Inhalt
- Termin
- Einstiegsinformation
- Ablauf
- Mitglieder
- Treffpunkt
- Spielen eines Marsches
- Einkehrmöglichkeiten und Trinkgelegenheiten
- Der zweite Tag
- Abschlussfeier in der Schnaidbergalm
- Hintergrund-Infos
- Geschichtliche Entstehung der Knappschafts- und Trachtenkapelle Peiting und des Neujahrsanblasens
- Gewährspersonen
- Weblinks
- Literatur
- Karte
Termin
Dieser Brauch findet am 31. Dezember und am 01. Januar statt.Einstiegsinformation
In Peiting wird immer am 31.12. des Vorjahres und am 01.01. des neuen Jahres das neue Jahr durch die Knappschafts- und Trachtenkapelle Peiting angespielt. Die Kapelle spielt dabei vor möglichst vielen Häusern einen halben Marsch und wünscht den Bewohnern ein gutes, neues Jahr.Ablauf
Mitglieder
Der Ablauf ist jedes Jahr weitgehend gleich, nur die Gruppeneinteilungen ändern sich. Zurzeit besteht die Kapelle aus 65 Musikerinnen und Musikern, wobei elf davon unter 18 Jahren sind. Der Altersdurchschnitt beträgt ca. 28 Jahre. Da in der Marktgemeinde Peiting inzwischen knapp 12.000 Menschen leben, muss sich die Kapelle in drei Gruppen einteilen, sodass innerhalb dieser zwei Tage an möglichst vielen Häusern gespielt werden kann. Dabei wird darauf geachtet, dass in jeder Gruppe ein paar der erfahrenen Musiker sind. Diese sind mit der Wegstrecke vertraut, bei der Bevölkerung bekannt und beherrschen natürlich auch musikalisch die Stücke sicher. Von den Jüngeren und neu Dazugekommenen werden noch nicht alle Märsche ausreichend beherrscht. Außerdem gibt es in jeder dieser drei Gruppen einen, der die Gruppe leitet, das heißt: Dieser zählt ein, achtet darauf, dass die Gruppe zusammen bleibt, sagt wo ein Marsch gespielt wird und bestimmt dadurch das Tempo, in dem man umherzieht. Der Leiter der Gruppe kennt auch die Besonderheiten, wie zum Beispiel Gönner und ehemalige Musiker, die einen Lieblingsmarsch haben, aber auch die Personen, die an Silvester Geburtstag haben und ein kurzes Ständchen bekommen. Auch gibt es Mitbürger, die nur eine Spende geben, wenn vor ihrem Haus ein Marsch gespielt wird oder wenn man ihnen persönlich die Hand schüttelt und alles Gute für das neue Jahr wünscht. Es sind viele Eigenarten und viele Herzlichkeiten, die man über die Jahre erfährt und die so eine persönliche Bindung schaffen.Treffpunkt
Es gibt für jede der drei Teilgruppen einen Treffpunkt, an dem man am ersten Spieltag pünktlich um 7.45 Uhr und spielfertig erscheinen muss, wenn man mitspielen will. Das Jahr über heißt spielfertig, dass man entweder in Tracht oder in der Knappschaftsuniform zu erscheinen hat. Aber da die Temperaturen um diese Jahreszeit oft sehr niedrig sind und Wind, Regen oder Schnee das Musikspielen erschweren, dürfen die Musikerinnen und Musiker in ihrer Zivilbekleidung erscheinen.Spielen eines Marsches
Nachdem alle, die zu einer Gruppe gehören, eingetroffen sind, beginnt der musikalische Teil. Da es in der großen Gemeinde nicht mehr möglich ist, vor jedem Haus zu spielen, platziert sich die Gruppe immer zwischen zwei bis drei Häusern. Nachdem der Gruppenleiter oder der Schlagzeuger den Takt eingezählt hat, wird der erste Marsch gespielt, allerdings nur bis zum Trio und ohne Wiederholung. Diese Kurzform des Marsches ist notwendig, da es sonst zu lange dauern würde, bis man zum nächsten Haus gelangt, und somit wäre es unmöglich, in zwei Tagen in der ganzen Marktgemeinde zu spielen. Das Trio wird dann einfach bei der nächsten Häusergruppe gespielt. Nachdem ein halber Marsch gespielt ist, wünscht man den Menschen, die aus ihren Häusern zum Zuhören gekommen sind, noch: „ A guats, neus Jahr!