Einschulung – Der erste Schultag

Einstiegsinformation

Wenn es im Radio wieder heißt: „Vorsicht ab heute sind die ABC-Schützen unterwegs“, ist es so weit: der erster Schultag für zahlreiche Schulanfänger. Viele Aufgeregte Gesichter, riesige Schultüten und strahlend-neue Schulranzen und mindestens genauso aufgeregte Eltern bahnen sich ihren Weg in die verschiedenen Grundschulen, um dort ihre Einschulung zu feiern. Auf die Frage: „Wie war das damals eigentlich bei dir?“, haben die meisten Erwachsenen sofort eine Antwort parat, aber warum ist das so? Warum ist der erste Schultag so wichtig für uns? Läuft der erst Schultag überall in Deutschland gleich ab? Gibt es Vorschriften? Und wie ist das eigentlich in anderen Ländern?

Allgemeines

„Rituale sind oftmals die zentrale Rahmung von Erziehungs- und Bildungsbemühungen“. Das Einschulungsritual hat einen symbolisch-performativen Charakter. Nach dem Ritual sollen die Kinder ein neues Verhalten zeigen, denn ab dann sind sie Schulkinder und sollen den neuen, anderen Erwartungen entsprechen. Diese Einsetzungsriten sind fast schon paradox. In diesem performativen Akt wird „aus (noch) Kindern (schon) Schüler [gemacht] / und, nicht zu vergessen, aus Eltern mit schulpflichtigen Kindern“ . Paradox ist dies, weil die Beteiligten zu einem Können aufgefordert werden, das sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht leisten können. Es ist also eine hohe Anpassungsleistung der Schüler und Lehrer gefragt. Das Ritual transportiert den institutionellen Sinngehalt schulischer Prozesse. Bei Ritualen ist kein bewusster Mitvollzug oder günstige oder entgegenkommende Einstellung nötig. Die „(keineswegs vollständig freiwilligen) Teilnahme am Ritual, [der Einschulung aber] demonstriert implizit, dass sie sich den Ansprüchen und der Kontrolle der Schule unterworfen haben [...]“. Im Einschulungsritual steht vor allem die Demonstration eines Konsens im Vordergrund und die inszenierte Anerkennung der Leitung durch die Lehrkraft. Außerdem muss beachtet werden, dass dieses Übergangsritual keine Grenzziehung zwischen den Institutionen bezweckt. Es soll dem Kind vielmehr der Übergang erleichtert werden und somit Differenzen minimiert werden.

Bedeutung des Übergangs vom Kindergartenkind zum Grundschulkind und dessen Anforderung

