Durahansl aufziehen in Mindelheim

Termin

Dieser Brauch findet im Januar 2024 statt.

Einstiegsinformation

Jedes Jahr, Anfang Januar, zieht der Mindelheimer Durahaufa zusammen mit der Faschingsgilde Mindelonia den Durahansl und seine Gefährtin, die Amme an den ehemaligen Stadttoren auf. Dies ist immer ein riesen Spektakel und läutet für die Mindelheimer den Fasching ein. Die Faschingszeit ist für die Mindelheimer etwas ganz besonderes und Veranstaltunge sind immer reich besucht.

Ablauf

Jedes Jahr, Anfang Januar, treffen sich Narren und Faschingsbegeisterte aus der Umgebung um den Durahansl aufzuziehen. Veranstalter ist die Faschingsgilde Mindelonia. Der Durahaufa ist laut Erzählungen das ganze Jahr über im Turm des Oberen Tores eingesperrt und muss zur Faschingssaison freigelassen werden. Meistens findet dieses Fest Abends statt, damit so viele wie möglich daran teilnehmen können.
Der Durahansl.
Zuerst sorgt der Stadtwächter der Mindelonia, der über die Schlüsselgewalt des Turmes verfügt, dafür, dass die Narren aus dem Turm freigelassen werden. Sie werden aus der langen Pause aufgeweckt. Anfangs sind sie deshalb besonders wild und sie hämmern schon wartend an die Türen. Diese stürmen dann mit lautem Geschrei und Holzpatschengeschepper aus dem Turm und auf den Vorplatz des Oberen Tores und sorgen so für ein kräftiges Durcheinander. Dabei tragen sie ihre Häser, die Amme, Hansl und Columbine verkörpern sollen und Masken aus Holz. Dazu spielt die Mindelheimer Stadtkapelle um für Stimmung unter den faschingsbegeisterten zu sorgen. Auch die Zuschauer tragen meist schon lustige Gewänder oder Kopfschmuck. Anschließend wird das zukünftige Prinzenpaar der Mindelonia und die Garde vorgestellt. Auf diesen ersten Auftritt fieber alle Beteiligten schon lange hin. Sie tragen ihre eigens für sie geschriebenen Reden vor, die ihre Hobbys und Eigenschaften auf lustige Art und Weise wiedergeben. Außerdem hält der Präsident der Mindelonia eine Rede in der er auch allen Beteiligten und Sponsoren dankt. Dann fährt die freiwillige Feuerwehr der Stadt Mindelheim zusammen mit dem Prinzenpaar in einem Kran bis zur Mitte des Turmes um symbolisch den Hansl, der aus organisatorischen Gründen am gleichen Tag schon halb aufgehängt wurde, komplett aufzuhängen. Dabei stößt das Prinzenpaar mit einem Glas Sekt an und prostet dem Hansl auf Augenhöhe zu. Für die kleinen Faschingsfans ist das der Höhepunkt des Geschehens, denn sie könnnen ein echtes Feuerwehrauto in Aktion erleben. Die Amme hängt ebenfalls schon an ihrem Platz, denn alle gleichzeitig aufzuhängen würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Zum Mindelheimer Dreigestirn gehört noch eine weitere Figur, die Columbine. Diese wird jedoch nicht aufgezogen, sondern am Mittwoch vor dem Gumpigen Donnerstag aufgehängt.

Die vorgetragenen Reden

Der Durahansl: Seit dem Jahr 1910 bin ich ein Wahrzeichen Mindelheims, vor allem natürlich in der „5. Jahreszeit“, der Fasnacht. Da hänge ich am altehrwürdigen „ Oberen Tor“ zu Mindelheim. Nach einem schweren Sturm wurde ich 1994 total zerstört. Dank der Mindelonia und Malermeister Hubert Schwank konnte ich schon ein Jahr darauf meinen Stammplatz wieder einnehmen. Danke sagen möchte ich vor allem an die Sparkasse Mindelheim, die mir neue Kleider geschenkt hat. Und ganz viel Dank auch an Frau Paula Holl, die ganz viele Leute angesprochen hat, damit auch meine zwei Freunde neu eingekleidet werden konnten. Die Columbine: Ich proste dem Hansl mit einem Glas Sekt zu. Auch ich fiel vor einigen Jahren dem Sturm zum Opfer und wurde Dank der Spenden zahlreicher Mindelheimer Bürger von der Mindelonia erneuert. Gezeichnet wurde die neue Columbine, wie auch der Hansl, vom Malermeister Hubert Schwank. Die Amme: Von den Mindelheimern werde ich auch liebevoll „D´ Narramuatr“ genannt. Ich bin auf der Rückseite des Oberen Tores zu finden und stärke so dem Durahansl den Rücken. In dieser tollen Stellung überblicke ich den ganzen Mindelheimer Stachus mit Blick nach München. Nach 50 Jahren am Oberen Tor waren auch meine Kleider total aufgebraucht, so dass ich zwei ganze Jahre warten musste, bis ich dann im Jahr 2002 wieder in alter Frische bei meinem Hansl sein konnte.

