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Termin
Dieser Brauch findet immer am zweiten oder dritten Samstag des Oktobers statt. Im Jahr 2024 wird er am 12. Oktober durchgeführt.Einstiegsinformation
„Die man das ganze Jahr nicht sah – beim Gallusmarkt sind alle da“. Der Gallusmarkt in Oberstdorf, der jedes Jahr am zweiten oder manchmal auch am dritten Samstag im Oktober stattfindet, erinnert an eine „jahrhundertealte Form des Austausches von Gütern und Nachrichten und der zwischenmenschlichen Begegnungen“. Jung und Alt kommen an diesem Tag ins Zentrum des südlichsten Ortes Deutschlands um sich von den ca. 300 Marktständen beeindrucken zu lassen und um das Eine oder Andere zu erstehen. Der vom Markt Oberstdorf veranstaltete Gallusmarkt ist längst zur Tradition geworden und wird von den meisten Ortsansässigen, aber auch von Touristen und Bürgern des angrenzenden Österreichs, jedes Mal freudig erwartet. Natürlich hat sich das Angebot im Vergleich zu dem in der Zeit der Verleihung des Marktrechts im Jahre 1495, welches Kaiser Maximilian auf Wunsch des Fürstbischofs Friedrich von Augsburg an Oberstdorf verlieh, deutlich verändert. Trotzdem ist der Gallusmarkt, so wie er heute stattfindet, längst zum traditionellen Treffpunkt geworden.Ort
Der Oberstdorfer Gallusmarkt findet im Ortszentrum rund um die katholische Pfarrkirche St. Johann Baptist und in der Fußgängerzone statt. Er umfasst den Marktplatz, die Hauptstraße von der Nebelhornstraße bis zur Weststraße, die Kirchstraße vom Marktplatz bis zur Bachstraße, die Weststraße vom Marktplatz bis zur Luitpoldstraße, die Prinzenstraße bis zur Ludwigstraße, die Ludwigstraße von der Promenadenstraße bis zur Oststraße sowie die Oststraße vom Marktplatz bis zur Schustergasse.Ablauf
Bis vor einigen Jahren fand der Oberstdorfer Gallusmarkt jedes Jahr am 16. Oktober (Gallustag) statt. Seit 1997 wurde der Markttag auf den zweiten bzw. dritten Samstag im Oktober festgesetzt, um auch berufstätigen Menschen den Marktbesuch zu ermöglichen. Von ca. 09:00 - 17:00 Uhr findet der traditionelle Krämermarkt, an dem sich ca. 300 Händler aus dem gesamten Süddeutschen Raum beteiligen, im Oberstdorfer Ortskern rund um den Marktplatz statt. Das Angebot reicht von Haushaltsgegenständen über Kleidung, Kosmetikartikel, Schmuck und Spielwaren, sowie Pflanzen und Blumen bis hin zu Lebensmitteln und Gewürzen. Außerdem werden Holzschnitzereien, Dekorationsartikel und andere Handwerkserzeugnisse wie z.B. Bienenwachskerzen oder Strickwaren angeboten. Auch kulinarisch hat der Gallusmarkt einiges zu bieten: zahlreiche Süßigkeitenstände sind ebenso zu finden wie orientalische Feinkosthändler, der Schwerpunkt liegt jedoch auf Spezialitäten aus der Region. Hierzu zählen vor allem diverse Allgäuer Landwirtschaftserzeugnisse, wie Fleisch, Käse und sonstige Milchprodukte. Für viele ortsansässige Vereine und Hilfsorganisationen ist der Markt eine wichtige Einnahmequelle. So betreibt beispielsweise die Oberstdorfer Bergwachtbereitschaft traditionell zwei Losbuden und auch der Förderverein des Gertrud-von-Le-Fort-Gymnasiums ist mit einem Stand vertreten, um Spenden zu sammeln. Die Fördervereine der Grundschule und des Kindergartens betreiben Verkaufsstellen, an denen von den Eltern Kaffee und selbst gebackene Kuchen angeboten werden, um die Gewinne diesen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Die oben genannten Tatsachen haben dazu geführt, dass der Gallusmarkt jedes Jahr von Jung und Alt freudig erwartet wird. Er ist nicht nur für die Oberstdorfer ein beliebter Treffpunkt, sondern auch für die Bewohner der umliegenden Ortschaften sowie des angrenzenden österreichischen Kleinen Walsertals.Hintergrund-Infos
