Termin
Dieser Brauch findet jährlich am 20. Juni statt.
Einstiegsinformation
Die Blumenwiesen strahlen in den schönsten Farben, wenn die Sonne sie in den Glanz ihres Lichtes versetzt. Wie im Bilderbuch decken sie die Landschaft ein, verleihen ihr eine bunte Silhouette. Es ist Sommeranfang in Schweden. Die bunten Holzhäuser präsentieren sich in ihrer Pracht, die Ortschaften sind geschmückt und rausgeputzt. Ganz Schweden ist in Aufruhr – Der schönste Tag des Jahres steht bevor. Midsommar, als der längste Tag des Jahres, kündigt sich an. Es ist Ende Juni, kurz nach dem kalendarischen Sommeranfang, die Sonne befindet sich im größten Winkel zum Himmelsäquator und schenkt uns ihre Aufmerksamkeit. Sie taucht das Land in tausend Farben, lässt die Nächte weiß erscheinen und erweckt den Polarhimmel jenseits von Schweden zu vollem Leben. In Schweden wird Mittsommer glorifiziert, der Tag, an dem die Sonne eine kurze Zeit still steht, bevor sie ihre Bahn wieder zum Himmelsäquator neigt.
Ich habe mich auf die Spur der Sommersonnenwende begeben, um den besonderen Reiz dieses Festes genauer zu erforschen. Nachdem der Ablauf des Festes kurz dargestellt wird, gehe ich, neben der Geschichte des Festes, auf die Besonderheiten des Maibaumes ein. Zu Ende des Artikels werden drei Bräuche der Mittsommernacht charakterisiert. Der Sommer beginnt, er steht bevor, er wird begrüßt und alle feiern mit!
Ablauf
Midsommar findet laut Gesetz immer an dem Wochenende zwischen 20. und 26. Juni statt. Am beginnenden Freitag treffen sich Familie, Freunde, Bekannte und Verwandte, um sich auf das lang ersehnte Fest des Sommers vorzubereiten. Da dieses als Feierlichkeit der Naturverbundenheit auftritt, wird es auf dem Lande im Grünen zelebriert. Gemeinsam sammelt man Blumen auf den weiten Wiesen rund um die Dörfer. Aus diesen werden Kränze gebunden um beispielsweise den Maibaum, die sogenannte Majstången, zu schmücken. Aber auch die Häuser werden festlich dekoriert. Nachdem der Maibaum geschmückt ist, hieven ihn Männer und Burschen in die Höhe und stellen ihn an einem öffentlichen, meist zentralen, Platz auf. Der Baum bildet das lebendige Zentrum des Festes. Alles spielt sich rund um ihn ab. Traditionelle Musik begleitet die in Tracht gekleideten Menschen, die sich ganz den ursprünglichen Volkstänzen widmen und um den Baum tanzen und singen. Es herrscht geselliges Zusammensein. Alles ist kultiviert und idealisiert. Die schwedischen Flaggen werden in der Mittsommernacht nicht eingeholt, wie es normalerweise üblich ist, sondern dürfen in der kürzesten Nacht des Jahres im Wind wehen. Als Kleidung dienen Trachten oder aber auch weiße Kleider für die weiblichen Gäste. Der Haarschmuck besteht aus Blumen, die meist zu einem Kranz gebunden sind. Es wird bis spät in die kurze Nacht gefeiert, getanzt, gesungen, gelacht und getrunken. Alles in allem ein Fest, das Alt und Jung zusammen kommen lässt, um zwanglos dem Sommer entgegenzujubeln. Typisches Mittsommeressen, das in einen Picknickkorb gepackt wird, besteht aus Matjes, gekochten Dillkartoffeln, Dickmilch mit Rahm und gehackten roten Zwiebeln. Nicht fehlen darf die Nachspeise. Erdbeeren mit Sahne als Übermittlung des Sommers. Die Schweden empfinden den Sommer erst als begonnen, wenn es auch Erdbeeren gibt. Somit symbolisieren diese Beeren nach schwedischer Hinsicht den Sommeranfang. Traditionell wird außerdem bei jedem Nachschenken von Getränken ein neues Lied angestimmt.
