottweiler Bevölkerung samt Stadtkapelle versammelt sich vor dem Schwarzen Tor und läuft zu den Klängen des Rottweiler Narrenmarsches bis zum alten Rathaus. Dort wird der Oberbürgermeister abgesetzt, die neuen Obrigkeiten sind bis zum Aschermittwoch die Narren. Dies wird von einem historisch gekleideten Herold auf einer Tribüne vor dem alten Rathaus verkündet. Anschließend folgen die beiden Ausscheller. Sie tragen ebenfalls historische Kostüme aus der Reichsstadtzeit und verkünden mit einer großen Glocke (Schelle) in der Hand jedes Jahr folgende Botschaft:
Bekanntmachung! Aus obrigkeitlichem Auftrag der alten Reichs- und Narrenstadt Rottweil tu i kund und z’wisse, dass heut mittag um drei dia Fasnet ihren Anfang nimmt! Dia beide große Narresprüng findet jetzo wie vor Urzeiten am Mentig- und am Dienstigmorge Punkt um achti statt. Dia Stubehocker und dia, wo hinterem Ofe hocket und Trübsinn bloset, hond dritthalbhundert schloflose Mächt und verschiedeni ugsundi Krankheite zu gewärtige. Drum uff, ihr Leut, und sind au gscheit, und narret, wenn es znarret geit! Hu hu hu.
Die meisten Zuschauer kennen diese Bekanntmachung auswendig und vor allem der letzte Satz wird von vielen Zuschauern laut mitgesprochen. Anschließend wirft die Narrenzunft aus einer Truhe Goldstücke aus Schokolade in die Menschenmenge.
Der Narrensprung auf der Fasnet.
Am Sonntagnachmittag findet um 15.00 Uhr ein Umzug statt. Bajasse, die Schmotzigen Gruppen und andere Verkleidete ziehen das erste Mal durch das Schwarze Tor d’Stadt nab (die Stadt runter). Die Narrenkleider dürfen am Sonntag und in der gesamten Vorfasnachtszeit nicht getragen werden, Werner Mezger bezeichnet das Tragen der Narrenkleider bei einer Saalveranstaltung in der Vorfasnachtszeit gar als Sakrileg. Sie kommen erst am Montagmorgen zum Einsatz. Der historische Narrensprung findet Montag und Dienstag um 08.00 Uhr sowie am Dienstagnachmittag um 14.00 Uhr statt. Kurz vor 08.00 Uhr am Montagmorgen versammeln sich die Narren vor dem Schwarzen Tor. Wenn die Glocke 08.00 Uhr schlägt, beginnt der Narrensprung durch das Schwarze Tor dStadt nab. Angeführt wird dieser von vier Reitern, gefolgt von der Jugendmusikkapelle, von den Bajassen mit Till Eulenspiegel und den Benner Rößle. Die sich anschließende Stadtkapelle wird angeführt von dem Narrenengel, der eine Tafel mit dem Abzeichen der Narrenzunft trägt, es folgen die Narren in den traditionellen Narrenkleidern (Kleidle). Nach dem Narrensprung beginnt die Straßenfasnet. Die Narren laufen durch die Obere Hauptstraße, die Kinder singen den Narren kleine Reime vor wie beispielsweise:
Narro, kugelrund, d Stadtleut sind wieder älle gsund.
Als Belohnung werden von den Narren dann „Guzle“ (Bonbons) ausgeworfen. Manche Narren lassen die Kinder richtig lange singen, einige sind gnädiger und werfen die „Guzle“ schon sehr bald aus.

Narrenfiguren der Rottweiler Fasnet

Das Rottweiler Narrenkleid wird als Kleidle bezeichnet, die Maske als Larve. Begriffe wie Kostüm, Maske oder Häs werden von Rottweilern nicht verwendet. Die Rottweiler Fasnet besteht aus mehreren Narrenfiguren, unter anderem auch Einzelfiguren.

