Todaustragen

Termin

Feuer zum Todaustragen.

Dieser Brauch findet am 19. März 2023 statt.

Einstiegsinformation

Das „Todaustragen“, auch „Todaustreiben“ genannt, bildet einen Teil des Maifestes. Bei dem Brauch sollen mit viel Lärm und Getöse die bösen Geister des Winters vertrieben werden. Deshalb wird das Fest häufig auch „Winteraustreiben“ genannt.Es wird am Mittfastensonntag (Lätare), d.h. dem dritten Sonntag vor Ostern gefeiert. Vielerorts ist „Lätare“ auch als „Todsonntag“ bekannt. Außerdem gehört der Brauch zu den Frühlingsbräuchen.

Ablauf

Der Brauch, den Winter auszutreiben und den Sommer einzuführen, besteht gewöhnlich im Verbrennen, einer den Winter darstellenden Strohpuppe. Diese stellt im einen Jahr einen Mann, im Anderen eine Frau dar. Die Puppe wird als eine Leiche angezogen, da diese den Tod bzw. die bösen Geister darstellen soll. In der Regel wird sie mit grünen Blättern und Wintergrünkränzen geziert und das Haar wird aus Flachs verfertigt. Der Brauch kann je nach Gegend, in seiner Umsetzung voneinander abweichen. In der Regel gehen jedoch mehrere Knaben mit einer langen Stange, an die oben ein Querholz befestigt ist, von Haus zu Haus und sammeln alte Kleider, die der, den Tod darstellenden Strohpuppe, angezogen werden. Die Maie, die den Sommer darstellt, ist ein spiralförmig oder ganz weiß geschältes Stäbchen, manchmal schön geschmückt. Zuweilen tritt an ihre Stelle eine kleine Kiefer. Das Stäbchen der Maie wird mit Bretzeln und Dürrobst geziert. Danach ist der Teil der Vorbereitung vorüber und nun geht der eigentliche Umzug vor sich, indem man den Tod durch das Dorf trägt und dabei singt:

Tud aus! Tud aus!
Hätt´n m´r ´n Tud nich ausgetrog´n,
Hätt ar uns im Bett erschlog´n.
Tud aus! Tud aus!

Ein weiteres verbreitetes Lied ist:

Wir alle, wir alle kommen ´raus,
Und tragen heute den Tod ´naus,
Komm´ Frühling wieder mit uns in das Dorf,
Willkommen lieber Frühling!

Nun treiben wir den Tod aus,
Den alten Weibern in das Haus,
Den Reichen in den Kasten,
Heute ist Mitfasten.

Zum Schluss wird die Puppe ins Wasser geworfen. Nun müssen die Knaben schnellstmöglich die Flucht ergreifen. Wer am längsten zurückbleibt, heißt der „Tud´nvota“ und wird als solcher über das Jahr über geneckt. Durch das Ersäufen der Puppe soll der garstige Winter vertrieben werden und zugleich das Dorf vor Krankheiten geschützt werden. Für die Mädchen hat der Brauch eine andere Bedeutung. Die Knaben bringen ihnen aus dem Walde ein kleines Fichtenbäumchen. Die Mädchen schmücken zunächst dieses und dann sich selbst aufs beste und schönste. Anschließend tragen sie das Bäumchen von Haus zu Haus und singen in jedem ein Liedchen. Hierfür erhalten sie Kuchen, Kaffee und Geld. Letzteres wird für Kerzen für die Kirche oder Kapelle verwendet.

Verbreitung und regionale Bezeichnung

Winterverbrennung am Josefsmarkt.

Das Todaustreiben fand sich früher an vielen Orten Sachsens, besonders der Lausitz und des Vogtlands, ferner in Böhmen und Schlesien. Heute existiert der Brauch noch in mehreren Teilen Deutschlands. Im Süden Deutschlands ist er häufig unter dem Namen „Winterverbrennung“ bekannt. So wird das Fest u.a. in Eisenach, mit seinem „Sommergewinn“ und in Rheinhessen, wo es als „Stabausfest“ bekannt ist , praktiziert. Eine regionale thüringische Variante des Winteraustreibens, ist der „Sommergewinn in Eisenach. Der Eisenacher „Sommergewinn“ gilt als eines der größten Frühlingsfeste Deutschlands. In einigen Orten des böhmischen Erzgebirges wird das Todaustragen unter der Bezeichnung Tudaustrog´n“ gefeiert.

