Fastnacht in Rheinland-Pfalz

Termin

Der Brauch findet vom 06. Januar bis zum 05. März 2025 statt.

Einstiegsinformation

Fastnachtswagen als Wikingerschiff.

Für die Zeit zwischen Dreikönig und Aschermittwoch haben sich in Deutschland verschiedene Namen entwickelt. Diese sind „Fastnacht“, „Karneval“ und „Fasching“. Das Wort „Fastnacht“, welches vor allem im süddeutsch-alemannischen Raum gebraucht wird, ist auf den kirchlichen Begriff „Fasten“ zurückzuführen und bedeutet „Fastennacht“, womit der Abend und die Nacht vor Beginn der Fastenzeit gemeint ist. Eine andere Bezeichnung ist „Karneval“. Sie wird am mittleren Rhein verwendet und ist mit dem kirchlichen Ausdruck für den Beginn der Fastenzeit „carnis levamen“, der „Fleischwegnahme“ zu erklären. Außerdem gibt es den Ausdruck „Fasching“. Er wird im bayrischen und österreichischen Raum gebraucht und kann von dem Wort „vastschang“ abgeleitet werden, welches für „Ausschenken des Fastentrunkes“ steht. Alle drei Bezeichnungen kennzeichnen einen Zeitpunkt vor dem Anfang der Fastenzeit, der mit der Gelegenheit verbunden wird noch einmal ein Übermaß an Essen und Trinken zu sich zu nehmen und den Lebensgenuss zu steigern.

Überblick über die Fastnachtstage

Altweiberfastnacht

Die Fastnachtszeit beginnt am letzten Donnerstag vor der Fastenzeit (Der Donnerstag vor Rosenmontag). An diesem Tag wird im Rheinland die Altweiberfastnacht gefeiert. Die Frauen übernehmen symbolisch die Herrschaft und ziehen verkleidet in Gruppen durch die Orte. Diese Herrschaftsübernahme der Frauen drückt sich auch in dem Brauch aus, dass den Männern an diesem Tag von den so genannten Möhnen ein Stück vom Schlips abgeschnitten wird. In einigen Orten finden an diesem Tag Altweiberbälle- oder Sitzungen statt.

Fastnachtsfreitag

Am Fastnachtsfreitag gibt es fast gar keine oder nur wenig Veranstaltungen, denn es ist der Gedenktag an den Kreuzestod Christi. (Es gibt ein päpstliches Edikt von 1748, nachdem am Freitag das Fastnachtstreiben verboten ist.)

Fastnachtssamstag

Am Fastnachtssamstag findet in einigen Orten die „Rathauserstürmung“ statt, was die Übernahme der Narren der Regierungsgewalt symbolisiert. Es gibt den Brauch dabei den Bürgermeister zu verhaften und die Narrenfahne zu hissen. An diesem Tag finden in vielen Orten Fastnachtssitzungen statt.

Fastnachtswagen beim Umzug.

Fastnachtssonntag

Am Fastnachtssonntag finden Fastnachtsumzüge statt. Highlight ist an diesem Tag der nächtliche Fastnachtsumzug in Boppard am Mittelrhein.

Rosenmontag

Der Rosenmontag ist der Tag der Fastnachtsumzüge. An diesem Tag werden überall in Rheinland Pfalz größere oder kleinere Umzüge veranstaltet. Die Umzüge bestehen aus Umzugswagen, die geschmückt und bunt gestaltet sind und oft aktuelle oder alltägliche Ereignisse satirisch darstellen. Außerdem gibt es Musikkapellen und Fußgruppen, die verkleidet bei dem Zug mitgehen. Manche Züge stehen unter einem bestimmten Motto. Das Prinzenpaar kommt immer zuletzt und stellt das Ende des Fastnachtsumzuges dar.

