Inhalt
- Termin
- Einstiegsinformation
- Ablauf
- Vorbereitungsphase
- Offizieller Ablauf
- Das Osterfrühstück
- Die Nachbereitungsphase
- Veranstaltungsort
- Beteiligte Personen der Osternacht
- Die ehrenamtlichen Mitarbeiter
- Die Vikarin (1. Liturg)
- Der 2. Liturg
- Das Kind
- Die Gemeinde
- Der Organist
- Brauch- und Rollenverständnis der Beteiligten
- Die ehrenamtlichen Mitarbeiter
- Die Vikarin (1. Liturg)
- Der 2. Liturg
- Das Kind
- Die Gemeinde
- Organisation der Brauchveranstaltung
- Hintergrund-Infos
- Die allgemeine Entwicklungsgeschichte des Brauches
- Das Osterfeuer und die Osterkerze
- Die allgemeine Verbreitung der Osternacht im katholischen und evangelischen Raum
- Der allgemeine Forschungsstand
- Literatur
- Karte
Termin

Einstiegsinformation
Die Osternacht in der Marienkirche in Ziegenhain (Saale-Holzland-Kreis, Thüringen), auch Ostervigil oder Ostervesper genannt, ist ein jährlich stattfindender österlicher Brauch und Bestandteil des liturgischen Kirchenjahres. Es handelt sich hierbei um eine nächtliche Veranstaltung in einer gotischen Wallfahrtskirche, zu welcher sich Mitglieder des evangelischen Gemeindebezirks Jena sowie ortsansässige Bewohner und Gäste versammeln. Charakteristisch ist ein 4-teiliger, liturgisch geprägter Ablauf, bestehend aus einer Lichtfeier am Osterfeuer, einer anschließenden Wortfeier in der Kirche, einer Erinnerung an die Taufe sowie der Feier des Abendmahls. Anschließend folgt ein gemeinsames Osterfrühstück. Die Bedeutung der Osternacht liegt im Gedenken an den Tod und die anschließende Auferstehung Jesu Christi, wobei vor allem die Metaphorik von Licht- und Dunkelheit als Sinnbilder für Leben und Sterben eine tragende Rolle spielt.Ablauf
Der nachfolgend beschriebene Brauch der Osternacht bezieht sich auf das oben beschriebene Datum und kann deshalb nur exemplarisch herangezogen werden. Bei der Veranstaltung am 30. März 2013 handelte es sich um die bisher 11. Osternacht, die in der Marienkirche Ziegenhain abgehalten wurde. In der Nacht herrschten 5°C Außentemperatur und ca. 8-9°C Innentemperatur vor. Widrige Wetterbedingungen mit zeitweiligem Schneeregen und ein technischer Defekt des Thermostats erschwerten eine Beheizung des Kirchenschiffs. Vereinzelte Besucher bezeichneten die diesjährige Veranstaltung als „kälteste Osternacht seit Jahren.“Vorbereitungsphase

Offizieller Ablauf
1. Teil: Die Lichtfeier




Das Osterfrühstück

Die Nachbereitungsphase
Bereits während des Osterfrühstücks beginnt ein ehrenamtlicher Mitarbeiter, der während der Wortfeier das Osterfeuer löschte und ordnungsgemäß entfernte, das Kirchenschiff und den Altarraum von liegengebliebenen Handzetteln und Kirchenblättern zu säubern. Die Abendmahlsgeräte werden ordnungsgemäß in ihren vorgesehenen Behältern verstaut. Hierbei wird Wert darauf gelegt, dass der restliche Traubensaft nicht weggeschüttet, sondern ausgetrunken wird. Nach dem Osterfrühstück gegen 0.15 Uhr beginnen die Mitarbeiterinnen den Tisch abzuräumen, nachdem sie zuvor das restliche Rosinenbrot einigen Gäste in Frischhaltefolie mit auf den Weg gaben. Erst gegen 0.45 Uhr werden die letzten Lichter gelöscht und die Kirche anschließend verschlossen.Veranstaltungsort


Beteiligte Personen der Osternacht
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter
Insgesamt ist die Organisation und Durchführung der Osternacht auf die Mithilfe ehrenamtlicher Mitarbeiter angewiesen. Wichtige Hauptakteure sind hierbei die Mitglieder einer ortsansässigen Familie, deren ältester Schwiegersohn (ca. Mitte 30) für das Osterfeuer sowie die Säuberung der Kirche und der Abendmahlsgeräte zuständig war und somit den Küsterdienst übernahm. Hinzu kamen dessen Schwiegermutter und eine Freundin der Familie (beide um die 60 Jahre), die sich um das Osterfrühstück und das Austeilen der Kerzen kümmerten. Gleichzeitig sorgten diese drei Personen für einen geregelten Ablauf der Osternacht und versicherten sich immer wieder, dass es allen Besuchern gut ginge. Eine der beiden Damen bemerkte diesbezüglich mehrmals, man hätte Decken für die älteren Gemeindemitglieder mitbringen müssen. Entscheidend ist die Rolle der Vikarin, des 2. Liturgen und des Kindes. Sie erhalten als einzige Personen Sprechrollen während der Veranstaltung und halten sich hierbei an eine vorgegebene Liturgie. Abgesehen von kurzen Ansagen und der österlichen Ansprache der Vikarin werden die meisten Texte vor der Gemeinde abgelesen. Hierbei zeigt sich eine deutliche Hierarchie in der Rollenverteilung:Die Vikarin (1. Liturg)
Die Vikarin Dorothea Weiss stellt die geistliche Leiterin der Veranstaltung dar, welche besondere Dienste verrichten darf, zu welcher sie ihre Ordination berechtigt. Dazu zählen Segnungen, die Durchführung des Abendmahls oder liturgische Gesänge. Sie ist 30 Jahre alt und besitzt einen theologischen Diplomabschluss. Seit September 2010 ist sie als Vikarin neben zwei weiteren Pastoren am Lutherhaus Jena tätig, zu dessen Gemeindebezirk auch die Marienkirche Ziegenhain gehört. Es handelt sich hierbei um ihre zweite, jedoch erstmals eigenständig durchgeführte Osternacht. Die Vikarin trug als einzige Person ein weißes, bodenlanges Gewand – eine sogenannte Stola – welcher sie als Geistliche auszeichnet und einen weißen Schal. Das Weiß ihrer Stola steht nach eigenen Angaben für das Licht und die Auferstehung Christi.Der 2. Liturg
Der zweite Liturg ist ein Anfang 40 jähriger ehrenamtlicher Mitarbeiter, hat jedoch keine spezielle diesbezügliche Ausbildung, sondern wurde aufgrund seiner rhetorischen Fähigkeiten und auf Anfrage ausgesucht. Seine Aufgabe ist es, einige Sprechparts zu übernehmen und somit die Vikarin in der Liturgie abzuwechseln. Laut eigener Aussage ist es für seine Rolle nicht entscheidend, welchen Rang der Liturg in der Gemeinde einnimmt. Vor einem Jahr übernahm diese Rolle eine 19 jährige Schülerin aus der Gemeinde am Lutherhaus.Das Kind
Das Kind übernimmt die kurze Rolle des fragenden Sprechers, welcher sich nach dem Grund der Osternacht erkundigt. In diesem Jahr handelte es sich um die 9 jährige Tochter eines Gemeindemitgliedes. Da diese der Vikarin durch eine Mitarbeiterin des Kindergottesdienstes am Lutherhaus Jena empfohlen wurde, erhielt ihre Familie ca. eine Woche vor Beginn der Osternacht eine Anfrage. Entscheidend für ihre Rolle ist der Mut, vor einer größeren Gruppe Menschen in die Stille hinein zu sprechen. Das Kind zeigte sich stolz über die Möglichkeit, selbst einen aktiven Part während der Osternacht übernehmen zu dürfen, war jedoch auch aufgeregt und gegen Ende der Veranstaltung aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit sichtlich erschöpft. Sowohl das Kind als auch der 2. Liturg trugen während der Veranstaltung wetterfeste Winterkleidung und unterschieden sich somit optisch nicht von den Besuchern.Die Gemeinde