Namensgebung - St. Gallus
Wie zur damaligen Zeit üblich, wurde der Markt nach dem Heiligen, an dessen Gedenktag dieser stattfand, benannt. Da der Markt am 16. Oktober, dem Todestag des Heiligen Gallus stattfand, wurde er als Gallusmarkt bezeichnet. St. Gallus (* um 550 † 16. Oktober 640) war ein irischer Mönch. Zusammen mit Kolumban, der ihn im Kloster Bangor zum Priester geweiht hatte, zog er nach Frankreich und in die Schweiz in der Nähe des Bodensees um dort missionarisch tätig zu werden. Bekannt ist er unter anderem für die Zähmung eines Bären. Der Legende nach soll er diesen dazu gebracht haben, Feuer- und Bauholz zu sammeln. Mit diesem Holz wurde 612 die Einsiedlerhütte errichtet an deren Stelle ab 719 das Kloster St. Gallen entstand. Aus diesem wiederum entstand die Stadt St. Gallen und auch der gleichnamige Kanton ist nach ihm benannt. Außerdem ist der Heilige St. Gallus Patron der Gänse, Hühner und Hähne sowie der Fieberkranken.Der Gallustag
Der 16. Oktober, Gallustag, benannt nach dem Heiligen St. Gallus, ist und war auch schon im Mittelalter ein wichtiger Lostag. Lostage sind bestimmte Jahrestage, an denen nach dem Volksglauben das Wetter vorhergesehen werden kann. Zu damaliger Zeit spielte dies eine wichtige Rolle im Bezug auf landwirtschaftliche Tätigkeiten, wie etwa die Aussaat oder das Einholen von Getreide. Um den Bauern zu ermöglichen sich danach zu richten, wurden die sogenannten Bauernregeln verfasst, wovon einige im Folgenden zu lesen sind:- Auf St. Gallen Tag muß jeder Apfel in seinen Sack.
- Mit St.Hedwig und St.Gall schweigt der Vögel Sang und Schall.
- Ist St.Gallus nicht trocken, folgt ein Sommer mit nassen Socken.
- Hedwige gibt Zucker in die Rübe.
- Viel Regen zu Gallus - Regen bis Weihnachten.
- Trocken am St. Gallus-Tag, verkündet einen trockenen Sommer.
- Auf St. Gallus-Tag nichts mehr draußen bleiben mag.
- Auf St.Gall bleibt die Kuh im Stall.
- Gießt der St. Gallus wie aus einem Faß, ist der nächste Sommer naß.
- Tritt St. Gallus trocken auf, folgt ein nasser Sommer drauf.
Märkte in Oberstdorf
Die Verleihung der Marktrechts 1495 Das alte Oberstdorfer Rathaus zeigt zwei Schlüsselszenen der Oberstdorfer Geschichte. Unterhalb des rechten Bildes ist neben der Jahreszahl 1495 zu lesen: „Oberstdorf wird durch Kaiser Maximilian zum Markt erhoben.“ Der römische König und römisch-deutsche Kaiser, Maximilian I. verlieh im Jahre 1495 auf Wunsch des Fürstbischofs Friedrich von Augsburg, Oberstdorf das Marktrecht. Als Gerichtsherr und Grundherr in Oberstdorf war der Fürstbischof Friedrich von Augsburg dafür verantwortlich und hatte das Recht darüber zu verfügen, was innerhalb seines Territoriums geschah. Grund dafür war, dass er neben der Pfarrei innerhalb seiner Diözese auch für einen weltlichen Besitz, das sogenannte Hochstift, zuständig war und so auch für Oberstdorf, den südlichsten Ort im Hochstift Augsburg. Tatsächlich hatte Maximilian I. eine weit weniger wichtige Rolle bei der Verleihung des Marktrechts als die Darstellung auf dem Rathaus vermuten lässt. Dieser besaß zwar das sogenannte Marktregal, das heißt nur er hatte das Recht