Persisches Frühlings- und Neujahrsfest Nouruz

Termin

Nourzu wird  alljährlich am 1. Farwardin, dem 1. Monat des iranischen Kalenders und der Sonnenzeitrechnung, entsprechend dem 20. bis 22. März, im persischen Kulturraum unabhängig von der jeweiligen Religionszugehörigkeit gefeiert. Im Jahr 2024 wird es am 20. März gefeiert.

Einstiegsinformation

Nouruz ist der Name des iranischen 13-tägigen Frühlings- und Neujahrsfests. Das Fest zählt zu den ältesten Festen des persischen Kulturkreises und wird seit mehr als 2500 Jahren begangen. Nouruz beginnt genau zur Tag- und Nachtgleiche, dem sogenannten Frühlingsäquinoktikum, und wird entsprechend für jedes Jahr neu berechnet.

Ablauf

Festvorbereitungen

Nouruz Festtafel.

Frühjahrsputz (Xanetakani)

Etwa vier Wochen vor Nouruz beginnen die Vorbereitungen für das Fest. Dazu zählt die Säuberung des Hauses, welche als Frühjahrsputz (“Xanetakani“) bekannt ist. Außerdem werden die Zutaten für die Festtafel (“Sofreye Haft Sin“) eingekauft und vorbereitet. Nachdem man sich metaphorisch von allem Staub des Vorjahres befreit hat, freuen sich alle Beteiligten auf die Ankunft des Frühlings. Überall in den Straßen der Städte und Dörfer begegnet man an diesen Tagen fröhlichen Menschen, festlich geschmückte Läden und mit Lichterketten verzierte Bäume.

Anbau des Grüns (Sabzi)

Des Weiteren sollte das Grün (“Sabzi“), welches am Festtag auf der Tafel platziert wird, rechtzeitig zum Keimen gebracht werden. Verwendet werden hier überwiegend Weizen- oder Linsensamen, die in einer mit Wasser gefüllten Schale platziert werden. Dabei pflanzt jedes Familienmitglied mindestens eine Handvoll Samen. “Sabzi“ steht sinnbildlich für die Wiedergeburt. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Hyazinthe (“Sonbol“), welche als Symbol für die Schönheit und die Natur am Neujahrstag in voller Blüte auf der Tafel stehen soll.

Mittwochsfeuer (Tschahar Shanbe-e Suri)

Am letzten Mittwochabend des alten Jahres (“Tschahar Shanbe-e Suri“) werden vor allem in ländlichen Gegenden auf freien Flächen kleinere Feuer entfacht. Bei dieser symbolisch verstandenen Handlung gilt es, über das Feuer zu springen. Mit diesem Sprung wird einem, wegen der roten Farbe des Feuers, Gesundheit, Glück und Gutes zuteil.
„Diese Handlung ist eng mit den zarathustrischen Traditionen verknüpft, wenn gleich dies den meisten Feiernden nicht mehr bewusst sein dürfte. Dadurch, dass sowohl die Lehren vom Zarathustra durch den Islam verdrängt wurde und heute als „heidnisch“ gelten, als auch die Feuerkultbestandteile aus dem Alltag gebannt wurden, sind diese Merkmale nur noch als fragmentische Bestandteile des Vorigen übrig geblieben.“

Festtag

Nouruz wird von allen Iranern weltweit gleichzeitig gefeiert. Dabei entspricht das Fest im übertragenen Sinne der Weihnachtsfeier und Silvester zusammen. Je nachdem wann der Jahreswechsel stattfindet, versammelt sich die Familie am Tag vor Nouruz, oder am selbigen Tag in ihren Häusern und verfolgen das Vergehen der Sekunden im Fernsehen oder im Radio. Seit der Kalenderkorrektur durch den großen persischen Astronom und Dichter Omar Khayyam im Jahre 1079 werden die Sekunden, Minuten und Stunden exakt berechnet.
Beispielsweise findet Nouruz am Dienstag den 01.01.1391, 08:44:27 nach Teheraner Zeit statt, was dem Dienstag den 20.03.2012, 06:14:27 mitteleuropäischer Zeit entspricht. Auf diese Weise feiern alle IranerInnen weltweit zur selben Zeit. Da das Jahr ca. 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten und 47 Sekunden lang ist, kommt es jährlich zu einer etwa sechsstündigen Verschiebung des Festes. So feiert jeder Iraner und jede Iranerin mal morgens, nachmittag, oder auch abends, je nachdem an welchem Ort er oder sie wohnt.

Historische Darstellung von Nouruz.

Diese genauen Zeitberechnungen werden heute vom Institut für Geophysik in Teheran durchgeführt. Während die Menschen nun auf Nouruz warten, ertönt meist klassische persische Musik im Hintergrund, während die Kinder den Jahreswechsel kaum erwarten können.