“, oder eben nur: „A guats Neus!“. In jeder Gruppe gibt es auch einen Kassier, der den Zuhörern per Handschlag ein gutes neues Jahr wünscht und der das Geld, das die Leute der Kapelle geben wollen, entgegennimmt. Dabei wird selbstverständlich nicht erwartet, dass irgendjemand einen bestimmten Betrag der Kapelle überreicht, auch wird nicht an den Häusern geklingelt oder sich aufgedrängt. Man freut sich über alles, das gegeben wird, ob es nun ein Cent ist oder ein größerer Betrag. Beim Metzger oder Bäcker gibt es manchmal auch Geschenke in Form von Wurst und Brezen, die dann bei einer der Einkehrgelegenheiten verzehrt werden. Es gibt auch Musikkapellen, die in die Briefkästen der Leute, die nicht die Tür öffnen, Überweisungsscheine werfen. Dies wird in Peiting allerdings nicht gemacht.Einkehrmöglichkeiten und Trinkgelegenheiten
Da die Musikerinnen und Musiker den ganzen Tag unterwegs sind, müssen sie natürlich auch verpflegt werden. Das wird zum Teil von den sehr spendablen Peitingern übernommen oder von Angehörigen der Musiker. Dabei muss man die Trinkgelegenheiten von den Einkehrmöglichkeiten unterscheiden. Von vielen, besonders von „alteingesessenen Peitingern“, aber auch von der jüngeren Generation, werden Getränke bereitgestellt, oft auch Hochprozentiges. Viele wissen schon, um welche Uhrzeit die Kapelle vor ihrem Haus spielt. Da jedes Jahr die gleichen Wege gegangen werden, kann man die Uhrzeit, wann man wo sein wird, ziemlich genau abschätzen. Manche bereiten ein paar Schnäpse auf einem Tablett vor, andere kochen Tee und Kaffee, der bei einem kurzen Verweil getrunken wird, und oftmals gibt es auch noch die Plätzchen, die für Weihnachten gebacken worden sind, oder auch andere Leckereien. Manchmal wird aus einer kleinen Pause auch ein genüssliches Probieren der Spezialitäten von selbstgemachten Likören bis hin zum geheimen Rezept von „Omas Plätzchen“. Natürlich wird nicht nur gegessen, sondern man unterhält sich auch hier mit den großzügigen Spendern und tauscht Neuigkeiten aus, oder man redet über das gelungene Weihnachtskonzert und die dargebotenen Musikstücke. Darüber hinaus gibt es noch, wie vorher schon angesprochen, so manche Einkehrmöglichkeit, die gerne angenommen wird. Traditionell gibt es in jeder Gruppe zwischen 10:30 und 11:00 Uhr am ersten Tag ein Weißwurstfrühstück. Dieses findet meist in den Häusern von Angehörigen der Musiker statt. Auch hier warten die Leute schon bis die Musiker da sind, die Würste sind dann schon warm und stehen bereits auf dem Tisch. Eine Pause ist auch wirklich notwendig und ersehnt, da es oft sehr kalt ist. So frieren nicht nur die Musiker, sondern auch die Instrumente kühlen ab und es ist gut, wenn diese wieder etwas „auftauen“. Beim Neujahranblasen spielen die meisten Musiker, gerade die Holzbläser, nicht mit ihrem Konzertinstrument, sondern mit einem alten oder mit einem extra für solche Zwecke gekauften, weniger hochwertigen Instrument. Die Kälte und auch der Schnee, der um diese Jahreszeit oft vom Himmel fällt, sind nicht nur für die Musiker selbst beschwerlich, sondern auch für die Instrumente. Manche Blechbläser umwickeln ihr Horn oder ihre Tuba mit einer Decke oder mit Schaumstoff, damit die Kälte und der Wind nicht so leicht zum Einfrieren der Ventile führen. Auch