Kinder müssen in diesem ersten Übergang vieles neu erfahren und lernen. Der Schulbeginn, genauer der erste Schultag aber auch der Anfangsunterricht, ist für die weitere Schulkarriere von großer Bedeutung. Ein missglückter Start, mit Problemen gleich zu Beginn, mindert das Selbstbewusstsein und die Lernfreude, was wiederum die Notwendigkeit des „Zurückstellens“ zu Schulbeginn oder des Wiederholens einer der ersten Klasse führen kann („insgesamt ca. 10%“). Welche Lebens- und Lernbedingungen sich für die Kleinen so abrupt mit dem Schulbeginn ändern ist vielen Erwachsenen nicht bewusst. Zunächst müssen sich die Kinder an einer neuen Bezugsperson orientieren – dem Lehrer. Vielleicht finden sich einige Freunde aus der Kindergartengruppe in die gleiche Klassen, sicherlich jedoch stehen die Kinder vor der Aufgabe sich neben der neuen Bezugsperson auch an eine Zahl an neuen Kindern und zugleich meist an eine größere Gruppe gewöhnen zu müssen. Auch sind in der Schule klare, neue Verhaltensregeln festgelegt, an die es sich zu halten gilt. Spontane Bedürfnisse nach Bewegung und Kommunikation können jetzt nicht mehr wie im Kindergarten frei ausgelebt werden Neben diesen sozialen Faktoren fordert der Schuleintritt auch das Zurechtfinden in neuen Lokalitäten, wie dem Schulgebäude und Klassenzimmer, aber auch dem eigen zu meisternden Schulweg. Außerdem stehen die Arbeitsmaterialien, sowie die vorgeschriebene Arbeitshaltung im Kontrast zu den freigewählten spielerischen Tätigkeiten. Die Lehrkraft ist folglich bemüht diesen abrupten Umschwung möglichst zu erleichtern. In diesem Sinne arbeiten viele Kindergärten eng mit den zuständigen Schulen zusammen. In vielen Kindergärten ist es Brauch mit den Vorschulkindern den zukünftigen Lehrer zu besuchen. Dieser „Schnuppertag“ kann nur einige Stunden bis zu einer ganzen Woche variieren. Der Besuch wird meist in enger Zusammenarbeit zwischen Lehrer und Erzieher eigens für die Kinder vorbereitet. Den Vorschulkinder wird so die neue Umgebung „Schule“ vorab näher gebracht und sie können eigene Erfahrungen mit der Schule machen, eventuell so entdecken wie viel Spaß Schule machen kann. Aber auch für die „Gastgeber“, die Erstklässler, ist dies eine Bereicherung, da sie zeigen können und gleichzeitig selbst konkret erleben was sie alles innerhalb ihres ersten Jahres erreicht und gelernt haben. Neben diesen Vorbereitungen wird der Erstklass-Lehrer dafür sorgen, dass die Einschulkinder gleich an ihrem ersten Schultag im neuen Klassenzimmer auch bekanntes aus der Kindergartenzeit entdecken können. Möglichkeiten hierfür könnten eine Lese- oder Spielecke sein. Auch neben neuen Lernmaterialien kann vertrautes aus dem Kindergarten, wie Bilderbücher oder Bausteine stehen. Diese Vorbereitungen sollen Kontinuität herstellen und dem Kind so den Übergang erleichtern. Als Elternteil können diesen Schwierigkeiten ebenfalls entgegengewirkt werden. Wichtig ist für das Kind eigene Erfahrungen mit „Schule“ zu sammeln, wie beispielsweise beim „Schnuppertag“ des Kindergartens. „Für die Kinder bedeutet „zur Schule gehen“ meist ein großes Erlebnis“, das mit Freude und Spannung erwartet wird. Verderben können diese positiven Gefühle übertriebene Sorge seitens der Familienangehörigen. Auch sollten „Drohungen“, wie „warte nur wenn du erst in der Schule kommst, dann...!“ vermieden werden. In der Vorschulzeit sollten Eltern in besonderer Weise auf ihre Kinder eingehen, die Motorik durch Kneten und Basteln fördern, sich viel mit ihm unterhalten, um so auf eine exakte Aussprache zu achten zu können. Nicht hilfreich jedoch ist es das Kind vor allen Schwierigkeiten abzuschotten. Kinder sollen durchaus im problemlösenden Verhalten gefördert werden und sich sicher sein: „man traut mir das zu – ich kann das!“. Auch wichtig wäre es im Vorfeld keinen Schulstoff zu erarbeiten. Dazu ist Schule da!

Wann betreten die Schulanfänger eines Jahrgangs ihre neue Schullaufbahn in Deutschland?

