Nikolaus im Kindergarten St. Christophorus in Regensburg

Termin

Der Nikolaus im Kindergarten.

Der Brauch findet jährlich am 6. Dezember im Kindergarten St. Christophorus statt, insofern dieses Datum auf einen Werktag fällt. Der Zeitraum der Feierlichkeiten erstreckt sich dabei von circa 09.00 bis 12.00 Uhr.

Einstiegsinformation

Bei dem dokumentierten Brauch handelt es sich um die Einkehr des Heiligen Nikolaus, die am 6. Dezember im katholischen Kindergarten St. Christophorus in Regensburg gefeiert wird. Die Gestalt des Nikolaus besucht die Kinder im Kindergarten, spricht Lob und Tadel aus, die Kinder begrüßen und feiern ihn mit vorgetragenen Gedichten und Liedern. Im Anschluss bringt der Heilige dann Geschenke in einem großen Sack herbei. Zum krönenden Abschluss isst er mit der Gruppe an einer festlich geschmückten Tafel allerlei von den Kindern mitgebrachte Weihnachtsleckereien. Der Kindergarten besteht aus drei Gruppen, die jeweils alle diesen Brauch feiern. Das Geschehen wurde in diesem Fall allerdings speziell in der Mäusegruppe dokumentiert.

Ablauf

Spezifik des Kindergartens

Die Erzieherinnen des Kindergartens legen großen Wert auf die „richtige“ Bezeichnung der Brauchfigur. So wird immer wieder vom „Heiligen Nikolaus“ oder vom „Bischof Nikolaus“ gesprochen. Eine deutliche Abwendung gibt es deshalb auch von der mittlerweile geläufigen Bezeichnung „Weihnachtsmann“. Die amerikanisierte Variante des Gabenbringers, sowie sein Bezug zum Kommerz werden vom christlichen Gabenbringer klar differenziert. Der Nikolaus fungiert bei diesem Brauch nicht als beängstigende Person, sondern als Freund der Kinder. Außerdem wird Wert darauf gelegt, dass die Kinder wissen, der Heilige Nikolaus existiert nicht mehr, sondern wird von einem Erwachsenen gespielt. Ausgangspunkt für die Lehren im Kindergarten sind die Geschichten von dem Bischof Nikolaus von Myra.

Jahr und Umstände

Beobachtet wurde der Brauch am 06.12.2012, einem Donnerstag. Die Vorbereitungszeit für die Kinder der Mäusegruppe begann bereits ab Montag, den 02.12.2012. Am Freitag, den 07.12.2012, fanden in der Gruppe abschließend Gespräche zur Nachbereitung des Brauches statt. Während des gesamten Beobachtungszeitraums blieb nicht sehr viel Zeit für schriftliche und visuelle Dokumentation oder stilles Beobachten. Da sich die Kinder auch an den teilnehmenden Beobachter als fremde Person gewöhnen sollten und eine der beiden Erzieherinnen kurzfristig krank wurde, hat das Spielen mit den Kindern viel Zeit in Anspruch genommen. In den Tagen der Vorbereitung wurden für die Kinder zwischendurch immer wieder Lerneinheiten und Geschichten über den Heiligen Nikolaus eingeschoben. Dabei musste berücksichtigt werden, dass die Aufmerksamkeitsspanne der Kindergartenkinder noch nicht sehr lange ist und somit zwischendurch immer wieder Spielpausen gemacht werden sollten.

Die Einkehr des Nikolaus in die Mäusegruppe des Kindergartens St. Christophorus in Regensburg

