Termin
Dieser Brauch findet alljährlich vom 01. Dezember bis zum 06. Januar statt.
Einstiegsinformation
In der Weihnachtszeit können oftmals Pärchen beobachtet werden, die sich unter einem hängenden, meist dekorativen Zweig küssen. Hierbei handelt es sich um den Brauch des Küssens unter dem Mistelzweig. Diese Tat verheißt, dass die Paare ein Leben lang zusammen bleiben.
Ablauf
Der Brauch
Die Engländer des 18. Jahrhunderts nannten schließlich die Früchte des Mistelzweiges „Kuss-Kugeln. Eine junge Frau, die zur Weihnachtszeit unter dem Immergrün, das mit Bändern ansehnlich geschmückten ist, steht, darf einen Kuss nicht ablehnen. Dieser Kuss konnte eine Romanze, beständige Freundschaft oder Wohlwollen bedeuten. Damit es zur Heirat zwischen den Küssenden kommt, wird in manchen Gebieten Englands der Mistelzweig in der zwölften Nacht verbrannt. Blieb ein Mädchen jedoch ungeküsst, hielt es die Erwartung hoch, im folgenden Jahr zu heiraten. Es besteht auch die streng zu beachtende Spielregel, dass je nach dem, ob eine, zwei oder mehrere Beeren des Mistelzweiges, unter dem das Mädchen und der Junge standen, gepflückt werden, die Anzahl der Küsse bestimmt. Trägt der Zweig keine Beeren mehr, so findet auch das Küssen darunter ihr Ende. Hierbei ist nicht unbedingt vorgegeben, dass der Junge die Initiative ergreifen muss. In Kanada verspricht sich ein verliebtes Paar mit einem Kuss unter dem Mistelzweig die Heirat und zudem gilt er als Prophezeiung für ihr Glück und ein langes Leben. In Frankreich wurde der Brauch beispielsweise zunächst nur am Neujahrstag praktiziert, aber heute kann unter dem Mistelzweig an all den Feiertagen geküsst werden.
Das Küssen
Doch der Ursprung des Küssens unter dem Mistelzweig ist leider nicht eindeutig geklärt. Es gibt mehrere denkbare Ansätze. Zum einen könnte es auf den Waffenstillstand und die Versöhnung in Skandinavien zurückgeführt werden und so wurde schließlich aus dem Friedens- der Liebeskuss. Historiker sind ferner der Ansicht, dass das Küssen erstmals zusammen mit dem griechischen Fest der Saturnalien, einem Fest zur Ehre des Gottes Saturn, auftauchte.Es gibt aber auch eine Legende, auf die der Brauch zurückgeführt werden kann.
Hintergrund-Infos
Botanische Grundlagen
Doch dass die Mistel eigentlich ein sehr interessantes Gewächs ist, wird erst bei der genaueren Betrachtung bewusst: Die weißbeerige Mistel (lat.: viscum album), die der Familie der Santalaceae angehört, ist ein immergrüner Halbparasit, der kugelförmig in Baumkronen wächst. Er entzieht mit seinen Wurzeln dem Wirt Nährstoffe oder Wasser, damit er selbst Photosynthese betreiben kann. Die Mistel hat grüne Zweige und eiförmige, ledrige Blätter. Die Blätter und Stängel enthalten Giftstoffe, die bei Kindern zu Magen- oder Darmbeschwerden führen können. Zudem ist sie für manche Tiere giftig. Sie hat aber auch heilende Wirkung und findet in der Medizin Anwendung (Bluthochdruck, Krebs). Im Frühjahr blühen die Misteln, Ende September reifen die klebrigen Beeren und erst im Winter, wenn die Bäume kahl werden, ist sie für uns gut sichtbar. Sie können sehr alt werden und sterben normalerweise erst zusammen mit ihrem Wirtsbaum. Die Mistel wird seit dem 19. Jahrhundert als Weihnachtsschmuck genutzt und ist beispielsweise als Türdekoration sehr beliebt. Es bedarf allerdings einer Genehmigung bezüglich des Sammelns der geschützten Pflanze in der freien Natur, außer sie ist bereits aufgrund des Wetters herabgefallen.
