Pinata

Einstiegsinformation

Eine selbstgebastelte Pinata.
Ganz allgemein ist eine Piñata heutzutage meistens ein aus Pappmaché gefertigter, bunter Hohlkörper, der mit Süßigkeiten und anderen Dingen gefüllt ist und im Rahmen eines Spiels zerschlagen wird. Piñatas kommen vor allem in Lateinamerika (besonders in Mexiko), aber auch in Nordamerika und mittlerweile sogar Europa bei unterschiedlichen Festlichkeiten (früher hauptsächlich religiöser Art, heute bei Geburtstagen) zum Einsatz.

Ablauf

Der Brauch der Piñata, oder besser gesagt der des Zerschlagens von Piñatas, läuft im Allgemeinen immer gleich und wie eine Art Spiel ab. Die Piñata wird hierfür an einer Schnur aufgehängt, je nach Örtlichkeit des Festes in einem Raum oder im Freien, kann aber auch von einem Erwachsenen (eventuell auf einem Stuhl stehend) an der Schnur gehalten werden. Die Festgäste, zumeist Kinder, dürfen dann einer nach dem anderen jeweils dreimal mit verbundenen Augen versuchen, die Piñata mit einem Knüppel zu treffen. Das Ganze geht so lange, bis die Piñata aufplatzt und der gesamte Inhalt auf den Boden fällt. Nun werden die Süßigkeiten, Nüsse, Früchte und anderen Kleinigkeiten schnell aufgesammelt. Jeder versucht so viel wie möglich aufzuheben um seine/ihre Tüte, die manchmal extra schon vor Beginn des Spiels an alle Beteiligten ausgeteilt werden, aufzufüllen. Und damit auch die kleineren Festgäste nicht zu kurz kommen, helfen die anwesenden Erwachsenen ihnen beim Süßigkeiteneinsammeln. Außerdem wird während des Spiels derjenige, der gerade an der Reihe ist, von den anderen Anwesenden oft mit einem Lied angefeuert und bekommt durch Zurufe Hilfestellung, um die Piñata auch mit verbundenen Augen treffen zu können.

Varianten

Zur Erschwerung

Das Treffen der Piñata kann dadurch erschwert werden, dass der Erwachsene, der die Piñata hält, sie bewegt und mal höher und mal niedriger hängen lässt. Wenn die Piñata in einem Raum oder auch im Freien aufgehängt ist, kann man den Schwierigkeitsgrad auch durch eine zusätzliche Schnur, die an der Piñata befestigt wird und mit der sie bewegt werden kann, erhöhen.

Für kleinere Kinder

Außerdem gibt es für kleinere Kinder eine vereinfachte Form bei der man sogenannte Zugpiñatas benutzt. Weil kleine Kinder noch nicht stark und treffsicher genug sind, um eine Piñata kaputt zu schlagen, wird hier, anders als bei der vorher beschriebenen Variante des Spiels, nicht mit einem Knüppel hantiert. Stattdessen sind Zugbänder in die Piñata eingearbeitet, die beim Spiel von der Piñata herabhängen. Den Kindern werden der Reihe nach die Augen verbundenen und sie müssen versuchen die Bänder zu erwischen und dann daran zu ziehen, um die Piñata zu zerreißen und an die Süßigkeiten zu kommen.

Durchführungskontexte

Ursprünglich ist die Piñata ein Teil der mexikanischen Weihnachtstradition. In diesem Zusammenhang wird der Brauch in der Vorweihnachtszeit im Anschluss an Fackelprozessionen und die Aufführung des Krippenspiels mit einem mit Pappmaché überzogenen Tontopf durchgeführt. Heutzutage steht die Durchführung jedoch meistens nicht mehr im religiösen Zusammenhang. So findet man Piñatas vor allem bei unterschiedlichen Kinderfesten und -geburtstagen. Man könnte das Piñata-Spiel also mit typischen Kindergeburtstagspielen wie Topfschlagen oder Blinde Kuh vergleichen. Allerdings kann man dem bunt dekorierten Pappmaché Partyspiel auch auf Geburtstagsfeiern für Erwachsene, Hochzeiten und anderen Veranstaltungen begegnen.