Adventskranz im Kindergarten.
Als die Kinder von ihren Eltern am Morgen des Brauchtages um circa 08.30 Uhr in die Gruppe gebracht werden, sind die einzelnen Tische bereits zu einer großen Tafel zusammengerückt und von den Erzieherinnen mit allen mitgebrachten Leckereien festlich gedeckt worden. Der Morgenkreis findet deshalb aus Platzgründen nicht wie üblich im großen Gruppenraum, sondern im neben stehenden „Intensivraum“ statt. Auf dem Boden liegen Sitzkissen verteilt, auf denen es sich die Kinder gemütlich machen sollen. Ein weiteres Indiz für diesen festlichen Tag sind einige Kleidungsstücke des Bischofs Nikolaus die in der Mitte des Kreises ausgebreitet liegen. Dazu gehören Ein Rock, ein Obergewand und ein Kragen in Weiß, ein roter Bischofsmantel, sowie eine rote Mitra und ein Bischofsstab aus Holz. Die Besonderheit an diesem Morgenkreis ist außerdem, dass die Gruppe Besuch von Matthias, einem Mitarbeiter der Gemeinde, bekommt. Die Kinder freuen sich über den Besuch des jungen Mannes, da sie ihn aus verschiedenen Lerngruppen bereits gut kennen. Gemeinsam wird überlegt, was heute gefeiert wird und wer dafür der geeignete Nikolaus wäre. Nachdem sich die Kinder einstimmig auf Matthias als Akteur des Nikolaus geeinigt haben, helfen sie zusammen und kleiden den Gast mit dem Gewand des Bischofs ein. Matthias geht nun aus dem Zimmer. Nach kurzer Zeit klopft es an die Tür, die Kinder warten gespannt und Matthias als Nikolaus tritt herein. Die Erzieherin begrüßt den Nikolaus im Namen der Gruppe und alle stimmen das Lied „Sei gegrüßt, lieber Nikolaus“ an (1., 2., 4. Strophe). Auszug aus dem Lied: Der Nikolaus bittet die Kinder um Hilfe, seinen schweren Bischofsstab zu halten. Abwechselnd dürfen nun einige Kinder den Stab halten. Die Großen helfen dabei den Kleinen. Er begrüßt dann die Kinder einzeln und fragt nach ihren Namen. Nach der Begrüßung singen die Kinder das Lied „Ja dann ist Advent“ (1. u. 2. Strophe). Auszug aus dem Lied:
Kommt wir schauen in das Licht, das hell leuchtet und verspricht: Gottes Kind wird Hoffnung bringen, lasst uns freuen, lasst uns singen. Wenn die erste Kerze brennt,ja, dann ist Advent.
Der Bischof will von den Kindern wissen, wer denn der Heilige Nikolaus war, wo er gelebt und welche guten Taten er vollbracht hat. Nachdem alle Kinder ihr Wissen einbringen konnten, singen sie gemeinsam das Lied „Lasst uns froh und munter sein...“. (alle Strophen) Auszug aus dem Lied:
Lasst uns froh und munter sein und uns recht von Herzen freun! Lustig, lustig, traleralera, bald ist Nikolausabend da, bald ist Nikolausabend da.
Der Heilige Nikolaus öffnet nun feierlich sein goldenes Buch und liest Lob und Tadel vor. Er spricht nur die Gruppe allgemein an, keine einzelnen Kinder. Dabei will er nicht verängstigen, sondern die Kinder loben oder auffordern sich zu bessern. So heißt es: „Ihr müsst euch ja sehr angestrengt haben, um all die Sachen zu lernen. Das hat mir sehr gut gefallen. Aber leider gibt es ein paar Dinge, die mir nicht so gut gefallen. Es gefällt mir nicht, wenn ihr kämpft, streitet und euch gegenseitig ärgert und weh tut. Ihr baut so schöne Sachen auf dem Bauplatz, doch manchmal werden die Spielsachen herumgeworfen und nicht mehr richtig aufgeräumt. In letzter Zeit sind sogar einige Bausteine kaputt gegangen. Die Großen sollten Vorbild sein. Toll finde ich aber, wenn ihr Großen den Kleinen helft, mit ihnen spielt und sie tröstet, wenn sie traurig sind. Anziehen können sich die meisten von euch schon ganz alleine, doch manchmal trödelt ihr dabei, spielt oder lauft durch die Garderobe. Schön wäre es auch, wenn ihr eure Schuhe an den richtigen Platz stellt und nicht einfach irgendwo stehen lasst. Ganz gut gefällt mir, dass ihr so schön singt, malt und bastelt. Im Häuschen spielt ihr sehr gern, aber oft sieht es wüst darin aus, das Geschirr liegt am Boden und ihr räumt nicht richtig auf. Auch am Brotzeittisch klappt es nicht so gut. Immer wieder sind schmutzige Löffel oder nasse Teller im Schrank, ihr wollt doch auch von sauberem Geschirr essen. Beim Turnen und Laufen macht ihr prima mit und habt viel Spaß und Freude daran. Ein großes Lob an die Schlaufüchse und die Kuschelhasen, die am Schlaufuchstag, beziehungsweise am Kuschelhasentag, immer super mitmachen.“ Die Kinder hören gespannt zu und versprechen dem Nikolaus Besserung. Nach dem Vorlesen aus dem goldenen Buch macht die Erzieherin mit den Kindern das einstudierte Fingerspiel „Trude, Peter, Fritz“ vor.
Trude, Peter, Fritz und Franz und der winzig kleine Hans warten auf den Nikolaus. Wann kommt er denn in unser Haus? Mit dem Stabe so gebogen kommt er durch die Stadt gezogen. Hat `ne spitze Mütze auf mit ´nem goldnen Kreuzlein drauf. Komm nur herein St. Nikolaus und leer dein volles Säcklein aus!
Der Nikolaus freut sich über diese Vorführung und holt seinen Gabensack, der noch vor der Zimmertür steht. Aus dem Nikolaussack zieht er mit Schleifen verpackte Lebkuchennikoläuse. Die
Dekoration am Spielhaus.
Erzieherinnen haben sie ein paar Tage vorher gemeinsam für die Kinder gebacken. Jedes Kind bekommt außerdem einen Bastelbogen für eine Krippe aus Papier. Dieses Geschenk kommt von der Gemeinde und stellt eine kleine Sparbüchse dar, mit der für bedürftige Kinder in Afrika gesammelt werden kann. Die Kinder bekommen ihre Geschenke aber erst ausgeteilt, wenn sie am Nachmittag von den Eltern abgeholt werden. Die Erzieherin erklärt nun, dass alle Kinder ihre Sitzkissen aufräumen und sich an den gedeckten Tisch setzen dürfen. Auch der Nikolaus bleibt noch eine Weile zum gemeinsamen Essen. Auf dem Tisch steht für jedes Kind ein Gedeck bereit. Auf großen Tellern sind die Leckereien der Kinder in der Mitte der Tafel appetitlich dekoriert und überall auf dem Tisch gerecht verteilt. Damit auch die kleineren Kinder alles selbständig essen können, sind Äpfel und Mandarinen schon mundgerecht zubereitet. Außerdem gibt es selbstgebackene und gekaufte Plätzchen, Lebkuchen, Schokoladenfiguren, Spekulatius und Nüsse. Jedes Kind bekommt Kinderpunsch oder Tee eingeschenkt. Bevor man anfangen darf, sich über die weihnachtliche Tafel herzumachen, fassen sich alle an den Händen und sprechen gemeinsam ein Gebet. Auch der Nikolaus bekommt seinen Platz an der Tafel. Er isst, wie die Kinder, von den weihnachtlichen Leckereien und unterhält sich mit der Erzieherin und den Kindern. Nach dem Essen verabschiedet sich der Nikolaus und verlässt die Gruppe. Gemeinsam wird nun die Tafel aufgeräumt und die Kinder dürfen spielen. Der feierliche Teil ist nun abgeschlossen und der Tag nimmt seinen geregelten Lauf. Das bedeutet, die Kinder dürfen spielen, bekommen gegen 12.00 Uhr warmes Mittagessen und werden am Nachmittag abgeholt. Die Dokumentation des Brauches hat einige Elemente deutlich werden lassen, die nun in chronologischer Reihenfolge aufgeführt und mit ihrer besonderen Bedeutung beschrieben werden.
  • Das Gewand des Nikolaus fungiert als veränderndes Element. Zu Beginn des Morgenkreises liegt es, für alle gut sichtbar, in der Mitte des Sitzkreises auf dem Zimmerboden verteilt. Die Kinder wissen sofort Bescheid, um wessen Kleidung es sich handelt. Denn schließlich haben sie an den Tagen zuvor einiges darüber gelernt. Der Akteur des Nikolaus, Matthias, wandelt sich durch das Tragen dieser Kleidungsstücke vom bekannten Kirchenmitarbeiter zur Gestalt des Heiligen Nikolaus.
  • Das Singen des Liedes „Sei gegrüßt lieber Nikolaus“ zum Empfang des Nikolaus hebt die Gestalt zu jemandem sehr Besonderen empor, der gebührend begrüßt werden muss. Von Matthias, der sich als Akteur unter den Kleidern des Nikolaus verbirgt, wird dadurch deutlich Abstand genommen. Es handelt sich nun um eine ganz andere Person.
  • Zu den einzelnen Elementen der Verkleidung gehört auch der Bischofsstab als wichtiges Kennzeichen des Nikolaus. Für die Kindergartenkinder bekommt er eine besondere Bedeutung. Sie dürfen ihn der Reihe nach halten und bekommen somit die Aufgabe zugesprochen, dem Nikolaus Hilfe entgegenzubringen.
  • Das Vortragen von Liedern und Gedichten im Verlauf des Auftrittes des Nikolaus gehört unbedingt zum Brauch. Zum einen wird so eine feierliche Stimmung erzeugt und zum anderen haben die Kinder Gelegenheit ihre Freude und ihr Können unter Beweis zu stellen.
  • Das „Goldene Buch“ ist ein nicht wegzudenkendes Element beim Besuch des Nikolaus. Es enthält Lob und Tadel und lässt die Kinder staunen, wie viel der Bischof doch über sie weiß. Jedes Kind in der Gruppe kennt dieses Buch und wartet gespannt, was der Nikolaus daraus vorlesen wird. Das „Goldene Buch“ ist ein in Goldfolie eingeschlagener Ordner mit Notizen von den Erzieherinnen zum Verhalten der Kinder. Der Akteur des Nikolaus liest daraus mit fester, bestimmter Stimme vor. Er erwähnt vorbildliches Verhalten der Kinder, aber spornt auch zur Besserung an.
  • Ein weiteres Erkennungszeichen des Heiligen Nikolaus ist der große Gabensack aus Jute. Während der Zeremonie bleibt der Sack vor der Zimmertür stehen. Erst als der Nikolaus fertig mit seinen Reden ist und die Kinder alle Lieder vorgesungen und Besserung versprochen haben, holt er den Sack herein. Dieses Jahr ist er gefüllt mit Lebkuchen-Nikoläusen, ein selbstgebackenes Geschenk der Erzieherinnen. Für den Inhalt überlegen sich die Kindergärtnerinnen jedes Jahr eine andere Kleinigkeit. Die Nikoläuse sind allerdings nicht zum direkten Verzehr gedacht, sondern werden am Ende des Tages beim Abholen ausgeteilt.
  • Von großer Bedeutung für die Feier ist außerdem das Fotografieren. Da die Eltern an der Feier nicht teilnehmen dürfen, macht die Kindergärtnerin viele Fotos. Zum einen Momentaufnahmen, zum anderen auch Einzelbilder von Kindern mit dem Bischofsstab und Gruppenbilder von den Kindern mit dem Nikolaus.
  • Auch die festlich geschmückte Tafel stellt ebenfalls ein konstitutives Element dar. Im Vergleich zu den anderen Tagen sitzen heute alle Kinder an einem Tisch. Es gibt für jeden ein besonderes Gedeck, das nicht alltäglich verwendet wird. Die sonst übliche Brotzeit, in der jeder sein eigenes Pausenbrot isst, entfällt.
  • Statt den Broten gibt es Plätzchen und Obst. Diese weihnachtlichen Kleinigkeiten wurde in den Tagen der Vorbereitung am Eingang zum Gruppenraum in einem großen Nikolaussack gesammelt. Einige der Kinder berichten dabei aufgeregt, dass sie die Plätzchen extra für den Besuch des Nikolaus mit ihren Eltern gebacken haben. Im Fokus steht dabei das gemeinschaftliche Teilen.
  • Zum Brauch gehört außerdem die festliche Dekoration. Zum einen ist die Tafel mit Tannenzweigen, einem Adventskranz, Servietten und von den Kindern gebastelten Nikoläusen aus Ton dekoriert Zum anderen ist aber auch der gesamte Gruppenraum die ganze Adventszeit über geschmückt. Dazu gehören Zweige, Zapfen, Sterne, einige Adventskalender und an die Fenster gemalte Kerzen. Die Erzieherinnen betonen hierbei immer wieder: „Wir wollen es uns gemütlich machen“.