Bingen

Der Mäuseturm (das Wahrzeichen der Stadt Bingen) mit Narrenkappe ist das Emblem des Bingener Karnevalsvereins. Am ersten Sonntag nach Neujahr werden die Vereinsflagge des Karnevalsvereins und die Stadtfahne auf dem Bingener Speisemarkt gehisst. Umrahmt wird dies mit einem Umzug bei dem Gardemädchen die Fahnen tragen. Am Donnerstag (Altweiberfastnacht) wird die Burg Klopp (dort ist das Bingener Rathaus) mit einem musikalisch unterstützten Marsch gestürmt. Um 17.11 Uhr wird die Übergabe der Burg Klopp gefordert. Ist die Übergabe erfolgt, wird der Stadt dies durch fünf Böllerschüsse durch den Schützenverein mitgeteilt.

Trier

Trier ist die älteste Fastnachtshochburg. Neben Rosenmontagszügen und Fastnachtssitzungen wird dort an den Fastnachtstagen auch auf soziales und internationales Engagement Wert gelegt. Die „Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval“ verleiht jedes Jahr den Kaiser- Augustus- Orden für besondere soziale Verdienste mit einer Geldspende. Außerdem werden gemeinsam mit Nachbargemeinden aus Frankreich Auftritte, Grußworte und Besuche organisiert.

Mainz

Die Mainzer Fastnacht (als 5. Jahreszeit) wird mit der jährlichen Verlesung der elf Fastnachtsgesetze durch den Oberbürgermeister von dem Balkon des Osteiner Hofes am 11.11. um 11.11 Uhr eingeleitet. Bekannt ist auch der Fastnachtsbrunnen am Schillerplatz, auf dem 200 Figuren aus Bronze zu sehen sind, die die Mainzer Fastnachts und die Stadtgeschichte zeigen (z.B. Till Eulenspiegel, Vater Rhein, Tochter Mosel, etc. ).

Die Fastnacht ist auch Höhepunkt der politischen Kultur. Politische Ereignisse werden durch übertrieben dargestellte Traditionsfiguren und große Umzugswagen verspottet und närrisch kritisiert. Durch die Herausgabe der Fastnachtszeitung „Narrhalla“ und die „Neue Mainzer Narrenzeitung“ wurde die Politisierung des Mainzer Karnevals in den 40er Jahren verstärkt. Dies kann auch als Geburtsstunde der politisch- literarischen Mainzer Fastnacht bezeichnet werden. Sie entwickelte sich immer weiter zu einem Spiegel der Gesellschaft und der politischen Ereignisse. So erstattet beispielsweise der „Bote des Bundestages“ satirisch Bericht.

Motto der Narren ist „Ridendo dicere verum“, was bedeutet „Lachen verkündet die Wahrheit“. Zentrale Figuren der Mainzer Saalfastnacht sind der „Bajazz mit Laterne“, eine Art Clownsfigur die vom Bajazzo der italienischen Volksspiels abstammt und „Till Eulenspiegel“, mit dem auf mittelalterliches Brauchtum und auf demokratische Emanzipationsbestrebungen zurückgegriffen wird. Er äußert im Gewand eines Hofnarrens mittels Spiegels und Schellenmütze kritischen Spott gegenüber der Obrigkeit.

Sehr bekannt ist die Mainzer Fernsehfastnachtssitzung „Mainz bleibt Mainz wie es singt und lacht“. Durch die Bundesweite Ausstrahlung im Fernsehen wurde sie berühmt. Am 17. Januar 1955 feierte die Fernsehfastnacht Premiere. Die Fernsehfastnachtssitzung besteht aus politisch- literarischen Vorträgen, Kokolores- Beiträgen, Tanz und Musik.

Der Mainzer Rosenmontagszug ist ein sehr großes Spektakel. Er ist jedes Jahr ca. sieben Kilometer lang und besteht aus ungefähr 25 Garden, 3 100 Musikern, 200 Reitern, 35 Zugpferden, 137 Fastnachtswagen, 20 politischen Motivwagen, 120 Traktoren und Zugmaschinen und einer halben Millionen Zuschauer.

