Brot und Salz

Einstiegsinformation

Dem Gast bedeuten Brot und Salz eine Aufnahme in die Speise- und Opfergemeinschaft, dem jungen Paar versprechen sie ein langes Leben und beim Einzug in ein neues Heim sollen sie Reichtum, Fruchtbarkeit und Gesundheit bescheren: seit Jahrtausenden werden in verschiedenen Kulturen der Erde Brot und Salz verschenkt. Als Urspeisen der Menschheit stehen sie für Freundschaft, Güte und Treue.

Ablauf

Brot und Salz zu besonderen Anlässen

Geburt und Taufe

Vor dem zweiten Weltkrieg war die Versorgungslage merklich schlechter, so dass es vor allem im süddeutschen Raum üblich war, einem Boten, den man losschickte, um die Hebamme für die Geburt des Kindes zu holen, mit einem Laib Brot als sogenannten Talisman ausstattete, damit er nicht vom rechten Weg abkomme. Auch dem Neugeborenen wurde unverzüglich nach der Geburt ein Brot als Glücksbringer und Willkommensgeschenk umgehängt. Das Kind wurde dann in das Hemd des Vaters gewickelt und an den wichtigsten Stätten des Hauses, wie der Türschwelle oder des Ofens, abgelegt, bis der Vater beim Nachhausekommen durch das Aufheben des Kindes seine rechtmäßige Vaterschaft anerkannte. 
Auch bei der Auswahl der Paten des Kindes spielte Brot eine große Rolle: der Vater wurde von dem zukünftigen Pate mit einem Stück Brot empfangen. Die künftigen Paten gaben dem Vater auch ein Stück Brot für die Kindsmutter mit, welche in der ersten Woche nach der Geburt des Kindes nur von diesem Brot essen durfte, da alles andere Unheilvolles für die Zukunft des Kindes und der Mutter bedeutet hätte. Der Genuss des Brotes schützte so das Kind vor Unglück. Derselbe Gedanke wurde ein paar Tage später bei der Taufe des Kindes verfolgt, wenn der Pate dem Kind Brotstücke auf das Taufgewand legte und folgende Worte dazu sprach: Du bist beim Stückl geboren und sollst beim Stückl bleiben. Damit begann eine lebenslange Tradition für den Paten und den Schützling, denn der Pate sollte auch weiterhin den Schützling zu den Anlässen wie Ostern und Allerheiligen mit einem Stück Brot versorgen. Die Mutter erhielt auch nach der Geburt des Kindes von Paten, Verwandten, Nachbaren und Freunden noch aufwendig zubereitete Kinderbettbrote, die Teil eines Schenkkorbes (bestand meistens aus Eiern, Kaffee, Milch, Wein, manchmal auch aus Textilien) waren.

Hochzeit

Zur Unterzeichnung des Ehevertrages wurden früher oft Brot und Salz gereicht. Das Hochzeitsbrot selbst, das von der Braut gebacken wurde, war ein einfaches Hausbrot, das am Tag der

Brot und Salz bei einer Hochzeit.

Vermählung mit bestimmten Gewürzen, wie Anis, Fenchel oder Kümmel aufgewertet wurde. Es wurde im Haus der Braut vorbereitet und in die Form des Weckens oder Laibes gebracht. Nur der Bräutigam durfte das Brot anschneiden und musste diesen Anschnitt aufbewahren, damit das Brot in seinem neu gegründeten Haushalt niemals ausgehen wird.

Einzug / Umzug

Sobald eine Familie, ein Paar oder Einzelpersonen ein neues Heim beziehen, werden meist von Bekannten oder Freunden Brot und Salz verschenkt. Dabei handelt es sich in der Regel um selbst gebackenes Brot, es kann aber auch bei einem Bäcker extra für diesen Brauch bestellt werden. Das Salz wird entweder als Salzkruste oder verpackt eingebacken. In vielen Fällen wird es aber auch einfach in einer Dose zugereicht. Diese Schenkung steht symbolisch für den Wunsch Sesshaftigkeit, Wohlstand und Fruchtbarkeit und dass Brot und Salz unter diesem Dach als Grundnahrungsmittel niemals ausgehen sollen.