Hintergrund-Infos
Geschichte
Ursprünglich feierten die Schweden ihren Mittsommertag am 24. Juni, dem Johannisfest, beschreibt Günter Schenk in seinem Buch über Christliche Volksfeste in Europa. Überlieferungen besagen, dass die „Weißen Nächte“ schon seit dem sechsten Jahrhundert gefeiert wurden. Da Mittsommer aufgrund der Stellung der Sonne gefeiert wird, kann man das Fest als Sonnenfest betiteln. Früher waren es Freudenfeuer, die den Mittelpunkt des Tanzes der Menschen bildeten. Seit dem 16. Jahrhundert aber wurde der Maibaum nach deutschem Vorbild eingeführt. Somit zentriert heutzutage dieser das Mittsommerfest. 1953 wurden die Feierlichkeiten gesetzlich auf den Samstag nach Johannistag gelegt, um so „den Weg für ein langes Festwochenende frei zu machen, das für viele Bürger gleichzeitig Start in den Sommerurlaub ist.“ Weiter schreibt Schenk, dass es früher besonders üblich war, sich und die Häuser mit Farnblättern zu schmücken. Außerdem verbrachte man den Johannistag ursprünglich rund um Quellen, die an die Taufe Jesu im Jordan erinnern sollten.
Mittsommer figuriert das Fest der Fruchtbarkeit, die mit der Sonne herbei geführt wird. In dieser Nacht soll alles was wächst eine enorme Kraft in sich aufweisen. Auch deshalb ist der Schmuck aus Blumen zu beobachten.
Erst in den letzten Jahrzehnten erhielt Midsommar seine besondere Bedeutung als zweitwichtigstes schwedisches Fest nach Weihnachten und wird seitdem regelmäßig und mit großer Teilnahme und Freude gebraucht.
Johannistag
Um zu verstehen, was es mit dem Fest des Johannis auf sich hat, wird im Folgenden kurz auf dessen Bedeutung eingegangen. Am 24. Juni liegt die Geburt Johannes des Täufers, „gleichsam als Gegenpol zu Christi Geburt in der Zeit der Wintersonnenwende.“ Doppelte Bedeutung kommt somit dem Satz des Johannes des Täufers zu, der dem „großen Wendetermin im kosmischen Jahreslauf seine geistige Entsprechung“ gibt: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ Da laut Volksmund ab der Sommersonnenwende die Tage um einen Hahnenschrei kürzer werden, gilt sie und somit die Geburt des Johannis, als Beginn der zweiten Jahreshälfte. Bis hin zu Christi Geburt ist der Nordhimmel überflutet mit Dunkelheit und lässt den Tag als nur kurzen Besucher auftreten. Mit Beginn der ersten Jahreshälfte im Zeitraum rund um Weihnachten, minimiert sich jedoch die Dunkelheit kontinuierlich. Der Triumph des Tages über die Nacht wird an Mittsommer, dem längsten Tag des Jahres glorifiziert. Das ruhige Weihnachtsfest und das belebte Midsommar bilden demnach einen direkten Kontrast zueinander.