Gschell und Biß

Die Figur Gschell.
Zu den klassischen Weißnarren gehören das Gschell und das Biß, das auffälligste Unterscheidungsmerkmal ist die Larve. Die Gschelllarve ist eine ebenmäßige barocke Glattlarve, während das Biß ein zerfurchtes Männergesicht zeigt. An der Larve ist eine Haube aus Leinenstoff befestigt, an dem Übergang von Larve zu Haube befindet sich ein Kränzchen aus hellem Roßhaar, dies wirkt wie eine barocke Perücke. Auf dem Kränzchen ist auf jeder Seite ein kleiner rautenförmiger Spiegel als Zeichen der Schlauheit angebracht. Auf dem Kopf trägt das Gschell drei Fuchsschwänze, ebenfalls als Zeichen der Schlauheit, das Biß trägt nur einen Fuchsschwanz sowie ein Hütle (Hut) mit einem daran befestigten Boschen (Hühnerfeder). Werner Mezger bezeichnet die Fuchsschwänze als ein Zeichen der Unehrlichkeit. Gschell und Biß bestehen außerdem aus einem weißen Kittel und einer weißen Pluderhose, ebenfalls aus Leinen. Die Haube, der Kittel und die Hose sind mit Ölfarben bemalt, sie zeigen Köpfe aus der altdeutschen Malerei, Tiroler, Türken, den Bacchus und verschiedene pflanzliche und geometrische Ornamentik. Die Bemalungen sind nicht an ein bestimmtes Motiv gebunden, sie thematisieren Ereignisse aus der Vergangenheit wie beispielsweise der Rottweiler Türkenkrieg 1664-65 oder zeigen durch die Darstellung von Nichtchristen die Gottesferne der Narren. Efeu, welches oft als ornamentales Motiv eingesetzt wird, steht für das fortdauernde Leben und als Symbol für den Frühling. In den 1960er Jahren wurde die Haube vermehrt mit Familienmitgliedern bemalt. Die Bemalung muss einigen Richtlinien folgen, um als „Original Rottweiler Narrenkleid“ zu gelten: So müssen die Menschenköpfe auf der Haube möglichst Tiroler oder Türken darstellen, die Haube muss, wie der Ärmel- und Kittelsaum, mit blauen Bögen eingefasst sein. Auf der Hose sind auf der Vorderseite und auf der Rückseite zwei stehende menschliche Figuren Pflicht. Zu diesen beiden Narrenkleidern gehören sechs Lederriemen mit daran befestigten Glocken und Foulards. Dies sind bunte Seidentücher, die bei allen Rottweiler Narrenfiguren vorkommen. Sie werden unter dem Brustbein oder am Hosenbund befestigt. Als Attribute tragen Biß und Gschell einen Narrenkorb, gefüllt mit Süßigkeiten, eine Schnupfdose (Dose, gefüllt mit Süßigkeiten) und eine lederne Narrenwurst. Werner Mezger spricht bei der Narrenwurst von einem doppelten Symbolgehalt:
Gschell und Biß.
Zum einen „ist sie ganz sicher ein Nachklang des einstigen Narrenkolbens, der […] das älteste Torenattribut überhaut war und die Eigenliebe […] versinnbildlichen sollte. Andererseits ist sie zugleich, wie schon ihr Name sagt, als Wurst im eigentlichen Sinne ein Zeichen für die Tatsache, daß man an Fastnacht ‚secundum carnem – nach dem Fleisch‘ lebt." Karl Lambrecht führt in der Narrenfibel an, dass die Narrenwurst „den Gedanken an ein Phallussymbol nicht auszuschließen braucht“, da beispielsweise im Gasteinertal ein Lustigmacher mit einer wurstähnlichen Leinwandrolle den zuschauenden Mädchen und Frauen einen leichten Schlag versetzt. Die Rottweiler Narren benutzen die Narrenwurst dazu, „die Nichtmaskierten durch einen leichten Schlag auf die Schulter in ihren Bann zu ziehen.“ Des Weiteren tragen Gschell und Biß unter dem Kittel ein weißes Hemd mit einer weißen Fliege und manchmal auch ein selbst geschriebenes Narrenbuch, aus dem sie den Zuschauern „aufsagen“. Ihren Ursprung haben diese beiden Narrenfiguren in der Barockzeit. Hinweise dafür sind die stark an ein Puttengesicht erinnernden Züge der Gschell-Larve, die weiten Pluderhosen des Kleidles und das Kränzle am Kopf, das an eine barocke Perücke erinnert. Die Haube weist aufgrund der Ähnlichkeit mit einem „Gugel“ sogar auf eine noch frühere Vergangenheit hin: das Spätmittelalter. Laut Mezger sind Biß und Gschell die klassischen Rottweiler Narrentypen, „die keine künstlichen Schöpfungen aus neuerer Zeit sind […], sondern über Jahrhunderte hinweg gewachsene Figuren, die trotz mancher Wandlungen noch vieles von der ursprünglichen Narrenidee des Mittelalters bewahrt haben.“