Die Gemeinde bestand hauptsächlich aus Mitgliedern des lutherischen Gemeindebezirks und ortsansässigen Bewohnern. Vereinzelt waren auch Gäste aus Mazedonien vertreten sowie einige durchreisende Touristen. Es handelte sich um 56 Personen mittleren bis höheren Alters sowie einige Studenten. Kinder waren, abgesehen von der Protagonistin, nicht vertreten. Aufgrund der niedrigen Temperaturen trugen auch hier alle Anwesenden wetterfeste Winterkleidung. Einige Personen brachten sich heißen Tee in einer Thermoskanne mit. Es ist zu vermuten, dass trotz des feierlichen Anlasses aufgrund der Wetterlage auf festliche Kleidung verzichtet wurde. Bereits am Osterfeuer war eine Gruppenbildung erkennbar, wobei sich die Gemeinde vor allem in die Gemeindemitglieder der Marienkirche Ziegenhain und die Mitglieder der Gemeinde am Lutherhaus Jena aufteilte. Letztere machten den deutlichen Großteil der Besucher aus. Die vereinzelt vertretenen ortsansässigen Bewohner distanzierten sich eher vom allgemeinen Geschehen und nahmen die Position des stillen Beobachters ein. Es ist zu vermuten, dass hier vor allem ein kirchenferner Hintergrund vorliegt. Da sowohl die Vikarin, als auch der 2. Liturg und das Kind aus dem Lutherhaus Jena stammen, kann davon ausgegangen werden, dass die Osternacht in der Marienkirche Ziegenhain für einige Besucher als Veranstaltung des Lutherhauses assoziiert wurde.Der Organist
Ein weiterer Akteur stellt der ca. 40 jährige Organist der diesjährigen Osternacht dar. Er bleibt stets im Hintergrund, führt jedoch mit vorgegebenen Stücken von Johann Sebastian Bach und Lieder des evangelischen Gesangbuchs durch das Programm. Die gespielten Lieder werden dem Organisten spätestens eine Woche vor der Osternacht über eine E-Mail der Vikarin mitgeteilt. Er erhält für seinen Dienst eine geringe Aufwandsentschädigung und stammt eigentlich aus der Gemeinde am Lutherhaus Jena. Sicherheitskräfte oder sonstige Aufsichtsbehörden waren während der Veranstaltung nicht anwesend.Brauch- und Rollenverständnis der Beteiligten
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter
Die bereits erwähnte ortsansässige Familie als ehrenamtlicher Hauptorganisator der Veranstaltung beschrieb ihre Mitarbeit als langjährige Tradition und versteht sich somit auch als unverzichtbar für die Durchführung eines geregelten Ablaufs. Ein fehlender Hausmeister sowie eine geringe Würdigung ihrer Dienste durch den Stadtkirchenkreis wurde mehrmals beklagt. Ebenso ist betont worden, wie wertvoll die Mitarbeit junger Menschen aus dem Ort ist und wie sehr der Aufwand für die wenigen nächtlichen Stunden unterschätzt wird. Laut Aussage einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin des Osterfrühstücks lohne sich aber all die Mühe, wenn die Kirche wie in diesem Jahr gut besucht ist. Dann würde auch nicht genau auf die Minute geschaut werden. Generell seien alle Menschen willkommen, auch ortsfremde Personen oder Mitglieder anderer Gemeinden. Die Osternacht selbst sei eine sehr festliche Veranstaltung, die zur festen Tradition des Orts gehöre und zum Beisammensein einlade.Die Vikarin (1. Liturg)
Die Vikarin Dorothea Weiss sieht sich selbst als Leiterin, welche die Gemeinde durch diese Nacht führt. Als Vikarin ist sie sich jedoch unsicher, ob es den Menschen gerade im dörflichen Bereich nicht lieber wäre, wenn ein ausgebildeter Pastor zu ihnen spräche. Auf die Frage, was ihr die Durchführung der Osternacht persönlich bedeutet, antwortete sie: ,,Die Leitung der Osternacht ist ein ganz persönliches Highlight für mich, da sie einem liturgischen Ablauf folgt, der ansonsten für evangelische Gottesdienste eher untypisch ist. Normalerweise spreche ich viel mit meinen persönlichen Worten. Für mich ist es ein großes Eingebettet sein in die Bibel und alte Traditionen. (…).