Das Alter der Schützlinge

Ab welchem Alter genau der Schulranzen das erste Mal geschultert wird unterliegt der Länderhoheit. Entscheidend ist ein offizieller Stichtag für den Beginn der Schulpflicht. Für jedes Kind, das bis zu diesem Termin (zwischen dem 30.Juni und dem 30. September) des jeweiligen Kalenderjahres 6 Jahre alt ist, beginnt noch im selben Jahr die Schule. Das bedeutet für die Eltern, dass sie ihr Kind dann in der zuständigen Grundschule anmelden müssen, da in Deutschland nicht nur eine Bildungs- sondern auch eine Schulpflicht besteht. Um diesen Termin nicht zu übersehen, versendet die Gemeinde oder Stadt an die Haushalte der bestreffenden Kinder Erinnerungsbriefe. Bei Kindern, die bis zu einem halben Jahr vor dem Stichtag (1.Juli – 31.Dezember) ihren Geburtstag feiern, besteht die Möglichkeit einer vorzeitigen Schulanmeldung. In diesem Fall müssen sich die Erziehungsberechtigten jedoch selbst kümmern und informieren, wie beispielsweise durch einen Brief an die zuständige Grundschule. Meist wird dann im Folgenden durch Gespräche mit den Elternteilen, der Kindergartenerzieher und einem Schulreifetest festgestellt, ob das Kind bereits allen Anforderungen gewachsen ist. Die vorzeitige Einschulung bezieht sich also nicht auf die Intelligenz des Kindes sondern auf seine emotionale, soziale und motorische Entwicklung. Diese Fertigkeiten müssen beachtet werden, da der Schulbeginn sonst zu einer Qual für den ABC-Schützen wird und seine Einstellung zur Schule, Arbeit und Leistung nicht positiv beeinflusst. Auch eine Rückstellung, also ein erster Schultag erst ein Jahr später, ist möglich. Dies ist in Erwägung zu ziehen bei Entwicklungsverzögerung, häufiger/ starker Krankheiten oder bei ausgeprägter Unselbstständigkeit/ Unsicherheit in neuen Umgebungen. Trotzdem ist der Schuleinschreibungstermin verpflichtend. Hier kann dann das Gespräch mit der Schulleitung oder der einschreibenden Lehrkraft gesucht werden. Eine Verzögerung ist jedoch nur sinnvoll, wenn sich aller Voraussicht nach ein Jahr später sehr viel bessere Startchancen bieten. Zudem ist sie nur dann möglich wenn kein Grund für eine Einschulung in eine Sonderschule vorliegt und es ist nur eine einmalige Genehmigung möglich. Die Diskussion über das geeignete Einschulungsalter, wie auch die geeignete Art der Einschulung wird in der Pädagogik schon über Jahre geführt. In den 50er Jahre stellte man die These auf, dass ein Zusammenhang zwischen dem sogenannten „Sitzenbleiben“ und dem Einschulungsalter bestünde. Daraus ergab sich die Forderung nach einer Erhöhung des Einschulungsalters. Die Diskussion über die „Übergangs-Problematik“ drehte sich in den 60er bis Anfang 70er Jahren um die Forderung nach einer engen Verzahnung der beiden Bildungsbereiche Kindergarten und Grundschule. Das traditionelle Kindergartenmodell wurde mit einer Eingangsstufe an den Grundschulen und einer Vorklasse kombiniert. Die Fördererfolge waren jedoch nicht signifikant. Mitte der 1970er Jahre entschied man sich dann dafür die Fünfjährigen im Kindergarten zu lassen. Diese Entscheidung viel jedoch überwiegend aus politischen Gründen. Daraus entwuchs die Forderung nach einer (freiwilligen) Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule, wobei vieles noch relativ unverwirklicht ist (z.B. gemeinsame Fortbildung). Seit 1990er steht ein neues Modell zur Schuleingangsstufe in der Diskussion. Dieser Ansatz verzichtet auf Verzahnung, sowie auf die Zurückstellung vom Schulbesuch. Es soll jedes Kind ohne Schulreifeprüfung in eine zweijährige Eingangsphase mit individueller Förderung aufgenommen werden. Diese „Flexible Eingangsstufe“ ermöglicht Kinder nicht nur wie bisher die erste und zweite Klasse in festgelegten zwei Jahren zu durchlaufen, sondern in drei Jahren (für schwächere Schüler) oder aber in nur einem.

Schulpflicht und Schulreife/-fähigkeit

In Deutschland besteht eine Schulpflicht. Das bedeutet, dass jedes Kind ab einem bestimmten Alter eine Schule besuchen muss. Die Schulpflicht eines Kindes beginnt in Deutschland mit dem sechsten Lebensjahr. Aktuell liegt diese teilweise auch bei 5 ½ Jahren, wie beispielsweise in Berlin. Wenn ein Kind für die Schule bereit zu sein scheint spricht man von der sogenannten Schulreife bzw. Schulfähigkeit. Zwischen diesen beiden Begriffen gibt es jedoch gewisse Unterschiede. Während der Begriff der Schulreife eine eher passive Haltung des Kindes miteinschließt, bei dem durch Reifeprozesse ein bestimmter Entwicklungsstand erreicht wird, geht der Begriff der Schulfähigkeit von einer aktiven und lernorientierten Entwicklungs- und Begabungskonzept. Heute wird jedoch der Begriff der Schulreife von dem der Schulfähigkeit abgelöst. Zurzeit steht jedoch die Verwendung dieser Begriffe und die damit verbundene Einschulung unter Erfüllung bestimmter Kriterien in starker Kritik. So heißt es beispielsweise, dass diese Begriffe keine festen Größen seien und dass „sie kaum als allgemeingültiger und relativ eindeutiger Maßstab zur Kennzeichnung eines bestimmten Entwicklungsstandes heranzuziehen“ seien.

