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Termin
Dieser Brauch findet vom 05. bis zum 19. Dezember 2024 statt. Der Brauch findet jedes Jahr an den drei letzten Donnerstagen vor Weihnachten statt, sofern diese Tage zwischen Andreas (30. November) und Thomas (21. Dezember) liegen. Der Brauch findet jedes Jahr an den drei letzten Donnerstagen vor Weihnachten statt, sofern diese Tage zwischen Andreas (30. November) und Thomas (21. Dezember) liegen.Einstiegsinformation
An den letzten drei Donnerstagen vor Weihnachten ziehen verkleidete Kinder bei einsetzender Dämmerung von Haus zu Haus und tragen Advents- und Klöpfellieder vor. Im Gegenzug erhalten sie Süßigkeiten oder Geld. Dieser Heischebrauch ist heute noch in vielen Teilen Bayerns und in Österreich zu finden. Der Brauch des Klöpfelns [ bayerisch: „glebbfen“; auch: „Gläzei geh´“] wurde in der Gemeinde Taching am See beobachtet. Der Ort mit knapp 2000 Einwohnern befindet sich im Landkreis Traunstein in Oberbayern.Ablauf
Die empirische Dokumentation konnte an einem der drei Termine, am Donnerstag, den 06.12.2012, bei einer in Taching am See wohnhaften Familie vorgenommen werden. Es herrschte leichter Schneefall bei einer Temperatur von etwa -3° Celsius. Bereits am Nachmittag ab 15.00 Uhr werden erste Vorbereitungen getroffen. Mit Hilfe der Mutter stellt das 10-jährige Mädchen ihre Verkleidung zusammen, wobei darauf geachtet wird, dass sie warm ist und der Kleidung eines Hirten nahe kommt. Nach und nach treffen Freunde der beiden Kinder des Hauses ein. Insgesamt kommen vier Jungen und ein Mädchen, wobei hier schon eine Aufteilung zu erkennen ist: während die beiden 10-jährigen Mädchen ihre Vorbereitungen in der Küche treffen, zieht sich der Bruder zusammen mit seinen Freunden auf sein Zimmer zurück. Diese Gruppeneinteilung in weiblich und männlich wird auch beim Klöpfeln selbst beibehalten werden. Gegen 16.15 Uhr setzt die Mutter einen alkoholfreien Punsch an, der nach dem Klöpfeln getrunken werden soll. Währenddessen proben die Mädchen die Adventslieder „Wir singen euch an“, „Ihr Kinderlein kommet“ und „Alle Jahre wieder“. Spezielle Klöpfellieder wie „Jetzt kommt die heilig Weihnachtszeit“ (Anhang 1) oder „Wir ziehen daher so spät in der Nacht, denn´s ist heut eine heilige Klöpfelenacht“ (Anhang 2) liegen auch auf dem Küchentisch. Sie werden später jedoch nicht vorgetragen, da es den Kindern zu aufwendig ist, diese für drei Tage im Jahr einzustudieren. Sie erwähnen auch, dass die Adventslieder bei den Rezipienten besser ankommen, da sie bekannt sind und auch mitgesungen werden kann. Die Freundin hat ihre Flöte mitgebracht und versucht, die Lieder zu begleiten. Nach einer halben Stunde ziehen die Mädchen ihre Verkleidung an und schminken ihr Gesicht mit schwarze Kinderschminke, die sie, um es wie Ruß aussehen zu lassen, verschmieren. Um 17.00 Uhr ist die Dämmerung bereits weit vorangeschritten und die beiden Mädchen ziehen zeitgleich mit der Gruppe von fünf Jungen los. Das Mädchen trägt das Liederbuch mit vorweihnachtlichen und weihnachtlichen Stücken und ein Stoffsäckchen im Arm, ihre Freundin die Flöte und ebenfalls ein Stoffsäckchen. Nach etwa fünf Minuten erreichen sie die erste Anlaufstelle, ein Wirtshaus in der Ortsmitte. Bereits im Flur treffen die beiden auf den Wirt. Dieser ruft sogleich seine Frau hinzu. Die Mädchen schicken keinen Gruß