Leonhardifahrt in Bad Tölz

Termin

Dieser Brauch findet alljährlich am 06. November statt.

Einstiegsinformation

Zahlreiche Leonhardskirchen, Votivtafeln und nicht zuletzt die Leonhardifahrten und -ritte zeugen von der besonderen Verehrung des Heiligen Leonhard. Aus Anlass seines Sterbetages am 6. November findet auch die Leonhardifahrt in Bad Tölz statt. Die Prozession mit Reitern, festlich geschmückten Wägen und vielen Frauen und Männern in Tracht ist der Mittelpunkt eines örtlichen Feiertages. Viele Auswärtige besuchen die Stadt an diesem Tag. Das gesamte Ereignis gilt so zugleich als eines der schönsten, traditionellen bayrischen Volksfeste.

Ablauf

Die „geordnete Leonhardifahrt“ in Bad Tölz

Seit dem Jahr 1856 findet die Leonhardifahrt in geordneter Form statt. Bei diesem Ereignis tragen die Bäuerinnen ihre Festgewänder, Jungfrauen, also unverheiratete junge Frauen, das Mieder und die Bauern und Schützen Lederhosen und Janker, sowie blumengeschmückte Hüte. Jedes Jahr am 6. November bleiben alle Ämter und Behörden in Bad Tölz geschlossen. Am festlichen Zug beteiligt sind jedes Jahr zwischen 40 und 50 Wagen und zahlreiche Reiter. Pünktlich um 09.00 Uhr setzt er sich vom Max-Höfler-Platz aus in Bewegung. Durch die Badstraße, über die Isarbrücke, durch die Marktstraße zieht sich der Zug und viele Schaulustige stehen an den Straßenrändern und beobachten das bunte Treiben. Jährlich wird auch eine Tribüne für die Ehrengäste aufgestellt. Die Wagen und Reiter durchqueren die Jäger- und Nockhergasse und gelangen zum Maierbräugasteig, der zum Kalvarienberg hinaufführt. Dieser Teil ist der schwierigste der gesamten Stecke. Und hier kommen die „Bretthupfer zum Einsatz. Sie haben die Aufgabe die Wagen zu bremsen, wenn der Zug ins Stocken gerät, indem sie Bretter unter die Wagenräder legen. Und dann beim Anfahren werden die Bremsen von ihnen wieder gelöst. Das steile Wegstück hatte zur Folge, dass auch nur Vierergespanne auf den Berg gelangen konnten. Aus diesem Grund hat sich die Tradition herausgebildet, dass auch nur vierspännig an der Bad Tölzer Leonhardifahrt teilgenommen werden darf und alle Festwagen müssen Eisenräder besitzen. Es würde sich niemand trauen nur mit einem Zweiergespann dort zu erscheinen oder gar mit Gummireifen. Wenn der Zug oben an der Kapelle angekommen ist, wird diese einmal von den Wagen umfahren und dabei werden alle Pferde, Insassen und Reiter von einem Geistlichen gesegnet. Das dreimalige Umkreisen der Kapelle ist heute nicht mehr möglich, da zu viele Gespanne am Zug teilnehmen. Nach der Segnung begeben sich die Gläubigen in die Wallfahrtskapelle um dort den Gottesdienst mit zu feiern. Über Lautsprecher wird die Predigt auch nach draußen übertragen zu den Wagen, die in den angrenzenden Wiesen geparkt wurden. Die Predigt wird immer von einem Geistlichen gehalten, der auch eine enge Beziehung zur Stadt Bad Tölz hat. Für die musikalische Gestaltung wird abwechselnd von den Waakirchner Sängern und dem Chor- und Orchesterverein in Bad Tölz gesorgt. Zu den Gebeten, die während des Gottesdienstes gesprochen werden, gehören Bitten an den heiligen Leonhard um Segen für den Stall.