Hintergrund-Infos

Geschichte der Piñata

Piñatas in ihrer heutigen Form mögen ihren Ursprung zwar in Südamerika haben, allerdings haben sie während ihrer langen Entwicklungsphase einen weiten Weg zurückgelegt. Von Asien soll der Brauch nach Europa und erst von dort dann nach Südamerika gekommen sein. Die mit dieser Reise verbundenen, unterschiedlichen Einflüsse bewirkten viele Form- und Bedeutungsveränderungen, denen hier ein wenig auf den Grund gegangen werden soll. Asien Vorläufer der Piñata soll es wohl schon im alten China gegeben haben. Dort wurden bei Frühlingsfesten Hohlkörper aus Papier, meistens in Form von Büffeln oder Kühen, mit unterschiedlichem Saatgut aufgefüllt und aufgehängt. Diese befüllten Papiertiere waren ein Symbol für Fruchtbarkeit. Durch das Zerschlagen und die damit verbundene Verstreuung des Saatguts versuchte man Fruchtbarkeit über das Land zu bringen und die Grundlage für eine reiche Ernte zu schaffen. Die Überreste der Papiertiere wurden im Anschluss verbrannt und die Asche dann als Glücksbringer aufgehoben. Europa Von Asien aus soll Marco Polo den Brauch im 14.Jahrhundert mit nach Italien gebracht haben. Mit dem Import nach Italien ging eine Christianisierung des Brauchs einher und der Brauch wurde dann bei christlichen Festen ausgeführt. So wurde angeblich der erste Sonntag der Fastenzeit zum Pignatta-Sonntag, an dem man den von Marco Polo beschriebenen Brauch imitierte. Heute kann man immer noch bei unterschiedlichen Festen beobachten, wie Pignattas (ital. umgangssprachlich "Topf")  aus Ton in den Straßen aufgehängt und mit Stöcken zerschlagen werden. Hierfür werden oft mehrere Tongefäße an ein Seil gebunden und das Ganze wird dann quer über die Straße gespannt. Die Beteiligten tragen beim Schlagen auch häufig einen Helm, um ihre Köpfe vor herabfallenden Tonstücken zu schützen. Von Italien aus verbreitete sich der Brauch nach Spanien, wo dann ebenfalls während der Fastenzeit dekorierte Tontöpfe zerschlagen wurden, und von dort aus gelangte er durch christliche Missionare schließlich in die Neue Welt. Amerika Obwohl gesagt wird, dass der Brauch von Europa aus nach Südamerika gekommen ist, gibt es auch Hinweise darauf, dass es in den Hochkulturen der Azteken und der Maya schon ähnliche Bräuche gab, bei denen ebenfalls gefüllte Gefäße mit Stöcken zerschlagen wurden. Bei den Azteken sollen die Tongefäße Gold, Edelsteine und andere kostbare Dinge beinhaltet haben. Bei den Mayas waren es wohl Kakaobohnen. In beiden Fällen handelte es sich jedoch um Opfergaben. Der Brauch hatte hier also auch eine religiöse Bedeutung und wurde zu Ehren von Göttern ausgeführt. Dabei wurden die Gaben durch das Zerschlagen der Gefäße den Göttern im Rahmen einer Zeremonie offenbart. Europäische Missionare sollen sich diese Überschneidung des Piñata-Brauchs mit dem religiösen Ritual der Einheimischen bei ihrer Aufgabe der Christianisierung der Neuen Welt zu Nutze gemacht haben. So wird angenommen, dass Vorformen des Piñata-Zerschlagens wie wir es heute kennen zu ungefähr dieser Zeit im heutigen Mexiko ihren Ursprung haben. Von dort aus breitete sich der Brauch in weiten Teilen Lateinamerikas aus und gelang schließlich in die USA, wo Piñatas sich heute vor allem auf Kindergeburtstagen großer Beliebtheit erfreuen. Dabei kann die Piñata jede nur denkbare Form annehmen. Vor allem Comicfiguren finden bei den Kindern großen Anklang.

