Patenbitten

Einstiegsinformation

Beim Patenbitten handelt es sich um einen Brauch, der seinen Ursprung im Vereinsleben hat. Dabei wird, wie der Name sehr gut beschreibt, um eine Patenschaft gebeten. Da es keine Quellen dazu gibt, ist eine Datierung des Entstehungszeitpunktes nicht möglich. Eine Patenbitte wird von einem Verein an einen anderen ausgesprochen.

Basis einer Patenbitte ist eine zwischen den beiden Vereinen bestehende Verbindung. Diese kann eine jahrelang bestehende Freundschaft oder eine sehr gute und verlässliche Zusammenarbeit zwischen den Vereinen sein.

Das Patenbitten beschränkt sich nicht nur auf eine bestimmte Vereinsart. Es kommt bei Freiwilligen Feuerwehren, Schützenvereinen, aber auch bei Musikvereinen und jeder anderen Art von Verein vor.

Als Anlass für eine Patenbitte gilt stets ein bei einem Verein anstehendes Jubiläum, für das ein Patenschaftsverein gesucht werden muss. Da es keine festen terminlichen Vorgaben für Vereinsgründungen gibt, kann das Patenbitten zu jedem Zeitpunkt des Jahres stattfinden.

Ablauf

Der Brauch des Patenbittens folgt keinem festen, beziehungsweise unveränderbaren Ablauf. Jeder Verein, der eine Anfrage für ein Patenbitten bekommt, kann diesen selbst organisieren. Somit ist jedes Patenbitten im engeren Sinne komplett anders. Im weiteren Sinne sind die Patenbitten jedoch fast identisch, da bestimmte Punkte im Ablauf traditionellerweise beibehalten werden.

Ein typisch traditioneller Ablauf, an dem sich ein Verein bei Bedarf orientieren kann, wird im Folgenden kurz skizziert:

  • Anreise des bittenden Vereins
  • der bittende Verein übergibt das mitgebrachte Geschenk an den (zukünftigen) Patenverein
  • Führungspersonen des bittenden Vereins tragen die Bitte vor
  • ein für das Patenbitten verfasstes, mehrstrophiges Gedicht wird vorgetragen
  • während der Patenbitte wird auf einem Holzscheit niedergekniet, was auch als Scheitlknien bezeichnet wird
  • parallel zum Gedicht müssen diverse Aufgaben erfüllt werden
  • wenn der zukünftige Patenverein zufriedengestellt und bereit ist, wird der Bitte einvernehmlich zugestimmt

Beteiligte Personen

Am Patenbitten wirken eine Vielzahl von Personen mit, da dieses von zwei Vereinen ausgetragen wird. Dies ist dadurch begründet, dass bei diesem Brauch bestimmte Leistungen, auf die im späteren Verlauf kurz eingegangen wird, erbracht werden müssen, um sich die Gunst – und somit die Zusage des angefragten Vereins für die Patenschaft – zu verdienen. Damit der potenzielle Patenverein zufriedengestellt wird, ist ergo jede helfende Hand notwendig, um das Ziel zu erreichen.

Abgesehen davon gibt es aber gewisse Hauptdarsteller beim Patenbitten. Diese sind üblicherweise Personen, die ein leitendes oder auch repräsentatives Amt im Verein bekleiden. Es sind aber von Verein zu Verein unterschiedliche Ämter betroffen. Während bei einem Musikverein zum Beispiel nur die Vorstandschaft die Hauptrolle übernimmt, wird bei den Feuerwehren neben der Vorstandschaft auch die Kommandantschaft mit eingebunden.

Als letztes übernehmen außerdem kommunale Vertreter, das heißt die Bürgermeister der Ortschaften, denen die Vereine, die das Patenbitten vollziehen, angehören, einen kleinen Part bei diesem Brauch. Dieser hat aber einen eher symbolischen Charakter.

Variationen

Wie bereits kurz erwähnt, gibt es viele Möglichkeiten, wie ein Patenbitten ablaufen kann. Wie sehr sich dieses unterscheiden kann, wird exemplarisch am Ablauf des Patenbittens der Freiwilligen Feuerwehr Wertingen bei der Freiwilligen Feuerwehr Meitingen und am Ablauf des Patenbittens der Feuerwehr Landau an der Isar bei der Feuerwehr Dingolfing skizziert.

