Dieser Brauch findet vom 13. bis 19. April 2025 statt.
Einstiegsinformation
Von Palmsonntag bis Karsamstag jeden Jahres können Besucher am 120 Jahre alten Heilig-Grab-Altar Andacht halten.
Ablauf
Der Iffeldorfer Heilig-Grab-Altar wurde 1895 von der Pfarrgemeinde erworben und mit Spendengeldern finanziert. Ein Zeugnis der Kirchenverwaltung aus dem gleichen Jahre hebt sowohl die Hochherzigkeit der Wohltäter hervor als auch die spirituelle Wirkung - habe doch sein Anblick selbst Männern Tränen der Freude und Rührung entlockt und zur Andacht gestimmt, wie nicht leicht eine andere Art von Heiligen Gräbern. Der zweigeschossige Heilig-Grab-Altar ist einer der wenigen noch erhaltenen. Kunstgeschichtlich eingeordnet handelt es sich um Historismus im Übergang zum Jugendstil. Die mährische Manufaktur für transparente Glasmosaiken war 1846 von Eduard Zbitek gegründet worden. Produkte der Firma erfreuten sich über die Lande der Habsburgmonarchie hinaus großer Beliebtheit. Zu Hunderten gingen die wirkungsvollen, oftmals den gesamt Chorraum verdeckenden, Karfreitags-Kulissen per Eisenbahn von Olmütz-Neustift in die katholische europäische Welt, ja mitunter sogar nach Übersee. Nur wenige blieben erhalten. Ursprünglich wurde das Heilige Grab von einer Vielzahl Petroleumlampen hinterleuchtet. Die zirka drei Millimeter starken Kartons sind auf Holzrahmen aufgezogen. In die ausgestanzten Öffnungen sind vielfarbige handgeschliffene Glassteine eingesetzt und mit dünnen Drähten bzw. Doppelfäden fixiert.
Varianten
Ursprünglich war der Heilig-Grab-Altar nur am Karfreitag in der Kirche aufgestellt. Heute wird er am Nachmittag des Palmsonntag errichtet und bietet den Gläubigen bis zum Abend des Karsamstag Gelegenheit zu stiller Andacht.
Hintergrund-Infos
Bis in die frühen siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde der Heilig-Grab-Altar regelmäßig zur Karfreitags-Liturgie in der Iffeldorfer Pfarrkirche St. Vitus aufgebaut. Danach fanden die Kulissen ihren Platz auf dem Dachboden des Jugendheimes; allmählich geriet ihre Existenz in Vergessenheit. In Erinnerung blieben jedoch ihre tiefgehende Wirkung auf alle Gläubigen. Beim Abriß des Jugendheims vor wenigen Jahren, kamen sie wieder zum Vorschein. Obwohl in Teilen beschädigt, erfolgt in einer Gemeinschaftsaktion die vorläufige Sicherung der glasverzierten Kästen mit Säulen und Querbalken, Grablege, Altartisch, Bundeslade, Kreuz-, Engels-, Grabwächter- und Blumenmotiven. Derzeit wird das Heilige Grab bereits am Palmsonntag, nach dem Gottesdienst, aufgebaut und lädt die Kirchenbesucher bis Karsamstag zur Andacht und zum stillen Gebet im Gedenken an Christi Leiden und den Tod ein.
In der Karwoche des Jahres 1895 wurde das ‚Heilige Grab’ zur Veranschaulichung des Heilsgeschehens erstmals im Chorraum der Pfarrkirche aufgestellt. Sein Anblick erschütterte, in einem Zeugnis der Kirchenverwaltung aus dem gleichen Jahre ist es nachzulesen, nicht nur Frauen und Kinder, auch Männer wurden zu Tränen gerührt.
Tiefer Glaube glänzt in buntem Glas. Verschollenes Heiliges Grab im alten Iffeldorfer Pfarrheim entdeckt, war im Juni 2005 ein Zeitungsartikel überschrieben. Und tatsächlich: Im hintersten Winkel unter dem Dachfirst, verdeckt von allerlei anderen verstaubten Dingen, waren seine Einzelteile von beachtlicher Größe zum Vorschein gekommen. Weniger verschollen als vielmehr vergessen. Nun aber kehrten bei vielen Dorfbewohnern die Erinnerungen an das vorösterliche mirakulöse ‚Schauspiel’ zurück: Der Kirchenraum ist vollkommen verdunkelt. Im Hintergrund verborgene Lichter illuminieren die zweigeschossige, die gesamte Höhe und Breite des Chorraums ausfüllende Heiliggrabanlage. (Ursprünglich waren dreißig Petroleumlampen mitgeliefert worden.) In die rostroten Kartons - Holzrahmen geben ihnen Halt - sind ungezählte Öffnungen eingestanzt. Darinnen glitzern vielfarbige gläserne Steine - zusammengefügt zu Kreuz, Monstranz, Marterwerkzeugen, Grabwächtern, Engeln, Blütenkränzen, Blumenkörben, Schriftzeichen, geometrischen Mustern. Hohe dorische Säulen begrenzen die bühnenartige Szenerie. Zwischen den Kapitellen das alles überspannende Spruchband mit den Bibelworten: Sein Grab wird herrlich sein. Eingebettet in die Höhlung des Altartischs eine liegende Christusfigur. Darüber die Nachbildung der Bundeslade. Dem Empfinden nach: Mystik pur. Kunstgeschichtlich eingeordnet: Historismus im Übergang zum Jugendstil.
Die Manufaktur für transparente Glasmosaiken war 1846 von Eduard Zbitek gegründet worden. 1885 hatte Sohn Emil ihn in der Firmenleitung abgelöst. Produkte der Firma Zbitek erfreuten sich über die Lande der Österreichischen Monarchie hinaus großer Beliebtheit. Zu Hunderten gingen die spektakulären Kulissen via Eisenbahn vom mährischen Olmütz-Neustift in die katholische europäische Welt. In Deutschland und Österreich überdauerten nur ganz wenige die Modernisierungsmanie der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Heute zählen sie zu den sakralen Raritäten, weshalb Glaskunstexperten die Iffeldorfer Wiederentdeckung als unerwarteten Glücksfall werten.
Gewährspersonen
Sophie Schweiger, geb. 1942, Bäuerin in Iffeldorf, von Kindheit an fest mit dem kirchlichen und sonstigen Brauchtum in der Gemeinde verbunden.
Brigitte Roßbeck, geb. 1944, Historikerin und Ortschronistin.
Literatur
Brigitte Roßbeck: Pfarrkirche St. Vitus in Iffeldorf. Eine Chronik, Iffeldorf 2008