Aprilscherz in Frankreich

Termin

Gebastelter Fisch zum 1. April.

Dieser Brauch findet alljährlich am 01. April statt.

Einstiegsinformation

Jedes Jahr am 1. April versuchen nicht nur die deutschen Kinder Mitschülern, Eltern oder Lehrern einen Streich zu spielen. Auch in Frankreich ist dieser Brauch geläufig. An diesem Tag steht für die Franzosen jedoch – im Unterschied zu Deutschland- ein ganz besonderes Tier im Mittelpunkt: Der Fisch. Man spricht deswegen von dem „Poisson d’Avril“ [sprich: pwasɔ͂ davʀil]

Übersetzt man die Bezeichnung ins Deutsche so bedeutet dies Aprilfisch [„Poisson“ = „Fisch“ und „Avril“ = „April“]. Unter diesem Namen ist der Tag in ganz Frankreich bekannt und wird jedes Jahr – vor allem von den Kindern – mit großer Freude gefeiert: Sie basteln kunterbunte Fische, um diese dann auf den Hintern oder auf den Rücken einer anderen Person zu kleben- in der Hoffnung, dass diese den Fisch erst viel später bemerkt. Haben sie Glück und ihnen gelingt ihr Streich, so rufen sie „Poisson d’Avril“. Es werden an diesem Tag jedoch nicht nur Fische gebastelt; man kann auch Freunden, Bekannten oder einfach nur für sich selbst in vielen französischen Chocolateries Schokoladenfische kaufen, diese dann verschenken oder selber genießen. Doch nicht nur die französischen Läden nutzen diesen Brauch- auch in den Medien werden an diesem Tag- wie auch in Deutschland- Unwahrheiten verbreitet, sodass man sich nie sicher sein kann, ob die Nachrichten nun falsch oder wahr sind. Auch hierbei spricht man von dem sogenannten „Poisson d’Avril“.

Ablauf

Die Rolle des Fisches am 1. April

Gebastelter Fisch zum 1. April.

Der Grund, warum genau der Fisch das Symbol für den 01. April in Frankreich ist, ist ebenfalls weitgehend unklar. Hierfür gibt es weit mehr Spekulationen als über die Entwicklungsgeschichte: Ein Grund deutet auf die österliche Fastenzeit hin: Da der 01. April in der österlichen Fastenzeit lag und es verboten war, in dieser Zeit Fleischprodukte zu essen, war der Fisch die einzige mögliche Ausnahme. Deswegen gab es in vielen Haushalten in diesem Zeitraum sehr viel Fisch, wodurch er möglicherweise ein Symbol für diesen Terminus geworden ist. Eine andere Spekulation spricht von der in Frankreich besonders stark ausgeprägten Angelsaison, weswegen der Fisch für die Leute nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch berufliche Existenz bedeutet. Auch aus diesem Gesichtspunkt wird die besondere Stellung des Fisches deutlich. Weiter kann man im Symbol Fisch einen christlichen Ursprung wiederfinden: Betrachtet man also den Fisch als einen christlichen Fisch („Ichthys“) so spiegelt er auch die Gläubigkeit der Menschen damals wieder. Repräsentativ steht der Fisch auch für die letzten andauernden Wintertage. Somit verbinden die Franzosen mit ihm auch die Tatsache, dass bald die Tage wieder wärmer und heller werden und der Frühling beginnt. Welche dieser genannten Erklärungen jetzt nun die Begründung für den Fisch darstellen, darüber kann man sich jetzt nur noch selber eine Meinung bilden. Sicher ist jedoch, dass der Fisch an diesem Tag eine ganz besondere Rolle einnimmt.

Die folgende Beschreibung beziehe ich auf Interviews vom 18. Mai bzw. 31. Mai 2015. Darin fließen die Erfahrungen einer Vorschulleiterin in Auch/ Frankreich, die in einer sozial- benachteiligten Gegend arbeitet. Des Weiteren fließen die Erlebnisse und Meinungen eines 20- jährigen Mädchens aus Frankreich mit ein. Beide Franzosen haben mir geschildert, wie ein solcher Tag in Frankreich aussieht.

