Inhalt
Termin
Dieser Brauch findet alle zehn Jahre statt. Die nächste Aufführung ist vom 01.05. bis zum 19.09.2032 geplant. Die Spieltage sind Dienstag, Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag.Einstiegsinformation
Die Passionsspiele von Oberammergau basieren auf dem Pestgelübde von 1633. Dabei gelobten die Dorfbewohner alle 10 Jahre das Leiden und Sterben Christi aufzuführen. Im Gegenzug sollte kein Dorfbewohner mehr an der Pest sterben. 1634 wurden sie erstmals aufgeführt, später entschied man sich für einen Turnus von 10 Jahren.Ablauf
Der Aufbau der Passionsspiele
Das Passionsspiel von 2011 war in elf Akte unterteilt, welche man Vorstellung nennt. Den ersten Teil des Spiels bildeten die Akte eins bis fünf welche am Nachmittag stattfanden. Der zweite Teil (5 – 11) fand nach einer dreistündigen Pause am Abend statt und dauerte bis ca. 23.00 Uhr. In dem Spiel wechseln sich gesprochene Einleitungen, dramatisches Spiel und das sogenannte Tableaux vivants ab. Tableaux vivant sind lebende Bilder, die zu Beginn eines Aktes einen typologischen Bezug zum Alten Testament herstellen. Sie werden vom Orchester begleitet und bieten somit Zeit zur Reflexion und Andacht. Vorspiel Lebendes Bild: Der Verlust des Paradieses I. Vorstellung: Einzug in Jerusalem II. Vorstellung: Jesus in Bethanien Lebendes Bild: Moses führt die Israeliten durch das Rote Meer III. Vorstellung: Vertreibung der Tempelhändler - Pilatus und Kaiphas - Judas und der Hohe Rat Lebendes Bild: Die zehn Gebote und der Tanz um das Goldene Kalb IV. Vorstellung: Jesu Mahl mit den Jüngern Lebendes Bild: Das Pessachmahl vor dem Auszug aus Ägypten V. Vorstellung: Jesus am Ölberg - Die Gefangennahme Lebendes Bild: Der Verrat am Felsen Gabaon Lebendes Bild: Die Berufung Moses am Dornbusch (Ende des ersten Teils - Pause) VI. Vorstellung: Verhöre vor Annas und dem Hohen Rat Lebendes Bild: Der Prophet Da niel in der Löwengrube Lebendes Bild: Die Verspottung Hiobs VII. Vorstellung: Jesus wird verspottet - Petrus verleugnet Jesus - Judas Verzweiflung Lebendes Bild: Die Verzweiflung Kains VIII. Vorstellung: Jesus vor Pilatus und Herodes Lebendes Bild: Moses wird vom Pharao verstoßen IX. Vorstellung: Jesu Verurteilung durch Pilatus Lebendes Bild: Joseph wird als Retter Ägyptens gefeiert X. Vorstellung: Der Kreuzweg - Die Kreuzigung Lebendes Bild: Isaaks Opferung auf dem Berg Moria Lebendes Bild: Die Rettung durch den Aufblick zur Ehernen Schlange XI. Vorstellung: Die Begegnung mit dem AuferstandenenProlog
Alle seien gegrüßt, die mit uns folgen dem Erlöser, der kam, zu heilen, was verwundet, zu retten, was verloren war! Der Heilige beseelt uns Mit dem Geist des Himmels, er bringt uns seinen Frieden, lehrt uns glauben, lieben, hoffen. Zum Leben findet wer ihm traut. Dafür nehmt dieses Spie l als Zeugnis an Von uns als Kindeskindern derer, die durch ihn Hilfe fanden in der Not! Seht, wie er all Last der Kinder Evas Schultert, wie er – kämpfend, leidend, sterbend – uns weit die Türen auftut hin zu unserem Vater!
