Martinsnacht

Termin

Dieser Brauch findet alljährlich am 10. November statt.

Einstiegsinformation

Am Vorabend von St. Martin traf man sich in den Heimgartenhäusern (Hoigarta) und pflegte Gesellschaftsspiele.

Ablauf

Die Martinsnacht kenne ich (*1946) von früher Jugend auf. Zur Martinsnacht gab es „Auszogne“ Küachla. Allgemein bekannte Spiele wie „Blinda-mausa“ (Blinde Kuh) standen genau so auf dem Plan, wie „Schenkel-patschen“ – aber auch die derberen Spiele gab es, wo man riskierte mit Ruß beschmiert oder mit Wasser nass gemacht zu werden. Die beiden Hauptgruppen der Spiele unterschieden: 1. allgemeine und Geschicklichkeitsspiele 2. Spiele, die einige Teilnehmer nicht kannten und bis zur Durchführung draußen bleiben mussten (Salto mortale) Der ursprüngliche Hintergrund war wohl der, daß zu Martini die vorige Ernte zur Verfügung stand und man mehr übrig hatte. Daher das freigebige Verteilen der Küchle an die vor Zeiten hungrigen Teilnehmer. Mit dem Verschwinden der Lust auf Extranahrung verschwand die Bedeutung der Küchle und bis in die 70er Jahre habe ich die Martinsnacht noch mit meinen Jungmusikern gefeiert – da gab es dann schon Würste etc.

Varianten

Bei Teilnahme von Personen über 18 hatten die Spiele durchaus auch einen kleinen erotischen Reiz (Abtasten, flüchtige Küsse etc.)

Hintergrund-Infos

Namenstage

Namenstage waren früher allbekannt und gefeiert. Noch mein Großvater hat den Geburtstag nicht gefeiert. Die große Feier war der Namenstag, dessen Datum die Allgemeinheit ohnehin kannte und bei den „besseren“ Leuten zu einer Flut von Gratulanten führte. Martini war auch der Zinstag. Da hatten die Bauern nach der Ernte mehr Geld als sonst im Jahr

Vorabendfeiern

Unsere Vorfahren zählten  den Tag von Sonnenuntergang zu Sonnenuntergang. Daraus ergeben sich die Vorabendfeiern zu Martini (10.-11.11.), Nikolaus (5.-6.12.), Weihnachten (24.-25.12.) und sogar Halloween (31.10.-1.11.) oder Silvester (31.12.-1.1.) Die Schwaben sprechen folgerichtig auch von „nächtig“ statt gestern, weil ja die Nächte gezählt wurden. Bis zum Ende des letzten Jahrtausends habe ich mit meinem Musikverein das Geburtstagsständchen selbstverständlich am Vortag gespielt, denn am Abend des Geburtstages war ja folgerichtig der „Geburtstag schon rum“. Folgt man dem Zeitgeist, zieht der Aberglaube, vor Mitternacht nicht gratulieren zu dürfen. Die Mitternacht war nach alter Vorstellung allerdings der ungünstigste Zeitpunkt, weil das war die Stunde der „bösen Mächte“.

Gewährspersonen

  • Kurt Erich Schmid, Ichenhausen
  • Verschiedene Personen im Günztal, die ich noch persönlich kenne