Termin
Dieser Brauch wird immer um Ostern ausgeübt. Die Vorbereitungen des Schmückens finden teils schon im Winter statt, insbesondere werden die Eier bereits vorab bemalt. Das Anbringen des festlichen Schmucks an einem öffentlichen Brunnen geschieht in den Tagen vor Ostern, rund zwei, drei Wochen nach Ostern wird er wieder entfernt.
Einstiegsinformation
Das Schmücken von Brunnen in der Osterzeit hat in der Fränkischen Schweiz eine lange Tradition. Dort wird dieser Brauch seit Beginn des 20. Jahrhunderts ausgeübt. Eine Belebung des Brauchs fand nach Ende des Zweiten Weltkriegs statt, um den Fremdenverkehr vor Ort anzukurbeln. Seit den 1970er und 1980er Jahren finden die Brunnen eine zunehmende Verbreitung in weiten Teilen Süddeutschlands über die Ursprungsregion hinaus. Ein maßgeblicher Grund hierfür dürfte sein, dass sich Teilnehmer von Busfahrten zu den Osterbrunnen der Fränkischen Schweiz dazu anregen ließen, auch in ihren Heimatorten Brunnen im öffentlichen Raum zu schmücken und damit das Ortsbild zu verschönern. Seit den 2000er Jahren sind auch in Norddeutschland erste Osterbrunnen zu verorten.
Ablauf
Das Herrichten von Osterbrunnen ist heute beliebter denn je und das weit über die Grenzen der Fränkischen Schweiz hinaus. Im Folgenden sind die typischen Schmuckelemente aufgezählt.
Frisches Grün: Die Brunnenschmücker (Landjugendgruppen, Vertreterinnen und Vertreter örtlicher Vereine oder vereinzelt auch Privatpersonen) winden Girlanden aus Fichten-, Buchsbaum- oder Tannenzweigen, die dann kunstvoll zu Kronen oder Bögen aufgebunden werden. In manchen Orten werden auch kleine Fichten- oder Tannenbäumchen oder junge Birken aufgestellt.
Blumen als Ausdruck der Freude und als Symbol für den Frühling gehören zu vielen Osterbrunnen. Allerdings spielen die häufig verwendeten Forsythienzweige, Tulpen oder Narzissen nur eine untergeordnete Rolle. Den Blickfang bilden die Ostereier, auf denen sehr oft Blumenmotive dargestellt sind.
Bunte Bänder/Pensala: Bunte Bänder aus Papier werden zu Büscheln gebündelt, die dann aussehen wie große Pinsel. Daraus leitet sich der Name Pensala (= kleine Pinselchen) ab. Den Pensala wird gelegentlich ein symbolischer Gehalt zugesprochen. So erfährt man, dass früher geglaubt wurde, bunte, wehende Bänder würden böse Geister vertreiben. Was stattdessen auf jeden Fall stimmt: die Schmückenden handeln nach ästhetischen Gesichtspunkten und wollen mit den Bändern die Brunnen noch dekorativer machen.
Eier: Das dominante Schmuckelement an allen Osterbrunnen sind die Eier. Ungezählte Arbeitsstunden über die Wintermonate hinweg stecken hinter den kunstvoll bemalten und verzierten Kunstwerken. Weit mehr als 10.000 Eier wurden an diversen Brunnen schon gezählt. Inzwischen haben zahlreiche Ortschaften davon Abstand genommen, Plastikeier für den Brunnenschmuck zu verwenden. Obwohl wasser- und witterungsbeständig und pflegeleicht hat man sich entschlossen, sich die Mühe zu machen, echte Hühnereier auszublasen, zu waschen und dann in den verschiedensten Techniken zu verzieren. Dabei haben sich lokale Eigenheiten herauskristallisiert, die den eigentlichen Charme des Brunnenschauens ausmachen: So findet man in Kaltenegloffsheim Fenstereier, in Streitberg marmorierte Eier und in Heiligenstadt Eier mit Einzelmotiven auf weißem Grund.
Figuren: Als dekorative Beigabe zu den Oster-Brunnen sind seit einiger Zeit wetterfeste Osterhasen-Figuren beliebt (siehe mittleres Foto). Der Leib der Hasen ist mit Rupfen verkleidet. Außerdem tragen sie Kleider. Mancherorts sitzen ganze Hasenfamilien in der Nähe des Osterbrunnens.
Hintergrund-Infos
Brauchgeschichte
Die genaue Herkunft des Osterbrunnen-Brauchs ist ungeklärt: Wissenschaftliche Theorien sind widersprüchlich und die historische Quellenlage dürftig. Zur Geschichte der Brunnen und der Wasserversorgung in der Fränkischen Schweiz lässt sich folgendes anführen: Auf den felsigen Hochflächen der Fränkischen Schweiz lebten die Bewohner lange Zeit vom Niederschlagswasser, das sie in Zisternen sowie in künstlich abgedichteten Weihern und flachen Gruben auffingen. Die Ernte hing wesentlich davon ab, dass die Niederschläge zur rechten Zeit und in ausreichender Menge fielen. Quellwasser war aufgrund der geologischen Gegebenheiten knapp und musste mühsam und beschwerlich mit Wasserbutten oder Ochsengespannen transportiert werden. Einen flächendeckenden Ausbau der kommunalen Wasserleitungen gab es erst gegen Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. In dieser Zeit hatte die Bereitschaft der Bewohner der Fränkischen Schweiz, die Brunnen österlich zu schmücken, ihren Tiefpunkt erreicht. Es wurden damals nur noch 28 Osterbrunnen in 16 Gemeinden gezählt. Adolf Seyfried aus Ebermannstadt machte es sich daraufhin zur Aufgabe, den Brauch wieder aufleben zu lassen und ermunterte auf seinen vielen Fahrten über die Dörfer die Bewohner, an der Tradition festzuhalten. Seine Botschaft war: Wasser ist Leben. Seine Bemühungen wurden sowohl von den Kommunen als auch von den Schulen intensiv unterstützt.
In den 1920er Jahren wurden erstmalig Deutungen der Osterbrunnen als Relikte von slawischen und heidnischen Brauchhandelns vorgenommen. Dies wurde in den 1930er Jahren fortgesetzt und einem vermeintlich germanischen Ursprung zugeordnet. Diese Thesen werden heute von der Forschung verworfen.
Attraktivität
Inzwischen hat sich das Brunnenschmücken zu einem festen Bestandteil des kulturellen Gemeinschaftslebens zahlreicher Dörfer und Städte Süddeutschlands entwickelt und ist teils auch ein nicht unerheblicher Wirtschaftsfaktor. Überregionale Reiseveranstalter bieten Osterbrunnenfahrten an, und die örtlichen Tourismus- und Fremdenverkehrsverbände nehmen sich der Vermarktung an. Diese Entwicklung wird ambivalent diskutiert. So sprechen die einen von Sinnentleerung und Konsumverhalten und würden die Übernahme dieser Tradition in anderen Regionen am liebsten „verbieten“, die anderen von Innovation und einem positiven, belebenden Effekt für die Dörfer und Städte, in denen der Brauch ausgeübt wird. Fest steht jedenfalls, dass der Brunnenschmuck immer aufwändiger wird und die einzelnen Orte um den schönsten Brunnen konkurrieren.
Literatur
- Moser, Dietz-Rüdiger: Bräuche und Feste durch das ganze Jahr. Freiburg 2002.
- Becker-Huberti, Manfred: Lexikon der Bräuche und Feste. Freiburg 2000.
- Schillinger, Claudia: Fränkische Osterbrunnen. Bamberg 1997.