voraus, sondern beginnen gleich mit „Alle Jahr wieder“, wobei sie, abgelenkt durch den bellenden Hund des Besitzers, an einigen Stellen stocken und sehr schnell singen. Die Flöte kommt noch nicht zum Einsatz. Nachdem das Lied zu Ende ist, klatschen die Wirtsleute, loben den Vortrag und die Frau verschwindet für einen kurzen Moment. Sie kommt mit zwei Tafeln Schokolade wieder und steckt jeweils eine davon in die Säckchen der Mädchen. Diese bedanken sich und ziehen weiter. Eine konkrete Route haben sie nicht, so wird immer wieder beraten, welches Haus sie als nächstes besuchen könnten. Dabei achten sie darauf, dass in den Häusern Licht brennt und so die Wahrscheinlichkeit groß ist, die Bewohner des Hauses anzutreffen. Weiter von Bedeutung sind persönliche Beziehungen. Da der Ort nicht besonders groß ist, kennen die Beiden den Großteil der Anwohner persönlich. Unterwegs treffen die sie auf weitere Gruppen von Kindern, die entweder zu zweit oder in größeren Gruppen von bis zu fünf Personen unterwegs sind. Es findet meist nur ein kurzer Austausch statt, wobei ein Vergleich der Tüteninhalte unumgänglich scheint. Aufgrund fehlender Zeit zum Einstudieren endet die musikalische Untermalung mit der Flöte nach drei Darbietungen und die Mädchen wollen von nun an nur noch gemeinsam singen. Nach einer Stunde und zwölf besuchten Häusern machen sich die Mädchen um 18.10 Uhr auf den Weg zurück. Das liegt zum einen daran, dass die Mädchen frieren, zum anderen sind die Stoffsäckchen bereits gut, und ihrer Meinung nach ausreichend, gefüllt. Insgesamt lässt sich ein schematischer Ablauf erkennen: die Mädchen klingeln, gehen ein bis zwei Meter zurück und warten, bis die Haustüre geöffnet wird. Häufig rufen die Rezipienten kurz nach dem Öffnen der Haustür weitere Familienmitglieder herbei, um den Gesang gemeinsam anzuhören. Ohne einen Gruß seitens der Mädchen beginnen diese mit einem Lied, wobei sie von Haus zu Haus zwischen ihren drei einstudierten Liedern wechseln. Nachdem der Vortrag beendet ist klatschen die Bewohner, bedanken sich und sprechen Lob aus. Sie holen Süßes oder Geld, wobei es sich meist um ein oder zwei Euro-Münzen handelt. Alle Besuchten scheinen gut auf die Klöpfler vorbereitet zu sein. So haben sie verschiedene Süßigkeiten oder Obst in teilweise mehrfacher Ausführung parat. Ein Beispiel hierfür ist eine ältere Dame, die nach dem Vortrag eine große Platte mit einer Vielfalt an Süßem hervorholt und die Kinder selbst wählen können. Die Bewohner eines anderen Hauses haben für jedes Kind kleine Plastiktüten mit Nüssen, Schokoriegeln und Gummibärchen vorbereitet. Daraufhin bedanken sich die Mädchen. Erst danach entsteht ein kurzes Gespräch, wobei die Rezipienten zuerst genauer hinsehen, um die verkleideten Mädchen zu identifizieren. Danach folgen häufig Fragen zum Verlauf des bisherigen Umherziehens. Nach durchschnittlich fünf Minuten ist der Besuch vorbei, man wünscht sich gegenseitig einen schönen Abend und die Mädchen ziehen weiter. Lediglich eine Person wollte den Mädchen nicht öffnen, blickte durch das Fenster und schaltete daraufhin das Licht aus. Um 18.30 Uhr kommen die Mädchen noch vor der männlichen Gruppe wieder zurück. Sie ziehen Mäntel und Hüte aus und erwärmen den Punsch. Auf dem Küchentisch entleeren sie ihre Stoffsäckchen und werfen die Ausbeute auf einen Haufen. Während sie sich mit Punsch aufwärmen, teilen sie die Süßigkeiten von Neuem auf. Sie werden nach persönlichen Vorlieben gerecht geteilt und auch der Geldbetrag von 14 Euro wird halbiert. Die Mädchen werden auch noch am 13. und am 20. Dezember Klöpfeln gehen. Die Gruppen für diese Termine finden sich allerdings spontan zusammen. Ebenso wird die Route erst am jeweiligen Abend ausgewählt, wobei sie viele bereits bei der ersten Tour besuchte Häuser erneut aufsuchen werden.Akteure
