Faschingsbräuche in Kaufbeuren

Termin

Der Brauch findet vom 08.02. bis 14.02.2024 statt.

Einstiegsinformation

Faschingsexpress in Kaufbeuren.
In der kreisfreien Stadt Kaufbeuren gibt es diverse Faschingsbräuche, wobei in diesem Artikel die Saskaler Armee und der Faschingsexpress vorgestellt werden. Die Mitglieder beider Vereine werden jedes Jahr zur närrischen Zeit in Kaufbeuren und unter anderem dessen Stadtteil Neugablonz aktiv und belustigen das Narrenvolk.

Saskaler Armee

Höhepunkt der Saskaler Armee in der Faschingszeit ist für das Narrenvolk der Saskaler Ball, der jedes Jahr am Freitag-, in Ausnahmefällen auch am Samstagabend, vor dem Faschingswochenende stattfindet.

Saskaler Ball

Am Freitagabend, in der Regel eine Woche vor dem Rußigen Freitag, findet jährlich der Saskaler Ball statt. Traditionell steht er unter einem bestimmten Motto, nach dem sich das Volk - wenn möglich - passend kostümieren soll.
  • Im Jahre 1962 feierten sie beispielsweise den `Wiener Hofball`,
  • 1972 die Saskaler Olympiade
  • 1984 den Saskaler Ganovenball
  • 1990 die Traumfabrik Hollywood
  • 2011 Saskaler Wiesn
Der Phantasie sind bei der Themenwahl keine Grenzen gesetzt.  Dieses Jahr, 2012, feierte der Verein sein 100-jähriges Bestehen unter dem Thema "Als die Bälle laufen lernten". Dieser fand am Samstag, den 11.02.2012, in der Neugablonzer Turnhalle statt. Um 19.30 Uhr begann das Faschingstreiben, wobei ab 18.30 Uhr der Einlass war.

Ablauf des Saskaler Balls 2012 "Als die Bälle laufen lernten"

Während der Regimentsmarsch gespielt wurde, zogen die Soldaten hinter ihrer Fahne, der mitgeführten Kanone und Hauptmann Zasche in die Turnhalle in Neugablonz ein, die restlos ausverkauft war. Das 13. Regiment unter dem Kommandanten Klemm wurde anschließend einem Kleiderappell unterzogen, bevor der Hauptmann die Tagesparole ausrief. Dann führten die Armisten eine Exerziereinheit durch. Mit einem VW-Käfer, der plötzlich in der Neugablonzer Turnhalle stand, begann das Theaterstück, bei dem Familie Weiß mit dem Beetle nach Spanien in den Urlaub fahren wollte. Nach diesem Showakt spielte die Tanzband Espresso. Als diese eine Pause einlegte, begann der nächste Showhöhepunkt: vier Pinguine landeten auf dem Weg zum Südpol in Neugablonz, „weil es da ja so viele Po(h)le gäbe.“ Dies zielte auf Bernhard Pohl ab, der Mitglied des Landtags und Stadtrats in Kaufbeuren ist. Durch seine unterschiedlichen gegensätzlichen politischen Äußerungen, wurde die Frage nach einem Po(h)l und einer Meinung aufgeworfen. (Erklärung der Autorin) Ein als Krankenschwester verkleideter Saskaler konnte den Pinguinen schließlich bei der Suche nach dem Weg helfen. Die darauffolgende Showeinlage des Saskaler Frauenregiments, die sich `Das Sexte Regiment` nennt, beendete schließlich mit einem Hexentanz das Programm der Saskaler Armee. Die Tanzfläche wurde dann den Narren überlassen.

Vereinsprogramm außerhalb der Faschingszeit

Auch außerhalb der Faschingszeit ist die Saskaler Armee sehr aktiv. Ab dem Jahre 1970 initiierten sie mehrtägige Fahrten, zum Beispiel 1975 nach Salzburg, auf die Gablonzer Hütte 1981 oder nach Südtirol 1983, die im Sommer und Herbst durchgeführt wurden.  Zudem wurde im Herbst 1969 das erste Weinfest im Gasthaus Brem in Ketterschwang organisiert, welches sich bis heute, von den Jahren 1978 und 1979 abgesehen, zum festen Bestandteil des Vereinslebens entwickelt hat. Auch zwischen diesen festen Einrichtungen lädt der Vorstand immer wieder zu diversen Ausflügen und Aktivitäten, den sogenannten Manövern. Beispiele sind Wander- und Fahrradausflüge, Grillabende und Kegelrunden.