Passionsmusik
Die Musik für das Passionsspiel geht über die reine Funktion der herkömmlichen Bühnenmusik hinaus, denn sie nimmt fast ein Drittel der gesamten Spiellänge ein. Sie besteht z.B. aus Arien, Solisten- Ensembles und dramatischen Chornummern. Bei der Aufführung von 2010 waren es ca. 55 Orchestermusiker, um die 67 Choristen und 12 Solisten. 1850 waren es lediglich 14 Chorsänger. Die Musik, die für die Aufführung von 2010 verwendet wurde, basiert auf den Kompositionen von Rochus Dedler (1779 – 1822). Seine Musik erklang erstmals 1810. Er selbst sang 1820 die Bass-Partie und sprach den Prolog. Im Laufe der Zeit wurden immer mehr Veränderungen an seiner Melodie vorgenommen und die Anzahl der Sänger erhöht. Der Dirigent und Komponist Eugen Papst überarbeitete die Musik für die Passion 1850 grundlegend. Diese blieb bis 1990 unverändert. Der musikalische Leiter für die Passion 2000 und 2010 ist Markus Zwink.Zuschauer und Darsteller
Übersicht über Spiele und ZuschauerJahr | Zuschauer |
---|---|
1750 | 11.000 |
1900 | 174.000 |
1950 | 480.000 |
1970 | 530.000 |
Hintergrund-Infos
Die Pest und das Pestgelübde von 1633 in Oberammergau
1632/ 1633 wütete der „schwarze Tod“ in Europa. Man wusste damals nicht was der Erreger dafür ist, allerdings wussten die Menschen, dass die Pest durch Ratten und Ungeziefer verbreitet wird und sich auch auf Menschen und Tiere ausbreitet. Die Pest hat auch vor Ammergau nicht Halt gemacht und ganze Dörfer und Landstriche aussterben lassen. Aus Angst haben die Menschen versucht die Pest durch verschiedene Maßnahmen von ihren Häusern fern zu halten. Auf den Hügeln und Bergen brannten z.B. Pestfeuer, man verbrannte Kräuter, umkreiste die Pest mit dem Pflug oder lenkte sie durch Schießen und Läuten ab. Und um sicherzugehen, dass auch keine pestverseuchten Menschen in das Dorf gelangen können, verriegelten sie alle Dorfeingänge und sicherten sie zusätzlich mit Tag- und Nachtwachen ab. Jedoch schaffte es der Tagelöhner und Knecht Kaspar Schisler sich über die Berge in das Dorf zu schleichen. Er kam aus dem pestverseuchten Eschenlohe, wo er arbeitete und wollte zu seiner Familie in Oberammergau zurück, um mit ihnen das Kirchweihfest zu feiern. Und somit waren alle Bemühungen der Dorfbewohner die Pest draußen zu halten umsonst. 84 Pesttote forderte sie, jedoch wurden nicht alle Pesttote in das Totenbuch eingetragen. Vor Verzweiflung und Angst fingen die Bewohner an sich mehr denn je auf Gott zu besinnen. Sie gelobten alle 10 Jahre das Leiden und Sterben Christi aufzuführen. Im Gegenzug dazu sollte niemand mehr an der Pest sterben und tatsächlich starb auch kein einziger mehr. Da das Gelübde von einer Gemeinschaft abgelegt wurde, muss es auch von der Gemeinschaft eingehalten werden. Daher muss sichergestellt sein, dass jeder Bürger, ob arm oder reich daran teilhaben kann. Der Ausgangspunkt der Passionsspiele in Oberammergau war somit das Pestgelübde von 1633.Passionstheater
Bei der ersten Aufführung der Passionsspiele 1634 errichteten die Bürger eine Bühne auf dem Gemeindefriedhof über den frischen Gräbern der Pesttoten. Dieser Ort der Aufführung wurde bis 1820 beibehalten. Bis dahin bestand die Bühne aus einem einfachen Holzgerüst. Diese wurde dann im Laufe des 17. und 18. Jh. mit Kulissen und Bühnentechnik erweitert. Auf dem Platz des heutigen Spielortes wird die Bühne 1930 erstmalig aufgebaut. Der Neubau nach den Plänen Carl Lautenschlägers erfolgte 1890, bestehend aus sechs Stahlbogenträgern in Fachwerkbauweise. Der basilikaähnliche Charakter wird durch eine an- und aufgebaute Holzständerkonstruktion verliehen. 10 Jahre später wird der Zuschauerraum noch überdacht. Georg Johann Lang und Raimund Lang bauten das Passionsspielhaus 1930 neu auf. Dabei werden die ursprünglichen Bankreihen durch eine Theaterbestuhlung ersetzt und bieten nun für 5200 Zuschauern Platz. 1990 wird die Bühnentechnik modernisiert. Aber all die bisherigen Umbaumaßnahmen waren noch nicht genug und so kam es 1997 zu einem Bürgerentscheid, wobei über drei Vorschläge zum Umbau abgestimmt wurde. Bis zur Einweihung am 26. September 1999 fanden folgende Sanierungsmaßnahmen statt: Brandschutz, Sanitärräume, Fußbodenheizung, neue Bestuhlung, modernere Bühnentechnik, behindertengerechter Foyerumbau. Somit bietet es nun 4720 überdachte Sitzplätze. Das Passionsspielhaus wird aber nicht nur für die Passionsspiele genutzt sondern auch für andere Großveranstaltungen.Entwicklung von Text und Spiel
- Der Text für die ersten Oberammergauer Passionsspiele entstammt zwei Spielen. Zum einem von einem Passionsspiel aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts und zum anderen einer reformatorischen Tragödie des Augsburger Meistersingers Sebastian Wild.