Majstången
Wichtiges Element der Mittsommerfeier stellt der Maibaum dar, der auf schwedisch als Majstången betitelt wird. Wie bereits im Absatz, der die Abhandlung der Geschichte aufzeigt, erwähnt wurde, wurde der Maibaum nach deutschem Archetyp erst recht spät eingeführt. Davor bildeten Feuer den Mittelpunkt des Festes. Als germanisches Sonnen- und Phallussymbol soll der Maibaum das Charakteristikum der Fruchtbarkeit vermitteln. Unter ihm werden, aufgrund seiner Symbolik, des öfteren Ehen geschlossen. Das Wort Maj vom schwedischen Wort Majstången soll auf das Verb maja zurückgehen, das soviel bedeutet wie mit Blumen schmücken. Die mit Blumen geschmückte Stange fungiert somit als „Symbol der feiernden Gemeinschaft“. Die Zierde dieser ist zwar von Dorf zu Dorf oft unterschiedlich, die Form ist jedoch immer durch ein Kreuz gekennzeichnet, das vom Sonnenrad des keltischen Kulturguts abgeleitet ist. Außerdem sind am Baum zwei herunterhängende Ringe erkennbar, die jeweils auf der rechten und linken Seite des Baumes befestigt sind. Ganz und gar bekleidet ist er mit Birkenzweigen, Laub und Blumen. Nachdem, wie bereits geschildert, die Feiernden gemeinsam den Baum geschmückt und aufgestellt haben, ist dieser nicht mehr wegzudenken aus dem Kreise der Sommersonnenwende, da sich alles um ihn herum abspielt. Er ist Zentrum des Tanzes und des Gesanges. Altertümliche Volkstänze werden um ihn herum zelebriert, die Musikanten und das singende Volk daneben. Somit erhält der Maibaum symbolischen und ästhetischen Wert.
Mythologie der Midsommar Nacht
Im Folgenden werde ich drei Bräuche vorstellen, die in der Mittsommernacht traditionell praktiziert wurden und auch immer noch werden. Allesamt beziehen sie sich auf unverheiratete Mädchen und Frauen. Diese würden durch bestimmte Vorgehensweisen ihren zukünftigen Ehemann im Traum erblicken können. Mittelpunkt des Festes bildet, wie bereits geschildert, die Fruchtbarkeit, die in diesem Zeitraum ihr Maximum erreichen soll. Daher soll in allen florierenden und wachsenden Dingen besondere Kraft stecken.
Zuerst wird auf einen weit verbreiteten und somit sehr bekannten Brauch eingegangen. Die ledigen Mädchen sollen, bevor sie zu Bett gehen, in der Midsommar Nacht auf sieben verschiedenen Wiesen, sieben verschiedene Blumensorten pflücken. Während des Schlafen sollen diese Blumen unter ihr Kopfkissen gelegt werden. Von wem sie in dieser Nacht träumen, den werden sie eines Tages heiraten, so die Legende. Wie es Wünsche und Träume oft an sich haben, gehen diese nur in Erfüllung wenn die Mädchen niemanden von ihrem Trauminhalt erzählen. Außerdem sollen sie sich auf den Wiesen ganz still verhalten, um den Mythos so zur Wirklichkeit werden zu lassen. Ein weiteres Rezept, ihren Zukünftigen im Traum zu sehen, ist zu gleichen Teilen Salz und Mehl zu Brot zu backen. Der im Traum erscheinende Mann, so die Sage, wird ihr zukünftiger Ehemann. Sich seinen Mann backen wird hier also wortwörtlich genommen. Ein weiterer heidnischer Brauch, der früher in dem Ort Dalarna in Bingsjö ausgeübt worden sein soll, ist, dass sich die noch meist jungen Frauen in der Mittsommernacht in einer Scheune versammelt und sich dort nackt ausgezogen haben sollen. Danach wären sie rückwärts über eine Brücke gegangen, die sie mit einem Besen aus Birkenreisig gefegt haben sollen. Währenddessen konnten sie ihren zukünftigen Ehemann erblicken. Dieser Brauch wird jedoch meines Wissens nicht mehr praktiziert. Ob die Bräuche erfüllten was sie versprachen kann ich an dieser Stelle leider nicht beantworten.