Akteure

Geschenke für die Kindergartenkinder.

Die Rolle des Nikolaus

Der Hauptakteur und Darsteller des Nikolaus ist Matthias, ein Mitarbeiter der Gemeinde. Die Erzieherinnen jeder Gruppe müssen sich ihren Nikolausakteur selbst suchen und mit ihm alles Weitere für den Brauchtag absprechen. So berichtete die eine der beiden Kindergärtnerinnen dass die Gestalt des Bischofs in den Jahren davor auch schon von einem Vater der Kinder gespielt wurde. Zu Beginn hatte der Akteur des Nikolaus seine alltägliche Kleidung an, hat dann jedoch mit Hilfe der Kinder die Bischofskleidung übergezogen. Sie besteht aus Unterrock, Gewand, Kragen, Mitra und Bischofsstab. Durch dieses charakteristische Gewand wird der Akteur zu einer besonderen Figur. Auffällig ist jedoch, dass der Hauptakteur zwar in eine Rolle schlüpft, dabei aber eine Ähnlichkeit zu seiner realen Persönlichkeit zu erkennen ist. Als Matthias ist er ein Freund der Kinder. Man kennt sich schon seit längerer Zeit und verbringt mit spielerischem Lernen lustige Stunden zusammen. Als er die Gruppe zu Beginn des Morgenkreises besucht hat, haben sich sofort alle Kinder gefreut und ihn stürmisch begrüßt. Auch als Bischof Nikolaus ist er Freund der Kinder und wird mit großer Freude begrüßt. Er tritt nun allerdings mit etwas mehr Strenge in der Tonlage auf. Ziel ist es aber nicht, den Kindern Angst zu machen, sondern ihr Wissen zu prüfen und mit vorbildgebendem Charakter aufzutreten. Auch die Art der Kinder verändert sich dadurch. Sie springen nicht mehr auf ihn zu, so wie auf den Akteur Matthias in seiner Alltagskleidung, sondern sitzen respektvoll auf ihren Kissen und grüßen artig. Die eigentliche Person, hinter der Verkleidung, tritt also in den Hintergrund. Der Nikolaus wird durch seine guten Taten als Heiliger hervorgehoben und stellt für die Kinder ein Vorbild dar. Er belehrt sie, stellt sich dabei aber nicht als etwas Besseres oder Wertvolleres über sie. Beim gemeinsamen Essen tritt der Nikolaus sehr offen und freundlich auf. Er hält sich zurück, setzt sich mit an den Tisch, trinkt mit der Erzieherin eine Tasse Kaffee und unterhält sich mit allen. Nach dem Naschen des Weihnachtsgebäcks verabschiedet sich die Gestalt des Nikolaus. Vor der Tür des Gruppenraums macht dann die Leiterin des Kindergartens ein Erinnerungsfoto von Matthias und den anderen beiden Darstellern in ihrer Nikolaus-Kleidung. Der Tag ist also nicht nur für die Kinder ein Erlebnis, sondern auch für die Erwachsenen.