Hintergrund-Infos

Als der Krieg 1912 immer näher rückte, gründeten Soldaten des 74. und 94. Infanterieregiments den Verein Saskaler Armee. Die Namensgebung hat sich dabei auf das kleine Dorf Saskal in der Tschechischen Republik bezogen, in dem sie stationiert waren, um es zu beschützen. Die Gründungsintention war, einen Gegenpol zum militärischen Alltag zu errichten. Roland Zasche, der seit 1994 Hauptmann der Armee ist, sagte über die Gründungsväter: „Ziel war es, stets die Geselligkeit zu pflegen, viel Spaß zu haben und das Militär auf die Schippe zu nehmen.“  In der langen Vereinsgeschichte durchwanderte die Saskaler Armee viele Stationen. 1913 war wegen des Krieges vorerst das letzte Aufgebot bei der Faschingsveranstaltung in Gablonz im Wustunger Hof. Nach dem Krieg integrierte sich die Faschingsgruppe im Jahner Turnverein Gablonz a. N. und als Folge des Zweiten Weltkrieges siedelten sie sich in Neugablonz an. 1954 erfuhr das Vereinsleben eine Neugründung, als sie beim internen Ball der Faschingsturner des TV Neugablonz im Klosterbräustüberl in Irsee erstmals wieder an die Öffentlichkeit traten. Seitdem sind sie am Kaufbeurer Faschingsgeschehen im hohen Maße beteiligt.

Faschingsexpress

Jedes Jahr zur Faschingszeit fährt der Faschingsexpress, im Kaufbeurer Volksmund Bimmelbahn genannt, seine Runden durch die Wertachstadt und Umgebung. In der Woche vor dem Rosenmontag beginnt er seine Fahrten und beendet diese erst am Faschingsdienstag. Der Faschingsexpress besteht aus einer Zugmaschine, dem Traktor, und zwei Waggons.

Ablauf

Die erste Fahrt der Bimmelbahn, die aufgrund einer bimmelnden Glocke an der Zugmaschine ihren Namen hat (Erklärung der Autorin), beginnt jedes Jahr immer eine Woche vor dem Rosenmontag. Bis einschließlich zum Lumpigen Donnerstag fährt die Bimmelbahn in dieser Zeit ausschließlich sogenannte Sonderfahrten, die für Schulen und Kindergärten in Kaufbeuren und Umgebung reserviert sind. Pünktlich zu Beginn der Faschingsferien öffnet der Bahnhof "Kaufblonzen" seinen Ticketschalter am Rußigen Freitag am Buron-Center in Kaufbeuren. "Kaufblonzen" ist ein Neologismus und setzt sich aus der Heimatstadt der Bimmelbahn Kaufbeuren und seinem Stadtteil Neugablonz zusammen. (Erklärung der Autorin) Am Faschingssamstag fährt die Bimmelbahn, seitdem kein Kinderball mehr angeboten wird, ebenfalls vom Bahnhof Kaufblonzen ab. (Vgl. Interview mit Christine Wiedemann.) Am Nachmittag des Rosenmontags bekommen Einwohner aus Neugablonz die Chance auf eine Fahrt mit dem Faschingsexpress der vom Gablonzer Haus aus seine Runden dreht. Am Faschingsdienstag fährt er wieder vom Bahnhof Kaufblonzen am Buron-Center ab.

Bahnhof Kaufblonzen

Der Bahnhof Kaufblonzen veränderte innerhalb von drei Jahren dreimal seinen Standort, um dem Fahrer des Schleppers das Rangieren leichter zu machen. Zudem muss ein gefahrloses Ein- und Aussteigen der Fahrgäste gewährleistet sein. Bis einschließlich 2003 befand sich der Bahnhof in der Kaiser-Max-Straße. Ab der Faschingssaison 2004 war der Ein- und Ausstiegsplatz am Hafenmarkt. Doch auch die Zufahrt durch die enge Pfarrgasse dorthin erwies sich am Hafenmarkt durch die Schneemassen und - trotz Parkverbot – parkenden Autos problematisch. Einen besseren Standort sollte nun das Buron-Center bieten. Seit dem Jahr 2006 befindet sich hier mit Erfolg der Bahnhof Kaufblonzen.