- 1674 wurde es um Teile eines Weilheimer Passionsspiel von Johann Älbl erweitert. In dieser erweiterten Fassung kam der Teufel erstmals ins Spiel, die fünfmal personifizierte Seele, die mit einem Engel Zwiesprache über das Leiden Christi hält, sowie eine musikalische Untermalung. Danach wurde das Passionsspiel auf die Zehnerjahre verlegt, wurde somit schon um 1680 erneut aufgeführt. Die Gründe dafür sind nicht bekannt.
- Die nächste Überarbeitung fand 1720 statt, von zwei Ettaler Geistlichen: Abt Plazidus II. Seiz (1672 – 1736) und Pater Karl Bader (geb. 1668).
- Der Benediktiner Ottmar Weis nahm 1811 einige Textverbesserungen vor, da er mit seiner ersten Fassung nicht zufrieden war. Dieser Text, „Das Große Opfer von Golgatha“ diente auch anderenorts als Grundlage für Passionsspiele.
- Auf Wunsch der Gemeinde nahm im Jahre 1860 Joseph Alois Daisenberger (1799 – 1883) weitere Überarbeitungen vor. Daisenberger wurde von Pater Ottmar Weis, der die Fassung von 1811 schrieb, kostenlos unterrichtet nach der Ettaler Klosteraufhebung und somit nahm er die Umformung mit größter Sorgfalt vor.
- Da er immer noch nicht damit zufrieden war, dichtete er es für die Aufführung 1880 in fünffüßige Jamben um. Die Fassung wurde jedoch nie gespielt, da die Gemeinde die altbewährte Fassung beibehalten wollte.
- Somit wird seit 1850/60 das von Alois Daisenberger überarbeitete Passionsspiel von Ottmar Weis aufgeführt.
- Die Passionsspiele von Oberammergau basieren auf dem Pestgelübde von 1633. 1634 wurden sie erstmals aufgeführt, später entschied man sich für einen Turnus von 10 Jahren.
Gewährspersonen
Birgit: Wir haben 2007 eine Führung durch Oberammergau mitgemacht, worunter auch das Passionstheater fiel. Die Führung hat eine ältere Dame geleitet, die sehr viel über die Passion erzählt hatte. Das hat uns so fasziniert und begeistert, dass wir 2008 Karten dafür reserviert haben. Die Karten haben mit Übernachtung in einer Pension und Essen ca. 640 € gekostet. Karten mit Arrangement muss man zwei Jahre vorher bestellen, denn sonst sind alle Hotels und Pensionen in der Umgebung ausverkauft. Ein Jahr vorher beginnt dann der weltweite Kartenverkauf. Die Passion an sich ist sehr beeindruckend, vor allem die Dimensionen und die Menschenmassen. Es hat eine gute Stunde gedauert bis alle Zuschauer ihre Plätze eingenommen hatten. Außerdem braucht man viel Sitzfleisch und darf nicht so viel trinken, denn der Weg aus den Menschenmassen dauert ziemlich lange. Die Passion begann nachmittags um halb drei und dauerte bis halb 11 Uhr abends. Das Klatschen ist während und nach der Passion nicht erlaubt. Besonders beeindruckend ist die Bühne, auf die bis zu 1000 Menschen passen. Es wurden ganze Tierherden auf die Bühne gebracht. Es läuft z.B. am Anfang eine ganze Ziegenherde über die Bühne. Auch Elefanten und Kamele sind auf der Bühne. Das Kreuz ragte acht Meter in die Höhe und der Jesusdarsteller hing dort 20 Minuten. Abends haben sie Decken verteilt denn es wurde ganz schön frisch. 2020 werden wir aber auf jeden Fall wieder die Passionsspiele besuchen.Weblinks
Literatur
- Textbuch Passionsspiele 2010.