Die Gruppe der am Brauch beteiligten Akteure lässt sich drei teilen: die beiden heischenden Mädchen, die Mutter und die Dorfbewohner. Die Mädchen im Alter von zehn Jahren besuchen beide die fünfte Klasse einer Realschule. Sie wohnen in Taching am See und sind gut miteinander befreundet. Bei der Ausübung des Brauches kommt ihnen die Rolle des „Hauptakteurs“ zu. Dazu trägt auch deren Kleidung bei. Das eine Mädchen trägt einen schwarzen Filzhut und einen dunkelgrünen Filzmantel. Dieser gehört dem Vater des Mädchens und ist daher sehr groß. Das andere Mädchen trägt eine braune Mütze mit Fellimitat und ein grasgrünes Cape aus Filz und mit Schafswolle am Saum. Aufgrund der Wetterlage tragen beide Mädchen Schneehosen, Winterstiefel und Handschuhe. Des weiteren tragen beide ein Stoffsäckchen mit sich und ein Liederbuch beziehungsweise eine Flöte. Eine Hierarchie ist nicht festzustellen, alle Entscheidungen, wie etwa welches Haus als nächstes besucht werden soll oder welches Lied gesungen werden soll, werden gemeinsam getroffen. Die Mutter des Mädchens übt eine nebensächliche, aber dennoch wichtige Rolle in der Vorbereitungsphase aus. Am Nachmittag stellt sie zusammen mit ihrer Tochter die Verkleidung zusammen, hilft dabei, geeignete Lieder aus dem Liederbuch zu suchen und bereitet den Punsch für den Abend vor. Weiter sorgt sie für einen strukturierten Ablauf in der Vorbereitungsphase, indem sie den Mädchen Anweisungen gibt, sich umzuziehen, zu schminken und letztlich aufzubrechen. Der Bruder des Mädchens ist drei Jahre älter und benötigt daher weniger Hilfestellungen der Mutter. Dem Vater kommt keine aktive Rolle zu. Insgesamt werden von den Mädchen zwölf Häuser und 23 Personen besucht. Auffällig ist, dass es vorwiegend ältere Leute zwischen 50 und 70 Jahren sind. Auch ihnen kommt eine aktive Rolle zu: sie hören den Mädchen bei ihrem Vortag zu und bedanken sich im Gegenzug dafür mit einer Kleinigkeit.Veranstaltungsort
Der Brauch wird im Ort Taching am See ausgeführt, wobei sich der wesentliche Aktionsraum auf etwa drei Kilometer vom Elternhaus des Mädchens beschränkt. Der Austausch mit dem Publikum findet meist vor den Haustüren der Bewohner oder im Eingangsbereich der Häuser statt. Bei der Brauchausübung ist es bereits dunkel. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass beleuchtete Häuser die Auswahl der Anlaufstellen einschränken.Brauch- und Rollenverständnis
Ein Interview mit den beiden Mädchen zeigt, dass sie vage um die allgemeine Interpretation des Brauches Bescheid wissen. So soll er stellvertretend für die Herbergssuche von Maria und Josef stehen. Für sie persönlich ist es jedoch von weitaus größerer Bedeutung, möglichst viel Süßes und Geld zu verdienen. Weiter ist es für sie ein Vergnügen, sich zu verkleiden. Obwohl die beiden auch erwähnen, dass das Vortragen von Liedern vor mehreren Personen eine Überwindung sei, ist das Gefühl, es geschafft zu haben, danach umso schöner. Auf die Frage nach der allgemeinen Bedeutung des Klöpfelns antwortete die aufgesuchten Dorfbewohner unterschiedlich. Etwa zwölf Personen erwähnten ebenfalls die sinnbildliche Herbergssuche, zwei Personen vermuteten dahinter die Austreibung von bösen Geisern, eine Person sah darin die Vorbereitung auf den Sternsingerbrauch und drei hatten keine Erklärung dafür. In aktuellen Tageszeitungen oder anderen lokalen Medien wurde der Brauch nicht erwähnt.Hintergrund-Infos