Zugfolge

Zugfolge beim Umzug.
Für die Zugfolge der Leonhardifahrt gibt es eine traditionelle Ordnung. Angeführt wird der Zug von den bürgerlichen Reitern mit der Leonhardistandarte, die Zylinder tragen. Darauf folgt ein Wagen mit den Stadträten und danach kommen die Wagen mit den Gebirgsschützen und Vereinen. Seit 1971 wird die Reihenfolge der Wagen einige Tage vor der Fahrt ausgelost, ausgenommen davon sind die ersten beiden Positionen. Früher entschied die Ankunftszeit über die Platzierung im Zug. Es kam zu Rivalitäten zwischen den Bauern, die sich teilweise schon um Mitternacht mit ihren Gespannen auf den Weg machten um einen Platz möglichst weit vorn im Zug zu ergattern. Gern gesehene Teilnehmer am Leonhardizug sind auch Pauker und Fanfarenbläser, die jeoch in den letzten Jahren nicht dabei waren. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sie sich in den kommenden Jahren wieder an der Fahrt beteiligen.

Die Brettelhupfer und ihre Aufgaben

Die Brettlhupfer sind einmal für das Bremsen der Wagen zuständig und haben eine weitere Aufgabe, das sogenannte Leonhardidreschen. Sie schnalzen die ganze Fahrt über mit Peitschen, aber auch schon zuvor. Bereits am frühen Morgen beginnen sie mit diesem Goaßlschnalzen und wollen so die Bevölkerung wecken. Auch nach der Wallfahrt lässt man in der Marktstraße oder auf den Höfen die Peitschen noch weiter knallen. Der Lärm erreicht um 12.00 Uhr mittags beim Ave-Maria-Läuten seinen Höhepunkt.

Traditionelle Wagen

Truhenwagen
Truhenwagen beim Umzug.
Zur Bad Tölzer Leonhardifahrt gehören drei Arten von Wagen. Es gibt Truhenwagen, Tafelwagen und Darstellungswagen. Die Truhenwagen sind sehr beeindruckend und wertvoll. Sie sind ähnlich dekoriert wie bemalte Truhen, wie man sie heute noch in Bauernhäusern findet. Die Wagen sind etwa 5 bis 6 Meter lang und relativ schmal. Die Seitenteile sind nicht senkrecht angeordnet, sondern laufen nach oben etwas auseinander. Meistens ist die Grundfarbe der Truhenwagen ein Blauton, was auf die Farbe des Himmels hinweisen soll. Prächtige Malereien, auch Landschaftsszenen, sind auf den Wagen zu finden. Kurze Bittgebete oder kleine zweizeilige Reime, wie „Heiliger Leonhard bitte für uns!“ ergänzen die Bilder. Gerne wurde auch das Motiv der vier Jahreszeiten für die Gestaltung der Truhen aufgegriffen und mit Sprüchen versehen. Besonders charakteristisch ist die Sitzweise in den Truhenwagen. Die Insassen sitzen paarweise auf kleinen Holzbänken. Meist passen sechs Paare in einen Truhenwagen. Die Truhenwagen, oft Familienerbstücke, sind die ältesten und schönsten Gefährte der Leonhardifahrt. Leider nimmt die Anzahl jedoch ständig ab, weil die meisten sehr alt sind. Tafelwagen Die zweite Art sind die Tafelwagen, die früher in landwirtschaftlichem Gebrauch standen. Für die Leonhardifahrt wurden sie sauber gemacht und kunstvoll geschmückt. Die Seiten der Tafelwagen werden mit immergrünem Buchs und Tannenreisig bedeckt. Auf der Stirnseite ist meist ein kunstvoller Aufbau mit Bildern des Heiligen Leonhard angebracht. Der Wagen wird außerdem mit vorort angefertigtem Dekor (z.B. aus Garn und Seidenpapier) versehen. In diesen Festwägen finden deutlich mehr Leute Platz als in einem Truhenwagen. Darstellungswagen Schließlich gibt es noch die Darstellungswagen. Auf diesen flachen Brückenwagen werden Szenen aus dem Leben des heiligen Leonhard dargestellt oder die Leonhardskapelle in Miniaturformat wird transportiertt. Wenn Ereignisse aus dem Einsiedlerleben von Leonhard thematisiert werden, geschieht dies meistens durch Rollenspiele mit Kindern. In aufwendige Kostüme gekleidet, spielen die Jungen und Mädchen auf den Wagen kleine Szenen.

