Advent in Herzogenaurach

Termin

Der Brauch findet vom 03.12. bis zum 24.12.2023 statt.

Einstiegsinformationen

Der Adventsbrauch „Advent in Herzogenaurach (Mittelfranken)” findet an allen vier Adventssonntagen im ältesten Bürgerhaus Herzogenaurachs (Vereinsheim des Heimatvereins Herzogenaurach) statt und steht unter dem Motto: „Wie es früher war. Advent am Kachelofen. Vorweihnachtliche Geschichten, Plätzchen, Tee und Glühwein.” Wie dieses Motto schon verrät, geht es hier vor allem um ein gemütliches Beisammensein im weihnachtlichen Ambiente um sich vom alltäglichen Weihnachtsstress zu erholen und sich auf die Adventszeit sowie auf das kommende Weihnachtsfest zu besinnen. Währenddessen kann man vorweihnachtlichen Geschichten lauschen (auch in mittelfränkischer Mundart), sich am Kachelofen wärmen und Plätzchen mit Glühwein genießen.

Ablauf

Die Beobachtung des Brauches fand am 09.12.2012 (2. Advent) von 16.00 - 20.00 Uhr statt. Durch starken Schneefall verzögerte sich der offizielle Beginn auf etwa 16.30 Uhr. Zwischen 16.00 und 17.00 Uhr treffen nach und nach die ersten Besucher ein. Wintermäntel, Mützen und andere Kleidungsstücke werden im Flur, in einem Schrank aufgehängt. Nach Ankunft im Hauptzimmer wird jedem Gast etwas zu trinken angeboten. Zur Auswahl stehen Glühwein, Tee, Bier, Wein und andere alkoholfreie Getränke. Auf den Tischen stehen Teller mit selbst gebackenen und vom Bäcker gekaufte Plätzchen. Mit der Zeit entsteht eine gemütliche Atmosphäre. Die meisten Gäste kennen sich untereinander von vorherigen Treffen oder aus der Mitgliedschaft im Heimatverein. Neuankömmlinge werden freundlich begrüßt und in Unterhaltungen eingebunden. Zeitlich ungebunden, werden nach Belieben der Besucher oder der Veranstalter, verschiedene Vorweihnachts-, beziehungsweise Weihnachtsgeschichten, abwechseln von Herr oder Frau Gäbelein vorgelesen. An diesem Tag waren es unter anderem: „Wie der heilige Nikolaus die Mitra erfunden hat” von Andreas Knapp, „Eine ganz belanglose Geschichte” von Hugo Hartung oder „Sechsundvierzig Heiligabende” von Erich Kästner. Nach den Geschichten geht man wieder zu privaten Gesprächen über, welche sich mit den Themen der vorgetragenen Geschichten, oder aber dem Wetter, Sport, private oder öffentliche Ereignisse, beschäftigen. Auffällig ist, dass „die gute alte Zeit” oder aber „wie es früher war” besonders häufig im Fokus der Unterhaltungen stehen. Zwischen 19.00 und 20.00 Uhr machen sich die ersten Gäste vereinzelt auf den Heimweg. Andere wollen noch den lebenden Adventskalender am Marktplatz besuchen, welcher etwa eine Minute zu Fuß entfernt ist. Um 20.00 Uhr ist der Abend dann beendet und auch die letzten Gäste verlassen das Haus.

Veranstalter, Gastgeber und Besucher

Vorlesen der Weihnachtsgeschichte.
Die Veranstalter dieses Brauches sind zugleich auch die Gastgeber an den vier Sonntagen, Klaus-Peter Gäbelein, erster Vorsitzender des Heimatvereins und seine Frau. Sie sorgen sich um die Unterhaltung sowie Verköstigung der Besucher und tragen dabei keine herausragenden Requisiten bei sich. Ihre Kleidung ist unauffällig, alltäglich, der kalten Jahreszeit angepasst und ihre Rolle als Veranstalter fällt nur dann ins Gewicht, wenn es um das Vorlesen der Geschichten oder die Bewirtung der Besucher geht. Ansonsten gliedern sich sich ohne jegliche Besonderheiten in die Unterhaltungen der Anderen und somit in die bestehende Gruppe ein. Die Geschichten werden zeitlich ungeplant, teilweise auch auf Wunsch der Gäste vorgelesen und geben, je nach Thema, neuen Gesprächsstoff für die Unterhaltungen. Das Publikum beschränkte sich an diesem Sonntag auf 15 Personen (10 Frauen und 5 Männer, ab etwa 45 Jahren). Diese Tatsache lag vermutlich an den schlechten Wetterverhältnissen. Herr Gäbelein berichtete von den Veranstaltungen im letzten Jahr, an welchen „die Bude voll war, da zur gleichen Zeit, parallel der Weihnachtsmarkt stattfand und das Wetter besser war. „Die Leute waren vom Weihnachtsmarkt durchgefroren und wollten sich bei uns aufwärmen.”