Wenn das Neujahrs- und Frühlingsfest eintritt, bedankt man sich bei der Natur für ihre Großzügigkeit allen Lebewesen gegenüber und gratuliert sich gegenseitig zur Ankunft des neuen Tages mit den Worten: „Jeder Tag soll ein neuer sein, und der Tag soll gesegnet sein!“ (“Har Ruzetan Nouruz, Nouruzetan Piruz“.) Es ist auch üblich, dass die Jüngeren von den Älteren kleine Geschenke bekommen, beispielsweise Süßigkeiten wie Konfekt (“Noql“) oder Münzen (“Dastlaf“).
<blockquote>“Ähnlich wie in den westlichen Ländern werden die Geschenke in den letzten Jahrzehnten von Generation zu Generation größer und wichtiger. Ursprünglich wurden hauptsächlich neue Kleidungsstücke und andere Nutzgegenstände für das kommende Jahr gekauft.“
Zu diesem Fest gehören auch die Verse (“Diwan e Hafiz“) des bekannten persischen Dichters Hafiz, welche in den Familien vorgetragen werden. Dabei sucht man zufällig für jede Person ein Gedicht aus der dem Gedichtband heraus. Hafiz‘ Verse dienen nach persischer Überzeugung als Wegweiser für das neue Jahr oder auch als Orakel, bezüglich zukünftiger persönlicher Fragen der Person. In muslimischen Familien wird oftmals statt der Gedichtesammlung des Hafez ein Koran zur Hand genommen. Dennoch folgen viele der altbekannten Tradition und lauschen dem Gedicht von Hafiz (“Fall e Hafiz“).

In den folgenden 12 Festtagen werden die nahestehenden Verwandten, Freunde und Bekannten besucht um mit ihnen zu feiern. Am 13. und letzten Tag (“Sizdah be dar“) veranstalten alle Familien einen Ausflug aufs Land, bestenfalls auch in die Nähe eines Flusses. Bei einem ausgelassenen Picknick lässt man so eine lange Reihe von Festtagen ausklingen und gibt die mitgebrachten Weizen- oder Linsensprossen (“Sabzi“) in ein Gewässer oder pflanzt sie an geeigneter Stelle. Über die Deutung dieses Brauches gibt es ähnlich wie bei den Bestandteilen unterschiedliche Varianten. Während manche darin das Davontreiben des Bösen durch den Wasserstrom sehen, interpretieren andere diese Handlung als symbolischen Ausgleich für alles, was man der Natur das Jahr über entnommen hat. Dabei darf sich jeder etwas für das neue Jahr wünschen.

Festtafel (Sofreye Haft Sin)

Festtafel zu Nouruz.

Die wichtigste Tradition des Neujahrsfestes ist es, eine Tafel mit sieben Dingen (“Haft Sin“) zu schmücken. Diese Speisen und Gegenstände müssen unbedingt mit 15. Buchstaben des persischen Alphabets, dem „weichen S“, beginnen. Das ist das ausschlaggebende Kriterium bei der Wahl der Dinge. Gängig verwendet werden unter anderem: Weizen oder Linsen als das gekeimte Grün (“Sabzi“), Apfel (“Sib“), Essig (“Serkeh“), Knoblauch (“Sir“), Gewürzsumach (“Somagh“), eine Süßspeise (“Samanu“) oder Mehlbeeren (“Senjed“).

In den verschiedenen Regionen des Iran werden aber auch andere Dinge verwendet. Außerdem schmücken viele den Tisch mit rot gefärbten Eiern als Zeichen für Fruchtbarkeit, einer Hyazinthe (“Sobol“) als Zeichen der Freundschaft, Münzen (“Seke“) für den Reichtum, einer Kerze, einem Spiegel als Symbol der Reinheit und Ehrlichkeit, eine Schale mit Nüssen und dem Diwan des Hafiz. Manche Familien schmücken die Festtafel auch mit einer Glasschale, in welcher sich ein Goldfisch befindet.
„All diese Dinge sind regional unterschiedlich symbolisch tradiert. Neben der regionalen Unterscheidung kam es auch zu Umdeutungen im Laufe der Geschichte, welche auf den Islam als Staatsreligion zurückzuführen sind.“

Gewährspersonen

Im Rahmen dieses Artikels wurde ein Interview mit Herrn Roozbeh Karimi geführt. Herr Karimi, Ingenieur und schwarzweiß Fotograf persischer Herkunft, lebt seit vielen Jahren in Augsburg.

Hintergrund-Infos

Etymologie

Nouruz ist ein zusammengesetztes Wort aus den Begriffen “nou“ (für „Neu“) und “ruz“ (für „Tag“). Nouruz gilt als der erste Tag des iranischen Kalenderjahres “Tghwim e xoršidi“ („Sonnenkalender“). Ursprünglich stammt die Wortkombination aus der Pahlavi Sprache des antiken Persiens. Neben Nouruz sind auch andere Schreibweisen geläufig, wie beispielsweise Noukruc, Eyde-Norooz oder Noukruz.

Literatur

  • Aslan, Reza: Tablet & Pen. Literary Landscapes from the Modern Middle East. W. W. Norton & Company 2010.
  • Ritter, Markus, Kauz, Ralph, Hoffmann, Birgitt: Iran und iranisch geprägte Kulturen. Studien zum 65. Geburtstag von Bert G. Fragner. Reichert 2008.
  • Stausberg, Michael: Die Religion Zarathushtras. Geschichte, Gegenwart, Rituale. Bd. 3. Kohlhammer 2004.
  • Vennemann, Michael: Die Heiligen Drei Könige. Teil 1. Der Aufbruch. Vennemann 2012.