Hintergrund-Infos

Vorbereitungen und Schmuck

Damit am 6. November in Bad Tölz ein schöner und reibungsloser Ablauf der Wallfahrt möglich ist, sind viele Vorbereitungen nötig. Die Wagen müssen aus den Scheunen geholt werden. Die Seitenteile und Bänke werden zusammengebaut und manchmal sind Ausbesserungsarbeiten notwendig. Der grobe Wagen- und Pferdeschmuck ist Männersache. Sie sammeln in den umliegenden Bergen Almenrausch, Stechpalmen, Wacholder, Misteln und Tannenzweige. Die Frauen sind für die feinen Arbeiten zuständig, die Flecht- und Bindearbeiten. Mit buntem Seidenpapier, Bändern, Garn und Blumendraht wird der Wagenschmuck gebastelt. Diese Arbeiten werden aber gern gemacht und es steht auch das gemütliche Beisammensein im Vordergrund. Oftmals lädt der Bauer zu Pausen mit Kaffee, Zopf und Kuchen ein und auch wenn die Wagen wieder abgebaut werden, ist dieses Ereignis am Hof mit einem kleinen Fest verbunden. Aber nicht nur die Menschen und Wagen sind zu diesem Anlass herausgeputzt, sondern auch die Pferde. Sie werden einige Tage vor der Wallfahrt beschlagen und am Leonharditag ausgiebig gestriegelt und geputzt. Ihre Hufe werden eingefettet und Zöpfe aus Bast und Stroh werden in die Mähne und den Schweif eingeflochten. Zusätzlich schmücken noch Blumen und Almenrauschgrün die Mähne. Und wenn alles fertig ist, wird den Pferden das blitzende Festgeschirr umgelegt. Am Geschirr hängen Messingspiegel und am Kummet ein Dachsfell oder ein rotes Tuch, die von den Leuten als Überbleibsel des mittelalterlichen Volksglaubens und als symbolisch gedeutet werden.

Organisation

Die Leonhardifahrt wird seit den 90er Jahren von der Stadt Bad Tölz organisiert. Früher war dafür das Pfarramt zuständig. Es gibt einen eigenen Leonhardiausschluss, der sich aus interessierten Männern zusammensetzt, die bei den umfangreichen Vorbereitungen mithelfen. Die Mitglieder des Ausschusses sind überwiegend schon viele Jahre lang sehr engagiert tätig und bemüht, alles nach der örtlichen Tradition aufrecht zu erhalten. Der 1. Vorsitzende ist der Bürgermeister, der die Sitzungen einberuft. Weitere Mitglieder sind Vertreter von Polizei und Feuerwehr, die für die Absperrungen und Umleitungen am Tag der Leonhardifahrt sorgen. Verschiedenste Aufgaben müssen erledigt werden: Zum Beispiel ist für Parkplätze zu sorgen, Häuser und Isarbrücke werden beflaggt, die Geschäftsleute werden aufgefordert ihre Schaufenster zu dekorieren. Und die Stadt verteilt Genehmigungen für das Errichten von Verkaufsständen zur Verköstigung der Besucher. Außerdem heißt es die Einladungen an die Leonhardifahrer, Musikkapellen und Ehrengäste zu versenden. Oftmals kommen bayrische Politiker, Beamte der Regierung und zahlreiche Vertreter von kommunalen Behörden, um das besondere Schauspiel nicht zu verpassen.