Die Kinder

Der zweite Teil der Brauchakteure besteht aus den Kindern. Zur Mäusegruppe gehören, neben den zwei Erzieherinnen, 25 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Die Kinder tragen am Tag des Festes ihre Alltagskleidung. Ältere Kinder helfen den Kleinen sowohl beim Halten des Bischofsstabs, als auch beim Essen und Trinken. Sie erklären ihnen etwas oder fordern sie auf, ruhig auf ihrem Platz sitzen zu bleiben. Vor dem Nikolaus sind alle Kinder gleich. Kein Kind wird als einzelnes getadelt. Der Tag soll schließlich ein Fest für die Kinder und den Nikolaus sein und nicht Angst und Bauchschmerzen verursachen. Auffallend war, dass die Kinder am Tag des Brauches selbst sehr laut und unruhiger als sonst waren. Da manche Kinder noch nicht so gut Deutsch verstehen können, ließen sie sich leicht vom eigentlichen Geschehen ablenken. Die Kleinen mussten immer wieder aufgefordert werden, auf ihren Kissen sitzen zu bleiben und die Großen waren sehr aufgeregt. Die Dokumentation fiel somit schwer und es blieb kaum Zeit für Fotos. Ein paar Momentaufnahmen konnten zwischendurch mit einer Handykamera gemacht werden. Die Erzieherin übernahm jedoch die Aufgabe des Fotografen, um auch für die Eltern die ersehnten Bilder machen zu können.

Die Erzieherinnen und Eltern

Dekoration im Kindergarten.
Die Organisation des Brauchs erfolgt durch das Team der Erzieherinnen. Jede Gruppe organisiert sich ihren Akteur des Nikolaus selbst. Die Teams sprechen sich aber untereinander ab und informieren sich gegenseitig. Auch die Kindergärtnerinnen tragen ihre Alltagskleidung. Die Verkleidung für den Nikolaus ist im Besitz der Gemeinde und wird von den Erzieherinnen bereitgelegt. Schon in den Tagen der Vorbereitung wird die Kleidung als Anschauungsbeispiel hervorgeholt. Der Brauch ist nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Somit gibt es auch keine Werbeaktion, Pressebegleitung oder sonstige Gäste. Wie bereits erwähnt, soll es sich lediglich um ein gemütliches Beisammensein handeln. Die Erzieherinnen legen großen Wert auf die vertraute Umgebung und ein Erleben des Tages mit allen Kindern der Gruppe. Die Eltern bekommen einige Tage vor der Brauchveranstaltung in der Elternpost die Information, ihrem Kind für diesen Tag weihnachtliche Leckereien, die unter allen aufgeteilt werden, statt Brote mitzugeben. Für Elternteile, Verwandte, Freunde oder Geschwister ist keine Teilnahme erlaubt. Dafür werden von den Erzieherinnen zahlreiche Erinnerungsfotos gemacht, die dann im Anschluss an die Eltern ausgehändigt, beziehungsweise auf die Homepage des Kindergartens gestellt werden.

Hintergrund-Infos

Ein Info-Nachmittag für die Eltern

Dieser Nachmittag, am Montag, den 12.11.2012, ist für die Eltern von neuen Kindern gedacht. Sie sind dazu eingeladen, von den Erzieherinnen über den anstehenden Brauchtermin informiert zu werden. Die Eltern dürfen es sich in einem der Gruppenräume an einem weihnachtlich gedeckten Kinder-Tisch mit Lebkuchen und Tee gemütlich machen. Der Reihe nach werden sie gefragt, wie sie mit ihren Kindern den Nikolaus feiern. Eine Mutter berichtet von verkleideten Verwandten, die sich als Nikolaus ausgeben und Äpfel und Nüsse verteilen, andere von Spielzeug-Geschenken, die von Eltern und Großeltern überreicht werden. Um das Anliegen des Kindergartens und somit die Differenz von Weihnachtsmann und Heiligem Nikolaus deutlich zu machen, spielen zwei Erzieherinnen einen Dialog vor. Der Weihnachtsmann wird dabei als Werbefigur charakterisiert, der es vor allem um Konsum geht. Seine Sprechweise ist umgangssprachlich und er trägt eine knallrote Zipfelmütze. Der Nikolaus hingegen trägt ein Bischofsgewand, drückt sich sehr gewählt aus und betont, dass es ihm um das Helfen, insbesondere armer Menschen geht. Um das Lernziel des Kindergartens weiter zu veranschaulichen, werden Kinderbücher rund um das Thema Nikolaus und Barmherzigkeit vorgestellt und drei Sagen zu den guten Taten des Nikolaus erklärt. Die Kindergärtnerinnen betonen, dass sie auf die Figur des Krampus verzichten. Ziel ist es nicht, die Kinder zu verängstigen, sondern ihnen den Nikolaus als barmherzigen Freund zu vermitteln. Abschließend wird den Eltern der Ablauf des Festtages im Kindergarten erklärt und sie werden gebeten, ihren Kindern Obst, Plätzchen oder ähnliche Leckereien für die Feier mitzugeben.