“ Frau Weiss sieht ihre Rolle als 1. Liturg dadurch abgeschwächt, dass ein 2. Liturg ebenfalls Sprechparts übernimmt, was sie selbst sehr begrüßt. Sie verbindet die Osternacht vor allem mit einer Feierlichkeit und Ruhe und empfindet eine gewisse Ehrfurcht, da es sich um die Heilsgeschichte und damit um etwas Existenzielles für den persönlichen Glauben handelt. Auch betont sie die Wichtigkeit der Metaphorik, dass man „den Weg vom Dunkel ins Licht“ gezeigt bekäme.Der 2. Liturg
Der 2. Liturg als aktiver Sprechpart während der Licht- und Wortfeier empfindet seine Rolle als traditionell und unverzichtbar für die Durchführung der Osternacht, da ,,ja auch in den ersten Gemeinden einzelne Mitglieder zu Wort kommen und sich gegenseitig segnen und Mut zusprechen durften, ohne eine besondere Ordination vorzuweisen.“ Er findet zudem, dass die Gemeinde es langweilig fände, wenn immer nur eine Person sprechen würde und sich das wohl recht monoton angefühlt hätte. Die Osternacht selbst ist für ihn eine ,,ganz besondere Nacht, da hier daran gedacht wird, dass Jesus von den Toten auferstanden ist, um den Menschen zu zeigen, dass Gott stärker ist als der Tod.“ Die Nacht selbst steigere zudem die Vorfreude auf das darauf folgende Osterfest und lade nochmals zur Besinnung ein.Das Kind
Das Kind als kurzer Sprechpart während der Licht- und Wortfeier erlebt seine Rolle als große Ehre und fühlt sich in der Verantwortung, dieser auch gerecht zu werden. Das Mädchen, welches dieses Jahr diese Rolle übernahm, beteuerte mehrmals, nervös gewesen zu sein, da ,,alle so still waren. Man traut sich dann gar nicht, etwas zu sagen, weil sich ja dann alle zu mir umdrehen.“ Die Osternacht selbst sei sehr schön gewesen, vor allem wegen der vielen Kerzen, aber mit der Zeit auch ein bisschen langweilig. Ostern wäre aber der eigentliche Höhepunkt und somit viel wichtiger als die Osternacht.Die Gemeinde
Die Meinungen einzelner Gemeindemitglieder fallen recht unterschiedlich aus. Mehrmals wurde betont, dass die Osternacht vor allem die Vorfreude auf das darauf folgende Osterfest steigere. Viele Besucher schätzen vor allem die Ruhe und Besinnlichkeit und das gotisch-mystische Ambiente der alten Ruine. Einzelne Gemeindemitglieder mit kirchlichem Hintergrund wiesen darauf hin, dass die strenge Liturgie in einer evangelischen Gemeinde ja etwas besonderes sei und somit an „unsere katholischen Geschwister“ erinnere. Ein Herr mittleren Alters aus dem Gemeindebezirk meinte: ,,Ich glaube die Menschen sehnen sich danach, mal wieder einen ganz traditionellen Gottesdienst zu feiern, wie man ihn sich ja so ähnlich auch im Mittelalter vorstellt. Sicherlich ist da auch ein gewisser Show-Effekt dabei – mit all den Kerzen und den ruhigen, stimmungsvollen Liedern.“ Ortsansässige, eher kirchlich distanzierte Beobachter hielten sich mit ihren Meinungen über die Osternacht eher zurück. Eine ältere Dame, welche nach eigenen Angaben eher selten in die Kirche geht, nun aber von Bekannten überredet wurde, die Osternacht zu besuchen, erzählte: ,,Ich finde den Gottesdienst ganz schön gemacht. Hat etwas romantisches mit all den Kerzen, obwohl ich es seltsam finde, dass die Pastorin weiß gekleidet war. Ist das nicht eher etwas katholisches? (…) Die Osternacht selbst bedeutet mir jetzt nicht so viel. Aber Ostern wird immer groß mit der ganzen Familie gefeiert. Da kommen dann auch die Enkel zu Besuch.“ Einige Besucher bemerkten zudem, dass das Osterfeuer sicherlich etwas mit einer Reinigung zu tun hätte, da es ja ähnliche Bräuche während des Frühjahres gäbe. Auffällig war ebenso, dass zwei Gemeindemitglieder aus dem Lutherhaus Jena betonten, es handle sich bei der Osternacht – generell bei kirchlichen Veranstaltungen - nicht um einen Brauch. Dieser Begriff käme ihnen unpassend vor.Organisation der Brauchveranstaltung