Ablauf

Der erste Schultag nimmt im Leben eines Kindes eine zentrale Rolle ein. In Deutschland wird diese Etappe vom Kindergartenkind hin zum Grundschulkind in einen feierlichen Rahmen gestellt. Der erste Schultag verbindet somit also etwas widersprüchliches, denn er vernetzt das Alltägliche mit dem Besonderen. Der Feiertag, als etwas Besonderes wird vor allem an dem äußeren Rahmen ersichtlich. An diesem Tag ist es üblich sich besondere Kleidung anzuziehen und sich hübsch zu machen. Meist werden auch viele Fotos geschossen, sowie Filme von dem Eintritt in das Schulleben des Kindes gemacht oder sogar einen Termin mit einem Fotografen vereinbart. Auch in der Schule selbst findet ein Fototermin zu diesem Anlass statt. Dieser muss jedoch nicht am Tag des ersten Schultages selbst stattfinden. Hierbei ist es auch üblich jedes neue Grundschulkinder mit seiner Schultüte in der Hand, als auch ihrem Schulranzen zu fotografieren. Oft wird auch in den Hintergrund eine Tafel oder ähnliches platziert, auf der das Datum oder auch nur das Jahr des ersten Schultages vermerkt sind. Neben den Einzelfotos eines jeden neuen Erstklässlers, wird auch ein Gruppenfoto jeder Klasse erstellt. In vielen Familien ist es weiter ein Brauch vor oder nach dem ersten Schultag Verwandte und Freunde einzuladen und mit diesen Essen zu gehen um diesen „großen Tag“ gebührend zu feiern und den Tag mit diesen zu verbringen. Häufig werden auch Feiern zusammen gelegt, wenn im Bekannten- oder Verwandtenkreis ebenfalls Kinder eingeschult werden. In einigen Familien ist es jedoch wiederum nicht üblich den ersten Schultag in diesem Umfang zu feiern beziehungsweise ihn auch gar zu feiern. Weiter gehört auch der Schulweg zu einem gängigen Brauch zum ersten Schultag. Hierbei wird das Kind von den Eltern, Verwandten und Bekannten in die Schule begleitet. Oftmals wird der Schulweg, den das Kind die nächsten Jahre gehen muss, schon vorher mit den Eltern geübt und eingeprägt, sodass das Kind am ersten Schultag seine Festgäste selbst zur Schule führen kann. Wie auch bereits kurz erwähnt gehört auch die Schultüte zu einem wichtigen und, für die Kinder, besonderen Brauch des ersten Schultages. Diese wird meist von den Eltern selbst gestaltet und mit nützlichen Dingen für den Schulstart, wie Stifte, Radiergummis, Spitzer etc., als auch Süßigkeiten gefüllt. Diese wird dann am Tag des Schulbeginns dem Kind überreicht, welches dann mit diesem Geschenk in die Schule geht. Natürlich kommt es auch vor, dass Verwandte oder Freunde dem Kind zum Schulstart eine Schultüte schenken. Die Öffnung der Schultüte durch das Kind wird dann entweder in dem Klassenzimmer während des Anfangsunterrichts vorgenommen oder auch nach dem ersten Schultag im privaten Kreis. Neben der Schultüte erhält das Kind auch seinen Schulranzen, den es sich meist mit den Eltern zusammen ausgesucht hat. Auch im schulischen Kontext wird dieser Tag im Leben eines angehenden Grundschulkindes sorgfältig und liebevoll gestaltet. Nach dem Besuch eines Gottesdienstes zum ersten Schultag, der zu vielen Schulanfangsfeiern gehört, werden häufig alle Schulanfänger mit ihren Eltern, Verwandten und Freunde in der Aula, der Sporthalle etc. der Schule empfangen. Zu Anfang wird der Tag üblicherweise mit der Begrüßung des Direktors begonnen, der meist auch eine Rede hält. Eine Rede kann jedoch auch von Mitschülern oder einem Lehrer aus dem Kollegium geführt werden. Rituale zu diesem speziellen Feiertag können auch Tänze oder Gedichte, die von älteren Schulkindern vorgetragen werden. In manchen Schulen ist es auch üblich den neuen Grundschulkindern jeweils einen Schulpaten zuzuweisen. Dieser ist ein größerer