Leonhardiritt

Termin

Teilnehmer beim Leonhardritt.
Dieser Brauch findet alljährlich am 06. November statt.

Einstiegsinformation

Den "Leonhardiritt" veranstalten katholische Gläubige in Ichenhausen zu Ehren des Heiligen Leonhard, dem dort ein Kapelle geweiht ist. Er findet um den 6. November herum statt, dem Gedenktag des Heiligen. Die Teilnehmer erbitten damit die Fürsprache dieses Heiligen und Gottes Segen vor allem für ihre Nutztiere. Besonder beliebt ist der Leonhardiritt bei den Pferdeliebhabern.

Der Leonhardiritt in Ichenhausen

Immer am ersten Sonntag im November findet in Ichenhausen (Schwaben, Nähe Günzburg) der Leonhardiritt statt. Es nehmen Reitvereine, Reitschulen und viele Hobbyreiter am Umzug teil. Mancher Reiter kommt in Jeans, mancher in Tracht, andere im Westernlook. So ergibt sich ein buntes Bild an Pferdeliebhabern, für die alle die Freude am Reiten und die Segnung ihrer Tiere im Vordergrund steht. Auch so mancher Esel oder Ziege sind dabei und bereichern den Leonhardiritt. Die Veranstaltung hat den gleichen Anlass wie die Leonhardifahrt in Bad Tölz, unterschiedet sich aber in vielem deutlich von diesem Brauch.

Ablauf

Standarte des Hl. Leonhard.
Der Leonhardiritt in Ichenhausen gestaltet sich folgendermaßen: Es findet in der katholischen Stadtpfarrkirche ein Gottesdienst statt. Dann versammeln sich alle Reiter im Hof der heutigen Thalermühle. Die Kutschen reihen sich in der angrenzenden Talstraße auf und die Reiter gruppieren sich im Hof. Seit etwa 10 Jahren sprechen der evangelische und katholische Pfarrer zusammen einen Wortgottesdienst unter freiem Himmel für Pferd und Reiter. Für die musikalische Umrahmung sorgt die Stadtkapelle. Dann erfolgt die Pferdesegnung. Früher sind die Pfarrer durch die Reihen gegangen und haben die Pferde gesegnet. Heute werden die Pferde und Reiter gesegnet sobald sich alle Teilnehmer zum Zug aufgestellt haben und in Bewegung setzen. Der Leonhardiritt zieht von der Thalermühle durch die Stadt und endet bei der Turnhalle in Ichenhausen. Hier lässt man den Tag gemütliche ausklingen. Alle Teilnehmer erhalten Gutscheine für Getränke und Essen, die hier eingelöst werden können. Die Stadtkapelle sorgt für die musikalische Unterhaltung und die Goislschnalzer treten auf.

Zugfolge

Wimpel der Teilnehmer.
Am Zug nehmen jährlich ca. 120 Reiter und etwa 10 Kutschen teil. Eine Anmeldung zum Umzug ist nicht nötig.In Zeitungsanzeigen und Briefen wird zum Leonhardiritt eingeladen und alle Pferdefreunde sind herzlich willkommen. Die Spitze des Zuges bildet der Fanfarenzug] der Feuerwehr Ichenhausen. Die Trommler und Trompeter kündigen sein Kommen in der Stadt an. Dann folgt die Reitschule „Machauf“, die die Standarte der „Freunde des Leonhardirittes Ichenhausen e.V.“ trägt.Nun reihen sich die Reitergruppen und Kutschen ein, was eher willkürlich geschieht, je nachdem wie die Teilnehmer im Hof der Thalermühle aufgestellt waren. In der ersten Hälfte des Zuges läuft die Stadtkapelle Ichenhausen musizierend mit und im hinteren Abschnitt sorgt eine Kapelle aus einer Nachbargemeinde für Unterhaltung. In den Kutschen sitzen oftmals Ehrengäste, die den Zuschauern zuwinken: Mitglieder des Stadtrates, der Bürgermeister und andere. Manchmal sind sogar Landtagsabgeordnete oder der Landrat mit von der Partie. 1994 war der Augsburger Bischof zu Besuch und nahm ebenfalls teil. In der letzten Kutsche oder selbst hoch zu Ross sind auch die Pfarrer beim Umritt dabei. Den Schluss des Zuges bildet die zweite ortsansässige Reitschule „Otto“. Weitere Teilnehmer sind Abordnungen von Reitvereinen aus der Umgebung. Jährlich kommen treue Gäste aus Weißenhorn und Raunersthofen und vielen weiteren Orten. Jeder Teilnehmer erhält zur Erinnerung eine Rosette des Leonhardiritts Ichenhausen. Jährlich kommen viele Zuschauer zum Leonhardiritt. An sie werden kleine rot-weiße Wimpel im Wert von zwei Euro verkauft. Dies kann als Eintritt oder einfach als Spende betrachtet werden. Ca. 1000 bis 1200 Wimpel werden jedes Jahr verkauft. Es sind aber in manchen Jahren bis zu 5.000 oder 6.000 Schaulustig da, die die Straßen säumen.