Hintergrund-Infos


Die allgemeine Entwicklungsgeschichte des Brauches
Vom Pessach-Fest zur Ostervigil Die Osternacht - auch Ostervesper/-mette oder Ostervigil genannt – zählt in die sogenannte kirchliche „Karwoche“, deren Bezeichnung auf den althochdeutschen Begriff ,,chara“ (= Leiden, Wehklage) zurückgeht und als ,,Woche des Leidens/der Trauer“ übersetzt werden kann. Auch als ,,Hebdomada Sancta“ (die Heilige Woche) oder „Hebdomana Maior“ (die große Woche) bezeichnet, richtet sich diese Zeit ganz nach der christlichen Grundforderung, sich mit dem Leiden Jesu Christi zu identifizieren. Die Osternacht bildet hierbei den Übergang zwischen der Zeit des Fastens im Gedenken an den Leidensweg von Jesus Christus und dem Fest seiner Auferstehung. Um sich dem Ursprung der Osternacht zu nähern, ist es aufschlussreich, den Begriff ,,Ostern“ näher zu betrachten. Dessen erster literarischer Beleg findet sich in den Schriften des angelsächsischen Benediktinermönches Beda Venerabilis (672/73 - um 735 n. Chr.), welcher das Wort „Eostro“ für die ,,Morgenröte“ verwendet (abgeleitet von „eos“ gr. Sonne und „aurora“ lat. Morgenröte). Dadurch entstand das althochdeutsche Wort „ostarun“, das meist in Kombination mit dem lateinischen Wort „pascha“ auftritt. Die Verbindung beider Wörter findet sich im Zentralwort ,,Passah“, das während der Mission der Germanen verwendet wurde, da es es den Brauch bezeichnete, die Nacht vor Ostern in Vorbereitung auf das Auferstehungsfest wachend zu verbringen, wie es heute noch im Bereich der Ostkirche üblich ist. Im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. entwickelte sich das christliche Passahfest aus der jüdischen Pessach-Feier, in welcher dem Auszug der Israeliten gedacht wird, indem ein Lamm nach dem Vorbild des alten Testaments für die eigene Familie geopfert wurde. Dieser Brauch ließ sich symbolisch auf Jesus Christus übertragen, der wie das Opferlamm symbolisch Körper und Blut in seiner letzten Pessach-Feier als Zeichen seiner Liebe für das Abendmahl einsetzte (1. Kor. 11, 23-25). In diesem Zeitraum bildete ein nächtlicher Gottesdienst das Zentrum des christlichen Passah-Festes, in dessen Mittelpunkt ein Passah-Mahl – auch „Herrenmahl“ genannt – stand, das um Mitternacht beendet sein musste. Die Feier selbst bestand aus 2. Teilen: Zunächst gab es eine lange gemeinsame Nachtwache (vigil), in welcher man Lesungen aus dem Alten Testament (der 5 Bücher Mose sowie die Worte der Propheten und Psalmen) und den Evangelien sowie Fürbitten vortrug. Ebenso wurde der Auszug aus Ägypten verlesen (Ex. 12/14). Bei dem zweiten Teil der Feier schlug die Stimmung in Freude und den Jubel über die Auferstehung Jesu um. Hier gab es eine Predigt, welche die Worte auslegte und die Feier des Abendmahls sowie ein anschließendes gemeinsames Frühstück. Dieses Osterfrühstück wurde auch als „festliche Agape“ bezeichnet bzw. als „nicheucharistisches Liebesmahl“. Man verzehrte in Nachahmung des Pessach-Mahls ein Osterlamm.Die Osterfeier selbst begann schließlich