Der Heimatverein aus Thalkirchdorf verfügt, dank des heimischen Künstlers und Bildhauers Gallus Witzigmann über 36 handgeschnitzte Holzmasken. Die Masken, auch Larven genannt, stellen vermutlich Hexen, Geister oder Dämonen dar.
Am Faschingsdienstag, im Dialekt auch Fasnachtziestag genannt, laufen verkleidete Dorfbewohner, in diesen hölzernen Hexenmasken durch das kleine Dorf Thalkirchdorf. Dieser alemannische Brauch wird jedes Jahr wiederholt und wird dank des Einsatzes des Heimatvereins von Generation zu Generation weitergegeben.
Ablauf
Am letzten Dienstag in der Faschingszeit, findet in Thalkirchdorf in der Gemeinde Oberstaufen, ein Faschingsumzug mit Narrensprung statt. Der Narrensprung ist ein traditioneller Umzug der schwäbisch-alemannischen Fasnacht, bei welchem vor allem Maskengruppen teilnehmen.
Hier verkleiden sich Dorfbewohner mit handgeschnitzten Masken aus Lindenholz und laufen durch Thalkirchdorf. Sie sind Hauptteilnehmer am Faschingsumzug und prägen mit ihrem Auftreten und Tanzeinlagen den Thaler Fasching. Die 36 Masken sind zentraler Punkt des Umzugs und haben eine wichtige Aufgabe am Ende des Faschingstages.
Der Umzug
Der Fasnachtsumzug des Heimatvereins beginnt in Wiedemannsdorf, führt ins Kirchdorf und endet im Thaler Festsaal. Alle zwei Jahre werden Wagen geschmückt und thematisch dekoriert, während in den anderen Jahren ein Umzug zu Fuß abgehalten wird.
Mitwirkende sind die Thalkirchdorfer Blasmusik, die Thaler Narren, der Butz, Reitergruppe, Fahnenabordnung und maskiertes Fußvolk aus den verschiedenen Weilern.
An verschiedenen zentralen Punkten der Strecke führen die Thaler Narren einen Tanz vor, der durch die Musikkapelle begleitet wird.
Kehraus
Der Kehraus ist am Faschingsdienstagabend und findet in Thalkirchdorf im örtlichen Festsaal statt. Mit musikalischer Untermalung und Tanz wird bis Mitternacht der Fasching gefeiert. Pünktlich um Mitternacht stirbt der Butz den symbolischen Tod des Faschings und fällt auf der Tanzfläche zusammen. Danach wird der Butz durch den Fähnrich mit der Fasnachtsfahne zugedeckt und von den versammelten Narren, unter Jammern und Tränen, aus dem Saal getragen. Mit dem Tod des Butz ist der Fasching in Thalkirchdorf vorbei und der Kehraus beendet.
Akteure
Dieser Brauch wird meist von den jüngeren Mitgliedern des Heimatvereins Thalkirchdorf dargeboten. Um eine der beliebten Masken tragen zu dürfen, ist eine aktive Teilnahme am Vereinsleben erforderlich. Da die Nachfrage größer ist als die Anzahl der Masken, müssen die Verantwortlichen für eine gerechte Verteilung der beliebten Lindenholzmasken achten.
Den Brauch der Holzlarven weiter zu führen, erfüllt die Maskenträger mit Stolz und erfreut die älteren Dorfbewohner, die somit das Erhalten des Brauches gesichert wissen.
Kostüme
Die meisten Maskenträger tragen einen Umhang aus groben Rupfen und Holzschuhen, die von dem ortsansässigen Handwerker Franz-Josef Heinle geschnitzt werden. Zu den Holzschuhen gehört auch eine Haselnussstock, an welchem eine Schelle (ein Glöckchen) oder eine aufgeblasene Schweineblase befestigt wird. Während des Umzugs wird diese Schweineblase, im Dialekt auch Saublotr genannt, den Zuschauern und Passanten unter die Nase gehalten.
Es gibt sechs Masken die als Hexen bezeichnet werden. Dieser kleine Teil der Maskenträger, die weibliche Figuren darstellen, tragen eine Bluse und einen Rock. Statt einem Haselnussstecken haben diese Figuren eine Reisigbesen, um die Zuschauer zu ärgern.
Die Masken wurden speziell für Männer, Frauen und Kinder gefertigt und unterscheiden sich daher nicht nur von den Gesichtszügen, sondern auch durch die jeweiligen Größen.
Rollen
Einige Masken wurden aufgrund von Sagen oder Bräuchen gefertigt und haben daher markante Kostüme.