Als Erstes wird der Ablauf des Patenbittens der Feuerwehr Dingolfing bei der Feuerwehr Landau an der Isar vorgestellt:

  • Ankunft der Bittsteller an der Pfarrkirche Sankt Josef
  • Versammlung an der Pfarrkirche Sankt Josef
  • Festumzug durch Landau, begleitet von der Stadtkapelle Landau
  • Einzug in die Feuerwache der Feuerwehr Landau
  • Vortrag der Patenbitte
  • Ablehnung der Patenbitte
  • Aufforderung zur Absolvierung mehrerer Prüfungen
    • Erstens: Zersägen eines Baumstamms mit einem Sägeblatt
    • Zweitens: Erkennen verschiedener regionaler Brauereierzeugnisse anhand des Geschmacks
    • Drittens: Hindernisparcours mit brennender Kerze als Ziel
  • Traditionelles Scheitlknien
  • Aushandeln einer Gegenleistung für die Patenschaft
  • Besiegelung der Patenschaft durch einen Handschlag

Als Zweites folgt schließlich zur Verdeutlichung, wie unterschiedlich der Ablauf im engeren Sinne sein kann, der Ablauf des Patenbittens der Freiwilligen Feuerwehr Wertingen bei der Freiwilligen Feuerwehr Meitingen:

  • Ankunft mit dem Reisebus am Feuerwehrhaus der Freiwilligen Feuerwehr Meitingen
  • Empfang durch die (zukünftige) Patenwehr
  • Begrüßungsrede des 1. Vorstandes der Patenwehr
  • Vortragen der Patenbitte durch die Vorstände und Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Wertingen während des Scheitlkniens
  • Ablehnung der Patenbitte mit Begründung, dass Prüfungen erfüllt werden müssen
  • Bürgermeister Meitingens und Wertingens trinken aus dem Kameradenbierkrug
    • Erstens: Bier muss aus einer Wann mit Strohhalmen zurück in die dafür vorgesehen Bierkrüge gepumpt werden
    • Zweitens: zwei freiwillige Kameraden müssen sich von zwei Kameradinnen einer nassen Gesichtsrasur unterziehen
    • Drittens: ein Ballon muss mithilfe der eigenen Atemluft und mithilfe von zwei fünfzehn Meter langen C-Schläuchen zum Platzen gebracht werden
    • Viertens: nach fünfzehnminütiger Vorbereitungsphase, Aufführung einer Tanzeinlage zum Lied Gangnam Style
  • Erneute Bitte
  • Zusage zur Patenschaft mit Forderungen
  • Übergang zum gemütlichen Tei
  • Gemeinschaftlicher Abend

(Interview mit dem 2. Vorstand der Freiwilligen Feuerwehr Meitingen)

Im Vergleich stellt man fest, dass sich die Abläufe in der Grobstruktur nicht unterscheiden. Beide um die Patenschaft bittenden Vereine werden empfangen. Anschließend tragen sie ihre Patenbitte vor, welche abgelehnt wird. Um sich diese zu verdienen, müssen sie Prüfungen erfüllen. Ist dies geschehen, wird der Bitte unter der Bedingung, dass gewisse Forderungen erfüllt werden, stattgegeben. Die Prüfungen können jedoch alles sein, dass man sich ausdenken kann.

Gedicht

Beim Patenbitten ist es üblich, dass der Bittsteller seine Bitte in Form eines speziell für diesen Anlass verfassten Gedichtes vorträgt. Dazu ein Beispiel:

Grüß Euch Gott, Ihr lieben Musikantenleute,

bei Euch zu sein ist uns (hoffentlich) eine Freude.

Wir kommen von Harburg, aus der Landkreismitte,

im Gepäck dabei, eine große Bitte.

Im nächsten Jahr, da gehts in Harburg rund,

da feiern wir im Allgäu-Schwäbischen Musikbund.

Da gibt es viel zu hören und zu sehen,

denn unsere Stadtkapelle feiert 25-jähriges Bestehen.

[…]

Am allerliebsten wär es mir,

ihr sagt ja, gleich jetzt und hier.

Dann müssten wir nicht so lange warten

und könnten gleich zusammen feiern in des Pfarrers schönem Garten!

Nun, ich bin am End mit meiner Bitte,

Ich weiche nun aus dieser Mitte.

Wir warten jetzt was ihr habt uns zu sagen

und verweisen noch einmal auf unsren Leiterwagen.

(Stadtkapelle Harburg – Gedicht Patenbitten)

Ort

Da beim Patenbitten ein Verein einen anderen Verein darum bittet, beim Jubiläum als dessen Patenverein aufzutreten, ist es üblich, dass der Verein, der die Patenschaftsanfrage ausgesprochen hat, in den Ort des zukünftigen Patenvereins reist, wo schließlich das Patenbitten abgehalten wird.

Das bedeutet, das beispielsweise der Verein X aus dem Ort X, insofern er der bittende Verein ist, zum Verein Y im Ort Y fahren muss, um dort seine Bitte auszusprechen. Kurzum, der Verein X fährt nach Y, um den Verein Y um eine Patenschaft für das anstehende Jubiläum zu bitten.

Hintergrund-Infos

 Interview

  • Interview mit dem 2. Vorstand der Freiwilligen Feuerwehr Meitingen, Harald Kiesewetter, am Sonntag, 14. Juni 2015, 19.40 bis 19.50 Uhr im Feuerwehrhaus der Freiwilligen Feuerwehr Meitingen

Gewährspersonen

Manuel Specht, Student der Universität Augsburg, aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Meitingen

Weblinks