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Termin
Dieser Brauch findet am 07.10.2023 statt.Einstiegsinformation
Der Wilde-Mändle-Tanz in Oberstdorf stellt sich uns als der älteste deutsche Kulttanz vor: Zwölf Tänzer, verkleidet als Wilde Männer führen einen Huldigungs- und Fruchtbarkeitstanz auf. Dieses Schauspiel gibt es nur alle fünf Jahre in Oberstdorf im Allgäu. Die nächsten Aufführungen sind Mai bis Oktober 2010 in der Oybele-Halle Oberstdorf geplant.Ablauf
Kleidung und Musik der Wilden Mändle
Bei den wilden Tänzern handelt es sich um zwölf Männer, die alle aus alteingesessenen Oberstdorfern Familien stammen müssen. Die Mitgliedschaft wird meistens vom Vater auf den Sohn übertragen. Die Verkleidung der Männer hat insgesamt ein Gewicht von rund sechs Kilogramm und setzt sich unter anderem zusammen aus einem Die Musik zum Tanz, ein Andante und Allegro aus der Barockzeit, wurde früher von verschiedenen Schlaginstrumenten und Schweglpfeifen gespielt. Im Jahr 1811 brachte der Oberstdorfer Schullehrer Josef Anton Bach die Musik zu Papier, wie sie bis heute überliefert ist. Tannenbart, einem Gürtel aus Tannenästen und Laub sowie einem Kopfkranz aus Stechpalmenblättern.Tanzfolge
Der Wilde-Mändle-Tanz hat einen festen Ablauf. Er setzt sich aus kraftvollem, rhythmischem Stampfen und Springen zusammen, wobei im Laufe der Vorführung 17 unterschiedliche Tanzfiguren gezeigt werden. Zu Beginn tauchen die Wilden Mändle nur zaghaft aus der Waldkulisse auf. So sieht man zunächst nur einen einzelnen Fuß oder eine Hand, bevor die Gestalten in ihrer vollen hünenhaften Größe zu sehen sind. Danach erfolgt die gegenseitige Begrüßung der Tänzer, die in zwei Gruppen zu je sechs Männern erscheinen. Dies geschieht unter anderem durch Zusammenschlagen der Hände. Anschließend beginnt der erste Teil des Tanzes. Dazu gehören das Schwingen von Kränzen, Reigentänze, Kopfstände und das Bilden von kleinen und großen Pyramiden. Im zweiten Teil werden von den Wilden Mändle zwölf Holztafeln aufgestellt, auf denen immer der gleiche Wilde-Mändle-Kopf zu sehen ist. Davor verneigen sich die Gestalten immer wieder. Dann folgen das Anschleichen und der Keulentanz, der schließlich in einer doppelten Sitzreihe endet. Nun tritt ein dreizehntes Wildes Mändle aus dem Hintergrund hervor, bei welchem es sich um den König der Wilden Mändle handelt. Diesem strecken die übrigen zwölf Gestalten ihre Trinkbecher entgegen. Der König füllt sie dann aus seinem großen hölzernen Prunkbecher mit Bier. Das Schauspiel endet schließlich mit dem Wilden-Mändle-Lied.Hintergrund-Infos
Die Vorstellung von Wilden Männern und Waldgeistern gibt es im europäischen Kulturkreis seit vielen Jahrhunderten. So galten die wilden Gestalten bereits im Mittelalter als Kinderschreck. Im 18. Jahrhundert versuchte man gar, der dekadenten Gesellschaft anhand des Erscheinungsbildes von Wilden Männern die Parole von Jean-Jacques Rousseau. Zurück zur Natur in Bezug auf die romantisch verklärte Welt der einfachen Bauern zu verdeutlichen. Die erste komplette Beschreibung eine Wilde-Männer-Tanzes liegt in einer von Abt Columbian verfassten Vita aus dem Jahr 613 n. Chr. vor. Auch am Hofe von Heinrich VIII. von England wurde bereits 1515 ein Tanz von wilden Gestalten aufgeführt. Der Oberstdorfer Wilde-Mändle-Tanz lässt sich rund 200 Jahre lang zurückverfolgen und entstand vermutlich als Inszenierung aufgrund einer Jagdveranstaltung im Oberallgäu zur Zeit von Clemens Wenzeslaus. Wenzeslaus war Erzbischof und Kurfürst von Trier sowie Fürstbischof von Augsburg und verweilte 1793 in Oberstdorf, wo ihm ebenfalls ein Wilde-Mändle-Tanz vorgeführt wurde. Belegen lässt sich dies mit einem Eintrag im Tagebuch von Clemens Wenzeslaus, der vom Oberstdorfer Chronisten Ignaz Math folgendermaßen dokumentiert wurde: Am 26. August 1793 hat man die Komedy von den 12 wilden Männern und ihrem König vor Bischof Clemens Wenzeslaus aufgeführt.. Eine weitere Notiz findet sich in der Schöllanger-Chronik: 1793 den 26. August kam der Fürst von Dillingen, auch Bischof von