Inhalt
Termin
Dieser Brauch findet alljährlich am 11. November statt.Einstiegsinformation
Zum Martinsumzug in Roisdorf ziehen Kinder und Eltern mit meist selbst gebastelten Laternen durch das Dorf und singen Martinslieder. Dabei reitet ein als Heiliger Martin verkleideter Reiter mit. Nach dem Umzug wird an verschiedenen Orten die Szene der Mantelteilung nachgespielt. Roisdorf ist ein Stadtteil von Bornheim im Rhein-Sieg-Kreis in Nordrhein-Westfalen.Ablauf
Ehrenaufgabe Martinsdarsteller
Während in den meisten Orten über Jahre hinweg der gleiche Mann als St. Martin auftritt, ist dies in Roisdorf anders. In jedem Jahr bestellt der Martinsausschuss - ein Gremium, das sich aus Vertretern der Vereine, der Kindergärten und der Schulen zusammensetzt - einen neuen Kandidaten. Hierbei wird stets darauf geachtet, als Mäertesmann jemanden auszuwählen, der sich durch seinen ehrenamtlichen Einsatz im Dorf verdient gemacht hat. Die Tradition eines jährlich wechselnden St. Martin dürfte bereits auf die Anfänge des Martinsumzuges in Roisdorf zurückgehen, die durch einen Eintrag im Protokollbuch der Freiwilligen Feuerwehr vom 9. November 1929 belegt sind.Organisation
Eine der Hauptaufgaben des Martinsausschusses ist die Auswahl des St. Martin und die Organisation des jährlichen Umzuges. Des Weiteren kümmert sich der Ausschuss um folgende Tätigkeiten:- Zusammenstellung der einzelnen Schul- und Kindergartengruppen zum Martinsumzug
- Beschaffung der musikalischen Unterhaltung während des Martinsumzuges
- Festlegung und Einholen der Genehmigungen des Zugweges
- Bereitstellung des entsprechenden Begleitpersonals
- Aufbau des Martinsfeuers
- Organisation der Hilfsdienste
- Verteilung des Martinsgebäcks nach dem Martinsumzug
- Organisation des Martinsfestes und Verlosung im Pfarrheim
Am Abend des Martinszuges
Am Freitagabend vor dem 11. November startet um 18.00 Uhr der Martinsumzug. Der Umzug wird von einem Gänsewagen und der Musikkapelle begleitet. Die Feuerwehr kümmert sich um die Absicherung des Zuges. In Roisdorf ist es seit langer Zeit Brauch, in den Straßen, durch die St. Martin zieht, die Fenster mit Fackeln oder Lichtern zu schmücken. Die Kindergartenkinder und Grundschüler begleiten den Umzug mit selbst gebastelten Laternen und singen Martinslieder. Das Martinsfeuer wird im Anschluss an den Umzug auf dem Platz vor dem Pfarrheim abgebrannt. Vorher bekommen alle Zugteilnehmer noch das Martinsgebäck, und die Mantelteilung wird nachgespielt. St. Martin begleitet den Umzug auf einem Pferd (meistens ein Schimmel). Er trägt einen roten Mantel und einen Blechhelm. Dieser soll ihn als römischen Soldaten kennzeichnen. Eine Besonderheit des Roisdorfer Martinsumzuges ist die Martinsverlosung. Durch eine Spendensammlung kann eine Tombola organsiert werden. Vertreter der Vereine, Kindergärten und Schulen, verkaufen die Lose an die Roisdorfer Bürger. Die Verlosung der Sachpreise findet auf der Martinsfeier im Pfarrheim der St. Sebastianus Kirche statt. Es werden aber nicht nur Sachpreise verlost, sondern auch Martinsgänse. Bei einem gemeinsamen Essen lässt man den Umzug dann ausklingen.Hintergrund-Infos
Zur szenischen Darstellung mit dem reitenden Martin