Schüler, der dem Erstklässler während seinem ersten Schuljahr hilfreich bei Fragen und Problemen zur Seite steht. Nach der gemeinschaftlichen Begrüßung und der Einbindung in die Schulgemeinschaft werden die Kinder einer Klasse von ihrer künftigen Klassenlehrkraft in das Klassenzimmer geführt. Dieses „Abwandern“ der kommenden ersten Klassen hat auch eine gewisse symbolische Bedeutung, wie den gemeinsamen Eintritt in das Schul- und Klassenleben, als auch eine „Abnabelung“ von den Eltern hin zu neuer Selbstständigkeit. In dem Klassenzimmer dürfen sich die Kinder einen Platz aussuchen, wonach die Lehrkraft dann den Anfangsunterricht beginnt. Meist dürfen die Eltern bei diesem ersten Unterricht ihrer Kinder einige Zeit zuschauen und sich einen Einblick in das zukünftige Unterrichtsgeschehen machen. Wie bereits zu Anfang erwähnt verbindet dieser Tag das Feierliche mit dem Alltäglichen. Dieser Alltag spiegelt sich in dem Unterrichtsgeschehen. Die Kinder sollen hier einen Einblick bekommen, was sie in ihren nächsten Schuljahren erwartet. Im Mittelpunkt dieses ersten Einblicks in das Lernen und den Unterricht steht sowohl die Aktivität der Kinder, als auch die Freude am Lernen. Die Kinder sollen die Schule und das Lernen als eine Tätigkeit begreifen, die Spaß macht und die nicht passiv, sondern durch aktives Mitwirken und Mitgestalten abläuft. Dadurch werden die Schüler motiviert und bilden sich ein erstes positives Bild über das Lernen, was auch ihre Lernhaltung ein Stück weit beeinflusst. Wichtig ist weiter auch, dass die Kinder am Ende der Unterrichtseinheit mit einem gewissen Lernerfolg nach Hause gehen, um die Schule als etwas Nützliches und sich selbst in einer Könnens-Erfahrung begreifen. Zu diesem Ziel wird meist an diesem Tag ein Buchstabe mit den Kindern durchgenommen, von dem die Kinder dann am Ende des Schultages mit Stolz den Eltern und Gästen berichten können. Ein weiterer Brauch können auch Spiele sein, bei denen sich die Kinder gegenseitig kennenlernen und sich so langsam in die Klassengemeinschaft einfügen. Ein Beispiel hierfür ist das Rhythmus-Spiel „Wer hat den Keks aus der Dose geklaut?“ Außerdem wird auch oft von der Lehrerin eine kleine Geschichte erzählt, die zur Aufmunterung, Entspannung und Auflockerung der Situation dient. Nach Jörg Zirfas kann eine Feier zum ersten Schultag in „sieben Akte“ eingeteilt werden. Der erste Akt stellt für ihn den Beginn der Feier dar. Hierbei sind die letzten Vorbereitungen, sowie das Warten auf den Beginn enthalten. Mit dem zweiten sind unmittelbare Vorbereitungen, wie beispielsweise die Platzsuche verbunden. Der Beginn der Veranstaltung mit der Eröffnung und Begrüßung durch die/ den Schulleiter stellt die dritte Szene dar. Danach folgen musikalische oder darstellerische Darbietungen der Kinder, was den vierten Akt kennzeichnet. Im Anschluss, laut Zirfas der fünfte Akt, stellen sich dann die Gesellschaftsvertreter mit ihren Reden vor. Den Höhepunkt bildet dann der sechste Punkt, die Aufrufung der Kinder und deren feierlichen Auszug in die einzelnen Klassenzimmer. Der Höhepunkt entspricht der ersten unmittelbaren Kontaktaufnahme des einzuschulenden Kindes mit seiner Schule und markiert somit den Übergang vom Kindsein zum Schülerdasein. Anschließend wären Reden der Schulvertreter denkbar. Meist jedoch schließt die Feier eine Abschlussrede der Direktorin. Mit der Eröffnung und Beendigung der Feier durch eine Rede der Schulleiterin wird der schulische Charakter der Veranstaltung deutlich. Die vor und nach dem Höhepunkt gehaltenen Reden zeigen die Gesellschaft der Schule auf, während die Schule selbst sich durch die Kinderinszenierungen repräsentiert.