Drei Tage der Vorbereitung

Erster Tag der Vorbereitung: Montag, 03.12.2012, in der Mäusegruppe. Nachdem alle Kinder in die Gruppe gebracht worden sind, beginnt der Tag um 09.00 Uhr mit dem alltäglichen Morgenkreis im Gruppenraum. Es wird zunächst besprochen, was „Advent“ ist und wie viele Kerzen am Adventskranz angezündet werden dürfen. Anschließend folgt das Öffnen des Adventskalenders. Eine der beiden Kindergärtnerinnen erklärt den Kindern, dass diese Woche ein ganz besonderer Besuch ansteht, nämlich der des Nikolaus. Und um ihn auch gebührend Willkommen heißen zu können, werden ab jetzt immer wieder Lieder geübt. Nach der Spielzeit und der Brotzeitpause gibt es dann für die Kinder eine Einführung zum Thema Nikolaus. Mit einer Holzfigur zur Veranschaulichung werden die Kinder gefragt, was sie, vielleicht in Erinnerung an das letzte Jahr, alles über den Heiligen Nikolaus wissen. Die Erzieherin beginnt danach mit einem Bilderbuch zur Kindheit des Nikolaus. Thematisiert werden hier seine Herkunft, sein Elternhaus, sowie sein Umzug nach Myra. Im Mittelpunkt steht dabei seine Barmherzigkeit. Zudem soll den Kindern deutlich gemacht werden, dass der Nikolaus heute nicht mehr lebt. Es folgt eine Adventsgeschichte und jedes Kind wird aufgefordert, in den kommenden Tagen seinen Teil zur Festtafel beizutragen und Essen in den bereitstehenden Nikolaussack zu legen. Zweiter Tag der Vorbereitung: Dienstag, 04.12.2012, in der Mäusegruppe. Es findet erneut der Morgenkreis statt, in dem ein Kind den Adventskalender öffnen darf und Lieder und Gedichte für den Nikolaus geübt werden. Die Kinder dürfen danach wieder spielen. Als zweite Lerneinheit dürfen die Kinder sich mit einem Bischofskostüm für Kinder beschäftigen. Die einzelnen Kleidungselemente werden dabei besprochen und ein Kind darf das Kostüm anziehen. Im Anschluss liest die Erzieherin den Kindern die Nikolauslegende „Das Wunder vom Korn“ vor. Nach einer weiteren Spielpause dürfen die älteren Kinder, die „Schlaufüchse“, Nikoläuse aus Tontöpfen basteln, die dann bei der Feier als Tischdekoration ihren Einsatz finden. Dritter Tag der Vorbereitung: Mittwoch, 05.12.2012, in der Mäusegruppe. Auch an diesem Tag findet wieder ein Morgenkreis mit ähnlichen Inhalten wie am Tag zuvor statt. Nach der Spielzeit dürfen es sich die Kinder diesmal im Kuschel-raum, dem „Sternezimmer“, gemütlich machen und eine weitere Geschichte über den Nikolaus anhören. Die Geschichte spielt nicht in der Vergangenheit, sondern in der heutigen Zeit. Sie handelt vom Heiligen Nikolaus, der diesmal allerdings nicht die Kinder, sondern die Eltern rügt. Die Stimmung der Kinder ist aufgelockert und sie haben nun noch weniger Angst vor dem anstehenden Besuch des Nikolaus.

Der Austausch am Tag danach

Auch an diesem Tag, dem Freitag 08.12.2012, findet wieder der alltägliche Morgenkreis statt. Es wird gesungen, um den Morgen gemeinsam zu beginnen und ein Kind darf den Adventskalender öffnen. Das Beisammensitzen wird dazu genutzt, den vorigen Tag Revue passieren zu lassen. Die Kinder dürfen sich melden und der Reihe nach erzählen, ob sie der Nikolaus auch noch zuhause besucht hat, wann und ob er etwas mitgebracht hat. Es folgen dazu einige Beispiele aus den Berichten der Kinder: Lena: Überraschungs-Ei, Nikolaus aus Schokolade, Hörspiele, alles verpackt in einem Paar Stiefel. Bahrdi: Süßigkeiten in einem Sack. Maxi: Der Nikolaus hat am Morgen des 06.12.2012 angeklopft und ein Säckchen vor die Tür gelegt. Alana: Nagellack, Schmuck, Parfum. Draußen vor der Balkontür gefunden. Pascal: Ein Kuscheltiger. Leonhard: Seilbahn und Schokolade. Lego von der Oma. Michael: Ein Spiel für den Nintendo DS. Der Rest des Tages verläuft sehr locker. Nach dem Morgenkreis dürfen alle Kinder spielen, zwischendurch gibt es Brotzeit. Anstatt der kleinen Lernphasen über den Nikolaus gibt es nun kleine Adventsgeschichten, um die Weihnachtszeit weiter zu begleiten.

Historische Genese

Die Entwicklung des Nikolausbrauches im Kindergarten St. Christophorus

Die Leiterin des Kindergartens hat berichtet, seit dem Beginn ihrer Beschäftigung im Kindergarten St. Christophorus im Jahr 1990 habe sich kaum etwas bei der Feier des Brauches verändert. Den Brauch in dieser Form gab es auch in den Jahren davor und sie habe ihn dementsprechend von der vorherigen Leiterin übernommen. Seit der Eröffnung des Kindergartens 1965, haben sich wohl manche Lieder, Gedichte und Geschichten geändert oder wurden modernisiert. Das Grundgerüst der Brauchgestaltung jedoch und auch die zentrale christliche Aussage sind geblieben. Auf die Frage hin, ob schon immer das Bewusstsein vermittelt wird, dass der Akteur des Nikolaus nicht der reale Nikolaus ist, erklärte die Leiterin: „Ja es ist uns sehr wichtig, auf den Heiligen Nikolaus zu verweisen, der schon gestorben ist. Und das Männer an diesem Tag ihm zu Ehren in seine Rolle schlüpfen. Es soll hier keine Märchenfigur, die mit Schlitten vom Himmel kommt, dargestellt werden. Im Mittelpunkt steht der Heilige, der uns als Vorbild mit seinen guten Taten dienen kann.“ Auf die Begleitung des „Knecht Rupprecht“ , beziehungsweise in der Oberpfalz vor allem „Krampus“ genannt, verzichtet der Kindergarten ganz. Der Begleiter verkörpert, im Gegensatz zum Nikolaus, das Böse und Bestrafende. Er kommt meist in derber Kleidung mit Pelzmütze, Stiefeln, Sack, Rute und Ketten. Im Mittelpunkt ste-he vielmehr der Gute, Heilige. Ein Erziehungshelfer, der böse Kinder bestraft, wird dabei nicht benötigt.