Totenfeier

Dem Allerseelenbrauch ähnlich und inhaltlich eng mit ihm verwoben ist ebenfalls der Brauch, Brot an Arme zu verschenken. Den Schenkern wird durch den Dankspruch „Vergelt’s Gott!“ eine Hilfe für die verstorbene Seele beim Aufstieg in den Himmel, wie zum Beispiel durch eine Leiter oder einen Engel, versprochen. Insgesamt war das Brot im Rahmen einer Totenfeier aber nicht nur für den Verstorbenen und dessen Seelenheil von Bedeutung, sondern auch für die Trauergemeinde. Bei einem Todesfall waren alle, die dem Verstorbenen in irgendeiner Weise näher standen, während der Stunden und Tage des gemeinsamen Traueraktes selbst in gefährlicher Nähe zum Tod und mussten sich gewahr sein, dass dieser auch auf sie ausgreifen könnte. Deshalb sollten die Leichenansager oder diejenigen, die Totenwache hielten, keinesfalls von dem aufgestellten Brot essen, damit sie den Tod nicht mit nach Hause nehmen. In der Ewigkeit sollten sich die Verstorbenen und die ihm nachfolgenden Lebenden am Brot wiedererkennen. Hierbei lassen sich Parallelen zu der bekannten Stelle aus dem Lukas Evangeliums, in der die Jünger von Emmaus Christus ebenfalls am Brotbrechen wieder erkennen, ziehen. Bei der Bestattung selbst, wurde dem Toten bereits im verschlossenen Sarg Brot mitgegeben, damit er gleich auf dem Weg ins Jenseits etwas zu essen hatte. Manchmal wurde auch im Totenzimmer ein Laib Brot sowie Wein für den Verstorbenen aufgetischt.

Redewendungen und Sprüche:

Überreichung von Brot und Salz beim Einzug.
  • Brot und Salz, Gott erhalt`s!
  • Salz und Brot macht Wangen rot
  • Kein Salz auf etwas legen (Salz = Wert)
  • Mit Salz und Brot zufrieden sein (= keine großen Ansprüche stellen)
  • Das Salz bringen, wenn die Eier gegessen sind (= zu spät kommen)
  • Ohne Salz und Schmalz (= nichts Halbes, nichts Ganzes)
  • Salz ins Meer tragen (= Überflüssiges tun)
  • Schlachte nicht mehr, als du einsalzen kannst (= Appell an die Sparsamkeit)
  • Er hat nicht das Salz zum Brot (= Armut)
  • Er verdient nicht das Salz in die Suppe (= er taugt nichts)

Aber auch in anderen Kultur- und Sprachgebieten existieren ähnliche Sprichwörter:

  • Zwischen mir und ihm ist Brot und Salz. (= Versöhnung und Freundschaft) (Arabisch)
  • Wer mit dir Salz und Brot aß, der betrügt dich nicht. (Arabisch)
  • Verschmähen mögest du bei mir nicht Salz und Brot. (Persisch)
  • Iss Brot und Salz und sprich die Wahrheit. (Russisch)
  • Befolge den Rat von alten Menschen und Verheirateten. Sie haben viel Brot und Salz gegessen. (Griechisch)