Ein schriftlich fixierter Beleg für das Ausüben des Klöpfelns in Taching am See ist nicht vorhanden. Gesichert ist allerdings, dass bereits der Vater des Mädchens in den 1960ern und ihre Oma in den 1940ern Klöpfeln gegangen sind. Sie gingen ebenfalls im Alter von acht bis 13 Jahren, wobei die Oma erwähnt, dass sie etwa noch bis zu ihrem 16. Lebensjahr den Brauch ausübte. Anders als heute ging sie zusammen mit ihren Geschwistern und Freunden erst an den Donnerstagen nach dem 6. Dezember und erhielt vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs nicht Süßigkeiten oder Geld, sondern Kartoffeln, Brot, oder ähnlich nahrhafte Lebensmittel.Die ältesten gesicherten Belege stammen aus den Tageszeitungen der 1930er Jahre. In dem Artikel „Die Klopfer und Berchten im Chiemgau und Rupertiwinkel“ aus dem Jahr 1934 (Autor und Erscheinungsmedium unbekannt) wird das Umherziehen von Hof zu Hof an den Donnerstagen vor Weihnachten und Bitten um „Kletzenbrot, Nüsse und Lebkuchen“ erwähnt. Allerdings schreibt der Autor, dass der „urtümliche Brauch des Anklopfens [...] längst schon aus dem bayerischen Bauernbrauchtum verschwunden“ ist, die Form zu seiner Zeit lediglich ein Überbleibsel der „wilden Berchten“ sei. Diese werden hier mit den Klöpflern gleichgesetzt. Im Rupertiwinkel, dem auch der Ort Taching am See angehört, sollen an den Donnerstagen vor Weihnachten „Dorfburschen als Teufel und Hexen, Kobolde und Wölfe“ umhergezogen sein. Angeblich haben sie mit Tierfellen bekleidet und mit Drachen- und Teufelsähnlichen Holzmasken vor dem Gesicht „groteske Tänze“ aufgeführt, während sie mit Kuhglocken und Schellen um den Hals lärmten. Dadurch sollten böse Geister und Dämonen vertrieben werden. Allerdings fehlen in diesem Artikel Zeitangaben, die die Ausübung des „ursprünglichen“ Brauchs datieren. Zudem kann der Autor seine Herleitungen nicht mit Literatur belegen. Vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus entstanden, versucht der Autor in diesem Artikel fälschlicherweise Parallelen zur „altgermanischen Wintersonnwendfeier“ herzustellen. Ein brauchbarer Aspekt, der dennoch aus diesem Artikel gezogen werden kann, ist die Tatsache, dass der Autor eingangs diejenige Form des Klöpfelns erwähnt, die auch heute bekannt ist, nämlich das Umherziehen an den Donnerstagen vor Weihnachten und das Erhalten von Gaben. Eine bestimmte Altersgruppe wird dabei nicht erwähnt. Allerdings verweist er darauf, dass Lieder gesungen wurden, wie etwa das „Chiemgauer Klopferslied“:„Wir ziehen daher spät in der Nacht Und wünsch ma de Hausleut a geruhsame Nacht. Wir wünsch ma an Bauern an goldena Wagn Daß er mit der Bäuerin in Himmi ko fahrn. Wir wünschn an Hofknecht viel tausadmal Glück Daß erm koa Rößl am Hafer dastidt. Wir wünschen an Unterknecht viel tausadmal Glück, Daß er beim Fensterln koa Loater zammbricht. Wir wünschn der Dirn a goldene Wiagn Und an kloan Buam solls a dazua kriegn. Wir wünschen der Unterdirn viel tausadmal Glück, Daß ihr beim Abspüln koa Haferl net bricht.