mit Anbruch des Tages, sodass Ostern genaugenommen als „Auferstehungsliturgie am Morgen“ übersetzt werden kann. Aus dem 3. Jahrhundert ist überliefert, dass in der Osternacht Käse und anderen Speisen wie Brot, Fleisch und Eier gesegnet wurden, da gegen Ende der Fastenzeit bestimmte Speisen wieder genossen werden durften. Erwähnenswert ist zudem, dass diese Feier zur Zeit des Kirchenvater Augustinus (354-430 n. Chr.) die Nacht darstellte, in welcher neue Gemeindemitglieder durch eine Wassertaufe in die Gemeinschaft aufgenommen wurden. Erst im 6. Jahrhundert n. Chr. löste sich die Liturgie dieser Aufnahme zunehmend von der Osternacht. Im 4. Jahrhundert wird die Tendenz spürbar, den Leidensweg Christus historisch nachzuvollziehen und daraus die 3 heiligen Tage (Truddum sacrum) zu bilden: der Freitag als der Tag, an dem Jesus gelitten hat und gestorben ist, der Samstag als der Tag der Grabesruhe und der Sonntag als Tag der Auferstehung. So eröffnete die Osternacht den dritten Tag des Triduum Sacrum. Es bildete sich in diesem Jahrhundert zudem aus einer ursprünglich 6 tägigen die 40 tägige Fastenzeit heraus, die in der Osternacht beendet wurde. Anfang des 16. Jahrhunderts zur Zeit französischen Reformators Jean Calvin beginnt der Brauch, dass in der Ostervigil/Osternacht Osterwasser geweiht wurde, das für alle Taufen des Jahres zu verwenden sei. Da in dieser Zeit auch von katholischer Seite deutliche Reformbemühungen erkennbar wurden, trat in der Osternacht zunehmend die Taufliturgie in den Vordergrund und erstmals ein Einbezug der Gemeinde beim Vollzug der Gebete. Es beginnen sich Assoziationen herausbilden, die das Wasser der Taufe mit dem Übergang vom Tod und der Sünde zum Leben und der Erlösung in Verbindung bringen. Das Gedächtnis an die Taufe bleibt seitdem untrennbar mit der Osternacht verbunden. Postmoderne Handbücher der Liturgie legen mittlerweile größtenteils vier Teile der Osternacht fest, bestehend aus der Lichtfeier, der anschließenden Wortfeier, dem Taufgedächtnis und der Feier der Eucharistie. Nicht immer ist ein anschließendes Osterfrühstück wie zu Zeiten der christlichen Passah-Feste vorgesehen. Stets wird die besondere Stellung der Osternacht betont. So schreibt der Professor für katholische Theologie Egbert Ballhorn: ,,Die Osternacht ist der Höhepunkt des Kirchenjahrs. Kein Gottesdienst des Jahres ist so dicht mit Wort- und Zeichenhandlungen gefüllt. Keine andere Liturgie ist so durchwoben von biblischen Texten und Symbolen. Die Ursymbole des menschlichen Lebens, Licht und Dunkel, Feuer und Wasser, prägen diese Nacht und zugleich stehen sie für eine menschliche Grundpolarität schlechthin: ausgespannt sein zwischen Tod und Leben.“Das Osterfeuer und die Osterkerze
Unsicherheit besteht indessen über den Ursprung des Anzündens von Osterfeuern und der Entzündung von Osterkerzen in der Ostervigil. Dieser Brauch ist vor allem in katholisch geprägten Gebieten verankert und symbolisiert das ,,neue Licht“ bzw. ,,neue Feuer“ (novum ignem). Eine Quelle dieser Bräuche stellt eine ,,Bekanntmachung, das Osterfeuer und Osterwasser betreffend“ des Rates der Stadt Quedlinburg vom 14. April 1821 dar. Hier wurde von evangelischer Seite stark gegen die ,,zwey Mißbräuche“, die ,,aus dem grauen Altertum“ herrührten vorgegangen, die angeblich den Aberglauben förderten. Laut dieser Quelle stammten beide Bräuche aus ,,den Zeiten der Finsternis und des Heidenthums“ Aus dieser Quelle erfährt man zudem, dass es Brauch gewesen war, alte