Um 334 war der 18-jährige Gardeoffizier Martin von Tours in Amiens stationiert. In dieses Jahr fällt das Ereignis, das bis heute das Andenken an Martin wachhält: In einem strengen Winter begegnete Sankt Martin am Stadttor von Amiens einem armen, unbekleideten Mann. Außer seinem Soldatenmantel hatte er nichts bei sich. Deshalb teilte er seinen Mantel mit seinem Schwert und gab die eine Hälfte dem Armen. Neben dem Spott seiner Mitmenschen musste Martin dafür auch noch eine dreitägige Arreststrafe hinnehmen, da er mutwillig Militäreigentum beschädigt hatte. Die älteste Quelle erwähnt an keiner Stelle ein Pferd, auf dem Martin gesessen hätte. Die Reiterpose war aber in der römischen Kunst eine bekannte Stereotype. Spätere Darstellungen haben diese übernommen. In Viersen und soll um 1867 einer der ersten modernen Martinsumzüge stattgefunden haben. 1886 tritt in Düsseldorf erstmals ein reitender St. Martin auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen immer mehr Gemeinden den Martinsumzug. Wie sehr dieses Brauchtum die Menschen geprägt haben muss, kann man ermessen, wenn man bedenkt, dass Düsseldorfer Soldaten selbst 1914 im Feld einen Martinsumzug veranstaltet haben.Heischegänge
Ein wichtiges Element des früheren Martinsbrauchtums waren die so genannten Heischegänge. Diese wurden meistens von der Dorfjugend organisiert. Bei den Heischegängen ist zwischen dem Gang, der der Beschaffung von Brennmaterial diente und der daher in den Tagen oder gar Wochen vor dem Martinsabend stattfand, und dem Gang zur Beschaffung von Lebensmitteln am Martinsabend selbst zu unterscheiden. Nicht nur eine, sondern gleich mehrere Gruppen von Jungen eines Dorfes bemühten sich um das Sammeln von Brennholz. Jede Gruppe für ein eigenes Martinsfeuer. Da jede Gruppe das größte und schönste Feuer haben wollte, machte man sich gegenseitig das Brennmaterial streitig.Martinslieder
Das Singen von Martinsliedern ist fester Bestandteil der meisten Martinsumzüge. In den Liedern wird das Andenken des Heiligen gepflegt. Die meisten Lieder sind um die Jahrhundertwende bei der Wiederbelebung des Martinsbrauchtums entstanden. Ältere Martinslieder gehören zur Vagantenpoesie des Mittelalters. Es handelt sich hierbei allerdings um Lobgesänge auf Essen und Trinken. Die jüngeren Lieder aus dem 19. und 20. Jahrhundert haben die Martinslegende zum Thema. Einige Lieder wurden speziell für Kindergärten und Grundschulen konzipiert.Gewährspersonen
Informationen zum Martinsausschuss von Roisdorf stammen vom Ansprechpartner Ralf Schumacher.Literatur
- Becker-Huberti, Manfred: Der Heilige Martin. Leben, Legenden und Bräuche. Köln 2003.
- Becker-Huberti, Manfred: Feiern, Feste, Jahreszeiten. Lebendige Bräuche im ganzen Jahr. Geschichte und Geschichten, Bilder und Legenden. Freiburg 2001.
- Becker-Huberti, Manfred: Lexikon der Bräuche und Feste. Freiburg 2000.
- Groß, Werner: Martin von Tours - Ein Heiliger Europas. Ostfildern 1997.
- Kirchhoff, Hermann: Von Christi Himmelfahrt bis Sankt Martin im christlichen Brauchtum. München 1986.
- Nigg, Walter/Sulpicius, Severus/Loose, Helmut Nils: Martin von Tours. Leben und Bedeutung des großen Heiligen, des Ritters Christi, wundertätigen Bischofs und mutigen Bekenners. Freiburg 1977.