Midsommar ist, zusammenfassend, ein wunderbares Fest, das in Schweden wahrscheinlich auf seinen Höhepunkt getrieben wird. Mit Sicherheit kann man sagen, dass man es wohl selbst gesehen haben sollte. Ein besonderer Tipp ist es, so die Literatur zu diesem Thema, Midsommar am Siljansee, vier Autostunden nordwestlich von der Hauptstadt Stockholm, zu verbringen. Die Vorstellung umgeben von saftigen Sommerwiesen in einer lauen Sommernacht mit einem weißen Kleid über die Wiesen zu tanzen, ist mit Sicherheit sehr verlockend, zumindest für den weiblichen Teil der LeserInnen. Da ich aber an dieser Stelle aber keine Urlaubswerbung für Schweden präsentieren will, werde ich die Gedanken nicht weiter ausführen. Ob Mittsommer noch nach ursprünglichem Ideal gebraucht wird oder heute als Touristenattraktion dient, wird an dieser Stelle nicht aufgeführt, da laut Literatur das Ganze seinen klassischen Rahmen nicht verloren haben soll. Meiner Meinung nach hat Midsommar seinen herkömmlichen Charakter nicht verloren und präsentiert sich in traditionellen wie auch modernen Glanze.
Wo auch immer die Midsommar Nacht zelebriert wird, die gelb-blauen Fahnen sollten, umgeben von Birkenlaub, in der Mittsommersonne leuchten und die bunten Blumen nicht nur die Wiesen, sondern auch die Köpfe des feiernden Volkes zieren.
Literatur
- Everding, Willi: Von Advent bis Zuckerfest. Bielefeld. Luther-Verlag. 1996. S. 59
- Schenk, Günter: Christliche Volksfeste in Europa. Innsbruck. Tyrolia Verlag. 2006.
- Woll, Johanna Hrsg.: Feste und Bräuche im Jahresverlauf. Stuttgart. Eugen Ulmer Verlag. 2001.
Wir haben das Midsommarfest gestern auf Schloß Läckö am Vänernsee erlebt. Schon am Tag zuvor wurde begonnen, den Maibaum mit Birkenzweigen zu schmücken. Das erledigten froh gelaunte Männer und Frauen. Gestern, bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein versammelten sich ab 14 Uhr Familien, die Mädchen und Frauen in hübschen luftigen Sommerkleidern, die kleinen Jungs und Männer in Hemd und Hose auf der Festwiese .Viele Mädchen und Frauen trugen Kränze aus bunten Blumen auf dem Kopf, die Männer einige wenige Blumen am Hut oder hinterm Ohr. Manche Männer hatten sich aber auch einen Blumenkranz auf den Kopf gesetzt. Sie hatten Körbe, Picknickdecken, Stühle, sogar Klapptische mit Tischdecken dabei. Nun wurde aufgetischt: Kaffee, Kuchen, Schüsseln mit Erdbeeren und Schlagsahne wanderten auf Teller und Tische.
Die Frauen und Männer, die gestern die Birkenzweige an den Maibaum gebunden hatten, waren jetzt dabei, ihn mit bunten Sommerwiesenblumen wie Margariten und blaue Kornblumen zu verzieren. Frauen und Kinder, die zum Fest gekommen waren, halfen fröhlich mit oder banden sich aus den Blumen, die in großen Eimern bereit standen, ihren eigenen Blumenkranz. Wer es noch nicht so gut beherrschte, dem wurde es geduldig gezeigt, wie die Blumen umeinander geschwungen werden. Es war eine einzigartig zwanglose, und harmonische Atmosphäre.
Ab ca 15 Uhr spielte eine kleine Liveband sommerlich beschwingte schwedische Lieder.
Um Punkt 16 Uhr trugen Männer den Baum zu seinem vorgesehenen Platz und stellten ihn auf. Alle wurden dazu eingeladen, sich im Kreis um den Baum zu versammeln. Jetzt spielte lustige sommerliche Musik auf. Viele Kinder, Frauen und Männer tanzten um den Baum und sangen die volkstümlichen Lieder mit. Andere schauten einfach zu und freuten sich am bunten Treiben dieses schönen Festes.
Genau nach 30 Minuten war der Tanz und die Musik vorbei und der größte Teil der Besucher machte sich auf den Heimweg.