Fransenkleidle

Das Fransenkleid ist laut Mezger „ein relativ später Abkömmling der Weißnarren.“  Im Vergleich zu seinen Geschwistern Biß und Gschell erinnert die Larve an ein zierliches Frauengesicht im Rokokostil. Haube, Kittel und Hose sind aus schwarzem Samt mit aufgenähten vertikalen Fransenstreifen in rot, grün und gelb. Am Kittelsaum sowie an der Haube befinden sich bunte Pompons. Das Fransenkleid besitzt ein schwarzes Kränzle am Übergang von Haube zur Larve und ebenfalls dort angebrachte rautenförmige Spiegel. Im Gegensatz zu Biß und Gschell hat das Fransenkleid keine Fuchsschwänze auf dem Kopf sondern einen Dreispitz. Eine Narrenwurst, ein Korb mit Guzle sowie eine Schnupfdose sind auch beim Fransenkleid obligatorisc
Die Figur Federhannes.
h. Ebenso die Glocken, die jedoch nur aus insgesamt vier Riemen bestehen. Sie sind kleiner und klingen heller als beim Biß oder beim Gschell.

Federhannes

Im Schwäbischen Dialekt auch Federahannes oder Federehannes genannt. Er stellt eine Teufelsfigur dar, ebenso wie Biß und Gschell hat er seine heutige Gestalt aus der Barockzeit. In der Schwäbisch-Alemannischen Fasnet ist er einzigartig – keine andere Maske besitzt ein Rollkinn mit aus den Mundwinkeln herausragenden Zähnen. Der Federhannes trägt ein weißes Hemd, eine schwarze Krawatte, ein Umhang und eine Hose. Auf den Umhang sowie auf die Hose und die Haube sind Gänsefedern aufgenäht. Zusätzlich trägt der Federhannes ein Stecken (Stab) bei sich, an dem sich am oberen Ende ein parfümiertes Kalbsschwänzchen befindet. Mit dem Stecken wird gesprungen und mit dem Kalbsschwänzchen werden die Gesichter der Zuschauer abgepinselt. Der Federhannes ist die am stärksten vertretene Figur in der Rottweiler Fasnet. Ein Grund ist die im Vergleich zum Biß, Gschell und Fransenkleid, einfache Fertigung, da das Kleidle nur aus Haube, Umhang, Kittel und Hose besteht und leicht selbst genäht werden kann.

Schantle

Die Figur Schantle.
Der Schantle ist, neben dem Federhannes die zweite Narrenfigur, die keine Glocken trägt. Im 19. Jahrhundert wurden alle Narren als Schandle bezeichnet, da sie sich schändlich benahmen. Bei der Schantle Reform 1870 entstand die heutige Version des Schantles. Er trägt einen bestickten Gehrock oder Mantel und eine dazu passende Hose. Er hat einen Schirm bei sich, den er während des Narrensprungs im Takt zur Musik auf und ab bewegt und einen Korb mit Guzle. Die Larve stellt ein ausdrucksvolles Männergesicht dar, welches oft Gefühlsregungen wie starke Freude, Erstaunen oder Trauer zeigt. Charakteristisch für den Schantle ist eine Warze im Gesicht.

Benner-Rößle

Ursprünglich auch Brieler-Rößle genannt, da die Knechte eines inzwischen untergegangenen Weilers mit dem Namen Briel östlich von Rottweil zur Fasnetszeit mit einem Rößle in die Stadt zogen. Mittlerweile hat sich der Name Benner-Rößle eingebürgert. Wahrscheinlich ist, dass Sattlermeister Benner 1848 ein Rößle hergestellt hat. Das Benner-Rößle ist eine Dreierfigur, im Mittelpunkt steht eine Pferdeattrappe mit einem Reiter, der von zwei Treibern mit lautem Peitschenknallen und mit dem Ruf „komm-ssa-ssa-ssa“ durch die Stadt getrieben wird. Das Kleide und Larven der Treiber und des Reiters sind ähnlich wie Larve und Kleidle des Schantles, lediglich tragen sie keinen Mantel sondern einen Umhang und eine schwarze Krawatte. Auf dem Kopf des Reiters befindet sich ein Gänseflügel, der von den Treibern mit der Peitsche herunter gepeitscht werden muss. Entstanden ist das Rößle als Einzelfigur. Mittlerweile existieren jedoch neun davon. „Hätte die Zunft die Zahl der zum Narrensprung zugelassenen Rößle nicht strikt auf neun begrenzt, so würden die Rößlegespanne in der Vor- und Nachhut der Narrensprünge […] inzwischen schon mehrere Dutzend erreicht haben.“
Die Figur Benner-Rößle.