Traditionelle Symbolik

Eine traditionelle Piñata, wie sie in Mexiko an Weihnachten benutzt wird, ist rund und hat sieben Kegel, was sie wie einen Stern aussehen lässt. Die Kugel steht dabei symbolisch für den Urheber des Bösen, nämlich Satan und die sieben Kegel stellen die sieben Todsünden dar. Diese sind Hochmut, Geiz, Wolllust, Zorn, Völlerei, Neid und Faulheit. Diese Symbolik erhielt die Piñata angeblich von den Missionaren, die zu ihrer Zeit versuchten den Einwohnern Mexikos den christlichen Glauben nahezubringen und sich hierfür unter Anderem den Piñata-Brauch zu Nutze machten. Auch das Zerschlagen der Piñata hat seine Bedeutung. So wird mit jedem Schlag auf die Piñata das Böse bekämpft. Die Piñata hängt dabei an einer Schnur herunter, wodurch man sich im Kampf gen Himmel richten muss. Durch diese Körperhaltung soll das Vertrauen auf den Himmel und somit Gott symbolisiert werden. Die Augenbinde verstärkt das Ganze noch indem man durch sie dem Glauben praktisch blind folgen muss. Der Stab symbolisiert den aufrechten Glauben der einem im Kampf gegen das Böse als Waffe zur Verfügung steht. Wenn die Piñata endlich zerschlagen ist und der Inhalt zu Boden fällt, wird man für die harte Arbeit bezahlt - es regnet also zum Lohn Geschenke vom Himmel. Das Teilen der Geschenke am Schluss soll dann Symbol für die Barmherzigkeit Gottes sein, durch die alle Beteiligten entlohnt werden, auch wenn nicht jeder gleich viel zum Sieg über das Böse beigetragen hat.

Anleitung zur Herstellung einer Piñata

Eine runde Piñata selber zu basteln ist nicht besonders schwierig. Allerdings nimmt es einiges an Zeit in Anspruch, weshalb man auf jeden Fall rechtzeitig mit dem Basteln anfangen und genug Zeit einplanen sollte. Für das Hohlgefäß aus Pappmaché braucht man einen Luftballon, alte Zeitungen, Wasser und Mehl. Zunächst muss der Luftballon aufgeblasen und verknotet, das Zeitungspapier in kleine Stücke zerrissen und das Mehl mit dem Wasser im Verhältnis 1:2 zu einer Art Kleister angerührt werden. Dann wird das Zeitungspapier, ein Stück nach dem anderen, in den Kleister eingetaucht, abgestrichen und auf den Luftballon aufgelegt. Alternativ kann der Luftballon auch mit der Mehlmischung eingestrichen und mit den Zeitungspapierschnipseln bedeckt werden. Generell muss jedoch auf jeden Fall ein genügend großes "Loch" freigelassen werden, am Besten dort wo der Knoten ist, damit die Piñata später eine Öffnung hat durch die sie befüllt werden kann. Das (Einkleistern und) Bedecken muss einige Male, ca. vier- bis sechsmal, wiederholt werden, so dass das Pappmaché am Ende dick genug ist, um die Befüllung aus Süßigkeiten halten zu können. Nachdem die letzte Lage aufgetragen wurde, sollte man mit dem Kleister vorsichtshalber nochmal über alle Stellen streichen, die nicht ganz durchgeweicht erscheinen, um sicher zu gehen, dass das gesamte Zeitungspapier gut miteinander verkleistert ist, damit später auch alles gut hält. Dann braucht das Pappmaché mindestens 24 Stunden, bis es vollkommen getrocknet ist. Wenn das Pappmaché ganz trocken ist, kann man den Luftballon einfach mit einem spitzen Gegenstand zum Platzen bringen und aus dem Hohlkörper entfernen. Danach braucht man Schere, Bastelkleber und Bastelpapier, zum Beispiel Ton- oder Krepppapier, um die Piñata nach Lust und Laune zu dekorieren. Nach dem Dekorieren sollte man der Piñata nochmal ein wenig Zeit zum Trocknen geben, da das Pappmaché durch den Bastelkleber wieder leicht aufgeweicht sein kann. Schließlich braucht man eine Schnur, die zum Aufhängen nahe der Öffnung an der Piñata befestigt wird. Zum Schluss muss die Piñata nur noch befüllt werden und der Spaß kann losgehen.

Weblinks

Literatur

  • Pettig, Julia: Weihnachten in Mexiko und bei in Deutschland lebenden Mexikanern. In: Köpke, Wulf und Bernd Schmelz (Hg.): Fiesta Latina. Lateinamerikanische Feste und Festbräuche/Museum für Völkerkunde Hamburg. Bonn: Pahl-Rugenstein Verlag, 2002.
  • Thiemer-Sachse, Ursula: Traditionelle Volkskultur. In: Briesemeister, Dietrich und Klaus Zimmermann (Hg.): Mexiko heute: Politik, Wirtschaft, Kultur. Frankfurt/Main: Vervuert, 1996.
  • Chacón Díaz, Felicia und Björn Pawlak: "Piñatas" - Mit Süßigkeiten gefüllte bunte Figuren.
  • Schaible, Cornelia: Die Piñata - ein Partyspaß mit Tradition.

Video