Geschichte

Darstellung des Heiligen St. Leonhard.
Leonhards-Verehrung Die Leonhardiverehrung war vor allem in Gebieten verbreitet, in denen viel Vieh- und Pferdezucht betrieben wurde. Zum Beispiel am Rande der Alpen, an Inn und Salzach und im Rottal. Doch an vielen Orten verlor sich der Brauch im Laufe der Zeit. Besonders gut hat sich der Leonhardikult im Isarwinkel und Umgebung gehalten. Hier werden noch viele Umritte und Fahrten zu Ehren des heiligen Leonhard gemacht. Einige Orte sind: Kreuth, Warngau, Dietramszell, Harmatingen, Föggenbeuren, Benediktbeuren und nicht zu letzt Bad Tölz, wo sich die eindrucksvollste und berühmteste Leonhardifahrt abspielt. Leonhardikapelle in Tölz Im 18. Jahrhundert ist es zum Bau der Leonhardikapelle auf dem Höhenberg gekommen. Somit stehen die Entwicklung und Begründung der Leonhardifahrten in enger Verbindung mit der Historie der Kapelle. Auf dem Höhenberg, der heute als Kalvarienberg bezeichnet wird, soll noch in vorchristlicher Zeit ein geweihter Baum gestanden haben. Dieser Baum wurde damals schon mit Hufeisen und anderen Votivgegenständen geschmückt. Er musste aber bald einem Kreuz weichen, denn die Anhöhe wurde Richtplatz des Hofgerichts von Bad Tölz. Die Gefangenen und Verurteilten konnten hier ihre letzten Gebete sprechen. Da Leonhard vor seinem Dasein als Viehpatron eigentlich Schutzpatron der Gefangenen war, vermutete man, dass die Gebete hauptsächlich an ihn gerichtet waren. Und nach kurzer Zeit ersetzte man das Kreuz durch die Leonhardikapelle. Die „wilde Leonhardifahrt“ Die Anfänge der Leonhardifahrt gestalteten sich weniger so, wie man sich heute eine religiöse Wallfahrt vorstellt. Man sprach auch von einer „wilden Leonhardifahrt“. Der Ablauf war noch nicht planmäßig festgelegt und so kam es vor, dass bereits in den frühen Morgenstunden vereinzelt Reiter auf den Berg galoppierten und dort drei Mal die Kapelle umkreisten. Die Reiter haben sich das Motto „das Glück muss erjagt werden“ leider zu sehr zu Herzen genommen und so kam es häufig zu Unfällen. In dieser Zeit fanden auch noch keine Pferdesegnungen durch einen Geistlichen statt. Legenden über den Heiligen Leonhard Angesichts der vielen Legenden, die es zum Heiligen Leonhard gibt, ist es schwer zu unterscheiden, was Leonhard als historische Person getan hat und was zu seinem Lebenswerk nur in den Legenden zugedichtet wird. Über seine Geburt, Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Hier sind legendenhafte Szenen und historische nebeneinander zu finden. Diejenigen, die ihn verehrten, waren überzeugt, dass er auch Wunder wirkte: Leonhard galt demnach als Edelmann, der am Hof des Frankenkönigs Clodwig gelebt hat. Er wurde vom heiligen Bischof selbst getauft. Durch die Taufe hat Leonhard einen lebendigen Glauben entwickelt und er wollte gottgefällig leben und handeln. Mit dem heiligen Remigius als Vorbild war es sein Ziel, ein treuer Diener Gottes werden. Remigius, der gemerkt hat, wie ernst es Leonhard mit seiner Entscheidung war, weihte er ihn zum Diakon. Die wichtigsten Werte waren für Leonhard die Nächstenliebe und die Uneigennützigkeit. Eitelkeit verachtete er. Zu seinen Lebzeiten gab es noch nicht sehr viele Christen im Frankenland und es herrsche viel Abgötterei und Aberglaube. Doch Leonhard predigte eifrig von Jesus und schaffte es, dass sich eine große Anzahl an Leuten taufen ließ. Der König hörte von seinem missionarischen Handeln und wollte ihn mit einem eigenen Bistum belohnen. Aber Leonhard war zu bescheiden und wollte lieber in Demut und Einsamkeit leben, weil er glaubte, Christus auf diese Weise näher sein zu können. Daraufhin verließ er den Hof des Königs Clodwig und zog in die Gegend der heutigen Stadt Orleans. Im Kloster Micy wurde er aufgenommen und legte dort ein Gelübde ab und lebte einträchtig mit Gott. Der Abt Maximin war im Kloster sein Vorbild und Leonhard eignete sich alle Tugenden dieses frommen Mannes an. Als Maximin jedoch im Jahre 520 n. Chr. starb, beschloss Leonhard sich völlig