Knochen und Teertonnen zum Entfachen des Osterfeuers zu verwenden und dass man das Osterwasser vor Sonnenaufgang im Schweigen schöpfen sollte, um es etwa zur Schönheitspflege zu nutzen. Zwar ist der Wahrheitsgehalt dieses Belegs sicherlich umstritten, festgehalten werden kann jedoch, dass sowohl die Osterkerze als auch das Osterfeuer ebenso in der vorreformatiorischen Zeit wie auch in der Postmoderne ein Symbol der Auferstehung darstellen und Licht in die Kirche bringen soll, wobei die Kerze Christus darstellt, welcher sich für andere opfert. Laut Prof. Dr. Manfred Becker-Huberti dient die Osterkerze in der Ostervigil zur Weihe des Taufwassers und steht ganzjährig in der Kirche, um an die Auferstehung zu erinnern.Die allgemeine Verbreitung der Osternacht im katholischen und evangelischen Raum
Über die Verbreitung der Osternacht in katholischen und evangelischen Gebieten herrscht eine gewisse Unklarheit. Auffällig erscheint, dass sich die entstehende evangelische Kirche anscheinend an den liturgischen Vorgaben der katholischen Gemeinden orientiert hat und eigene Osternachtsfeiern durchführte, wie bereits die erwähnten Vorgaben bezüglich des Osterwassers des Reformators Jean Calvin zeigen. Jedoch entwickelte sich in der Zeit der Aufklärung die erwähnte evangelische Tendenz, Elemente wie das Osterfeuer, die Segnung des Taufwassers sowie die Anrufung Heiliger wie bereits angeklungen auszugliedern und sich stattdessen unter Anderem an den Taufvorgaben Martin Luthers zu orientieren. So blieb die Feier der Osternacht vornehmlich ein katholischer Brauch. Die zunehmend häufigere Zelebrierung der Osternacht in protestantischen Kirchen erscheint folglich eher eine Tendenz der letzten 20 Jahre zu sein, wobei eine Rolle spielt, dass in der Feierpraxis vieler Gemeinden Ostern nie die Popularität von Weihnachten erreichte und stets der Karfreitag als wichtigster protestantischer Feiertag galt. Im Jahr 1993 sprach jedoch der evangelische Theologe Prof. Dr. Peter Cornhel von einem Phänomen, dass viele evangelische Gemeinden die Osternacht „neu“ entdecken. Auch betonte er deutlich, dass es im evangelischen Bereich keine festgelegte liturgische Richtlinie gibt und ihre Ausprägung lokale Varianten aufweist. Sie fände entweder am Ostermorgen mit Beginn vor Sonnenaufgang, am Karsamstag Abend bzw. ab Mitternacht oder als eine Langform, die beide Zeiten verbindet, statt. Ein Stand über die generelle Verbreitung der Osternacht lässt sich aufgrund des Mangels an einschlägiger Fachliteratur nur schwer bestimmen. Mit der Ausrufung des Christentums als Staatsreligion des Römischen Reiches im Jahr 380 nach Christus ist von einer zunehmenden Verbreitung der Osternacht wie auch zahlreicher anderer christlicher Traditionen sowohl im griechisch geprägten oströmischen sowie im lateinisch geprägten weströmischen Reich auszugehen, wobei einige Variationen in der Liturgie sowie der damals eng verbundenen Taufe erfolgten sowie weltliche Einflüsse hinzukamen. Generell scheint sie eng mit der Verbreitung des christlichen, vorrangig vor allem des katholischen Glaubens verbunden und findet sich deshalb weltweit in unterschiedlicher Ausprägung wieder. So stellt beispielsweise im russisch-orthodoxen Raum das Erhellen eines dunklen Kirchenschiffs durch zahlreiche Kerzen einen festen Bestandteil der Osternacht dar, wobei vor allem in Bulgarien die Kerze anschließend mit nach Hause genommen wird. Bevor die Verteilung der Kerzen erfolgt, wird hier ein Mitternachtsgebet