Historische Genese

Salz

Einige Bräuche haben jene Zeit überdauert, in der das Salz als lebensnotwendiges und kostbares Tauschgut galt und Gegenstand vielzähliger Mythen und religiöser Praktiken war. In der Natur vorkommend nimmt das Salz verschiedene Formen an: Sulfate, Nitrate, Phosphate und Chlorate. All diese Formen bestehen aus positiv und negativ geladenen Ionen, die in kristalliner Form regelmäßig angeordnet sind. Die weitverbreiteste Form des Salzes, die wir zu uns nehmen, ist die des Kochsalzes oder Natriumchlorids (NaCl). Vorkommnisse des Salzes finden sich im Meerwasser, Binnengewässern oder in der Erdrinde (Steinsalze). Die Gewinnung des Salzes ist abhängig von seiner Art: Steinsalz wird im Bergbau über und unter Tage abgebaut, zerkleinert und gemahlen. Siedesalz wird aus Sole-salzhaltigem Wasser-gewonnen. Natürliche Sole kommt in Quellwasser vor, mancherorts wird sie auch künstlich erzeugt, indem Bergwerksstollen mit Wasser gefüllt werden und sich das Salz aus den Gesteinen in dem Wasser löst. Meersalz wird in Salzgärten oder Meeressalinen gewonnen. Das Wasser befindet sich in mit einander verbundenen Wasserbecken, die von größeren, tiefen in kleinere, flache Becken fließt.

Die Bedeutung des Salzes

Seit der Jungsteinzeit benutzt der Mensch Salz, um seine Speisen zu würzen oder Nahrung zu konservieren. Die Menschen damals ahnten schon, dass Salz in Maßen auch eine lebensnotwendige Grundlage für den menschlichen Organismus darstellt. Ihrer Meinung nach frischte es das Blut auf, sie deuteten dies als Erneuerung von Leben und Kraft. Bezugnehmend auf die Bibel, sagte Jesus zu seinen Jüngern: Ihr seid das Salz des Lebens. (Matth. 5, 13). In äquatornahen Gebieten haben die Menschen auch bereits früh erkannt, dass sie einen erhöhten Salzbedarf haben, da deren Transpiration aufgrund der vorherrschenden Hitze ausgeprägter ist. Einige Fälle des Kannibalismus früherer Zeiten wurden sogar als Versuch, diesen Mangel zu kompensieren, gedeutet. Weitere Verwendung fand das Salz in der Viehzucht, da Rinder und Pferde große Mengen an Salz benötigen. In der heutigen Zeit wird Salz vielseitig in der Industrie verwendet. Dass Salz heute in der internationalen Wirtschaft nur noch eine unbedeutende Rolle spielt, ist erst seit dem 19. Jahrhundert der Fall. Bis dahin war Salz eine Antriebskraft reger Handelsbeziehungen, diente Spekulationen und verhalf vielen mächtigen Herrschern durch politische Maßnahmen und Handelsstrategien zu Reichtum.

Den regen Tauschhandels belegen Hallstätter Gräberfunde (9.-2. Jh. v. Chr.) von Salz gegen Bernstein (Ostsee), Glas (nördl. Adria), Kosmetika und Öle (Rom), Bronzegegenstände (Etrurien), Glasflaschen (Phönizien) und Elfenbein (Afrika). Transportiert wurde das Salz auf Salzstraßen-die wohl älteste ist die Via Salaria, die von Ostia in die Sabiner Berge führt. Es wurde auch eine Salzsteuer erhoben, manche deutsche Städte haben ihre Neugründungen dieser Einnahmequelle zu verdanken, wie das Beispiel München zeigt. Orte oder Regionen, in denen Salz gewonnen wurde, erhielten ebenfalls einen Namen, in denen das Wort Salz in all seinen Ableitungen vorkommt. Bekannte Beispiele hierfür sind Städte mit Saal, wie Saalach, Hall, wie Bad Hall, Salz, wie Salzach, Sol wie Sölden oder Sulz wie Sulzau. Das Salz wurde auch als Zahlungsmittel eingesetzt, es begann mit dem Salarium der römischen Soldaten und war ursprünglich eine Ration Salz. Der Begriff entwicklelte sich später zum Sold und zum französischen Salaire. Marco Polo (1254-1324) zufolge waren in Tibet 30 Salzmünzen 10 Feingoldmünzen wert. In Schwäbisch Hall wurden ebenfalls im 13. Jahrhundert die Salinenarbeiter mit dem Häller (hal=Saline) ausbezahlt, woraus sich später der Heller als Bezahlungsmittel im süddeutschen Raum und Böhmen durchsetzte. Bekannte Redensarten wie auf Heller und Pfennig, keinen roten Heller wert und bis zum letzten Heller zeugen noch von dessen Bedeutung.