aus der Welt zurück zu ziehen und in tiefster Einsamkeit als Einsiedler zu leben, bis zu seinem Tode. Er verließ das Kloster und zog herum. Auf seiner Wanderschaft nahm er das Predigen des Evangeliums wieder auf und ließ Götzenbilder zerstören. Ihm wurde nachgesagt, er habe die Fähigkeiten Kranke zu heilen und Teufel auszutreiben. So begegneten ihm die Menschen sehr ergeben und immer mehr wollten von ihm getauft werden. Leonhard war so erfreut darüber, dass so viele Menschen sich zu Gott bekannten, dass er in Noblac, einem Ort, der sich im Wald von Limoges befand, ein Bethaus erbauen ließ. Dort wurde er wieder ein wenig sesshaft. Er ernährte sich von Früchten aus dem Wald und von Kräutern. Gründungslegende des Klosters Nolac Eines Tages begegnete Leonhard zufällig dem König Clodwig im Wald, der mit einer ganzen Gefolgschaft auf der Jagd war. Der König hatte auch seine Frau dabei, die ein Kind erwartete und schreckliche Wehen bekam. Alle befürchteten sie und das Kind würden sterben. Doch der König, der Leonhard sofort erkannte hatte, flechte ihn an, für seine Frau und das Kind zu beten. Leonhard warf sich auf die Knie und flehte zu Gott. Auf diese Weise rettete der der Königin, die einen gesunden Jungen zur Welt brachte. Der König wollte sich natürlich für Leonhards Gebete bedanken und wollte ihm viele Geschenke machen. Doch Leonhard war bescheiden und genügsam wie immer und befahl dem König, die Geschenke an die Armen zu verteilen. Ein Geschenk nahm er jedoch an, und zwar das Stück Land auf dem sich sie wundersame Rettung zugetragen hatte. Hier ließ Leonhard eine kleine Kapelle und ein kleines Kloster erbauen, das Kloster Noblac zu Ehren der heiligen Mutter Gottes. Dieses wurde Leonhards Heimat. Doch er blieb dort nicht allein, sondern einige Männer, die ihn bewunderten, wollten mit ihm leben und Gott ebenfalls dienen. Die Gemeinschaft ernährte sich von Brot und Gemüse, doch es gab ein Problem. Es mangelte an Wasser. Auf Grund von Leonhards Gebete sprudelte bald eine Quelle aus dem Waldboden hervor. Gefangenen-Befreiungs-Wunder Durch seine Gebete soll Leonhard noch viele Wunder bewirkt haben: Er war ein Mann der ein großes Herz hatte und mit jedem Notleidenden Mitleid empfand. Darum wollte er auch für die Gefangenen da sein. Die Franken waren ein sehr kriegerisches Volk, die gerne Gefangene von benachbarten Völkern nahmen. Leonhard besuchte die Gefangenen, tröstete sie und wollte sie für Gott gewinnen. Die Sage geht sogar soweit, dass sich Leonhards Ruf als Tröster der Gefangen so schnell verbreitete, dass aus verschiedenen Ländern die Kerkerinsassen zu ihm beteten. Daraufhin sollen ihnen die Ketten an den Händen und Füßen abgefallen sein und sie konnten sich wieder frei bewegen. Die Gefangenen sind dann zu Leonhard geeilt, haben ihre zerbrochenen Ketten als Zeichen des Dankes mitgebracht und wollten für immer bei ihm leben. Außerdem bemühte sich Leonhard darum, dass die Gefangenen wieder in die Gesellschaft eingegliedert wurden. Er verschaffte ihnen Ackerland und ließ sie von in Landwirtschaft und Viehzucht unterricht, dass sie ortsansässig werden konnte und eine Existenz gründeten. Doch Leonhard blieb auch trotz seiner vielen Gesellen und Bewunderer ein hart arbeitender Diener Gottes, der ein hohes Alter erreichte. Leonhard starb am 6. November im Jahr 559. Auch nach seinem Tod gibt es Geschichten über die wundersame Erlösung von Gefangenen auf Grund von Gebeten zu ihm, zum Beispiel: Martel, Herr auf Bacqueville, wurde im 14. Jahrhundert von den Türken gefangen genommen und musste schrecklich im Kerker leiden. Als man ihm sagte, dass er am nächsten Tag hingerichtet werden sollte, betete er die ganze Nacht zum heiligen Leonhard und versprach, wenn er gerettet werden würde, ihm eine Kapelle zu Ehren bauen zu lassen. Martel schlief ein und als er wieder aufwachte merkte er, dass er sich nicht mehr im dunklen Kerker befand, sondern vor dem Wald von Bacequeville. Die Ketten baumelten noch an seinen Händen und Füßen.

