Allgäuer Festwoche

Termin

Dieser Brauch findet vom 10. bis zum 18. August 2024 statt.

Kurzcharakterisierung des Brauchs

Festtreiben.
Seit 1949 beginnt jedes Jahr am zweiten Samstag im August die Allgäuer Festwoche in Kempten. Sie dauert neun Tage und in dieser Zeit versammeln sich die verschiedensten Unternehmer mit ihren Waren am Kemptener Messegelände um diese dort zu präsentieren und zu verkaufen. Zusätzlich zeigen die Vereine ihre Talente und Sportler ihr Können. Die Festzelte werden musikalisch durch die heimischen Musikkapellen unterstützt.

Ablauf

Die Messe

Offiziell beginnt die Festwoche zwar samstags, aber die Festzelte am Rathausplatz werden schon am vorhergehenden Freitagabend geöffnet. Der Eröffnungstag wird mit den Reden und Ansprachen der geladenen Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Unterhaltung eingeleitet. Im Anschluss begeben sich die Festredner und geladenen Gäste in einem gemeinsamen Einzug auf das Ausstellungsgelände. Das Messegelände aus 19 Hallen, in denen rund 400 Aussteller ihre Ware und Dienstleistungen präsentieren und ist somit eine der bedeutendsten Wirtschaftsmessen in Bayern. Die Angebote überzeugen durch ihre Vielfalt und Aktualität. Neben Speisen und Getränken, von denen man vor Ort probieren darf, gibt es auch Maschinen für die Landwirtschaft, Möbel, Kleidung und Accessoires, Küchengeräte, alles für Haus und Garten und vieles mehr. Sogar Whirlpools, die ebenfalls bei Bedarf am Stand ausprobiert werden können, ergänzen das Angebot. Die ganze Woche über wird jeden Tag ein spezielles Programm durchgeführt, an dem die Besucher teilnehmen und dabei viel Wissenswertes erfahren und erleben können. Neben Tanz- und Musikaufführungen gibt es auch Modeschauen, technische Vorführungen und sportliche Veranstaltungen.
Marktstand während des Fests.
Aber die Veranstalter denken auch an die Familie, denn jedes Jahr gibt es einen Familientag und für die lieben Kleinen eine Menge Spiel und Spaß in Halle 15. Dort können sie basteln, malen und sich auch handwerklich betätigen. Jeder Tag der Festwoche steht unter einem anderen Motto, wie zum Beispiel Farbe, Gesundheit oder Sport und Freizeit. Je nach Motto werden verschiedene Veranstaltungen, Vorträge und Aktivitäten angeboten. Es kann auch an sportlichen Wettbewerben teilgenommen werden, wie an dem Spendenmarathonlauf oder dem Fackelschwimmen. Ebenfalls sehr erwähnenswert ist die Kunstausstellung, die jedes Jahr in der Residenz besucht werden kann und durch ihre Exponate beeindruckt.

Die Festzelte

Zelt der Allgäuer Festwoche.
Auf dem Gelände gibt es mehrere Festzelte, um möglichst jeden gastronomischen Wunsch erfüllen zu können. Im Mittelpunkt steht das Bierzelt. Es ist das beliebteste Zelt der Festwoche und die Plätze darin sind heiß begehrt. Jedes Jahr wird ein spezielles Festwochenbier gebraut. Dieses Festbier wurde in den letzten Jahren vom „Allgäuer Brauhaus“ geliefert, 2010 zum ersten Mal von der „Zötler“ Brauerei. Besonders beliebt im Bierzelt ist auch das Essen, vor allem die Brathähnchen (Gockel), die nur im Bierzelt angeboten werden. Abends sorgen Musikkapellen für die Unterhaltung, die die meisten Besucher animiert auf die Bänke zu steigen, zu klatschen, mitzusingen und zu tanzen. Jeden Abend ist das Zelt so gut besucht, dass die Sicherheitsmänner wegen Überfüllung die Toren des Eingangs schließen müssen und keiner mehr hinein kann. Neben dem Bierzelt ist die Parkschenke auch von großer Bedeutung. Die Parkschenke ist das frühere Weinzelt, allerdings gibt es neben Wein auch Bier, Spirituosen, Mix-Getränke und Cocktails. Das Zelt ist etwas kleiner und hat sich im Laufe der Jahre auch verändert. Ursprünglich stand das Weinzelt, wie es damals noch genannt wurde, am Park und weiter weg vom Bierzelt. Da aber vor Jahren an dieser Stelle die Umsteigezentrale für Busse gebaut wurde, musste das Weinzelt in den Park verlegt werden und bekam seinen neuen Namen. Im Weinzelt wird nicht so oft Live-Musik gespielt wie im Bierzelt, dennoch sorgen die üblichen Party-Hits für gute Stimmung. Zwar gibt es in der Parkschenke keine Gockel zu essen, dafür werden aber andere Allgäuer Spezialitäten angeboten. Ebenfalls im Stadtpark gelegen sind die Parkterrasse und der Schubkarchstand. Dort werden ebenfalls Getränke jeglicher Art angeboten. Zusätzlich hat man einen schönen Blick auf die Bühne auf der Tanzaufführungen und musikalische Einlagen gezeigt werden. Etwas am Rande des Geländes befindet sich das Milchzelt. Wenn man an das Allgäu denkt, denkt man meistens gleich an Bauernhöfe und Kühe. Daher ist es kein Wunder, dass es ein Zelt gibt, worin sich alles um die Milch dreht. Auf der Speisekarte stehen alle möglichen Produkte, die man durch Milch gewinnen kann. Das fängt an mit den beliebten Allgäuer-Kässpatzen, der leckeren Käserahmsuppe, dem typischen Käsebrett mit einer reichlichen Auswahl der heimischen Käsesorten bis hin zur gewagten Variante der Allgäuer-Pizza. Eine reiche Auswahl an Milch-Getränken vervollständigt das Angebot.