eine Ortschaft zum Markt zu erheben. In der Realität ist jedoch kein Fall bekannt, in dem ein Antrag eines Fürsten auf die Privilegierung verzögert oder abgelehnt wurde. Die Motivation des Königs zur Erteilung des Marktrechts dürfte nicht ein persönliches Interesse an dem „dorff im Algew gelegen, Obersdorff genannt“ gewesen sein, Ziel war vielmehr das gute Verhältnis zum Bischof von Augsburg zu pflegen. Die Verleihung der Privilegien war somit für Maximilian ein wichtiges politisches Instrument. Die Urkunde wurde am 6. Februar 1495 in Breda (in den heutigen Niederlanden) vom damaligen Erzkanzler Berthold von Henneberg unterzeichnet, laut Urkunde „Ad mandatum domini regis“, also im Auftrag des Herrn Königs. Von dort gelangte die Urkunde zur Residenz des Bischofs von Augsburg nach Dillingen. Heute befindet sie sich im neuen Staatsarchiv Augsburg (Signatur: Hochstift Augsburg, Urk. 2109). Textauszug der UrkundeWir, Maximilian, von Gottes Gnaden Römischer König […] machen öffentlich mit dieser Urkunde bekannt und kund für jedermann, daß uns der ehrwürdige Friedrich, Bischof zu Augsburg, unser Fürst, Rat und „lieber Andächtiger“, ein Anliegen vorgetragen hat, in Bezug auf ein Dorf im Allgäu gelegen, genannt Oberstdorf, das ihm und seinem (Hoch)stift rechtlich zugehört. […] Er hat uns in dieser Sache demütig angerufen und gebeten, ihn und das genannte Dorf mit den nachher bezeichneten Gunstbeweisen (Gnaden) und Sonderrechten (Freiheiten) wohlwollend auszustatten (zu versehen). […] Darum haben wir mit wohlbedachter Absicht und auf guten Rat hin demselben Bischof Friedrich die besondere Gnade und Unabhängigkeit (Freiheit) getan, daß er aus dem genannten (berührten) Dorf einen Markt aufrichten und abhalten (machen) darf und diesen mit den notwendigen Gebäuden und Befestigungen versehen und das Marktrecht daselbst haben und gebrauchen darf. Auch von jetzt an (hinfort) kann er jährlich einen Jahrmarkt zu einem Tag und zu einer Zeit halten, die ihm passend (füglich) sein wird, und jeden Montag einen Wochenmarkt. Und dazu ist ihm ein Halsgericht zu halten erlaubt (gegönnt), indem er Stock und Galgen errichtet. Nach dem Blutbann daselbst zu richten, verleihen wir ihm wohlwollend (gnädig) als Lehen, tun, geben, gönnen, erlauben und verleihen wir ihm solches alles von römischer königlicher Macht, offenbar (wissentlich) aufgrund dieser Urkunde. Also daß der genannte unser Fürstbischof Friedrich von Augsburg und seine Nachfolger bei dem jetzt bestimmten Dorf Oberstdorf ein Halsgericht, Stock und Galgen aufbauen (aufrichten) und nach dem Blutbann daselbst richten, von uns und dem heiligen Reich als Lehen und von ehrbaren, rechtschaffenen Personen, seinen Amtsleuten, ausüben lassen, die ihm jederzeit dazu tüchtig und nützlich erscheinen (dünken), ferner zu richten, befehlen sollen und können (mögen). Und daß alsdann dieselben Amtsleute nach gewalttätigen (übertätigen), in schlechtem Ruf stehenden (übel beleumundeten) Leuten, die sie in dem genannten (gemeldeten) Dorf Oberstdorf und seinen Grenzen (Ettern) und Gütern antreffen, verhaften (greifen), peinliche Befragung durchführen und sie auf ihr Geständnis (Bekenntnis) oder offen gezeigten (offenbare) strafbare Tat nach des heiligen Reiches Recht öffentlich bestrafen. […] Mit Zeugnis dieser Urkunde (Briefs), gesiegelt mit unserem anhängenden königlichen Siegel. Gegeben zu Breda am sechsten Tag des Monats Februar nach Christi Geburt vierzehnhundertfünfundneunzig, unserer Herrschaft im römischen Reich im neunten, im ungarischen im fünften Jahr […].Die Entwicklung der Märkte in Oberstdorf In der Urkunde der Marktrechtsverleihung von 1495 wurde den Oberstdorfern zugestanden, jährlich einen Jahrmarkt abzuhalten. Wahrscheinlich wurde der Tag Johannes des Täufers (24.Juni), der gleichzeitig auch Kirchweihtag war, gewählt. 