“Aus dem Jahr 1936 (Autor und Erscheinungsmedium unbekannt) wird für den Raum Traunstein berichtet, dass an den drei Donnerstagen der Adventszeit in ländlichen Gebieten die Anklopfleute kommen, sobald es dunkel wird und dass sie von der Bäuerin „Nuß, Aepfel und Kletzen“ erhalten. Auch wird erwähnt, dass dieser Brauch „an die Herbergssuche des hl. Paares“ erinnert. (Anhang 4) Diese Herleitung findet sich auch in einem Artikel aus dem Jahr 1937 (Autor und Erscheinungsmedium unbekannt). Es wird darauf hingewiesen, dass in Traunstein „d ´Oklopfa kemman.“ Es ist von vermummten Gestalten die Rede, die von Hof zu Hof ziehen und Nüsse, Äpfel und Kletzen bekommen. Wie im Artikel von 1936 wird auch hier ein für den Chiemgau spezifischer Reim erwähnt, der lautet: „Klopf o, klopf o – Bäuerin, hast an schön Mo´ - därfst scho was gebn z´Loh – daß i dein Mo so globt ho!“ (Anhang 5) Des weiteren gibt es Belege für den Raum Oberbayern, wie der Artikel „Altmünchener Advent ...“ (Erscheinungsmedium unbekannt) vom 3. Dezember 1933. Der Autor W. Zils erwähnt das „Klöpfelgehen“ ebenfalls vor dem Hintergrund angeblich germanischen Ursprungs. Zur Wintersonnwende sollten „durch möglichst großen Lärm [...] die unheilvollen Dämonen vertrieben werden.“ Auch wenn die Herleitungen erneut nationalsozialistisch geprägt sind, kann der Autor Belege für frühere Erwähnungen des Klöpfelns geben. Aufgrund des hohen Lärmpegels wurde der Brauch durch einen „kurfürstlichen Befehl vom 31. Dezember 1717“ in München verboten. Der Autor schreibt, dass das Klöpfeln zum Erscheinungsdatum des Artikels „vor etwas über hundert Jahren sein Ende fand“, also Anfang des 19. Jahrhunderts. Auch Zirl berichtet davon, dass „Buben“ - die Altersgruppe der Kinder wird hier eindeutig erwähnt - ein Lied vorgetragen haben:
„Klopf an, klopf an, ´s Frauerl hat ein´n schönen Mann, gibt mir die Frau ein Kücherl z´ Lohn, Weil i´s Herrl g´lobt han. Will sie mir kein Kücherl geb´n, will i´s Haus auf d´ Seiten leg´n. D´ Henna will i all derschlag´n, ´n Gockel will i im Hof ´rumjan´n.
Allgemeine Entwicklungsgeschichte und Verbreitung des Brauches
Die ersten sicheren Belege für die Ausübung des Brauches finden sich ab Mitte des 15. Jahrhunderts. Der Volkskundler Hans Moser stellt fest, dass es zu dieser Zeit drei verschiedene Formen des Klöpfelns gab. Wie aus Losbüchern hervorgeht, war das Klöpfeln zum einen ein Orakelbrauch, der „auf den Jahreswechsel [...] und nicht auf das christliche Weihnachtsgeschehen“ bezogen ist. Zum anderen gibt Moser an, dass es das „Klopfan-Brauchtum“ gegeben haben soll, wonach „der Besucher anklopft, um seine Chancen in dem betreffenden Hause für die Zukunft zu erfahren.“ Eine dritte Form stellt das Klöpfeln als „Fest und Beschenkungstermin“ dar. Allen drei Formen ist der zeitliche Rahmen, der die Ausübung des Brauchs auf die letzten drei Donnerstage vor Weihnachten beschränkt, gemeinsam. Lediglich bei der Erscheinung als „Klopfan-Brauch“ ist von vermummten Gestalten die Rede. Das Gabenheischen bleibt in allen drei Fällen unerwähnt. Dies tritt erst Anfang des 16. Jahrhunderts in Erscheinung. Für diese Zeit wird auch erwähnt, dass die Trägerschicht wechselte und es vermehrt Kinder waren, die diesen Brauch, mehr und mehr ein Heischebrauch, ausübten. Daneben hatte, wie Moser und Werner betonen, auch noch ein wilderes Klöpfeln Bestand, das durch Erwachsene ausgeübt wurde und „als Volksrüge und zu privater Rache“ diente. Zur Zeit der Reformation wurden viele Erscheinungsformen, wie auch vielerorts das Klöpfeln, für „papistisch“ erklärt und stark eingeschränkt, bzw. verboten. In der Gegenreformation jedoch wurde „das geistliche Anklopfen in christlichem Sinne neu belebt.