Schutzpatron der Gefangenen und der Tiere

Die Reliquien vom heiligen Leonhard können heute in der Kirche des Klosters „Leonhard de Noblac“ im heutigen St.- Léonard-de-Nolat bei Limoges in Frankreich besucht werden. Und wenn man einmal zum Heiligen Leonhard beten möchte, kann man das mit folgendem Gebet tun: „Heiliger Leonhard, der du durch dein Gebet und dein herzliches Erbarmen so vielen armen Gefangenen Trost und Erlösung gebracht hast, bitte für mich und alle armen Sünder, dass Gott in seiner Güte unsere armen Seelen aus den Banden der Sünde und des Todes befreie und zur Freiheit seiner Kinder führe! Amen.“ Doch wie hat sich der Heilige, zu dem die Gefangenen gebeten haben um Trost zu finden, zum  Schutzpatron der Pferde entwickelt? Der heilige Leonhard wurde meist mit Ketten an der Hand abgebildet. Diese waren die Gefangenenketten, die ihm zum Dank für Trost und Erlösung von den Gefangenen geschenkt wurden. Die Landbevölkerung hat im 16. Jahrhundert dieses Bild uminterpretiert und darin „Kuhketten“ gesehen. Infolgedessen wurde der heilige Leonhard als der Schutzpatron für Tiere verehrt. Ab dem Mittelalter fanden ihm zum Gedenken zahlreiche Wallfahrten statt, um Schaden wie Viehseuchen von den Tieren abzuhalten. Der heilige Leonhard wurde schließlich auch als „Bauernherrgott“ bezeichnet, da er bei allen Nöten am Hof angerufen wurde.

Die Brauchform Umritt

Die Grundform der Umritte und Umfahrungen ist schon sehr alt. Die Leonhardifahrt ist ein volkstümlicher und religiöser Brauch. Die älteste und berühmteste Leonhardi-Umritt ist ab 1458 für Inchenhofen, im Landkreis Aichach-Friedberg belegt. Er wurde unter dem Zisterziensterabt Paul Herzmann eingeführt. Heute findet dort wieder ein Leonhardiritt statt. Ursprünglich konnten solche Umritte tatsächlich in der Kirche um den Altar herum führen, doch dies wurde bald verboten. Man behielt den Brauch des Umritts allerdings bei und leitete die Pferde und Gespanne in drei Umritten um die jeweilige Wallfahrtskirche herum. Im bayrischen Voralpenland gibt es auch heutzutage noch an vielen Orten Leonhardifahrten. Doch Mitte des 20. Jahrhunderts war ein deutlicher Rückgang dieses Brauches zu spüren. Durch die fortschreitende Technisierung der landwirtschaftlichen Betriebe und die gleichzeitige Abschaffung der Pferdehaltung, sank auch das Interesse an den Leonhardiritten und -fahrten. Diese Flaute ist jedoch überwunden und der Brauch wird an den unterschiedlichsten Orten wieder häufiger und in größeren Ausmaßen vollzogen. Umritte fanden und finden nicht nur aus Anlass der Verehrung des Heiligen Leonhard statt, sondern auch im Kult um andere Heilige, wie z.B. der St. Wolfgangsritt belegt.

Literatur

  • Bichler, Albert: Wies in Bayern der Brauch ist. Pfaffenhofen 1984.
  • Läpple, Alfred: Kleines Lexikon des christlichen Brauchtums. Augsburg 1996.
  • Stangl, Gabriele: Leonhardifahrt in Bad Tölz. 1. Auflage. Bad Tölz 1977.
  • Hindringer, Rudolf: Weiheross und Rossweihe. München 1932.
  • Berger, Rupert: Bad Tölz. München 1983.

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