Einordnung

Nachdem das Prinzenpaar wieder sicheren Boden unter den Füßen hat, werden Böllerschüsse losgelassen und der eingesperrte Durahaufa wird auf das Kommando Der Turm erwache freigelassen. Die Stadtkapelle spielt noch ein paar Lieder und man kann sich in einem der Bäcker in der Innenstadt noch einen leckeren Krapfen mit Marmeladenfüllung kaufen, der zur Faschingszeit einfach dazugehört. Hoffentlich erwischt man dabei nicht zufällig einen mit Senffüllung. Der Hanslaufzug läutet für die Mindelheimer den beginn der Faschingszeit ein. Um das ganze Treiben zu beenden wird der Durahaufa am Faschingsdienstag von der Mindelonia durch die ganze Stadt gejagt. Sie versuchen sie zu wehren, haben jedoch keine Chance. Diese sperren den Durahaufa dann wieder in den Turm, wo sie auf ihren Einsatz im nächsten Jahr warten müssen. Am nächsten Tag wird der Durahansl mit seinen Gefährten wieder von den Türmen entfernt.

Gewährsperson

Meine Informationen habe ich von einem Mitgliede des Durahaufa, das mittlerweile seid 10 Jahre aktiv dabei ist. Sie ist 46 Jahre alt und ich habe sie gefragt, wie denn der Hanslaufzug abläuft und was das besondere daran ist. Sie versucht jedes Jahr am Hanslaufzug teilzunehmen. Für sie ist es ein lustiges Treiben, dass symbolisch den Fasching einläutet und ohne das der Fasching nicht starten kann. Die Narren, die für das bunte Faschingstreiben sorgen, müssen zuerst freigelassen werden. Sie erzählte mir, dass sich alle Mitglieder des Durahaufa kurz vor dem Aufzug treffen und sich zusammen in ihr Gefängnis begeben, in dem sie sich laut dem Brauch das ganze Jahr über aufgehalten haben. Das Häs nach einem Jahr wieder anzuziehen ist auch ein besonderer Moment. Wenn dann der Stadtwächter die Tür aufschließt stehen schon alle für den großen Sturm bereit. Zusammen mit Freunden und Bekannten, die ebenfalls im Durahaufa sind, die Fasnacht zu beginnen macht einfach mehr Spaß. Durch die Maske kann man einzelne Personen nicht erkennen und man bleibt so anonym. Auch sagt sie, dass man durch die Maske zu einer ganz anderen Person werden kann. Man ist zwar weitestgehend anonym, jeder Narr hat jedoch eine Nummer an der man ihn identifizieren kann. Sie findet es gut, dass so Dummheiten größtenteils unterbleiben. Außerdem, sagt sie, ist ein so großer Hanswurscht an einem Stadttor etwas ganz besonderes. Das hat nicht jeder und das muss auch gebührend gefeiert werden. Denn der Hanslaufzug hängt jedes Jahr auch mit Kosten zusammen, die ohne einen Zusammenhalt aller Beteiligten niemals aufgebracht werden könnten. Sie freut sich darüber, dass der Brauch in den letzten Jahren immer bekannter geworden ist und das in der Umgebung mittlerweile jeder den Durahansl am Tor der Mindelheimer kennt. Das bunte Faschingstreiben muss auch irgendwann beendet werden und sie findet es lustig noch ein letztes Mal durch die Stadt getrieben zu werden und noch ein letztes Mal Schabernack mit den Zuschauern zu treiben. Nur so kann die Fasnacht auch wieder beendet werden.