Über die Zeit ging der Brauch jedoch stark zurück. Er wurde beispielsweise in Radeberg letztmalig am 28.März 1745 verwirklicht. Eine Hochburg befindet sich in Hettingenbeuern. Hier ist der Brauch zur Sommerbegrüßung um die Mittfastenzeit seit Jahrzehnten Tradition. Die Anfänge sollen hier vor dem 19. Jahrhundert liegen.

Regionale Besonderheiten

Das Brauchtum wird in vielen unterschiedlichen Variationen verwirklicht. Unterschiede zeigen sich überwiegend, in voneinander abweichenden Liedern und Abläufen. Auch die Namen der Strohpuppe sind unterschiedlich. In manchen Orten im Südwesten heißt die Strohpuppe Hisgir. Hingegen in Hettingen wird die Puppe der tote Degen“ genannt.

In der Pfalz ist das Todaustragen als Winterverbrennung bekannt. Die Besucher erhalten sogenannte Sommertagsstöcke“ oder RiRaRo-Stöcke“ die mit bunten Kreppbändern verziert sind und an deren Ende eine Laugenbrezel (oder ein Apfel) befestigt ist. Auch die Stöcke können verbrannt werden. Mancherorts wird die Winterverbrennung mit einem Umzug verbunden. Der der älteste Teilnehmer läuft als Strohpuppe (= Winter) und der jüngste Teilnehmer als Efeupuppe (= Sommer). Von den Zugteilnehmern werden Sommertagsstöcke aus Haselnussstöcken getragen, die am oberen Ende mit Buchszweigen und aus Papier gedrehten (Rosen)Blüten verziert sind. Diese werden in der Art eines Wanderstockes mitgeführt. Die Stöcke der Zuschauer sind mit Bändern verziert und haben am Ende eine Hefebrezel und einen Apfel. Zum Abschluss gibt es einen kleinen Kampf zwischen Sommer und Winter. Diesen verliert der Winter.

Hintergrund-Infos

Historische Darstellung des Todaustragens.

Für die Entstehung des Todaustragens hat Eisenach mit der Wartburg sicher eine große Rolle gespielt. Der älteste Beleg stammt aus dem Jahr 1286. Das Fest hatte damals allem Anschein nach fast den Charakter einer Flurprozession und wurde als eine Sehenswürdigkeit erwähnt. 1578 soll man das Sommergevinn auf Letare“ in Wallenrod (bei Lauterbach in Oberhessen) gefeiert haben. Der Brauch des „Winteraustreibens“ und Sommereinholens“ wurde erst seit dem Mittelalter vielerorts als Todaustragen“ benannt. Schließlich kannten die Menschen zu dieser Zeit nur die Jahreszeiten Sommer und Winter. Mitte des 14. Jahrhunderts wurde der Brauch erstmals verfremdet. Dies geschah in Folge der großen Pestepedemie in Europa. Man glaubte, so den schwarzen Tod aus den Dörfern verbannen zu können. Im 16 Jahrhundert begegnete das Todaustragen dem ebenfalls an Lätare festgelegten Umgang mit dem Sommerbäumchen. Die beiden Bräuche koppelten sich zu einer Begehungsfiguration, die in Zeiten existentieller Bedrohung breite Volksschichten entlastete und ihnen Hoffnung und Freude schenkte. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Todaustragen mit dem Austreiben des Winters identifiziert.

Gedicht zum Todaustragen

Das Todaustreiben (Achim von Arnim)

So treiben wir den Winter aus,
Durch unsre Stadt zum Thor hinaus,
Mit sein Betrug und Listen,
Den rechten Antichristen.

Wir stürzen ihn von Berg und Thal,
Damit er sich zu Tode fall,
Und uns nicht mehr betrüge,
Durch seine späten Züge.

Und nun der Tod das Feld geräumt

So weit und breit der Sommer träumt,
Er träumet in dem Mayen,
Von Blümlein mancherleyen.

Die Blume sproßt aus göttlich Wort,
Und deutet auf viel schönern Ort,
Wer ists der das gelehret?
Gott ists, der hats bescheeret.

Weblinks

Literatur

  • Friedrich Sieber, Siegfried Kube: Deutsch-westslawische Beziehungen in Frühlingsbräuchen. Todaustragen und Umgang mit dem Sommer. Akademie-Verlag, Berlin 1968,
  • Liungman, Waldemar: Traditionswanderungen Rhein-Jenissei. Eine Untersuchung über das Winter- und Todaustragen und einige hierhergehörige Bräuche, Helsinki 1941.