1544 wurden bereits zwei Jahrmärkte erwähnt, neben dem Johannesmarkt der Agnesmarkt am 21. Januar. Außerdem wurde montags ein Wochenmarkt abgehalten, der jedoch in den folgenden Jahrzehnten aufgrund von Kundenmangel und unsicherer Zeitläufe immer wieder ausgesetzt wurde. Nicht nur für die Ortsansässigen, sondern auch für die Bewohner des Kleinen Walsertals waren die Oberstdorfer Märkte aufgrund der abgeschlossenen Lage von großer Bedeutung. Die Walser waren auf die Waren aus dem Allgäu angewiesen (z.B. Mehl, Salz, Wein), sie boten aber im Gegenzug auch ihre Erzeugnisse an (z.B. Vieh, Käse, Schmalz). Auch die Tannberger nahmen den fünf bis sechs Stunden langen Weg in Kauf, um nach Oberstdorf zu gelangen. Die wirtschaftliche Bedeutung des Handels über die Berge hinweg zeigt sich unter anderem darin, dass sie für viel Geld einen Weg über den Schrofenpass anlegten um schneller zum Marktort zu gelangen. Ohne ausdrückliche Genehmigung hielten die Oberstdorfer einen dritten Jahrmarkt, den Gallusmarkt (damals noch am 14. Oktober) ab. Dieser wurde in der Schöllanger Chronik erstmals 1670 erwähnt. Im Laufe der Zeit wurde aus dem Agnesmarkt der Sebastianusmarkt (20. Januar). Es wird sogar ein vierter Jahrmarkt an Heilig Abend erwähnt, welcher jedoch nicht genehmigt war, wie der Bericht des Landschreibers Luger von 1785 zeigt:
Der Markt zu Oberstorf ist mit drey Jahres- und einem ordentlichen Wochen-Markt privilegiert. Unter jenen fällt der erste jährlich auf Sebastiani, der zweyte auf Johann den Taufer und der dritte auf Donnerstag nach St. Galli. Der Wochenmarkt hingegen wird alle Montag des Jahrs abgehalten. Die Handels Artikel bestehen außer den kurzen Kramer Waaren meistens in Frucht […], Schmalz, Käse, Schneken, Bohnen und Erbsen.Mit dem zunehmenden Auftreten von Ladengeschäften verloren die Märkte mehr und mehr an Bedeutung und wurden nacheinander abgeschafft. 1890 wurden letztmals alle vier Jahrmärkte abgehalten. Seit 1930 ist, mit Ausnahme einer Wiederbelebung des Christkindlesmarkt seit 1987, nur noch der Gallusmarkt als Relikt aus vergangenen Tagen erhalten.
Weblinks
- http://www.heiligenlexikon.de/BiographienG/Gallus.html
- http://oberstdorf-online.info/brauchtum/gallusmarkt.htm
- http://www.wikivoyage.org/de/Schrofenpass
Belege, Literatur
- Eberhard, Kurt (Verschönerungsverein Oberstdorf): 500 Jahre Markt Oberstdorf. Unser Oberstdorf, Blätter zur Heimatgschichte. Oberstdorf, Verschönerungsverein Oberstdorf, Sonderheft März 1995.
- Varnhorn, Beate u.a. (Bertelsmann Lexikon Institut).: Stichwort: „Lostage“. In: Bertelsmann Universal Lexikon. Gütersloh/München, Wissen Media Verlag GmbH, neue Auflage 2004.
- Pflegamtsbeschreibung der Herrschaft Rettenberg, Staatsarchiv Augsburg, Hochstift Augsburg MüB Lit. 408a, S.157-159. In: Märkte und Handel im oberen Allgäu. In: Kettemann, Otto (Hrsg.) „Droben im Allgäu, wo das Brot ein End` hat. Zur Kulturgeschichte einer Region“. Kronburg-Illerbeuren, Memminger Zeitung Verlagsdruckereien GmbH, 2000.