Fahrpreise

Die Jungfernfahrt der Bimmelbahn fand im Jahr 1950 statt, „wobei eine Fahrt mit ihr 10 Pfennig in Papiergeld kostete.“ Nach der Währungsreform bezahlten die Gäste für die 20-minütige Fahrt 50 Pfennig. Dieser Betrag war bis einschließlich 2001 gültig. Erst 2002, als die gemeinsame europäische Währung, der Euro, neu eingeführt wurde, stiegen die Fahrtkosten ab dieser Faschingssaison auf 50 Cent. Aufgrund der hohen Benzinpreise sah sich die Vorstandschaft ab dem Jahre 2010 gezwungen, die Preise auf einen Euro pro Fahrt zu erhöhen. Für Kinder und Erwachsene gelten nach wie vor die gleichen Preise. (Vgl. Interview mit Christine Wiedemann.)

Kinderfasching

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Bimmelbahn im Jahr 2000 veranstaltete der Faschingsexpress e. V. gemeinsam mit dem Team des Städtischen Kindergartens am Sonneneck einen Kinderfasching. Insgesamt hat dieser fünfmal (vgl. Interview mit Christine Wiedemann.) am Nachmittag des Faschingssamstags für alle Kinder bis zum Alter von zehn Jahren stattgefunden. Kinder zahlten dabei einen Euro Eintritt und konnten durch Spielteilnahme eine Freifahrt mit dem Faschingsexpress verdienen. Die Eintrittspreise für Erwachsene beliefen sich auf zwei Euro. Für ein umfangreiches Programm wurde gesorgt. Neben Showeinlagen von Kindergartenkindern und Vereinsmitgliedern, gab es zu bestimmten Zeiten die Mini-Disco mit Tanzvorlagen für die Kinder. Zudem sorgten zwölf Spielstationen für Abwechslung. Durch das erfolgreiche Absolvieren von zehn Stationen erhielten die teilnehmenden Kinder zusätzlich eine Freifahrt mit der Bimmelbahn, die vor dem Gebäude ihre Runden drehte. Der Pächter des Saales bewirtete zusätzlich das durstige und hungrige Narrenvolk.

Gaudiwurm Marktoberdorf

Jedes Jahr am Faschingssonntag findet in Marktoberdorf ein großer Faschingsumzug statt, der Marktoberdorfer Gaudiwurm. An diesem nahm der Faschingsexpress über zehn Jahre lang teil. Einige aktive Vereinsmitglieder bildeten in den Jahren 2003 bis 2006 die Gruppe "hand-dancers", die aus den offenen Fenstern der Bimmelbahn zu Liedern wie "Lollipop" oder "Hands-up" ihre Hände tanzen ließen. (Vgl. Interview mit Christine Wiedemann.)