Nikolausbrauch in der Oberpfalz

Die Oberpfälzer Region ist stark geprägt von ihrer katholischen Volksfrömmigkeit. Die Bräuche im Kirchenjahr gliedern sich dabei in zwei Hauptfeste: Weihnachten und Ostern. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei außerdem die Heiligenverehrung. Heilige sind Vorbilder für eine unbescholtene Lebensführung. Sie sind Helfer, Tröster und Heiler. Zu diesen Heiligen kann auch der Bischof Nikolaus gezählt werden. Er gehört genauer zu den 14 Nothelfern. Seine Verehrung (in Altbayern) geht bis ins späte Mittelalter zurück und spiegelt sich in zahlreichen Legenden wider. Der Tag des Heiligen Nikolaus gehört vor allem den Kindern. Daher kommt auch die vielleicht weniger verbreitete Bezeichnung „Kinderbischof“. Doch nicht nur der 6. Dezember macht den Brauchtag aus. Auch der Vorabend ist auf Seiten der Kinder meist gekennzeichnet mit Freude, Spannung, aber auch ein klein wenig Furcht vor tadelnden Worten. Sein Besuch endet aber immer erfreulich und der Auftritt hat erzieherischen Charakter. Oftmals werden die Kinder dazu angehalten, Gebete aufzusagen oder Lieder vorzusingen. Zur Belohnung für gute Taten holt er aus seinem Sack Äpfel und Nüsse oder andere Leckereien. Die bekannte Darstellung des Nikolaus mit Äpfeln und Nüssen gründet sich darin, dass diese Lebensmittel zum einen für eine ewige Jugend stehen. Zum anderen wird auch in der Legende von den drei verarmten Jungfrauen (siehe unten) das Schenken von Nüssen erwähnt. Nach dem Verteilen der Gaben verabschieden die Kinder den Nikolaus dann erleichtert und versprechen Besserung. Die Einkehr des Nikolaus galt vor dem heutigen Christkind als eigentliche Weihnachtsbescherung. Zu seinen Lebzeiten war der Nikolaus für seine Freigiebigkeit und seine Wohltaten bekannt. Im Folgenden werden dazu nun drei Legenden, mit denen auch der Kindergarten St. Christophorus lehrt, in Kürze zusammengefasst. Die Legende von der Ausstattung der drei verarmten Jungfrauen. Ein verarmter und doch vornehmer Vater kann seine drei Töchter nicht ebenbürtig vermählen und sieht keinen anderen Ausweg, als sie in die Prostitution zu schicken. Nur so könne er dem Lebensunterhalt gerecht werden. Als der noch junge Nikolaus davon hörte, beschloss er, dank seines Erbes, der Familie zu helfen. In drei Nächten wirft er je eine goldene Nuss, beziehungsweise je einen Beutel voll Geld, ins Haus des Mannes. Jeder Beutel/ jede Nuss ermöglicht die Mitgift für die Töchter und somit auch die Vermählung.

Die Pökelfasslegende

Eine andere Legende berichtet, dass einst drei wandernde Studenten zur Pause in einem Gasthaus einkehrten. Der Wirt hat sie aber umgebracht, in Stücke geschnitten und in ein Salzfass eingelegt. Kurze Zeit später erscheint daraufhin der Nikolaus und stellt den Wirt zur Rede. Durch seine Fürbitten konnten die Studenten wieder zum Leben erweckt werden. Heutzutage kommt der Nikolaus vor allem bei Familien mit kleinen Kindern. In oberpfälzischen Städten und Dörfern gibt es den sogenannten „Nikolausdienst“ . Vereine schicken dazu verkleidete Mitglieder als Nikoläuse in Familien. An kaum einem geht der Brauch des Nikolaus vorbei, denn „am fünften und sechsten Dezember gehört der Heilige als die meistbeschäftigte Brauchfigur des ganzen Jahres zu Fuß, auf dem Fahrrad oder im Auto zum gewohnten Straßenbild der Oberpfalz.“ Im Fokus steht heute allerdings nicht die Restauration des (Nikolaus)Brauches, sondern vielmehr die Innovation. Altes soll also nicht bloß nachgeahmt werden. „Was beim Einkehrbrauch geschieht, war und ist ein Spiel. Es soll die Erinnerung an den Heiligen lebendig werden lassen. Der Versuch, der Heilige steige selber vom Himmel und besuche die Kinder, entspricht weder altem Brauch, noch zeitgemäßem Denken.“ Der Akteur des Nikolaus soll also die Rolle als ein Vertreter des Heiligen deutlich machen. An dieser Stelle lässt sich auch ein Bezug zum beobachteten Brauch im Kindergarten herstellen. „Es tut dem Wesen des Bischofs von Myra weniger Abbruch, wenn das Kind weiß, dass die Rolle des Nikolaus nur gespielt wird, als wenn es seine Überlegungen darin erschöpft zu ergründen, wer hinter der Verkleidung stecken könnte.“  Bei diesem Brauch wird ein Heiliger gefeiert, dem die kindlichen Schwächen bekannt sind. Er will nicht bestrafen, sondern helfen, sich zu verbessern. Um einen individuellen Helfer darzustellen, sollte der Akteur des Nikolaus also gut über das Verhalten und Wesen der Kinder informiert sein. Am besten übernimmt ein Verwandter oder gar der Vater die Rolle des Bischofs. Das Gewand sollte sich dazu deutlich von dem des Alltags abheben und die Bischofsinsignien tragen. Da auch die Vorbereitungszeit von großer Bedeutung ist, stellt zum Beispiel das gemeinsame Nähen und Basteln eine gute Möglichkeit, den Festtag einzuläuten. „Wenn man lieben Besuch erwartet, spricht man oft Tage vorher schon darüber. Ist es soweit, unterbricht man die alltäglichen Arbeiten und schmückt den Raum, in dem Besuch empfangen wird.“ Für den Ablauf des Brauches gibt es außerdem eine gängige Reihenfolge, die nicht immer starr eingehalten wird, aber in der Oberpfalz allgemein bekannt ist. Auch im Kindergarten St. Christophorus konnte dieser Ablauf beobachtet werden. Zu Beginn findet eine gegenseitige Begrüßung statt, gefolgt von der Vorstellung des Nikolaus mit Berichten zu Leben und Legenden. Danach findet das sogenannte „Nikolausexamen“ statt. Eine Ergründung des Gewissens und Unterhaltung mit dem Kind. Anschließend folgen Darbietungen des Kindes und eine Beschenkung aus dem Gabensack des Nikolaus, allerdings in nicht zu übertriebener Wese. Der Nikolaus verabschiedet sich daraufhin und die Kinder versprechen Besserung bis zum Besuch im nächsten Jahr. In Tirschenreuth in der Oberpfalz gibt es, neben der Einkehr des Nikolaus in die Häuser, etwa Bräuche wie das „Nigglas-Gochern“. Dieser Nikolaus-Brauch bezieht sich auf den Vorabend, also den fünfte Dezember. An diesem Abend treffen auf dem Marktplatz in Tirschenreuth zwei Gruppen aufei-nander. Die eine Gruppe besteht aus verkleideten Nikoläusen, die andere aus nicht verkleideten Personen. Die Nicht-Verkleideten „gochern“, was so viel wie „jagen“ bedeutet, daraufhin die Nikoläuse.