Hintergrund-Infos

Die Stadt Mindelheim und der Durahaufa

Stadtplan Mindelheim.
Mindelheim ist Kreisstadt des schwäbischen Landkreises Unterallgäu. Die ca. 14.135 Einwohner verteilen sich auf einer Fläche von 56,44 km². Bekannt ist die Stadt Mindelheim auch durch das Frundsberg Fest, dass alle drei Jahre statt findet und das seinen Namen dem Rittergeschlecht derer von Frundsberg verdankt, die eng mit der Geschichte der Stadt verbunden sind und die auf der Mindelheimer Burg residiert haben. Mindelheim gilt auch als Faschingshochburg. Eine der Faschingsgesellschaften ist der Durahaufa. Die Altstadt wird durch eine Mauer und zwei Tore abgegerenzt. Der Durahaufa
Durahaufen.
Der Durahaufa Mindlhoim wurde am 3. Oktober 1992 als Gruppe im Frundsberfestring Mindelheim e. V. ins Leben gerufen. Von Anfang an war klar, dass der Durahaufa das Dreigestirn des Mindelheimer Faschings verkörpern soll. Dies sind der Hansl, Amme und Columbine. Mit Masken und Häs, ganz im Sinne der schwäbisch-alemannischen Fasnacht, sollte dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt werden. Die Herstellung der aufwändigen Häser (so nennt man in der schwäbisch-alemannischen Fasnacht die Gewänder) dauerte zwei Jahre und wurde von den Gründungsmitgliedern größtenteils selbst druchgeführt. Ohne Hilfe vom Brauchtumsmeister des Alemanischen Narrenrings, Herr Herbert Mayer, der Skizzen und Entwürfe erstellte, oder von Maskenschnitzer Eberhard Dolch, der jede einzelne Maske in Handarbeit anfertigte und einigen Schneidern wäre dies jedoch nicht möglich gewesen. In der Fasnacht 1994 konnte der Durahaufa Mindlhoim dann erstmals mit Maske und Häs in die alemannische Fasnacht eintauchen und die Stadt Mindelheim hatte von da an eine Narrenzunft. Mittlerweile zählt der Durahaufa ca. 60 Mitglieder, die sich um den Erhalt des Mindelheimer Faschings- und Fasnachtswahrzeichen - die drei Turmfiguren Hansl, Amme und Columbine - zusammen mit der Faschingsgilde Mindelonia, kümmern.

Der Durahansl und seine Gefährten

Die Geburtsstunde des Durahansel war 1909 nach einer Fasnachtssitzung der Männerriege des TSV Mindelheims. Diese muss wohl feucht-fröhlich abgelaufen sein, denn als die Männer den Saal verließen meinte einer von ihnen, dass das Obere Tor der Stadt wie ein Hans-Wurst aussieht. Als Überraschung für die Mindelheimer Bürger wurde dann heimlich die Verkleidung hergestellt. Am Abend des Gumpigen Donnerstags wurde sie dann als Verkleidung ans Obere Tor angebracht. Die Verkleidung war aus Jute Stücken, ca. 8x2 Meter groß und reichte somit von der Oberkante des Torbogens bis zur halben Turmhöhe. Die Bürger der Stadt und der Bürgermeister waren von der Idee so begeister, dass sie beschlossen den Hans-Wurst das nächste Jahr ganz offiziell aufzuhängen und die ganze Innenseite des Turms zu verkleiden. Das war die Geburtsstunde des Brauches Durahansl aufziehen.
Columbine.
Amme.
Im Jahr 1936 wurde dann beschlossen auch der Außenseite des Oberen Tores eine Verkleidung zu verpassen. So konnte man das närrische Treiben schon von weitem sehen. Man entschied sich für das Bild der Narrenmuatr bzw. auch Amme genannt. Hansl und Amme residierten nun Rücken an Rücken in der 5. Jahreszeit. Fehlende finanzielle Mittel nach der Nachkriegszeit führten dazu, dass eine Zeit lang nur der Durahansl aufgezogen werden konnte. 1953 wurde der Durahansl jedoch für seine Einsamkeit belohnt. Im Gegenüber wurde nun die Columbine befestigt, die Freundin des Durahansl, die ihm von dieser Seite durch die ganze Stadt zuprostet. Nun hing wieder das Dreigestirn der Mindelheimer Fasnacht zusammen.

Literatur

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