Einzelfiguren

Ronnys Schantle und die Briekere (ebenfalls ein Schantle) sind Narrenfiguren, die im Vergleich zu Biß, Gschell, Fransenkleidle und Federhannes nur einmal vorkommen. Ronnys Schantle trägt einen Schnurrbart und an der linken Schläfe klafft eine Wunde, er wird daher auch Prellaug genannt. Die Briekere (weinende Frau) kommt am Narrensprung am Dienstagmittag zum Einsatz. Ihre Larve ist mit Tränen überströmt und sie weint, weil die Fasnet bald vorbei ist.

Guller

Der Guller (schwäbisch für Hahn) ist, wie das Benner-Rößle, eine Tierattrappe. Die Larve ist in ihrer Gestaltung an die des Schantles angelehnt. Der erste schriftliche Hinweis auf die Figur des Gullers stammt von 1861, es wird aber angenommen, dass seine Tradition bis in die Reichsstadtzeit zurück reicht. Der Rottweiler Guller scharrt während des Narrensprungs mit seinen Füßen, kehrt den Zuschauern den Rücken zu und kitzelt diese mit seinen Schwanzfedern im Gesicht.
Narrenengel und Guller.

Narrenengel

Der Narrenengel ist ebenfalls von der Schantlefigur abgeleitet. Obwohl die Farben aus dem Wappen von Rottweil schwarz und gelb sind, trägt der Narrenengel die Farben rot und weiß – die Farben aus der Rottweiler Reichsstadtzeit. Er läuft beim Narrensprung vor den Narren und trägt eine Tafel mit der Aufschrift: „Jedem zur Freude und Niemand zum Leid“. Der Narrenengel ist, wie die anderen Rottweiler Narrenfiguren auch, eine traditionsreiche Figur. Er spielt auf die Engelsgesellschaft an. Dies war im 17. Jahrhundert eine Vereinigung lediger Gesellen der Zünfte, die lange Zeit die Fasnacht ausrichteten.

Hintergrund-Infos

„Hauptziele der Narrenzunft sind die Erhaltung und Bewahrung der traditionellen Rottweiler Fasnet.“ In den 1960er Jahren war dies durch eine große Anzahl neuer Narrenkleider in Gefahr, die immer mehr von den überlieferten reichsstädtischen Narrentypen abwichen. Aus diesem Grund führte die Narrenzunft 1974 den „Narrenkleiderrat“ ein. Dieser soll die Bürger in allen Fragen, die sich auf die Herstellung eines neuen Narrenkleides beziehen, beraten. Ebenso sollen alle neuen Narrenkleider begutachtet, erfasst und alle bereits vorhandenen registriert werden. Diejenigen, die nicht den Originalen entsprechen, werden ausgeschieden. Die registrierten erhalten eine Plakette mit der Aufschrift „Original Rottweiler Narrenkleid“, nur diese dürfen am Narrensprung teilnehmen.

Der Narrenmarsch

Komponiert wurde der Narrenmarsch von Heinrich von Besele 1882, den Text schrieb Otto Wolf 1919. „Im weiten Umkreis der Stadt gilt Heinrich von Beseles Narrenmarsch als Rottweiler Nationalhymne.“ Schicht spricht von einem „emotionalisierenden Effekt, wenn der Narrenmarsch während des Narrensprungs ertönt“ und meint die Narren werden ohne den Narrenmarsch nicht richtig warm.
Auf, wachet auf, wachet auf, Ihr alten Narren wachet, Auf, s bricht der Tag an, Zieht Euch nur rasch an, Denn, s ist heut Fasnacht, Die uns viel Freud macht, Heut wie vor altem So wirds gehalten. Ja , so lang noch ein Herz In unserm Busen schlägt Und so lang noch Reichstadt Blut Durch die Adern fließen tut, Feiern wir Fasnacht die Fasnacht in aller Pracht, Halten hoch die Tradition, Weichen niemals ab davon. Jedem zur Freude, Und niemand zum Leide Alles, Alles, hoch und nieder, Freut sich auf die Fasnet wieder, Weil sich ein Jedes So richtig vergessen kann, Vergessen all die Alltagssorgen Bis zum Aschermittwochmorgen. s gibt noch ne Freude Im Leid, Kopf hoch! Bumm, jetzt gohts los! Achte schlägt es auf dem Turm, Ganz nervös wirds Publikum. Denn s ertönet die Musik, Von der Straße zrück, zrück! Platz gemacht, es kommen schon Aus dem Tor die kleinen Clown, Ganz im Takte der Musik. Tra-la-la! s ist alles ganz entzückt.