Die legendäre Figur des Nikolaus. Eine Kompilation von zwei Personen

Bevor historische Hintergründe zur Gestalt des Nikolaus besprochen werden, muss nun zunächst einmal die Namensherkunft genauer erläutert werden. Das griechische Wort „Nikos“ bedeutet im Deutschen „Sieg“. Der zweite Teil des Namens kommt von dem griechischen Wort „Laos“ für „Volk“. Kombiniert man diese zwei Wörter und bringt sie auf eine Bedeutungsebene, steht der Name „Nikolaus“ also für „Sieger des Volkes“. Wenn man davon ausgeht, dass der Nikolaus dem Volk gezeigt hat, wie das Gute im Wesen der Menschen erhalten bleibt, könnte die Bezeichnung somit nicht der Eigenname, sondern vielmehr eine Ehrenbezeichnung sein. Dies wiederum hebt den Barmherzigen zusätzlich als Heiligenfigur hervor. Um auch die im Namen „Bischof Nikolaus von Myra“ erwähnte Herkunft des Nikolaus verstehen zu können, ist zu sagen, dass „Myra“ der historische Name der heutigen türkischen Stadt „Demre“ ist. Sie liegt etwa 150 km westlich von Antalya. Die Gestalt des Heiligen ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Kompilation aus zwei einst realen Personen, nämlich dem Nikolaus von Myra und dem Nikolaus von Pinora/ Sion. Alle kursierenden Geschichten, wonach der Heilige Nikolaus um 270 in Patras geboren und um 342 als Bischof von Myra gestorben sein soll, sind ohne wissenschaftlichen Beleg. Nachgewiesen ist lediglich, dass es einen Bischof mit dem Namen Nikolaus in der Stadt Myra gegeben hat. Über diese Person wurden seit dem 4. bis 9. Jahrhundert einige Wunderberichte verbreitet. Der 6. Dezember gilt seit dem 8. Jahrhundert als Gedenktag. Zur ersten Gestalt des Nikolaus kommt nun noch die zweite oben erwähnte hinzu, nämlich die des Nikolaus von Pinora/ Sion. Diese wiederum ist nachweislich 564 in Lykien gestorben. Ihre Lebensgeschichte wurde wohl mit der des Nikolaus von Myra verwoben und sie bilden seitdem Eins. Da der Heilige ein Wundertäter, verschmolzen aus zwei realen Kirchenmitgliedern ist, ist es wichtig von der „Gestalt“ oder „Figur“ des Nikolaus zu sprechen, nicht von der „Person“.

Gibt es regionale Unterschiede? Die Verbreitung des Phänomens

Die Vielfalt an populären Bräuchen rund um den Heiligen Nikolaus ist unermesslich groß. Nicht nur allgemein im deutschsprachigen Raum gibt es bereits eine Vielzahl an unterschiedlichen Brauchformen. Allein die Oberpfalz weist unterschiedlichste verschiedene Phänomene des Brauchs auf. Von Ort zu Ort, von Gemeinde zu Gemeinde finden sich viele Unterschiede. Der bekannte Oberpfälzer Volkskundler Franz Xaver von Schönwerth schrieb um 1860 gängige oberpfälzische Namen zu dieser Brauchfigur auf. Diese historische Erfassung macht die Komplexität allein des Namens der Brauchgestalt deutlich. Zu den Namen gehören beispielsweise „Niglo“ in Treffelstein und Waldau oder „Nickl“ in Pfatter. In seiner Publikation „Sankt Nikolaus. Zwischen Kult und Klamauk“ fasst der Volkskundler Werner Mezger vier allgemeine Phänomene des Brauches in Oberbegriffen zusammen. Sehr verbreitet und auch bei unserem Beispiel im Kindergarten vertreten, ist der „Einkehrbrauch". Hier kleidet sich ein Akteur in das Gewand des Nikolaus und besucht die Kinder. In Anlehnung daran gibt es den „Einlegebrauch“. Hierbei tritt der Nikolaus nicht als verkleidete Person auf, sondern bleibt unerkannt und hinterlässt lediglich einige Kleinigkeiten zum Naschen und Spielen in einem Säckchen oder füllt die Stiefel der Kinder. Auch diese Art des Brauches findet sich in den Berichten der Kinder am Tag der Nachbereitung wider. Außerdem bekannt sind „Nikolausspiele“ , bei denen in einer szenischen Reihenfolge Situationen des Menschen zwischen Gut und Böse dargestellt werden. Hinzukommen die sogenannten „Lärmumzüge“, in denen sich vor allem eine Vielzahl an Schreckgestalten wiederfinden, der Bischof Nikolaus jedoch nur noch am Rande auftritt. Beispiel für die komplexen Facetten des Nikolausbrauches im deutschsprachigen Raum ist etwa das Nikolaus-Aufwecken in Mals in Vintschgau. Es gibt den Anlass, dass sich Schulkinder am Abend des 5. Dezember treffen und gemeinsam durch den Ort ziehen. Mit lärmendem Krawall soll durch diesen Umzug der Nikolaus geweckt werden. In Hirrlingen, einer Ortschaft nahe Tübingen, wandern die Kinder am 6. Dezember in den Wald, um den Nikolaus abzuholen. Am Waldrand erscheint er daraufhin mit einem Pferd und ein großes Feuer wird entzündet. Die Kindern zünden ihre Fackeln an und begleiten den Bischof in den Ort.  Die sogenannte „Nikolauskirta“ findet in Hauzenberg im Bayerischen Wald statt. Gemeint ist damit ein Jahrmarkt zu Ehren des Nikolaus. In der Gegend um Bremen herum, ist das „Nikolauslaufen“ sehr bekannt. Bei diesem Brauchphänomen ziehen verkleidete Kinder von Haus zu Haus. Für ihr Vorsin-gen oder Vorsprechen von Liedern und Gedichten werden die Kinder mit Obst und Süßigkeiten belohnt. Alleine diese Kurzfassung einiger Nikolaus-Bräuche hat gezeigt, wie verbreitet das Phänomen ist. Die verschiedensten Variationen treten dabei sowohl regional, als auch lokal auf.