Faszination Mistelzweig
Die Mistel hat die Menschheit auf der Welt seit jeher fasziniert, wobei zunächst das Küssen noch nicht im Mittelpunkt stand. Ihr wurden lange Zeit geheimnisvolle Kräfte zugesprochen. Die Pflanze soll Gesundheit, Fruchtbarkeit, Mut und Glück mit sich bringen. Die alten Griechen sahen in ihr ein Mittel gegen Gift. Andere Völker, wie beispielsweise die Germanen, waren der Ansicht, dass sie die Menschen beschütze. Es wurden Armbänder getragen oder Mistelzweige über den Türen zum Schutz gegen Hexen oder Geister, Feuer oder Blitzschlag angebracht.Schon die Römer wünschten sich am Anfang des Jahres Glück durch das gegenseitige Überreichen von Palmen, Lorbeerlaub und ebenso Misteln. Selbst Miraculix rührt die mit goldener Sichel geschnittene magische Mistel in der Comic-Serie „Asterix und Obelix“ in seinem Zaubertrank unter. Des Weiteren wurden Jagdhüte wegen des Glaubens an reichlich Beute mit ihr besetzt, Messer aus dem Holz geschnitzt oder Kühe, die als erstes im Jahr kalbten, mit dem Immergrün geschmückt. Auch Frauen mit ausbleibendem Kinderwunsch setzten ihre Hoffnung in die Wirkung der Pflanze und trugen sie um den Hals oder legten sie unter das Kissen. Zudem hat das Immergrün symbolischen Wert und verweißt auf Frieden und Versöhnung. In Skandinavien konnten sich Feinde unter ihr den Waffenstillstand erklären oder Ehepaare mit einem Kuss wieder versöhnen. Die Heilkraft ist ebenfalls seit dem Altertum bekannt und auch Sebastian Kneipp (1821-1897) schätzte diese Heilpflanze sehr. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass der Mistelzweig wegen seiner vielfältigen Kräfte schon früh im Mittelpunkt vieler Traditionen stand.
Die Legende
Es wird erzählt, dass der Mistelzweig die heilige Pflanze der Frigga, der germanischen Göttin der Liebe, war. Sie war die Mutter von Balder, dem Gott der Sommersonne. Einst träumte Balder von seinem Tod und beunruhigte damit seine Mutter sehr. Denn falls er sterben sollte, würde alles Leben der Erde ein Ende finden. Frigga, die dies verhindern wollte, ging sogleich zu Luft, Feuer, Wasser, Erde und zu jedem Tier und jeder Pflanze. Alle gaben ihr Versprechen, dass sie ihrer Sonne nicht schaden werden. Es schien, als ob Balder von niemand auf oder unter der Erde verletzt werden konnte. Aber er hatte einen Feind namens Loki, den Gott des Bösen. Loki wusste von einer einzigen Pflanze, die weder auf noch unter der Erde wuchs und die Balders Mutter übersehen hatte. Es war der niedrige Mistelzweig, der sich auf den Bäumen befand. Der Gott des Bösen stellte aus dem Zweig eine Pfeilspitze her und übergab diese Hoder, dem blinden Wintergott. Hoder schoss Balder ab und tötete ihn dadurch. Das Licht im Himmel erlosch und überall herrschte Trauer über den Tod des Sonnengottes. Drei Tage lang bemühte sich jedes Element Balder wiederzuerwecken. Doch letztendlich konnte ihn nur seine Mutter in das Leben zurückholen. Der Legende nach haben sich die um ihren Sohn vergossenen Tränen in perlenartige weiße Beeren verwandelt, nämlich in die des Mistelzweiges. Ihre Freude veranlasste Frigga jeden zu küssen, der unter dem Baum vorbeiging, auf dem der Mistelzweig wuchs. Am Ende der Geschichte steht die Zusage, dass den Menschen, die unter einem Mistelzweig stehen, kein Schaden zugefügt wird. Sie werden ausschließlich geküsst, als Zeichen der Liebe.
Fazit
Das Küssen unter dem Mistelzweig hat sich in viele Teile der Welt verbreitet. Das mit Bändeln geschmückte Wintergrün ist hierzulande zudem als Weihnachtsdekoration kaum mehr wegzudenken. An dem eigentlich sehr schönen Brauch des Küssens unter dem Mistelzweig kann Glaube gefunden werden oder auch nicht. Fest steht jedoch, dass er immer Spaß und Vergnügen in der Weihnachtszeit mit sich bringt und auch die von den vielen Menschen so sehr ersehnte Romantik kommt hier ausnahmsweise nicht zu kurz. Oftmals ist es jedoch von Vorteil und dient auch dem eigenen Schutz, wenn vorab um Erlaubnis für einen Kuss gefragt wird.
Weblinks
- http://www.zeit.de/wissen/2009-11/adventskalender-mistel
- http://www.weihnachtsstadt.de/brauchtum/allgemein/Mistelzweig.htm
- http://www.botanikus.de/Beeren/Mistel/mistel.html
- http://www.heilkraeuter.de/lexikon/mistel.htm
- http://www.nabu.de/tiereundpflanzen/pflanzen/pflanzenportraets/05945.html
- http://de.wikipedia.org/wiki/Saturnalien
Literatur
- Leistner, Eckhart; Breckle, Siegmar-Walter: Pharmazeutische Biologie kompakt. Stuttgart 2008.