Hintergrund-Infos

Nach dem zweiten Weltkrieg stellte sich die Frage wie es in diesem landwirtschaftlich geprägten Standort wirtschaftlich weiter gehen sollte. Im Frühjahr 1948 wurde in Kempten ein Stadtrat gewählt, der sich wieder mehr den bürgerlichen, kommunalen und ökonomischen Interessen widmete. Dr. Georg Volkhardt wurde zum Oberbürgermeister und Albert Wehr zum Bürgermeister gewählt. Zusammen mit weiteren Persönlichkeiten wurde die „Allgäuer Festwoche“ von ihnen gemeinsam ins Leben gerufen. Bereits in den 1920er Jahren hatte sich Oberbürgermeister Merkt ein Wirtschaftsfest ausgedacht, aber erst 1948 fand eine Festwoche unter dem Titel „Kemptener Kunst und Können“ statt. Die erste „Allgäuer Festwoche“ im Jahre 1949 war stärker wirtschaftlich geprägt und wurde schon von mehr als 123.000 Menschen besucht, womit sie ein voller Erfolg war. Durch die Allgäuer Festwoche wurde ein neues Engagement in der Wirtschaft gezeigt, was durch die Anbindung zum Fernverkehr nun gefördert wurde.

Entwicklungen im Laufe der Jahre

Als die Festwoche das erste Mal eröffnet wurde, standen die Wirtschaft und die Kunst im Vordergrund. Aber wie so vieles änderte sich auch dies im Laufe der Zeit. Zwar ist die Festwoche immer noch ein Ort an dem Waren und Dienstleistungen angeboten und Kunst gezeigt werden. Aber im Laufe der Zeit nahm das Interesse an dem geselligen Beisammensein in den Festzelten immer mehr zu. Als die Festwoche ins Leben gerufen wurde, war sie vor allem auf die Wirtschaft und die Kunst ausgerichtet. Die „BayWa“ hatte noch einen Stand und war eines der wichtigsten Unternehmen, das auf der Festwoche ihre Ware präsentierte. Im Vergleich zu der damaligen Zeit wird heute viel mehr Wert auf die Festzelte gelegt. Nicht, dass die Messehallen vernachlässigt werden, aber den größten Andrang gibt es abends wenn die jüngeren Gäste eintreffen. Während sich tagsüber meistens eher Ältere die Waren anschauen, regiert am Abend die Jugend. Der Alkohol fließt in Strömen, worauf die Stadt sich schon gut vorbereitet hat. Seit sieben Jahren besteht ein Nachtbusverkehr, der selbst alkoholisierte Besucher der Festwoche sicher in die Landgemeinden befördert. Da es vorkam, dass es Manchem zu später Stunde schwer fiel das Kleingeld für den Bus abzuzählen, gilt jetzt die Eintrittskarte der Festwoche auch gleichzeitig als Fahrkarte für den Nachtbus. Wer noch nicht heim fahren will, kann in die Discos weiterziehen. Im alten Fabrikgebäude des „Allgäuer Brauhauses“ wird extra für die Festwoche eine Disco eingebaut. Eintritt ist ab 21 Jahren und wer nicht hinein darf, hat noch das „Parktheater“ als zweite Option. In Kemptens Discotheken gibt es extra für die Festwoche ein anderes Programm als das sonst Übliche.Bei so vielen Menschen und deren Alkoholverbrauch gibt es auch einige Gefahren. Vor allem, was den Alkoholverbrauch unter Jugendlichen betrifft. Immer mehr Minderjährige betrinken sich und so kam es auch schon vor, dass ein 13-Jähriger mit 1,0 Promille erwischt wurde. Auf und um das Festgelände herum sind viele Polizisten positioniert, denn mit Alkohol im Blut (aber auch ohne) gerät man schnell in Wut. Aber auch viele Fahrzeuge werden angehalten, um zu kontrollieren ob jemand nicht doch den Bus hätte nehmen sollen.Bei zu großem Menschenandrang wird schon mal das Bierzelt geschlossen und in den letzten Jahren auch manchmal das ganze Gelände. 2009 stand dann schon manch Einer schon um acht Uhr abends vor verschlossenen Toren. 2010 wurden die Eintrittskarten mit einem Strichcode versehen. Die Karten wurden beim Eintritt und beim Verlassen gescannt, um die Besucherzahl erfassen zu können und möglichst niemanden den Eintritt verwehren zu müssen.Aber vor allem hat sich in den letzten Jahren ein neuer Brauch entwickelt. Gerade bei Jugendlichen hat sich vor ungefähr 4-5 Jahren der Trachtenmode-Trend beliebt gemacht. Zuvor hatten nur Kellner und –innen und Wirte Dirndl und Lederhosen getragen. Sollte doch ein Besucher in Tracht die Messe besucht haben, so musste er schon die Blicke der anderen „ertragen“. Heute ist es üblich Mädchen in Dirndln und Männer in Lederhosen zu sehen. Vor, während und nach der Festwoche bieten die Läden Trachtenmode an und jedes Jahr kommen neue Modelle dazu. Durch das Tragen dieser Mode zeigen die Allgäuer ihre Heimatverbundenheit und es entwickelt sich unter den Besuchern ein Gemeinschaftssinn.

Belege, Literatur

  • Geschichte der Stadt Kempten. Verlag Tobias Dannheimer, Kempten, 1989.

Karte