Lokalität

Der Raum in dem der Brauch stattfindet, ist etwa 20 m² groß. Er befindet sich im Erdgeschoss des ältesten Bürgerhauses (Steinweg 5), welches im 15. Jahrhundert erbaut wurde. Dort befinden sich drei größere Tische mit Sitzbänken und Stühlen, ein kleiner Schrank, ein Kachelofen und ein kleiner Klapptisch, auf dem das neue Jahresprogramm des Heimatvereins auslag. Daran angeschlossen befindet sich eine sehr kleine Küche, in welcher die Getränke (Glühwein, Tee) warm gemacht werden. die Lichtverhältnisse waren sehr angenehm und weihnachtlich, durch Kerzen, Lichterketten und Deckenleuchten geprägt. Passend zur Adventszeit, waren die Tische und der ganze Raum weihnachtlich dekoriert. Auf jedem der drei Tische standen ein bis zwei Teller mit Plätzchen, welche von Frau Gäbelein immer wieder neu aufgefüllt wurden.
Dekoration des Kachelofens mit Kerzen.

Brauch- und Rollenverständnis der Veranstalter

„Ich möchte den Leuten ein bisschen Ruhe und vorweihnachtliche Stimmung vermitteln, damit man sich von den ständigen Jingle Bells oder Stille Nacht Liedern - welche schon ab Oktober, November gespielt werden - erholen kann und sich auch mal in Ruhe zusammensetzt. Die Leute können sich unterhalten und zwischendurch auch nur mal zuhören. Es soll eine Art Besinnung sein, eine ruhige Vorbereitung auf Weihnachten, bei all der Hektik die die Leute heutzutage im Alltag haben.” Für Klaus-Peter Gäbelein besteht in der Ausführung des Brauches der Wunsch und das Bedürfnis, den Menschen einen Ort der Ruhe und Besinnlichkeit zur Verfügung zu stellen, um sich von der häufig auch mit Stress verbundenen Vorweihnachtszeit (Geschenke kaufen, Dekorieren, Besuche etc.) erholen zu können. Hierbei sollen vor allem der regionale Bezug zu Herzogenaurach sowie die traditionelle Bedeutung der Vorweihnachtszeit im Vordergrund stehen. Ausdruck finden diese beiden Komponenten in den privaten Erzählungen der Gäste sowie in den liebevoll ausgewählten Geschichten, welche abwechselnd von Herr und Frau Gäbelein vorgelesen werden. Auf die Idee eine derartige Veranstaltung ins Leben zu rufen, kam Herr Gäbelein bei einer Sitzung des Heimatvereins. Seitdem besteht dieser Brauch nun schon seit fünf Jahren. Der Erfolg dieser noch relativ jungen Brauchveranstaltung, lässt sich laut Veranstalter an den wachsenden Besucherzahlen und den positiven Rückmeldungen der Besucher ableiten.

Organisation der Brauchveranstaltung

Offizieller Veranstalter des Brauches ist der Heimatverein Herzogenaurach e.V., insbesondere Klaus-Peter Gäbelein (1. Vorsitzender). Die Organisationsstruktur wird von Herr und Frau Gäbelein entworfen und geleitet. Gesponsert und finanziert wird der Brauch durch den Heimatverein und Klaus-Peter Gäbelein. Im Vorfeld werden Werbeaktionen, wie beispielsweise die Ankündigung der Brauchveranstaltung in der Tageszeitung, im Jahresprogramm des Heimatvereins, auf dessen Homepage (www.heimatverein-herzogenaurach.de) und auf der Homepage der Stadt Herzogenaurach (www.herzogenaurach.de) vorgenommen.