Einigen wurden im Laufe der Zeit Name wie s Blärhäfele oder d´r Dennebergrichter zugewiesen.
Der Teufel
1967 schnitzte Gallus Witzigmann diese erste Holzmaske. Sie hat ein verzerrtes Gesicht und zwei Hörner. Hierzu gehört eine an die Maske genähte rote Kapuze, ein kurzer roter Umhang, ein schwarzer Pullover, Strumpfhose und eine Teufelsgabel.
Einige Jahre war der Teufel die einzige Maske, die am Thaler Fasnachtziestag getragen wurde.
Der Hund
Diese Maske stellt einen Hund dar, der in seinem Maul einen Schlüssel trägt. Zur Maske gehört noch ein brauner Umhang, weißes Hemd, sowie weiß-graue Stulpen.
Eine Sage erzählt, dass in einer Felsenhöhle oberhalb von Wiedemannsdorf bei Thalkirchdorf, auch Schatzloch genannt, eine Truhe mit Gold und Silber versteckt liegt. Diese Truhe wird, laut Sage, von einem Pudel mit feurigen Augen bewacht, welcher den Schlüssel zu dieser Truhe im Maul trägt.
Diese Maske wurde von Herrn Witzigmann mit dem Hintergedanken geschnitzt, die Kinder im Dorf an die Sage vom Schatzloch zu erinnern und dafür zu sorgen, dass diese nicht vergessen wird.
Der Dennebergrichter D´r Dennebergrichter
Diese Maske stellt eine Figur dar, die einem früher gebrauchtem Sprichwort entspricht. Darin hieß es der Dennebergrichter würde diejenigen, die von rechten Weg abgekommen sind und ein unsittliches Leben führen, wieder bekehren. D Dennebergrichter wird´n scho richte!
Diese Gestalt wurde nach dem Hausberg Thalkirchdorfs benannt und diente als maßregelnde Macht.
Die Maske hat einen weißen Haaransatz, welcher die weißen Haarperücken der Richter, beispielsweise aus England, darstellen soll.
Das Blärhäfele
(Bezeichnung eines ständig weinenden und jammernden Kindes)
Der Butz
Eine weitere zentrale Person ist der sogenannte Butz. Die Aufgabe dieser Rolle ist, an die Pestopfer zu erinnern.
Er trägt ein bunt gemustertes Gewand und eine Mütze, zudem ist er geschminkt und erinnert an eine Art Clown. Er trägt zudem eine Zwicke mit sich, mit welcher er den Zuschauern Hüte oder ähnliches stiehlt. Er verkörpert eine freche, positive und allzeit spaßende Figur, die die Zuschauer und Mitwirkende zu Lachen bringen aber auch necken soll.
Der Höhepunkt dieser Rolle ist am Faschingsdienstag um Mitternacht. Dann fällt er in Mitten der Tanzfläche zusammen und stirbt, damit beendet er die Faschingszeit und den Kehraus in Thalkirchdorf.
Der Butz aus Thalkirchdorf ähnelt der Figur aus der Nachbargemeinde Oberstaufen, welcher in seiner rechten Hand statt der Zwicke, einen Besen trägt, mit dem er den Ort symbolisch von der Pest reinigen soll. Dieser Brauch geht zurück auf die Pestzeit im 17. Jahrhundert.
Im Jahre 1635, nach dem Dreißigjährigen Krieg und nachdem das schwedische Regiment durch das Konstanzer Tal zog, folgte die Pest. Diese sehr ansteckende Seuche, die durch die kaiserliche Soldaten eingeschleppt wurde, forderte viele Hundert Opfer. Die Überlebenden hatten mit Armut und großen Nöten zu kämpfen.
In dieser Zeit befahl Graf Hugo von Königsegg Regent der Herrschaft Staufen, die Menschen wieder aufzuheitern. Er stiftete eine kostbare Fahne und gebot, diese alle Jahre am Faschingsdienstag in einem Umzug durch den Ort zu tragen. Dieser Tag solle mit Frohsinn festlich gefeiert werden.
Geschichte
Der Thalkirchdorfer Künstler und Handwerker Gallus Witzigmann schnitzte 1967 die erste Maske. Dr´Galle, wie er von den Dorfbewohnern oft genannt wurde, wollt damit an den alten alemannischen Brauch, dass die Hexen den Winter austreiben erinnern.
Die Thaler Maskenträger nahmen 1975, auf eine Einladung der Fasnachtszunft Dornbirn, schon mit 10 Masken an dem örtlichen Umzug teil.1978 als die Thaler Hexen das erste mal bei den Umzügen in Scheidegg und Lindau teilnahmen, waren es bereits 17 Masken. In den folgenden Jahren fertigte Gallus Witzigmann noch 19 weitere Masken mit jeweils verschiedenen Gesichtern, die frei seiner Phantasie entstanden sind.