Das Salz galt als das weiße Gold und fand große Beachtung im Leben, Denken und Glauben der Menschen in den vergangenen Jahrhunderten. So wurde das Salz häufig in Schriften mitaufgenommen, wie beispielsweise in der Bibel Alle deine Speiseopfer sollst du salzen, und dein Speiseopfer soll niemals ohne Salz sein, bei allen deinen Opfern sollst du Salz mitbringen. (3. Mos. 2, 13). Aber auch in der Literatur wurde die Bedeutsamkeit des Salzes oft im Vergleich mit Lebensnotwendigkeiten unterstrichen:

  • Salz…das Göttliche (Homer, griech. Dichter, 8. Jh. v. Chr.)
  • Salz…Symbol der Gerechtigkeit (Pythagoras, griech. Philosoph, 6. Jh. v. Chr.)
  • Wahrlich, ohne Salz ist es unmöglich, ein menschliches Leben zu führen. (Plinius, röm. Schriftsteller, 23-79 n. Chr.)
  • Die Künste sind das Salz der Erde. (Goethe, 1749-1832)

Die Hochschätzung des Salzes drückt sich auch in einigen Märchen aus, wie zum Beispiel in der Gänsehirtin am Brunnen. Auf die Frage des Vaters, wie lieb sie ihn habe, antwortet die jüngste Königstochter: ,,Die beste Speise schmeckt mir nicht ohne Salz, darum habe ich den Vater so lieb wie Salz“. Bei Bechstein soll diejenige Tochter seine Nachfolgerin werden, die ihm das Unentbehrlichste bringt. Als ihm eine Tochter Salz übergibt, verstößt er sie und erkennt seinen Irrtum erst, als sie ihm als verkleidete Köchin ein ungesalzenes Mahl serviert.

Salz wurde früher im Volksglaube eine schützende, segenspendende und prophetische Kraft zugesprochen und als Abwehrmittel gegen Krankheiten und bösen Zauber, wie Behexung, angesehen Hingegen wurden Streit und Ärger vermutet, wenn Salz verschüttet wurde und Unglück bei ausgeliehenem Salz. In den verschiedenen Religionen wurde das Salz hochverehrt; in der Antike gehörte das Salz zu jeder Opfergabe an die Götter. Bei den Orientalen und jüdischen Gläubigen wurde Salz und Salzwasser zur Reinigung verwendet. Auch die Christen erkannten diesen Brauch und setzten es bei der Taufe als Symbol für die Gemeinschaft mit Gott ein. Es gibt im katholischen Glauben auch die Salzweihe durch den Priester, sowie Schutzpatronen für das Salz und dessen Gewinnung: seit dem 18. Jh. gilt die Hl. Barbara als Patronin der Bergleute und der Hl. Rupert als Patron des Bergbaus.

Brot

Die Anfänge der systematischen Nutzung von Körner- und Graspflanzen reichen ca. 18000 Jahre zurück; halbnomadische Jäger und Sammler der ausgehenden Altsteinzeit säten hinter Dünenbarrieren Gerste in Buchten und Becken, die die Nilflut durchfeuchtet zurückließ. Die Folgen wirkten sich erst allerdings erst mit der Erfindung der Landwirtschaft und Viehzucht in der Jungsteinzeit aus, als ein sesshafter Ackerbau, Vorratswirtschaft, Bevölkerungswachstum, zunehmende Arbeitsteilung.

Literatur

  • Gerster, Georg: Brot und Salz. Zürich 1981.
  • Mayerhofer, Matthias: Brot und Salz. Gebräuche im Jahreskreis und Lebenslauf. Ulm 2011.
  • Vater und Sohn Eiselen Stiftung Ulm (Hg.), Rund ums Salz, Stuttgart 1992.