- Kaltenegger, Roland, Oberammergau und die Passionsspiele 1634 - 1984, München, Langen Müller, 1984.
- Schaller Stephan, 350 Jahre Passionsspiele Oberammergau, Oberammergau, Eigenverlag der Gemeinde, 1984.
Obwohl die Passionsspiele dramaturgisch höchst professionell organisiert sind und lange schon einen Geschäftszweig im Oberammergauer Dorfleben darstellen sind Bühnenbild, Text und auch die Bühnenmusik ( 55 Minuten) von dem heutigen modernen von hightec bestimmten Lebensgefühl überholt und wirken in diese Zeit befremlich. Die Zeiten, als superreiche Amerikanerinnen sich Billets für die Aufführungen sicherten ist lange vorbei. Auch die Lebenswirklichkeit und das Lebensgefühl moderner Menschen wird hiervon kaum berührt .Die Musik des 1782 im Dorf geborenen Komponisten ist weder auf der Grundlage der Wiener Klassik begründet noch ist sie der Frühromantik zuzurechnen. Die Chor-und Orchestersätze gehen zwar angenehm ins Ohr auch
der Gesang der Solisten, die ja nicht alle Vollprofis sind aber ihnen fehlt die Eigentümlichkeit, die Originalität und sie wirken teilweise wie Versatzstücke aus der damaligen Opernliteratur und ent
halten (das Solo des Schlusschors) naive volkstümliche Einsprenkelungen.
Warum werden an die alten Zöpfe eigentlich festgehalten, warum gibt es keine völlige Neuinszenierungen mit gängigem Sprachgebrauch und Musik, die auch die jungen Leute anspricht?
Es muß ja nicht unbedingt so klingen wie Llloyd Webbers Jesus Christ Superstar ( was ein evergreen wurde) und mir selbst sehr gut gefiel.
Sehr geehrter Herr Hülsemann,
Mit dem Kommentar und Ihrer Einschätzung stehen Sie wahrscheinlich ziemlich alleine da. Wenn Sie sich mit der Historie und der Entstehung auseinander gesetzt hätten, so wäre manch eine Ihrer Forderungen unnötig gewesen. Zum einen gehört dieser Chor zu den Weltbesten Laienchören, zum anderen hat die Musik auch nichts mit „Wiener Klassik“ oder Frühromantik zu tun. Es ist ein geistliches Stück, basierend auf einer wahren Begebenheit im Jahr 1634, dem Passionsgelübde.
Können Sie aber alles selber noch mal googeln. Dann erübrigt sich auch Ihre Forderung nach Neuinszenierung und Gassenhauer a‘ la Jesus Christ Superstar.
Die Spiele werden übrigens jedes Jahrzent neu überarbeitet- in Text, Kleidung und Sprache, sowie in Besetzung.
Für mich war es das dritte mal, ich werde auch das nächste Mal wieder dabei sein- es war wieder eine phantastische Darbietung. Mit einem Sehr guten Chor, sehr guten Solisten und einem in diesem Jahr sehr gut angepassten Bühnenbild und Kostümen.
Spannend ist übrigens, daß der Kommentar von Herrn Hülsemann bereits am 31.03. geschrieben und veröffentlicht wurde- wo die Passion doch erst am 14.Mai begonnen haben.
Wir haben die Passionsspiele in diesem Jahr zum ersten Mal besucht und waren von der Leistung der Akteure beeindruckt. Es war Gänsehaut Feeling vom ersten Ton an. Wir hoffen, dass niemand auf die Idee kommt, hier eine Art Musical draus zu machen. Wir hoffen, dass wir es schaffen, auch beim nächsten Mal dabei sein zu können. Viel Erfolg allen, die an der kommenden Inszenierung beteiligt sein werden.