muss oft mit der warmen Atemluft zwischen den Musikstücken das Vereisen verhindert werden. Zum Mittagessen kehrt jede Gruppe in ein Gasthaus ein, das auf ihrer jeweiligen Route liegt. Bei dieser Gelegenheit wird auch das bisher eingenommene Geld vom offiziellen Kassier der ganzen Knappschafts- und Trachtenkapelle eingesammelt. Um diese Jahreszeit wird es bereits etwa um 17.00 Uhr dunkel. Da jedoch um diese Uhrzeit das Pensum des ersten Tages noch nicht erledigt ist, müssen die Musiker im Dunklen weiterspielen. Hier besteht wieder ein Vorteil für die erfahrenen Musiker, da diese viele Märsche einfach auswendig spielen können. Die jüngere Generation versucht meistens im Schein einer Straßenlaterne zu spielen, aber die Noten sind trotzdem schwer zu erkennen und die aufkommende Müdigkeit bei den einen, sowie die aufgeheiterte Stimmung bei den anderen, verursachen schon manchmal einen schiefen Ton. Bis 18.30 Uhr sind alle drei Gruppen mit ihrem zugeteilten Gebiet fertig. Einige treffen sich noch in einer Wirtschaft zum gemeinsamen Ausklang des Abends, was aber keine Pflicht für jeden ist, denn die meisten gehen anschließend zu einer privaten Silvesterfeier.Der zweite Tag
Am zweiten Tag, dem 01.01., treffen sich alle Musiker um 12.30 Uhr in der Ortsmitte, um sich gegenseitig ein gutes, neues Jahr zu wünschen. Das nimmt einige Zeit in Anspruch, da man jedem der 65 Mitglieder die Hand schüttelt. Am zweiten Tag spielt man auch in den Ortsrandgebieten, den Aussiedlerhöfen und Weilern, die nur mit dem Auto erreichbar sind. So muss es in jeder Gruppe ungefähr fünf Auto- oder Kleinbusfahrer geben, die jeweils vier bis fünf Musiker mitnehmen und zu den Weilern fahren, denn zu Fuß wären diese Distanzen nicht mehr innerhalb eines Tages zurückzulegen. Zu diesen Weilern zählen zum Beispiel: Kurzenried, Ramsau, Hausen, Kreut und Langenried. Darüber hinaus gibt es noch die Einöden Grabhof, Lamprecht und die Niederwies. Auf den Höfen und größeren Bauernhöfen wird immer ein vollständiger Marsch gespielt.Abschlussfeier in der Schnaidbergalm
Der zweite Tag verläuft ähnlich wie der Erste, nur mit der Ausnahme, dass man eben mit dem Auto unterwegs ist. Außerdem gibt es anstatt des Weißwurstfrühstücks nachmittags Kaffee und Kuchen. Am Abend ist meistens die Gruppe Drei zuerst fertig. Sie geht in das Wirtshaus „Schnaidbergalm“ und wartet dort beim Abendessen auf das Eintreffen der anderen beiden Gruppen. Diese überlegen sich bei ihren jeweiligen Abendessen, das sie in anderen Lokalitäten einnehmen, jeweils ein lustiges Musikstück, welches sie ihren wartenden Kameraden vortragen können. Normalerweise trifft als zweites die Gruppe Zwei ein und am Schluss kommt Gruppe Eins in die Gaststube. Hier wird dann noch ein geselliger und gemütlicher Abend verbracht und über Besonderheiten des Neujahrsanblasens in diesem Jahr berichtet. Dabei darf auch der ein oder andere Registerschnaps nicht fehlen, der oft (aber nicht verbindlich) vom Stimmführer ausgegeben wird. Die „Schnaidbergalm“ liegt etwas außerhalb (ca.3,5 km) von Peiting. Die Fahrer des zweiten Tages büßen dort meistens ihre Fahrtüchtigkeit ein, weshalb alle nach Hause laufen müssen. Dieser Heimweg wird aber nicht als beschwerlich empfunden, sondern gehört mittlerweile schon als Abschluss des Neujahrsanblasens dazu. Es wurde daher schon zur Tradition, dass alle diesen Weg zurück ins Dorf gemeinsam per Fuß antreten. Der ein oder andere Musiker spielt noch auswendig ein Lied. Spätestens hier fängt es allmählich an, dass die große gemeinsame Gruppe aller Musiker sich auflöst, schon aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeit. Die Gruppe wird immer kleiner, da nach und nach jeder seinen eigenen Weg nach Hause einschlagen muss. Der nächste Termin ist erst wieder die Jahreshauptversammlung, die Mitte Januar stattfindet.Hintergrund-Infos
