Heiraten auf Weißrussisch

Einstiegsinformation

Eine Hochzeit wird in Weißrussland mindestens zwei Tage lang gefeiert.

Ablauf

Tag 1

Eine weißrussische Hochzeit beginnt morgens. Sobald Braut und Bräutigam sich für die Hochzeit fertig gemacht haben, fährt der zukünftige Ehegatte gemeinsam mit seinem Trauzeugen, seiner Familie und seinen Freunden zum Elternhaus der Braut, um sie dort auszulösen. Hierbei spielt die Brautjungfer eine wichtige Rolle. Diese hat dem Bräutigam im Vorfeld eine Liste mit Aufgaben (Geschenke)zukommen lassen und nur, wenn er alle Aufgaben zum Genügen der Brautjungfer erfüllt hat, wird die Braut frei gegeben.Für die Hochzeit ist die Braut also auf eine verantwortungsbewusste Jungfer angewiesen, da sie sonst womöglich weit unter Wert verkauft würde.Insofern der Bräutigam seine Pflichten erfüllt hat, fahren nun alle gemeinsam zum Standesamt.Ist die Trauung durch einen Standesbeamten vollzogen, geht es weiter zum Veranstaltungsort der Feier.

Dort angekommen muss die Braut allen nahen Verwandten ihres neuen Mannes kleine Geschenke machen. Auch ihre Mutter verteilt Geschenke, durch das Umlegen von Tüchern ehrt sie die Fürsprecher des Bräutigams (Freunde des Mannes, die ihn unterstützten, als er um die Hand seiner jetzigen Frau anhielt und bei ihren Eltern „ein gutes Wort für ihn einlegten“). Nun wird gegessen, getanzt und gefeiert.

Entführung der Braut

Während diesem Trubel gibt es auch hier den Brauch des Brautraubs.
Die Trauzeugen haben die Verpflichtung die Braut zu bewachen, wird sie allerdings dennoch gestohlen – hierzu greift man zu allen Mitteln – selbst eine zweite, bzw. Ersatzbraut ist nichts Unwahrscheinliches, so muss die Braut erneut ausgelöst werden. Diesmal nicht aus dem Elternhaus, sondern aus der Hand der Entführer. Hierzu muss der Trauzeuge auf der Tanzfläche für die Gäste einen flotten Tanz ( nach Angabe meiner Gewährsperson, nicht selten sogar eine Art Striptease, bei welchem ihm die Brautjungfer helfen muss) hinlegen. Sofern das Publikum mit dieser Showeinlage zufrieden war, wird die Braut freigegeben. Falls nicht, so wird dem Trauzeugen eine zusätzliche Geldstrafe auferlegt.

Am Ende des Tages werden zwei große Kuchen angeschnitten. Zwei Kuchen, weil die jeweilige Patentante (Taufpatin) des Brautpaares ihrem Patenkind einen Hochzeitskuchen schenken muss. So nimmt zuerst die Braut ihren Kuchen und verteilt Stücke an ihre Verwandten wofür sie im Gegenzug mit Geld beschenkt wird. Ebenso verfährt der Bräutigam mit seinem Kuchen und seinen Verwandten.
Als letzte Handlung des Tages wirft die Braut ihren Brautstrauß und ihr Bräutigam seinen Kummerbund.

Tag 2

Am darauffolgenden Tag findet sich die Hochzeitsgesellschaft erneut zusammen. Es wird wieder gegessen, getrunken, getanzt und gefeiert. Heute trägt die Braut ein Kopftuch, welches ihr von der neuen Schwiegermutter gebunden wurde. Außerdem wird sie von ihr mit einem Ring oder Ähnlichem beschenkt. Die heutige Feier ist durchsetzt von verschiedenen, lustigen Wettbewerben.

Beispielsweise:

  • „Dreibeinwettlauf“
  • „Sackhüpfen“
  • „Ballontant“

Es ist außerdem Brauch, dass an diesem zweiten Tag der Hochzeit die beiden Trauzeugen, wie das frisch getraute Paar, nebeneinander sitzen und sich benehmen müssen, als seien sie auch ein Pärchen und frisch verliebt. So ist es nicht selten, dass sich auf solchen Hochzeiten gleich neue potentielle Hochzeitspaare finden.Obwohl es keineswegs so sein muss, so erwähnte meine Interviewpartnerin dennoch, dass eine solche Hochzeit häufig durch eine Schlägerei beendet wird.

Dies ist weniger auf einen Mangel an guter Laune zurückzuführen, als auf die großen Mengen alkoholischer Getränke, die dort ausgeschenkt werden.

Gewährspersonen

25- jährige Weißrussin, Sozialarbeiterin, Praktikantin in einem Jugendtreff in Augsburg.