Augsburg und Churfürst von Trier, Clemens Wenzeslaus, nach Oberstdorf. Man hat ihm eine große Ehre erwiesen und die Comedy von den 12 wilden Mannen und den Todentanz vorgestellt. Beide Aufzeichnungen gelten als älteste Hinweise auf den Oberstdorfer Wilde-Mändle-Tanz. 1811 boten die Wilden Mändle ihr Schauspiel abermals dem Erzbischof sowie seinen Schwestern Kunigunde und Amalia Augusta von Zweibrücken dar mit folgendem, extra für diesen Anlass komponierten Lied:Wenn wir auch wilde Männer sind Ringsum mit Moos bedeckt Wenn unser Blick ein jedes Kind Von ferne schon erschreckt So ehren wir den Fürsten doch Der Menschen Gutes thut Wenn wir werden der Arbeit müd Treten wir zusammen Und fangen an ein Abendlied In des Herren Namen Auch machen wir zuweilen Spring Beym schönen Musikschall Und bilden einen spaß`gen Ring Das gilt für CarnevallBis heute hat sich das Lied über die Jahrhunderte hinweg immer wieder verändert und wurde jedesmal den Umständen im Land angepasst. Es folgt ein Auszug aus dem heutigen Wilde-Mändle-Lied:
In unsrer Berge Gipfelwald In grauer Nacht versteckt Da ist der Wilden Aufenthalt Bis sie der Berggeist weckt. Bei seines Hornes erstem Schrei`n Bei hellem Pfeifenklang Enteilen wir dem Felsgestein Zum frohen Rundgesang. Der Eintracht singen wir Ein frohes Lied allhier Und immer tanzen wir So wild durch das Revier Dem Alpenlande bringen wir Den rauhen Kraftgesang Und unser Lebensgang Vereilt in Kling und Klang
Keltentanz mit Kultstatus?
Mitte des 19. Jahrhunderts war der Oberstdorfer Benefiziat Franz Josef Strohmeyer der Meinung, im König der Wilden Mändle den heidnischen Gott Thor zu erkennen. Dagegen hielt jedoch der Heimatgeschichtsforscher Dr. Karl Reiser. Der sah im Wilden-Mändle-Tanz lediglich ein Schaustück, das aus traditionellen Sagen schöpft und zur Erheiterung beitragen sollte. 1934, zur Zeit des Nationalsozialismus, wurde der Wilde-Mändle-Tanz als ältester deutscher Kulttanz zum geschützten Kulturgut ernannt. War der Tanz schon zuvor in den Ruch gekommen, es handle sich bei ihm um etwas, das aus keltische Zeit überliefert sei, so fällt diese Behauptung seitdem in vielen Beschreibung des Allgäus und seiner Bräuche als wäre sie Tatsache. Die Wilden Gestalten und ihr Tanz regen immer noch die Pahntasie an, wenn es darum geht zu erklären wieviel Tradition das ganze Schauspiel habe und welche einzigartigen Schätze das Allgäu berge. Das führt zu sagenhaften Geschichten, wie dieser, die sich aus dem heute geläufigen Infomaterial speist: Tatsache ist, dass die Wilden Mändle keine Fantasiegestalten sind, sondern dass sie wirklich existiert haben. Jedoch waren sie keine Waldgeister oder Ähnliches. Die Wilden Mändle waren zum Beispiel in Oberstdorf ganz einfach die Allgäuer Urbevölkerung, die vor über 1000 Jahren vor den Alemannen in die Bergwälder floh und dort sehr scheu und zurückgezogen lebte. Auch waren sie keine bösen Riesen, wie viele glaubten, sondern man kann davon ausgehen, dass diese friedlichen Bergbewohner eher von relativ kleiner Körpergröße waren, weshalb sie auch als Mändle oder Männle bezeichnet wurden. Im Tanz allerdings werden die Mändle als hünenhaft dargestellt. Dass die Wilden Mändle anfangs über das ganze Alpengebiet verbreitet waren, bezeugen alte Gasthäuser im Alpenraum, die immer noch die Aufschrift Zum Wilden Mann tragen. So und so ähnlich, kursieren viele, angeblich wahre Geschichten zum Oberstdorfer Wilde-Männle-Tanz und jeder erzählt sie gerne weiter.Weblinks
Literatur
- Allgäu-Kalender 2008. AVA- Verlag-Allgäu GmbH, Kempten 2007.
- Köcheler, Anton (Hg.): Unser Oberstdorf. Blätter zur Oberstdorfer Heimatkunde. Der Wilde-Mändles-Tanz von Oberstdorf. Oberstdorf 1997.
- Petz, Wolfgang (Hg.)/Landes, B. Jörg: Funkenhex` und Wilde Männle. Allgäuer Brauchtum im Jahreskreis. Kempten 1991.
- Pürschel, Arno: Das Schöne Allgäu. Ein ergreifendes Schauspiel. In Oberstdorf tanzen wieder die Wilden Mändle. Kempten 2005 Heft 5.
Ich hätte eine Frage: wann findet der nächste Wilde Männle Tanz statt?
Mit herzlichen Grüßen
Bärbel Burghardt