Narrenzahl Elf

Einstiegsinformation

Der Elf kommt eine besondere Bedeutung als „närrische Zahl“ zu. Diese Bevorzugung der Elf ist dabei nicht auf den rheinischen Kulturraum beschränkt, sondern auch im bayerisch-österreichischen und schwäbisch-alemannischen zu finden.

Bedeutung der Zahl Elf

In Ettingen beispielsweise schmückt die Zahl Elf das Narrenkostüm (ebenso in Schömberg) und wird den Kostümierten als „Narrenmal“ zusätzlich auf die Stirn geschrieben. In Wolfach, Haslach und Waldkirch in Baden wird der große Umzug am Faschingsdonnerstag als „Elfe-Messe“ bezeichnet. Vielerorts werden Jubiläen von Karnevalsvereinen mit sogenannten „Schnapszahlen“ (11, 22, 33 etc.) besonders gerne und ausführlich gefeiert. Über den Ursprung dieser Begünstigung der Narrenzahl Elf existieren sich widerstreitende Erklärungsversuche. Eine Argumentationsweise bezieht sich auf die bildliche Auslegung von „eins neben eins“ als „Gleichheit aller Jecken unter der Narrenkappe“. Auch eine Bezugnahme auf das Motto der französischen Revolution „Liberté – Egalité – Fraternité“ ist populär, aber aufgrund der falschen Buchstabenfolge (LEF statt ELF) unwahrscheinlich. Möglich ist eine Berufung auf den Code civil, das französische Gesetzbuch zum Zivilrecht, das in linksrheinischen Gebieten bis 1900 gültig war und dessen 11. Kapitel sich mit dem Schwachsinn beschäftigte. Moser verweist aber darauf, dass die Elf als Narrenzahl viel älter sei. Auf einem Holzschnitt in einem Nürnberger Druck von Hans Guldenmund von 1533 sind nämlich bereits elf Narren mit Eselsohren (als typisches Narrenattribut) zu sehen. Eine tiefere Bedeutung hat die Zahl Elf in der christlichen Deutung, in der diese auf die Sünde und die letzte Stunde, und damit verbunden auf die Ankunft des Antichristen und das Endgericht, verweist. Auf zahlreichen Bildwerken des 16. Jahrhunderts, beispielsweise von Pieter Brueghel („Triumph des Todes“) und Paulus Fürst („Totentanz“), zeigt eine Uhr die Elf als letzte Stunde vor dem Werkgericht an. Eine Uhr, die die elfte Stunde anzeigt, findet sich gelegentlich auch auf Narrenkleidern (Schramberg, Fridingen). Die negative Auslegung der 11 hängt insbesondere mit der Zehnerzahl des Gesetzes (Zehn Gebote) bzw. dessen Übertretung zusammen. Des Weiteren muss die Zahl Elf gegenüber der biblisch bedeutenden Zwölfzahl (zwölf Apostel) minderwertig bleiben. So heißt es beispielsweise in Act. 1,26: „Denn alle Sünde ist elf (…)“.

Die Elferräte

Die Organisation von Bräuchen obliegt in aller Regel einem aus elf Personen bestehenden Komitee, dem Elferrat. Elferräte finden sich heute im gesamtdeutschen Raum. Diese sind in den 1820er Jahren mit der Neuordnung des rheinischen Karnevals entstanden und heute unverzichtbarer Bestandteil des Sitzungskarnevals. Anfangs waren die „Räte“ noch nicht auf elf Personen beschränkt, sondern konnten durchaus bis zu dreißig Personen umfassen. Frühe Elferräte fanden sich beispielsweise bereits 1863 in Kassel, 1888 in Freiburg im Breisgau, 1928 bzw. 1930 in Altdorf-Weingarten. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten sich die Elferräte flächendeckend durch, wobei der rheinische Karneval im schwäbisch-alemannischen Raum die regionale Fasnet nicht verdrängte, sondern das Konzept des Elferrats eingebunden wurde. Insbesondere die Fernsehsitzungen, allen voran „Mainz bleibt Mainz“, beförderten seit den 1960er Jahren eine Neugründung von Elferräten.

Der 11.11. (um 11:11 Uhr) als Beginn der Fastnacht

Vielerorts, nicht nur, aber besonders im Rheinland, starten am 11.11. die Karnevalisten in die neue Session. An diesem Tag wird beispielsweise das jeweilige Prinzenpaar gekürt, die ersten Sitzungen (bsp. sogenannte „Martinisitzungen“) veranstaltet, der Fasching „ausgegraben“, die Fasnet ausgerufen (Freiburg in Breisgau) und vieles mehr. Moser nennt die karnevalistischen Feierlichkeiten zum 11.11. eine vergleichsweise junge Entwicklung seit den 1860er Jahren, wobei die Elf in Zusammenhang mit der Fastnacht bereits seit dem Mittelalter in bestimmter Regelmäßigkeit auftrat. Darüber hinaus spielte der 11.11. (Martinstag) als Steuertermin und Tag des Gesindewechsels in der vorindustriellen Zeit eine bedeutende Rolle. Auch das Festessen mit Martinsgans mag sich als Beginn der närrischen Zeit durchaus angeboten haben. Hinzu kommt, dass in Analogie zur vierzigtägigen Fastenzeit, in der christlichen Frühzeit das Martinsfest eine ebenfalls vierzigtägige Fastenperiode vor dem Epiphaniefest am 06. Januar einleitete. Das Martinsfest war demnach wie die Fastnacht ein Fest, bei dem man es sich bei üppigem Essen gut gehen ließ. Tatsächlich diente der Martinstag gelegentlich sogar als Fixpunkt, von dem aus die Berechnung des beweglichen Fastnachtstermins erfolgte. Außerdem bot sich das Zahlenspiel mit der 11 vermutlich schlicht gut an und die Elf strahlte eine „magische Anziehungskraft“ aus, ohne dass sich die Jecken immer über sämtliche Bedeutungsebenen bewusst waren.

Literatur

  • Mezger, Werner: Das große Buch der schwäbisch-alemannischen Fasnet. Ursprünge, Entwicklungen und Erscheinungsformen organisierter Narretei in Südwestdeutschland. Theiss Verlag. Stuttgart 1999, insbes. S. 76f.
  • Moser, Dietz-Rüdiger: Fastnacht – Fasching – Karneval. Das Fest der „Verkehrten Welt“. Verlag Styria. Graz [u.a.] 1986, insbes. Kap. 10.