Geschichtliche Entstehung der Knappschafts- und Trachtenkapelle Peiting und des Neujahrsanblasens
Offiziell wurde die Trachtenkapelle „Alpenrose“ am 28. November 1920 aus Mitgliedern des Gebirgs-Trachten-Erhaltungs-Vereins gegründet (Rechnungsbuch für die Musikkapelle Alpenrose Peiting vom 1920 bis 1935. Seite 1). Aus dem Zeitungsartikel zum 60. Musikbezirksfest geht allerdings hervor, dass eine Blasmusikkapelle in Peiting inoffiziell schon viel früher bestand. Bereits um das Jahr 1860 soll eine 12 bis 14 Mann starke Kapelle unter der Leitung von Mathias Lechner (1819-1890) existiert haben, die das „volkstümliche Leben“ des Dorfes gestaltete. „Vor und nach der Jahrhundertwende - Peiting hatte damals nur ca.170 Anwesen - spielten die Musiker gegen bescheidenes Entgelt vor den Häusern der Honoratioren, des Pfarrers, des Bürgermeisters und des Lehrers, aber auch vor den Wirtshäusern und größeren Krämereien auf“, so berichtet Dr. Hofmann 1960 in seiner Ansprache beim Musikbezirksfest in Peiting. Somit scheint es schon eine sehr lange Tradition zu sein, dass das neue Jahr in Peiting von der Kapelle angespielt wird. Im Rechnungsbuch ist bei den Ausgaben für Bier im Jahre 1921 an Silvester bei den Wirtshäusern „Kümmerle“ 52 Mark, „Post“ 127 Mark und „Keppeler“ 160 Mark aufgeführt und bei den Einnahmen im Jahre 1927 taucht erstmals das „Neujahr anspielen“ mit 105,80 Mark auf und ist ab 1937 dann jährlich als Einnahme eingetragen. In den Protokollbüchern ist das Neujahrsanblasen erstmals 1938 als offizieller Termin vermerkt. Vorausgehend wird in der Jahreshauptversammlung, die jährlich im Januar stattfindet, häufiger über Geldprobleme in Folge der Wirtschaftskrise geklagt. So kann man annehmen, auch wenn es nicht explizit so vermerkt ist, dass das Neujahrsanblasen auch einen finanziellen Hintergrund hat.Gewährspersonen
Der erste Vorsitzende der Knappschafts- und Trachtenkapelle Peiting, Sebastian Brennauer, hat mich bei der Erstellung dieses Artikels mit Protokollbüchern, Zeitungsartikeln und seiner langjährigen Erfahrung als Mitglied der Knappschafts- und Trachtenkapelle unterstützt. Darüber hinaus hat mir der erste Schriftführer, Florian Eisenschmied, bei der Suche nach alten Zeitungsartikeln und Bildern geholfen. Sabine Hübel, Mitglied der Knappschafts- und Trachtenkapelle Peiting und ehemalige erste Schriftführerin, hat den Artikel auf seine Richtigkeit überprüft. Des Weiteren bin ich selbst, Ramona Kloos, Mitglied der Knappschafts- und Trachtenkapelle und habe selbst schon oft und in verschiedenen Gruppen beim Neujahrsanblasen mitgewirkt.Weblinks
Literatur
- Zeitungsartikel. Der Hochzeiter spielt selbst zum Tanz auf. Dr. Hofmann erzählt beim Bezirksmusikfest aus alter Zeit. 1960.
- Schongauer Nachrichten. Musikalische Grüße. 1994.
- Schongauer Nachrichten. Neujahrsanblasen in Peiting. Die Knappschatfs- und Trachtenkapelle spielte in der Trachtlerstrasse den Ruetz-Marsch. 02.01.1996.
- Protokollbuch I der Knappschafts- und Trachtenkapelle Peiting vom 07.11.1926 bis 06.01.1952.