Das Narrenbrevier

Bei dem Rottweiler Narrensprung und bei der Fasnet müssen die Narren einige Regeln befolgen, die für Außenstehende recht seltsam erscheinen. Diese Regeln sind Rottweiler Narren in Fleisch und Blut übergegangen und werden stets befolgt. Die Narrenzunft hat ein Narrenbrevier aufgestellt, dieser wird jedes Jahr im Klepferblättle (Narrenzeitung, die von der Narrenzunft herausgegeben wird) abgedruckt. So ist zum Beispiel selbstverständlich, dass die Narren auf dem Weg von Zuhause zum Narrensprung „durch die Seitenstraßen gehen sollen“ und nicht schon an den Zuschauern vorbei in der Oberen Hauptstraße. In Rottweil bleiben alle Narren unerkannt. Daher darf „ein rechter Narr auf der Straße oder wenn er im Wirtshaus aufgesagt hat, seine Larve nicht lüften.“ Es dürfen nach einem Gerichtsurteil keine Orangen mehr ausgeworfen werden und das Narrenkleid darf nach dem Bettzeitläuten um 18.00 Uhr nicht mehr getragen werden. Die Narren sollen dann nach Hause gehen und ihr Narrenkleid ausziehen. Alle Regeln sind vollständig auf der Homepage der Narrenzunft Rottweil nachzulesen. Wie angedeutet, ist es den Rottweiler Narren wichtig, unerkannt zu bleiben. Daher sind auch für alle Kinder Holzlarven, die den Originalen entsprechen, Pflicht. In anderen Narrenzünften der Schwäbisch-Alemannischen Fasnet ist es durchaus üblich, dass kleine Kinder keine Larve tragen, aber trotzdem an dem Fasnetsumzug mitmachen.

Ursprung

Fasnacht ist ein Fest christlichen Ursprungs und bezeichnet „den Abend und den Tag, der dem Beginn der vierzigtägigen Fastenzeit vorausgeht.“ Der erste Hinweis im Deutschen Sprachraum für den Fasnachtsbrauch findet sich am Anfang des 13. Jahrhunderts, damals wurde in den letzten Tagen vor der vierzigtägigen Abstinenz exzessiv gegessen und getrunken. Ebenfalls wurden die Fett-, Eier- und Fleischvorräte aufgebraucht. Beispielsweise wurden Faschingskrapfen, Waffeln, Pfannkuchen meistens am Donnerstag vor Fasnacht gebacken – Daher stammt auch der Name Schmotziger Donnerstag (von schmalzig, schmutzig). Zu diesen Veranstaltungen vor der Fastenzeit gehörten auch Tänze. An einigen Orten war es üblich, die Tänze oder andere Spiele vor Zuschauern aufzuführen – zum Teil wurden ganze Wettbewerbe daraus. „Dieser Umbruch kam im 15. und 16. Jahrhundert auf breiter Front zu tragen. Anders als im Frühstadium des Festes zwischen 1200 und 1400 begannen die Fastnachtsumtriebe jetzt einen wachsenden Grad an Gelenktheit aufzuweisen, wobei sich insbesondere die demonstrative Seite der Bräuche stark entfaltete.“Daraus entwickelten sich Schaubräuche und die ersten Fasnachtsumzüge. Da dies großen Aufwand erforderte, konnten es sich nur die reichen Städte leisten, solche Schaubräuche oder Fasnachtsspiele zu veranstalten. Mit ein Grund dafür, dass die meisten Fasnachtsbräuche städtischen Ursprungs sind. So geschah dies auch in Rottweil. Seit wann genau Fasnacht gefeiert wird, ist nicht bekannt. Der Begriff Fasnacht kam schon 1310 vor – jedoch sind Fasnachtsaktivitäten der Bevölkerung zu dieser Zeit noch nicht bekannt. Larven und Verkleidungen gibt es nachweislich seit 1546, im 17. Jahrhundert wird erstmals ein Umzug erwähnt. 1803 verlor Rottweil seinen Status als freie Reichsstadt und wurde unter die Regierung des Königreichs Württemberg gestellt. Die Fasnet wurde verboten, dies wurde jedoch von vielen Rottweiler Narren ignoriert. Durch das Verbot nahmen immer weniger am Narrensprung teil und die Fasnet in Rottweil drohte auszusterben. Um die „Reichsstädtische Fasnachtstradition vor dem Untergang zu retten, wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Narhalla gegründet. Trotzdem beteiligten sich nur wenige Bürger, von Mitte des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts, an den Narrensprüngen und die Kleidle wurden oft für wenig Geld verkauft. 1903 gründete sich der Narrenverein Rottweil und die Fasnet in Rottweil erlebte einen Aufschwung. Während den beiden Weltkriegen fiel die Fasnacht wegen politischen Unruhen und Krieg einige Jahre aus. Zwischen 1940 und 1947 fand kein Narrensprung statt. Den nächsten Aufschwung erfuhr die Rottweiler Fasnacht um 1950. Seit dem wurde sie immer populärer. 1991 war das Jahr der ausgefallenen Fasnet. Aufgrund des Golfkriegs legten die großen Fasnachts- und Karnevalsverbände ihren Mitgliedern nahe, dieses Jahr auf die Fasnacht zu verzichten. Auch die Rottweiler Narrenzunft veranstaltete 1991 keinen offiziellen Narrensprung. Dies hielt aber die Rottweiler nicht davon ab, sich selbst zu organisieren und trotz des Golf Krieges d’Stadt nab z‘ jucke. Allen voran lief ein Bajass, der eine Tafel mit der Aufschrift trug: „Weichet niemals ab davon“. Dies ist aus dem Rottweiler Narrenmarsch entlehnt. „Wenn die Rottweiler ihre Fasnet „historisch“ nennen, so ist dies kein Etikettenschwindel, wie er an manch anderem Ort mit neu geschaffenen Bräuchen oft schon nach wenigen Jahren betrieben wird. Die Narren in der ehemaligen Reichsstadt bewegen sich tatsächlich in einer Tradition, die – wohl mit gewissen Brechungen, aber ohne Unterbrechung – mittlerweile ein rundes halbes Jahrtausend umfasst.“