gesprochen. In Italien wird die Osternacht Vegilia Pasquale genannt und unter Anderem jährlich im Petersdom zelebriert, so auch am Karsamstag, dem 31. März 2013 ab 21.00 Uhr unter der Leitung von Papst Franziskus. Sie gilt als wichtiger Auftakt zur darauf folgenden Messe am Ostersonntag, in welcher die Segensworte Urbi et Orbi (der Stadt und dem Erdkreis) gesprochen werden. Da es sich um einen festen Termin im Kirchenjahr handelt, kann auch in Deutschland von einer landesweit verbreiteten, jedoch lokal variierenden Ausübung der Osternacht ausgegangen werden. Allein in Jena existierten neben der Osternacht in der Marienkirche Ziegenhain noch weitere parallele katholische und evangelische Angebote wie die Osternacht der Stadtkirche, der Kirche Burgau, der Göschwitzer Kirche und der Kirche in Magdala. Die Kirchen Zwätzen, Bucha und Kleinschwabhausen boten zudem am Folgetag eine Ostermorgenfeier um 06.00 Uhr an.Der allgemeine Forschungsstand
Bei der Erforschung der Osternacht geben Fachbücher unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen Auskunft. So finden sich zum Einen einschlägige theologische Werke der Liturgiewissenschaft wie ,,Das Handbuch der Liturgik“ aus dem Jahr 2003 sowie kulturwissenschaftliche Artikel in Lexika wie dem ,,Lexikon der Bräuche und Feste“ oder Dietz-Rüdiger Mosers ,,Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf“ aus dem Jahr 1993. Es handelt sich um einen frühchristlichen Brauch, der bereits in den jüdischen Traditionen verwurzelt ist. Seine liturgische Ausprägung hat sicherlich im Laufe der Jahrhunderte Variationen, Kürzungen und Auslassungen jedoch keinen sichtbaren kompletten Umbruch erfahren, da an vielen Stellen wiederholt ein Aufgriff frühchristlicher Abläufe und Richtlinien erfolgte. So erscheinen viele Traditionen der Osternacht bis heute in veränderter Form, jedoch durchaus in ursprünglichen Sinnzusammenhängen erhalten. Während über Sinndeutung und Richtlinien der Osternacht also durchaus eine Fülle an Fachliteratur vorhanden ist, fehlen aktuelle Erhebungen über die Verbreitung im evangelischen und katholischen Raum. Hier lässt sich durchaus ein konfessionell bedingter Wandel feststellen, der jedoch weiter erforscht werden müsste.Literatur
- Ballhorn, Egbert: Licht und Dunkel. Biblische Symbole in der Osternacht, in: Steins Georg/Ballhorn, Egbert: Licht – Wasser – Leben. Die biblischen Lesungen in der Osternacht, Regensburg 2010.
- Becker-Huberti, Manfred: Lexikon der Bräuche und Feste. 3000 Stichwörter mit Infos, Tipps und Hintergründen für das ganze Jahr. 4. Aufl., Freiburg u.a. 2007.
- Bieritz, Karl-Heinrich: Das Kirchenjahr. Feste, Gedenk- und Feiertage in Geschichte und Gegenwart. 7. Aufl., Berlin 2005.
- Cornehl Peter: Die längste aller Nächte. Zumutungen der Osternacht, in: Cornehl, Peter u.a. (Hgg.): In der Schar derer die da feiern. Feste als Gegenstand praktisch-theologischer Reflexion, Göttingen 1993.
- Jilek, August: Die Taufe, in; Schmidt-Lauber, Hans-Christoph u.a. (Hgg.): Handbuch der Liturgik. Liturgiewissenschaft in Theologie und Praxis der Kirche. 3. Aufl., Göttingen 2003.
- Moser, Dietz-Rüdiger: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Brauchformen der Gegenwart in kulturgeschichtlichen Zusammenhängen, Graz u.a. 1993.
- Müller, Gerhard u.a. (Hgg.): Theologische Realenzyklopädie, Bd. 35 (2003), s.v. Volksfrömmigkeit.
- Schwarz Lausten, Martin: Abendländische Kirchengeschichte. Grundzüge von den Anfängen bis zur Gegenwart, Frankfurt am Main 2003.