Fachlich-einschlägige Literatur: Der Forschungsstand

In den vorhergegangen Punkten der Arbeit hat sich bereits angedeutet, wie schwer eine komplexe Erforschung des Brauches ist. In dem hier dokumentierten Brauch wird zwar darauf verzichtet, jedoch wird der Nikolaus bei vielen Vorkommnissen des Brauches von einer Schreckgestalt begleitet. Nicht nur die Schreckgestalten treten in großer Komplexität und mit den unterschiedlichsten Bezeichnungen auf. Auch der Heilige selbst, divergiert von Brauch zu Brauch. Unterschiedlichste Darstellungselemente und Gaben lassen kaum mehr eine zusammenfassende Analyse zu. Auch der Termin des Brauches ist nicht mehr allein auf den Nikolausabend und den darauf folgenden sechsten Dezember festgelegt. Nikolausdarsteller erscheinen heutzutage in der ganzen Adventszeit oder gar an Silvester. In verschiedenen Teilen Deutschlands, so zum Beispiel im Südwesten, treten dazu noch andere Gabenbringer und Gruselgestalten auf. In Franken geht etwa am elften November, in Anlehnung an den Sankt Martin und den Krampus, der „Pelzmärtel“ von Haus zu Haus. Eine in dunklen Pelz gekleidete Gestalt, die den ein oder anderen Kindern mit Sack und Rute Angst einjagt. Die Problematik bei der Erfassung dieser Brauchphänomene stellt zum einen die Überlagerung, Kombination, Abwandlung und Weiterentwicklung der einzelnen Bräuche über Generationen hinweg dar. Zum anderen lässt natürlich auch der weihnachtliche Kommerz das Auftreten des Heiligen nicht unbeeinflusst. Erforderlich für eine überzeugende Erforschung des Brauches ist also eine systematische Vorgehensweise mit vorher festgesteckten zu untersuchenden Regionen. Hinzukommt die Bedeutung der fachlichen Richtung. An theologischen Forschungsergebnisse zur Gestalt des Heiligen gibt es bereits einiges. Ein Fokus auf eine rein kulturwissenschaftliche Ergründung und Erfassung des Brauches in einzelnen Regionen, aber auch im lokalen und regionalen Vergleich sind zwar von großem Aufwand, könnten für die Zukunft aber sehr spannend sein. Auch Werner Mezger schreibt dazu, dass es in der volkskundlichen Forschung um die Auswertung des üppigen Quellenbestands gehe. Desweiteren macht er darauf aufmerksam, dass „die Klärung der Frage, woher die nicht selten deutliche Dominanz der unfrommen und diabolischen über die christlich-religiösen Elemente des Nikolausbrauchs rührt (...) auf sich hatte und hat.“

Weiterführende Literatur

Rund um den Brauch des Nikolaus und seine Begleiter herum gibt es einige interessante Literatur. Im Folgenden sind einige Publikationen und Quellen genannt, die zur weiteren Lektüre anregen sollen. Einen theologischen Einblick bietet etwa Manfred Becker-Hubertis Der Heilige Nikolaus. Leben, Legenden, Bräuche. Greven Verlag Köln GmbH. Passau. 2005. Hier wird von der Nikolausverehrung im Fachbereich Theologie berichtet. Und zu finden sind eine Auflistung und kurze Zusammenfassung wichtigster Nikolaus-Legenden, sowie die Geschichte der Nikolaus-Verehrung. Enthalten sind außerdem Geschichten, Lieder, Gedichte und Rezepte rund um die Verehrung des Heiligen. Eine Sammlung an informierenden Aufsätzen zum Nikolaus-Brauch, Lieder, Gedichten und eine Nikolauslegende im oberpfälzischen Dialekt, findet sich in Erika & Adolf J. Eichenseers Publikation Oberpfälzer Weihnacht. Ein Hausbuch von Kathrein bis Lichtmeß. Mittelbayerische Druck- und Verlagsgesellschaft GmbH. Regensburg. 1998. 9.Auflage. Mit der Oberpfalz beschäftigt sich auch Fähnrich, Harald in Lebendiges Brauchtum der Oberpfalz. Verlag der Buchhandlung Eckard Bodner. Pressath. 2007. 4. Auflage. Das auch in der Arbeit zitierte Werk Sankt Nikolaus. Zwischen Kult und Klamauk. Schwabenverlag. Ostfildern. 1993. von Werner Mezger ist für eine kulturwissen-schaftliche Herangehensweise unumgänglich und unbedingt als Standardwerk zu bezeichnen. Thematisiert werden Kult und Brauch als Forschungsproblem. Ansätze der Brauchinterpretation, unter anderem in den Bereichen Mythologie, christliche Theologie, Psychoanalytik und Literaturwissenschaft mit abschließender Bilanz werden erläutert. Manfred Becker-Huberti verfasste neben seiner theologischen Publikation außerdem das Nachschlagwerk Lexikon der Bräuche und Feste.

Literatur

  • Oberpfalzverein e.V. (Hrsg.): Lebendiges Brauchtum der Oberpfalz. Eurotrans Verlag.1993.
  • Sieghardt, August: Nikolausverehrung im Bistum Regensburg. In: Eichenseer, Erika; Eichenseer, Adolf J. (Hrsg.): Oberpfälzer Weihnacht. Ein Hausbuch von Kathrein bis Lichtmeß.
  • Motyka, Gustl: Der Heilige als Gabenbringer. In: Eichenseer, Erika; Eichenseer, Adolf J. (Hrsg.): Oberpfälzer Weihnacht. Ein Hausbuch von Kathrein bis Lichtmeß.
  • Geiger, Alwin: Der Einkehrbrauch heute. In: Eichenseer, Erika; Eichenseer, Adolf J. (Hrsg.): Oberpfälzer Weihnacht. Ein Hausbuch von Kathrein bis Lichtmeß.
  • Becker-Huberti, Manfred: Lexikon der Bräuche und Feste. Verlag Herder Freiburg im Breisgau. Sonderausgabe 2007.
  • Fähnrich, Harald: Lebendiges Brauchtum der Oberpfalz. Verlag der Buchhandlung Eckard Bodner. Pressath. 2007.
  • Herrlein, Theo: Das Weihnachtslexikon. Von Aachener Printen bis Zwölfernächte. Rowohlt Verlag GmbH. Hamburg. 2005.
  • Mezger, Werner: Sankt Nikolaus. Zwischen Kult und Klamauk. Schwabenverlag. Ostfildern. 1993.

Abbildungen

Alle Fotografien sind während des Brauches am 06.12.12 in der Mäusegruppe im Kindergarten St. Christophorus von der Autorin aufgenommen worden.

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