Der erste Schultag in anderen Ländern anhand bestimmter Beispiele

Brasilien – Wendel, Einschulung: 5.Januar Für brasilianische Kinder beginnt die Schule mit 7 Jahren. Viele Kinder, vor allem in den ärmeren Gebieten helfen in diesem Alter schon ihren Eltern, beispielsweise bei der Ernte von Akai. Auch das Trinken von Kaffee ist nicht auf die Erwachsenen beschränkt. Wegen der großen Armut ist der Sprengel einer jeden Schule sehr viel größer als hier in Deutschland. Die Kinder müssen so relativ weite Wege zurücklegen, wie beispielsweise Wendel, der mit dem Schulboot eine Stunde Fahrt bis zu seinem Klassenzimmer zurücklegt. In der Beispielschule gibt es nur zwei Klassen mit jeweils einer Lehrerin. Die erste und zweite Klasse werden folglich zusammen unterrichtet. Das Einschulungsritual in solchen Gebieten beschränkt sich auf das Einkaufen der Schuluniform und das feierliche „erste Anziehen/ Auspacken“. Auf einen mit den Eltern gemeinsam Schulweg und eine gemeinsame Schuleingangsfeier wird hier verzichtet. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Lehrerin sind dann die Feierlichkeiten abgeschlossen. Das Ritual der Transkription wird demnach nicht betont. Allerdings ist auch zu beachten, dass hier kein Übergang vom Kindergarten ausgehend stattfindet, sondern die Kinder hier meist schon relativ selbstständig Zuhause mitarbeiten müssen. Anders verhält es sich in Großstädten Brasiliens. Hier sind durchaus auch reformpädagogische Schulen vertreten, die auf eine Betonung des ersten Schultages wertlegen. Das Ritual der Begleitung der ABC-Schützen an ihrem ersten Tag und einer feierlichen Begrüßung mit den Eltern zusammen ist durchaus verbreitet. Russland (Moskau) – Lida, Einschulung: 1.September In Russland wird es bunt zum Schulanfang. Die erste Farbe zeigt sich in der Früh, denn den einzuschulenden Mädchen werden bunte Bänder in die Zöpfe geflochten. Meistens wird allerdings die Farbe Weiß gewählt. Der Schulanfang ist dort zu Lande ein großes Fest für die ganze Familie, zu dem auch Verwandte eingeladen werden. Die Begrüßung in der Schule direkt findet meist in einem der größeren Räume statt, wie beispielsweise in der Turnhalle. Hier wird, ähnlich wie bei uns, eine Schulfeier abgehalten, meist ebenfalls umrahmt mit einer Ansprache des Direktors. Diese Feiern folgen meist dem oben genannten symbolisch-performativen Charakter. Das im Film begleitete Kind, Lida, lernt zudem auf der Feier ihren Tutor aus der 11.Klasse kennen, der ihr helfen soll sich in der Schule zurechtzufinden. Durch einen direkt zuständigen Ansprechpartner soll auch dieses Ritual den Übergang erleichtern. Einen weiteren Farbtupfer erhält die Feier durch das Überreichen von Blumen. Am ersten Schultag erhalten in Russland die Lehrerinnen von jedem Kind einen Blumenstrauß. Auch dieses Ritual unterstreicht die schulische Ordnung und Anforderung der Lehrerin Respekt zu zollen. Südafrika (KwaZulu) – Musa; Einschulung: 21.Januar Auf die Einschulung muss in Afrika in vielen Familien erst gespart werden, denn am ersten Schultag darf die Schuluniform nicht fehlen. Erhalten kann man diese in einem „Schulgeschäft“, das meist erst in der nächsten Stadt zu finden ist, aber welches für alle im Umkreis liegenden Schulen zuständig ist. Eine Uniform kostet um die 14€, was viel Geld für die arme Bevölkerung ist. Ein gemeinsamer „Ausflug“ zum Kauf der Uniform ist also ein vorbereitendes Ritual. Der erste Schultag jedoch ist in diesem Land keine besondere Feier. Den meist recht langen Weg zur Schule meistern die Erstklässler gemeinsam mit den Älteren aus dem Dorf und nehmen dann an dem allmorgendlichen Begrüßungsritual teil. Auch dieses Ritual betont die Anforderung nach Disziplin und Ordnung sehr deutlich. In bestimmten Reihen aufgestellt wird meist gemeinschaftlich gesungen, wobei die Vollständigkeit der Uniform kontrolliert wird. Grönland – Rosalie, Einschulung: 19.August In Grönland gibt es eine traditionelle Festkleidung, die zu bestimmten Anlässen im Leben eines Grönländers getragen wird. Der Schulanfang ist „einer der wichtigsten Festtage im Leben eines Grönländers“ und wird somit mit der Festkleidung begangen. Auch hier existiert eine gemeinsame Schulfeier, die von den Eltern begleitet werden kann. Die gemeinsame Tracht und wie beispielsweise bei Rosalie verteilte Grönland-Flaggen betonen in diesem Ritual neben der Schulgemeinschaft auch ein Nationalbewusstsein. Ein Element, das die Schulgemeinschaft aufzeigt, könnte beispielsweise das Versammeln aller aufgerufenen Erstklässler an einem verbindenden Band, sodass alle Einschulungskinder letztendlich alle durch ein Band verbunden sind. Indien – Samir, Einschulung: 1.Mai In Indien findet die Einschulung bereits mit 4 Jahren statt! Auch dort gibt es eine Schuluniform, die vom ersten Schultag ab getragen wird. Wenn „etwas Neues beginnt“, wird in Indien ein spezieller Joghurt verzehrt, der Glück bringen soll. Dieses Ritual wird meist ebenfalls mit dem neuen Eintritt in eine neue Lebensphase am ersten Schultag vollzogen. Zudem wird entweder in der Schule direkt oder noch daheim der traditionelle rote Punkt auf die Stirn gemalt – der Tika oder Tilaka, der ein hinduistisches Segenszeichen ist. Meist sind die Jungen an diesem Tag, wie auch ihre restliche Schullaufbahn weitgehend unter sich, da nur wenige Mädchen die Schule besuchen können, weil sie meist schon zuhause helfen müssen. An Samirs ersten Tag sieht man ihn mit seinen Klassenkameraden spielen und tanzen aber der Vierjährige lernt auch schon Buchstaben auf eine Tafel zu schreiben!