Kleines Wörterbuch zur Rottweiler Fasnet

Rottweilerisch Hochdeutsch Wissenswert
Fasnet Fasnacht in Rottweil und Umgebung Echte Rottweiler sagen nie Fasching oder Karneval.
Narrensprung Umzug
dStadt nab die Stadt runter Der Verlauf des Narrensprungs durch das Schwarze Tor die Stadt hinunter bis zum Spital.
jucke jucken, hüpfen Besondere Art der Rottweiler Narren im Narrensprung zu hüpfen. Rottweiler verwenden jedoch das Wort jucken.
dStadt naus die Stadt hinaus Nachdem es beim Narrensprung die Stadt hinunter geht, geht es die Stadt hinaus.
Kleidle Narrenkleid. historische Fasnachtskostümierung Echte Rottweiler sagen zu ihren Kleidle niemals Kostüm oder Häs.
Larve Maske aus Lindenholz
Juhzge Juchzgen. Der Rottweiler Fasnachtsruf lautet Hu-Hu-Hu.
Aufsage Aufsagen Lustige Anekdoten und Geschichten werden Zuschauern (meistens Bekannten oder Freunden) während des Narrensprungs oder danach erzählt. Aufsagen ist mit oder ohne Narrenbuch möglich.
Schnupfdos Schnupfdose Dose, in der sich Pralinen befinden und die Gschell, Biß, Schantle und Fransenkleidle bei sich tragen.
Guzle Bonbons
Schnupfe lasse Schnupfen lassen Nach dem Aufsagen lässt der Narr denjenigen, dem er aufgesagt hat, schnupfen. D.h. er darf sich eine Praline aus der Schnupfdose nehmen.

Weblinks

Literatur

  • Mezger, Werner: Narrenidee und Fastnachtsbrauch. Studien zum Fortleben des Mittelalters in der europäischen Festkultur.Konstanz 1991.
  • Mezger, Werner: Narretei und Tradition. Die Rottweiler Fasnet. Stuttgart 1984.
  • Mezger, Werner: Die Rottweiler Fasnet. Stuttgart 1996.
  • Lambrecht, Karl: Rottweiler Narrenfibel. Rottweil 1988.
  • Lambrecht, Karl/Hecht, Winfried: Die Rottweiler Fasnet gesehen mit den Augen von Otto Wolf. Rottweil 2003.
  • Schicht, Jochen: Die Rottweiler Fasnet als heimatliches Symbol. Zum Einfluss städtischer Festkultur auf lokale Identität. Freiburg 2003.

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