Varianten

Diese Form des Brauches ist weit verbreitet, da dies für die Adventszeit üblich ist. Der wie oben beschriebene, spezifische Ablauf findet sich allerdings nur in Herzogenaurach.

Hintergrund-Infos

Entwicklung des Brauches

Laut Initiator und Veranstalter besteht diese Form des Brauches in Herzogenaurach seit 2007. Die Idee eine solche Brauchveranstaltung ins Leben zu rufen, ist auf einer Sitzung des Heimatvereins entstanden.

Die Adventszeit

„Advent” ist auf das lateinische Wort „adventus” zurückzuführen und bedeutet Ankunft. Der Advent stellt die vierwöchige Vorbereitungszeit auf Weihnachten, der Ankunft Christi dar. Diese vier Wochen beginnen an dem ersten Sonntag nach dem 26. November und enden mit Weihnachten. Mit der Adventszeit beginnt das evangelische und katholische Kirchenjahr sowie der Weihnachtsfestkreis.

Geschichtliche Entwicklung

„Um 600 legte Papst Gregor der Große die Zahl der Adventssonntage auf vier fest.” Diese Regelung wurde aber nicht überall durchgeführt, so feiert man beispielsweise in Mailand auch heute noch eine sechswöchige Adventszeit. Im Bereich der Ostkirchen hängt die längere Adventszeit mit dem Einhalten einer 40-tägigen Fastenzeit, mit Beginn am 14. November zusammen. „Bis 1917 galt der Advent als Fastenzeit.” Demnach sind die Adventssonntage, streng genommen als Fastensonntage zu verstehen. „Was bei den Katholiken in die Kirche integriert war, fand im Protestantismus im häuslichen Bereich statt. Die evangelischen - und hier besonders die pietistischen - Christen feierten zu Hause in täglichen Andachten mit liturgieähnlicher Ordnung (Lesung der biblischen Prophezeiungen, Gebete, gemeinsames Singen und Erzählen) die bevorstehende Ankunft des Herrn.” Die Thematik der Menschwerdung und Erlösung Christi, welche in Liedern und Geschichten zur Adventszeit vorherrschten, lässt sich an folgendem Beispiel gut verdeutlichen: «Tochter Zion, freue dich! / Jauchze laut, Jerusalem. / Siehe, dein König kommt zu dir! / Ja, er kommt, der Friedensfürst.« Dieses Adventslied entstand Anfang des 19. Jahrhunderts und erschuf in den „[...] häuslichen Advents- und Weihnachtsfeiern des Bürgertums [...] jene erwartungsvolle Stimmung, die ein wesentliches Element der Vorfreude auf das Fest der Christgeburt darstellt.” Diese feierliche und doch besinnliche Vorbereitungszeit auf Weihnachten, wird heutzutage jedoch nur noch selten bewusst ausgeübt und wahrgenommen. Dass man sich eigentlich in einer Zeit der Rückbesinnung und Enthaltsamkeit befindet, ist in der heutigen Zeit, in welcher jegliche Arten von Weihnachtsartikel schon ab Oktober, November in den Läden zur Verfügung stehen, kaum vorstellbar. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass das Ausüben von diversen Advents- und Weihnachtsfeiern nicht mehr im häuslichen, dafür aber vermehrt im Vereinswesen zu finden ist. Doch auch hier steht vielmehr die Geselligkeit, als das Ausüben und Rückbesinnen auf christliche Überlieferungen im Vordergrund. „So versteht man leicht den Hauch von Wehmut, der über manchen Erinnerungen an den Advent liegt, so wie er damals; gewesen war, also man sich der stillen Zeit des Jahres der Vorfreude auf die große Feier der Christgeburt [...] hingab.”

Belege, Literatur

  • Döring, Alois: Rheinische Bräuche durch das Jahr. Köln 2007.
  • Gajek, Esther: Adventskalender. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 1988.
  • Moser, Dietz-Rüdiger: Bräuche und Feste durch das ganze Jahr. Gepflogenheiten der Gegenwart in kulturgeschichtlichen Zusammenhängen. Freiburg 2002.
  • Wolf, Helga Maria: Weihnachten. Kultur und Geschichte. Ein Kalendarium vom ersten Advent bis zum Dreikönigstag. Wien, Köln, Weimar 2005.

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