Akteure und Streiche

Der Poisson d’Avril ist ein sehr alter Brauch und keinesfalls so ein Fest wie Weihnachten oder Ostern. Es ist einfach eine Tradition, die sich im Laufe der Zeit vor allem bei den Kindern so eingebürgert hat. Was den „Poisson d’Avril“ von manch anderen Bräuchen unterscheidet ist die Tatsache, dass der Tagesablauf in Schule, Kindergarten oder Vorschule sich zunächst nicht von dem gewöhnlichen Ablauf unterscheidet. Es gibt also an diesem Tag weder ein besonderes Essen- noch sagen die Kinder Gedichte über Fische auf. Lediglich basteln sie an diesem Tag sehr viele Fische, die in den verschiedensten Farben bunt ausgemalt und ausgeschnitten werden. Besonders an diesem Tag geben sich die Kinder Mühe, damit ihre Fische später besonders schön aussehen. Während der Pause versuchen die Kinder dann – wie es eben Brauch ist- ihre selbst gemalten Fische auf den Rücken ihrer Freunde zu befestigen. Auch die Lehrkräfte bleiben an diesem Tag nicht von den Streichen der Kinder verschont. Das Ziel der Kinder ist es auch, dass mindestens eine Lehrkraft mit einem Fisch auf dem Rücken den Klassenraum verlässt. Obwohl die Lehrer an diesem Tag besonders aufmerksam sind, gelingt es den Schülern immer wieder, dass sie ihr Ziel erreichen. Die meisten Lehrer sehen den Brauch mit Humor, weshalb sie auch nicht empört gegenüber den Kindern reagieren, wenn sie einen Fisch auf dem eigenen Rücken entdecken. Dieser Brauch gehört eben für viele Franzosen fest zum Jahreszyklus. Aber wie auch in Deutschland spielen sich die Leute hier auch untereinander Streiche – so auch das Lehrerkollegium. Trotz der Tatsache, dass der Fisch an diesem Tag so eine besondere Rolle im Leben der Franzosen spielt, gibt es nur bei vereinzelten Franzosen an diesem Tag Fisch als Mahlzeit. Aber auch große Firmen nutzen diesen Tag zugunsten ihrer kommerziellen Zwecke: Wie zum Beispiel am Valentinstag auch, bietet dieser Brauch den Unternehmen jede Menge Gelegenheit dazu mithilfe der Scherze in ihrer Werbung eine Menge Geld zu verdienen. Dies hat sich zum Beispiel auch die Marke Carambar zu nutzen gemacht: Jede Bonbon- Verpackung enthält normalerweise kleine Zettel mit Witzen. Am ersten April letzten Jahres haben sie aber die Franzosen dazu gebracht zu glauben, dass sie damit aufhören werden. Ihr einziges Ziel war damit erfüllt: Nämlich dass die Leute über ihr Produkt reden.

Resümee

Im Vergleich zu der historischen Bedeutung des Fisches und dessen Brauches kann man jedoch sehen, dass heutzutage vielmehr eine Vermarktung und ein kommerzielles Nutzen auf Seiten der Unternehmen entstanden sind. Der eigentliche Bezug zum Wesentlichen ist immer mehr in den Hintergrund gerückt. Wahrscheinlich wissen manche Franzosen nicht einmal, warum sie einen Fisch und keinen Elefanten auf den Rücken von anderen Leuten kleben.

Hintergrund-Infos

Entwicklung des Brauchs

Über den historischen Ursprung und aus welchem Grund der Brauch entstanden ist, darüber ist nicht viel übermittelt. Hinsichtlich dieses Aspektes gibt es lediglich Spekulationen. Die häufigste genannte ist folgende: In der Zeit, in der der Brauch vom „Poisson d’Avril“ in Frankreich entstanden sein könnte, regierte König Charles der IX. Dieser war von 1560 bis 1574 an der Macht. Da alle Länder den Jahresbeginn zu unterschiedlichen Zeitpunkten feierten, beschloss er das im Jahr 1564 zu ändern: Er legte das Neujahr vom 01. April auf den 01. Januar- so wie man es heute immer noch kennt. An diese Veränderung konnten sich manche Franzosen jedoch nur nach und nach gewöhnen, weswegen viele auch noch Jahre später erst am 01. April das neue Jahr feierten. Über diese Menschen machte man sich dann lustig, indem man ihnen einen Streich spielte oder ihnen falsche Geschenke gab.

Weblinks