Weblinks

Literatur

  • P. G. Althoff, So funktioniert die Offene Schuleingangsstufe. Das Beispiel der Laborschule Bielefeld, Mülheim an der Ruhr 2005., S.14-21.
  • G.Bellenberg, Übergänge (Friedrich-Jahresheft Bd. 29), Seelze 2011, S.19.
  • L. Denne, E. Schumacher, Übergänge im Elementar- und Primarbereich reflektieren und gestalten. Beiträge zu einer grundlegenden Bildung, Bad Heilbrunn 2004, S.93 ff.
  • H. Hacker, Bildungswege vom Kindergarten zur Grundschule, Bad Heilbrunn 2008, S.193 ff.
  • T. Hansel, Schulstart-Fehlstart? Beurteilungs- und Selektionspraxis beim Schuleintritt, Düsseldorf 1982, S.15 ff.
  • S. Kalwitzki, Unser Kind kommt in die Schule. Elternfragen zum Schulanfang, München 1996, S.14-55.
  • G. Krötz, Individuelle Förderung von Kindern mit Problemen im Übergang vom Kindergarten zur Grundschule, In: Bayrische Schule 2000, S.21 f.
  • C. Rehle, P. Thoma, Einführung in Grundschulpädagogisches Denken, Donauwörth 2011, S.107.
  • S. Wahl, Bildung von Anfang an. Ein deutsch-französischer Vergleich, Berlin 2006, S.26.
  • J. Zirfas, Die Inszenierung einer schulischen Familie. Zur Einschulungsfeier einer reformpädagogischen Grundschule, In: Bildung im Ritual. Schule, Familie, Jugend, Bildung, Wiesbaden 2004, S.23-27.

Interviews