Hintergrund-Infos

Organisation

Früher wurde der Leonhardiritt von einer losen Vereinigung von Pferdebesitzern geplant. Heute ist für die Organisation der 1997 begründete Verein „Freunde des Leonhardirittes Ichenhausen e.V.“ verantwortlich. Der 1. Vorsitzende Christian Beer und der 2. Vorsitzende Johann Seiler, sowie alle weiteren Mitglieder sind aus der Tradition ihrer Familien heraus mit dem Leonhardiritt verbunden. Mancher war früher selber Kutschenfahrer und Landwirt oder Hufschmied. In den meisten anderen Gemeinden ist der Leonhardiritt eine städtische oder kirchliche Veranstaltung, in Ichenhausen wird diese Aufgabe vom Verein übernommen. Die Einnahmen bezieht er aus dem Verkauf der Wimpel. Außerdem ist man auf die Spenden von Firmen und Privatpersonen angewiesen um die Kosten zu decken. Die Hauptausgaben entstehen durch die Bewirtung der Teilnehmer in der Turnhalle und durch die Hallenmiete. Desweiteren bekommen die Kapellen freies Essen und Getränke und einen kleinen Betrag für ihre Vereinskasse. Die Kutschenfahrer, die sich bereiterklären die Ehrengäste zu kutschieren bekommen meist eine kleine Aufwandsentschädigung in Form eines Geldbetrages oder einem Gutschein für Pferdefutter. Zu den weiteren Aufgaben des Vereins „Freundes des Leonhardiritts“ gehört es die Musikkapellen zu engagieren, eine Versicherung anzumelden, sowie bei Landratsamt und Stadt eine Straßensperrung zu beantragen. Außerdem wird ein Sanitätsdienst angefordert sowie ein Tierarzt bereitgestellt. Und schließlich muss das gemütliche Beisammensein in der Turnhalle arrangiert werden. Für Essen und Getränke muss gesorgt sein, die Stadtkapelle und die Goislschnalzer muss man engagieren. Auch kommen gerne ehemalige Teilnehmer und Pferdefreunde hinzu und so lässt man den Leonhardiritt gemütlich ausklingen. Im Jahr 2009 feiert der Leonhardiritt Jubiläum, denn er findet zum 50. Mal statt.

Entstehung

Hof der Thalermühle.
Auf Grund der Anregung von Stadtpfarrer Karl Königsdorfer fand der erste Leonhardiritt in Ichenhausen am Montag den 6. November 1950 statt. Etwa 20 bis 30 Reiter nahmen an der Pferdesegnung teil. Der Ablauf gestaltete sich folgendermaßen: die Bauern und Landwirte, die ihre Pferde für die Arbeit auf den Feldern brauchten, kamen zusammen und die Tiere wurden gesegnet. Der Pfarrer hielt eine kurze Ansprache und danach begab man sich wieder aufs Feld zurück und arbeitete weiter. Somit war in der Entstehungszeit des Leonhardiritt nur der Glaube an den heiligen Leonhard und der Segen für die Tiere ausschlaggebend. Der Brauch, nach der Segnung einen festlichen Umritt zu veranstalten, entwickelte sich erst allmählich. Ab dem Jahr 1957 wurde die Pferdesegnung immer am Sonntag vor oder nach dem Namenstag des Leonhard abgehalten und nicht mehr am 6. November, um mehr Reitern zu ermöglichen den Segen zu empfangen.Denn fiel der 6. November auf einen Werktag, waren die Bauern mit der Feldarbeit beschäftigt und kamen nicht so zahlreich. Zwischen 1961 und 1968 fand dann gar kein Leonhardiritt statt, es wurde lediglich ein Gottesdienst in der St.-Leonhards-Kapelle durchgeführt. Die Chronik der Veranstaltung besagt auch, dass 1989 und 1998 der Leonhardiritt auf Grund einer Pferdegrippewelle ausfallen musste, da man vermeiden wollte, dass sich die Tieren anstecken.

Veranstaltungsort

Man trifft sich heutzutage vor dem Leonhardiritt im Hof der Thalermühle. Früher war dieses Anwesen ein  Gutshof, der im Auftrag der Ichenhausener Herrschaftshäuser für die Bewirtschaftung des Umlandes zuständig war. Auf diesem Grundstück befinden sich eine Mühle, die 1277 das erste Mal urkundlich erwähnt wird und die St.-Leonhards-Kapelle, die aus dem 17. Jahrhundert stammt.

Gewährspersonen

Interview mit dem 1. Vorsitzenden des Vereins "Freunde des Leonhardiritt" Ichenhausen, Christian Beer.

Literatur

  • Bichler, Albert: Wie's in Bayern der Brauch ist. Pfaffenhofen 1984.
  • Läpple, Alfred: Kleines Lexikon des christlichen Brauchtums. Augsburg 1996.
  • Hindringer, Rudolf: Weiheross und Rossweihe. München 1932.
  • Beer, Christian: Chonik: Leonhardiritt Ichenhausen. Ichenhausen 2008.

Karte