Hintergrund-Infos

Inspiriert von einer batteriebetriebenen Elektrobahn des Faschingsvereins der Kunstreiter aus der Faschingssaison 1926/27, die sieben Personen Platz bot, entstand im Jahre 1950 beim geselligen Zusammensein auf einem Bierdeckel die Skizze des Faschingsbähnchens, die daraufhin vom Schmiedemeister Toni Hardwig zum Leben erweckt wurde. Zunächst trug sie den Namen `Samba-Express`, da Samba der damalige Modetanz war. Mit Hilfe des 24 PS starken Traktors vom Pudelwirt und Bauern Sepp Siegel  konnte am Mittwoch vor dem Lumpigen Donnerstag die erste Fahrt stattfinden, wobei eine Fahrt zehn Pfennig in Papiergeld kostete. Ziel war es immer, die Fahrtkosten so gering wie möglich zu halten, um allen Fahrlustigen ein Faschingsvergnügen zu bereiten.  Nach der ersten Faschingssaison, die mit „etwa 7000 bis 8000 Kinder[n]“ ein voller Erfolg war, verblieb nur der Rahmen des Samba-Express, weil „die aus Pappe gestaltete Verkleidung […] dem Winterwetter nicht standgehalten“  hat. Es musste also eine robustere Verkleidung hergestellt werden. Die Kinder der Gründungsmitglieder des Samba-Express trafen am 30.01.1985 im Gasthaus Belfort in Kaufbeuren zusammen, um den Verein Faschings-Express e. V. ins Leben zu rufen. Damit hofften sie, in Sachen Geld gut abgesichert zu sein. Benno und Willi Siegel, Hannelore Krekel und Lilo Haider, die Töchter von Adolf Erdt, und Hans Schwangart bildeten zugleich den neu gewählten Vorstand. Seitdem fährt der Faschingsexpress fast ausnahmslos jedes Jahr zur närrischen Zeit durch Kaufbeuren.Änderungen in der Bemalung der Waggons gibt es ab dem Gründungsjahr 1950 immer wieder. Zuletzt startete sie ihre Runden im Jahr 2000 in völlig neuer Aufmachung. Die Leitung des Städtischen Kindergartens am Sonneneck, Christine Wiedemann, stellte eine Gruppe von freiwilligen Helferinnen, bestehend aus Teamkolleginnen und Eltern, zusammen, die in Anlehnung an Motiven aus dem Dschungelbuch die Bimmelbahn zum 50jährigen Geburtstag bemalte.  In den Jahren 2001 und 2002 wurden die beiden Waggons auch auf ihren Innenseiten, sowie der Bahnhof ´Kaufblonzen´ mit Urwaldmotiven bemalt. (Vgl. Interview mit Christine Wiedemann.)

Gewährsperson

Die Informationen und das Bild vom Faschingsexpress habe ich von Christine Wiedemann erhalten. Sie ist die Kindergartenleitung des Städtischen Kindergartens am Sonneneck. Seit dem Jahr 2000 gehört sie als Mitglied dem Faschingsexpress e. V. an.

Literatur

  • Einladungsplakat zum Kinderfasching vom Faschingsexpress Kaufbeuren e. V., 2006.Hardwig, Toni: 50 Jahre Faschingsexpress Kaufblonzen, Kaufbeuren 2000.
  • az: Bahnhof „Kaufblonzen“ wird heuer verlegt. Neuer Standort Buron-Center – Ab heute fährt Bimmelbahn. In: Allgäuer Zeitung, Nr. 42, 20.02.2006.
  • az: Faschingsexpress rollt seit 55 Jahren. Verein vor 20 Jahren gegründet – Fahrten für alle ab Freitag. In: Allgäuer Zeitung, Nr. 27, 03.02.2005.
  • az: So schön wie nie nach 55 Jahren. Mitgliederversammlung des „Faschings-Express“. In: Allgäuer Zeitung, Nr. 133, 12.06.2004.
  • kb: Tradition der Bimmelbahn. Faschingsexpress wird 55 Jahre und Verein Faschingsexpress 20 Jahre. In: Kreisbote, 02.02.2005, S. 4.
  • Mayr, Klaus-Peter: Die Bimmelbahn fährt und fährt. Seit 50 Jahren erfreut der Faschingsexpress Kinder – Aus Bierfilz-Skizze entstanden. In: Allgäuer Zeitung, Nr. 50, 01.03.2000, S. 23.
  • mxl: Daniel mag es, „dass alles so laut ist“. Mit der Bimmelbahn auf Rundfahrt in Neugablonz. In: Allgäuer Zeitung, Nr. 48, 27.02.2001, S. 26.
  • o. A.: Der Faschingsexpress rollt durch die Stadt. In: Allgäuer Zeitung, Nr. 29, 05.02.2005.
  • Saskaler Verein: 40 Jahre Saskaler Armee. Chronik, Neugablonz 1994.
  • iza: „Wiedr amoul a Sieg!“ Faschingsverein „Saskaler Armee“ feirt 100-jähriges Jubiläum. In: Kreisbote, 15.02.2012, S. 3.
  • kau: Siegreich gegen schlechte Laune. Saskaler Armee feiert ausgiebig 100-jähriges Bestehen. In: Allgäuer Zeitung, Nr. 36, 13.02.2012, S. 29.
  • ses: Nur im Fasching wird scharf geschossen. Die Saskaler Armee aus Neugablonz feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. In: Allgäuer Zeitung, Nr. 31, 07.02.2012, S. 27.

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