Auch die so genannte Ranzengarde darf am Rosenmontagszug nicht fehlen. 1837 wurde die Ranzengarde von Johann Maria Kertell gegründet. Sie war der erste Fastnachtsverein in Mainz und prägte gemeinsam mit dem Mainzer Karnevalsverein die ersten 20 Jahre der Mainzer Fastnacht. Der Name „Ranzen“ stammt aus dem rheinland- pfälzischen Dialekt und bedeutet „dicker Bauch“. Die Ranzengarde verspottet mit diesem Namen und ihrer Uniform die „langen Kerls“. Das waren die Soldaten des Kaiser Friedrichs dem I. von Preußen, denn dieser forderte eine bestimmte Größe für seine Soldaten. Die Ranzengarde parodiert dies mit einem vorausgesetzten Bauchumfang als Aufnahmebedingung.

Auf dem Mainzer Rosenmontagszug sind ebenfalls die „Meenzer Schwellköpp“ Tradition. Ludwig Lipp hatte 1927 die Idee für die Mainzer Schwellköpp. Schwellköppe sind überdimensional große Gesichter, die lustige Mainzer Typen charakterisieren. Ein Schwellkopp wiegt ungefähr 25 Kilo.

Hintergrundinformationen zur Mainzer Fastnacht

Im 16. Jahrhundert fanden schon erste närrische Umtriebe statt. Im 19. Jahrhundert wurden die ersten Fastnachtsvereine in Mainz gegründet. 1837 organisierte der Kaufmann Nicolaus Krieger einen bunten Narrenzug, den „Krähwinkler Landsturm“. Dieser kann als Vorläufer des Rosenmontagszuges bezeichnet werden. 1838 wurde der Mainzer Carnevalsverein (MCV) gegründet und bisherigen karnevalistische Handlungen der Menschen wurde ein organisierter Rahmen gegeben. Der nun organisierte Fastnachtsumzug durch den MCV sollte die Verbreitung von Frohsinn und Wohltun zum Ziel haben. Die politischen Themen, die heutzutage angesprochen werden, waren früher nicht vorgesehen. Die ersten Rosenmontagszüge waren die Feier der Vermählung von „König Carneval“ und „Jungfrau Moguntia“ oder die Geburt des „Hanswursts“ aus einer riesigen Weinflasche.

Musik

Der Narrhalla Marsch wird an Fastnacht am häufigsten gespielt. Er stellt die musikalische Antwort auf die Frage „Wolle mer se roilasse?“, bei der Ankündigung vor einem Auftritt auf der Fastnachtssitzung dar. Ursprünglich stammt er aus der französischen Oper „Der Bauer von Preston“ von Adolphe Adam 1839. Der Mainzer Profi- Musiker und Gründungsmitglied des MCVs Carl Zulehner entwickelte aus Adolphe Adams Wird den Ohrwurm „Narrhalla Marsch“.

Urgestein der Mainzer Fastnacht war der Sänger Ernst Neger. Zusammen mit dem Komponisten Toni Hämmerle war er ein unverzichtbarer Programmpunkt der Mainzer Fernsehfastnacht. Bekannte Lieder waren beispielsweise: „Humba Täterä“, „Heile, heile Gänsje“, „Hier am Rhein geht die Sonne nicht unter“, „Wir haben immer noch Durst“ und viele mehr.

Bekannt für die Mainzer Fastnacht sind auch die „Mainzer Hofsänger“. 1926 gründete Jakob Treichler zusammen mit 20 Mitgliedern des „Extra Chors des Mainzer Konservatoriums“ die „Musik- Hochschul- Sänger“, später „Mainzer Hofsänger“. Zum ersten Mal traten sie für den Mainzer Carneval Verein auf, wurden dadurch zu den Hofsängern am Hofe des Prinzen Karnevals und ihr Auftritt damit Tradition auf der Mainzer Fastnacht. Das Lied „Sassa“ ist Markenzeichen der Mainzer Hofsänger und wird seit 1947 immer am Ende des Auftritts der Hofsänger gesungen.

Weblinks

Literatur

  • Grabmayer, Johannes (Hrsg.): „Das Königreich der Narren“ (Fasching im Mittelalter), Klagenfurt, 2009.