Gallus Witzigmann starb 1997 und hinterließ dem Heimatverein und den Dorfbewohnern 36 Holzmasken.
Gallus Witzigmann
Gallus Witzigmann wurde 1909 geboren und begann schon früh das Handwerk seines Vater nach zu ahmen. Er übte sich in Schnitzerei und Malerei und durfte schon früh seinem Vater beim fertigen der Theaterbühnenbilder zur Hand gehen.
Er fühlte sich der Brauchtumspflege sehr verpflichtet, was ihn zum Hauptinitiator von Projekten wie dem Huimatle oder dem heutigen Thaler Narren machte.
Mit seinem Handwerk gestaltete er viele Dorfbrunnen, um Thalkirchdorf zu verschönern. Zu diesen zählt unter anderem auch der Marienbrunnen vor der Pfarrkirche Thalkirchdorf. Als Altarbild für die Kapelle in Knechtenhofen schnitzte er 1973 die Schutzmantelmadonna. Zudem gestaltete er die Krippe in der Pfarrkirche Thalkirchdorf, welche jedes Jahr zu Weihnachten aufgebaut wird. Zu seinen Werken zählte zudem das Bühnenbild des Thaler Festsaals, sowie einige Aquarelle, Holzschnitte, Radierungen und Bleistiftzeichnungen die die Natur um Thalkirchdorf festhalten.
Der Maler, Bildhauer, Bühnenbildner, Musiker und Laienspieler verstarb 1997, im Alter von 88 Jahren und wird seither als legendäre Persönlichkeit in Erinnerung behalten.
Hintergrund-Infos
Thalkirchdorf
Seit Gründung des Königreiches Bayern war Thalkirchdorf eine unabhängige politische Gemeinde, bis es im Zuge der Gebietsreform 1972 in die Marktgemeinde Oberstaufen eingemeindet wurde.
Thalkirchdorf, das Dorf der sieben Dörfern bestand aus den Ortsteilen, Kirchdorf, Knechtenhofen, Konstanzer, Lamprechts, Osterdorf, Salmas und Wiedemannsdorf. Damit nach der Eingemeindung der klangvolle Ortsname nicht verlorengeht, hat man den Ortsteil Kirchdorf in Thalkirchdorf umbenannt.
Das im Jahre 1258 erstmals, in einem Würzburger Lehenbuch, erwähnte Dorf liegt im Konstanzer Tal, durch welches bereits um 250 n. Chr. eine Römerstraße führte. Die Via Decia war im 14. Jahrhundert eine bedeutende Handelsstraße, auf welcher vor allem Salz transportiert wurde.
Seit 1972 ist Thalkirchdorf Teil des Marktes Oberstaufen im Landkreis Oberallgäu.
Heimatverein Thalkirchdorf
Der Heimatverein Thalkirchdorf besteht seit 1956 und zählt zurzeit 302 Mitglieder. Der Verein besteht aus mehreren Untergruppen, wie den Jodlern, Kinderplattlern, Jugendplattlern, Plattlern, Volkstanzgruppe und der Theatergruppe. Hierzu gehören auch die Thaler Narren.
Der Heimatverein veranstaltet regelmäßig Heimatabende und organisiert Feste und Umzüge.
Zum Verein gehört auch ein Anwesen in Knechtenhofen, das „Huimatle“.
Heimatmuseum s´Huimatle
Das Bauernhausmuseum sHuimatle wurde 1979 eröffnet. Das Bauernhaus selbst besteht schon seit über 300 Jahren. Es befindet sich im Ortsteil Knechtenhofen, circa 3 Kilometer von Oberstaufen entfernt. In diesem Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert lernen Besucher einiges über das Leben, Bräuche und Handwerk aus dem Konstanzer Tal.
1975 wurde das Anwesen Knechtenhofen Nr. 7 erworben und nach 3- jährige Restaurierung, wurde es zum Bauernhausmuseum. Initiator für die umfangreichen Bauarbeiten war Gallus Witzigmann.
Hier werden während des Jahres die handgeschnitzten Holzmasken ausgestellt und können auch anprobiert werden. Zudem erfährt man viel über den Künstler und seine Absicht hinter den geschnitzten Holzmasken.
Öffnungszeiten: Mai - Oktober
* jeweils Mittwoch von 14:00 bis 16:00 und
* Sonntag von 10:00 bis 12:00 Uhr