“Im beginnenden 20. Jahrhundert konnten durch Fragebögen des „Bayerischen Vereins für Volkskunst und Volkskunde“ Klöpfelbräuche in 45 meist oberbayerischen und schwäbischen Orten nachgewiesen werden. Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde das Klöpfeln vielerorts in Bayern wieder belebt, so in „Tittmoning, Niederaudorf, Oberammergau, Tuntenhausen und im Chiemgau.“ Weiter werden der Raum Berchtesgaden und das Salzburger Land genannt. Rattelmüller führt Belege für diesen Brauch im Südtiroler Raum an, wo der Brauch unter dem Namen „Klöckeln-gehen“ bekannt ist. Becker-Huberti verweist auf einen dem Klöpfeln entsprechenden Brauch im Schweizer Kanton Thurgau, das Bochseln, wobei dieser auf eine andere Entstehungsgeschichte zurückzuführen ist und somit nicht mit dem Brauch des Klöpfelns gleichgesetzt werden kann.Forschungsstand allgemein
Eine umfassende Aufbereitung der Thematik erarbeitete der Volkskundler Hans Moser in seinem Artikel „Zur Geschichte der Klöpfelnachtbräuche, ihrer Form und ihrer Deutungen“ im Jahr 1951. Durch eine sorgfältige Quellenrecherche erschließt sich die historische Dimension des Klöpfel-Brauches. Auch Dietz-Rüdiger Moser, Volkskundler, nimmt in seinem Werk „Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf“ von 1993 eine kritische Beleuchtung vorhandener Quellen über „die Bräuche der heiligen Klöpfelnacht“ vor. Ferner zu nennen sind Paul und Richilde Werner, die sich 1999 mit „Klöpfelbrauch und Klöpfelspruch“ auseinandersetzen. Im 2007 erschienenen „Lexikon der Bräuche und Feste“ des Theologen Manfred Becker - Huberti wird der Brauch des Klöpfelns ebenfalls erwähnt. Der Forschungsstand zu diesem Brauchphänomen ist sehr gering, vor allem steht eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Brauches seit dem 20. Jahrhunderts noch aus. Literatur oder Quellenbelege für den Ort Taching am See sind nicht vorhanden. Die in dieser Arbeit verwendeten Zeitungsartikel aus dem Stadtarchiv Traunstein stammen überwiegend aus den 1930er Jahren und sind aufgrund von nationalsozialistischen Tendenzen kritisch zu beleuchten.Literatur
- Becker-Huberti, Manfred: Lexikon der Bräuche und Feste. Freiburg 2007.
- Moser, Dietz-Rüdiger: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Brauchformen der Gegenwart in kulturgeschichtlichen Zusammenhängen. Graz 1993.
- Moser, Hans: Zur Geschichte der Klöpfelnachtbräuche, ihre Formen und ihre Deutungen. In: Gebhard, Torsten / Moser, Hans (Hg.): Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 1951 – Festschrift für J.M. Ritz. Regensburg 1951, S. 121-140.
- Rattelmüller, Paul Ernst: Auf Weihnachten zua. München 1976.
- Werner, Paul / Werner, Richilde: „...Das wünsch ich dir zum neuen jar, sprich amen, dass es werde war.“ Klöpfelbrauch und Klöpfelspruch. In: ebd. (Hg.): Weihnachtsbräuche in Bayern. Kulturgeschichte des Brauchtums von Advent bis Heilig Dreikönig. Berchtesgaden 1999, S. 39-43.