Maifeier in Geretsried

Termin

Dieser Brauch findet alljährlich am 01. Mai statt.
Der Maibaum in Geretsried.

Einstiegsinformation

In vielen bayrischen Gemeinden ist es Brauch, den ersten Mai zu feiern. Auch in Geretsried, einer kleinen Stadt südlich von München ist dies seit vielen Jahren Tradition. Organisiert wird dies dort, anders als in den umliegenden Gemeinden von keinem Burschen-, sondern von einem Heimatvertriebenenverein. Dies ist auch der Grund, warum der gesamte Ablauf, angefangen vom Fällen des Baumens, über die Festlichkeiten, bis hin zum Umschneiden keinen traditionellen bayrischen Einfluss hat, sondern auf einem Brauchtum beruht, der aus dem Egerland entspringt.

Ablauf - Die Maifeier

Der 1. Mai und die damit verbundene Feier wird heute noch immer, Jahr für Jahr von den in Geretsried lebenden Egerländern, bzw. deren Nachkommen organisiert. Seit 1947 bestehe dieser Brauch in Geretsried, so Helmut Hahn, der Vorsitzende der Egerländer Gmoi in Geretsried. Schon beim Anblick des Maibaumes, fällt auf, dass dieser anders aussieht, als der „typische“ Maibaum. Der Grund hierfür ist die jahrhundertealte Tradition, der Egerländer aus ihrer früheren Heimat. Das heißt, keinen bayrischen Ursprung, also auch keine weiß-blaue Bemalung.

Das Aufstellen

Der Baum, der als Maibaum am 01. Mai aufgestellt werden soll, wird einige Tage früher ausgewählt, aber erst direkt am Maimorgen gefällt. Treffpunkt hierfür ist um 05.30 Uhr morgens für das gemeinsam in den Wald gehen um den Baum zu holen. Im Wald selber, wird der Baum entrindet und anschließend zum Aufstellungsort am Rathaus transportiert. Dort wird der Baum von vielen Helfern mit bunten Bändern an den oberen Ästen geschmückt. Auch ein Kranz, der ein paar Tage vorher gebunden wird, bekommt bunte Bänder als Schmuck. Der Kranz wird anschließend an der Spitze des Baumes befestigt. Nun wird der Baum mit Scherstangen und vereinter Männerkraft ausgestellt. Die örtliche Feuerwehr ist zur Sicherung des Baumes vor Ort. Viele Bürger schauen bei diesem Vorgang Jahr für Jahr zu. Nachdem der Baum steht, gibt es auf einem Platz am Rathaus Brotzeit für alle Helfer.

Die Feier

Das Aufstellen des Maibaums.
Nachmittags beginnt dann der offizielle, festliche Teil des Tages. Bei schönem Wetter werden Bierbänke und eine Bühne auf dem besagten Platz aufgebaut. Für das leibliche Wohl sorgen Mitglieder der Egerländer Gmoi. Es gibt Kaffee und Kuchen, aber auch ein kaltes Bier und eine Bratwurst sind vorhanden. Bei schlechtem Wetter wird die Veranstaltung in das nahe gelegene Wirtshaus verlagert, das ebenfalls über einen Saal mit Bühne verfügt. Der Bürgermeister der Stadt eröffnet die Feierlichkeit mit einer Rede. Anschließend treten die Tanzgruppen der Heimatvertriebengruppen auf. Dabei sind die Banater Schwaben, die Ungarn, die Griechische Gemeinde, die Siebenbürgersachen und die Egerländer selbst auf. Jede tanzgruppe präsentiert ein bis zwei Tänze aus ihrer Heimat. Auch KIndertanzgruppen führen ihr Können vor. Nach dem offiziellen Teil klingt der restliche Tag gemütlich bei Blasmusik aus.

Das Umschneiden

Der Maibaum allerdings bleibt nun nicht, wie in vielen anderen Gemeinden ein oder mehrere Jahre stehen, sondern wird bereits nach vier Wochen um geschnitten. So, wie es eben Brauch im Egerland war. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen und den dafür nötigen Sicherheitsbedingungen darf dies auf öffentlichen Plätzen heutzutage nichtmehr von Privatpersonen erledigt werden. Aus diesem Grund unterstützt die Freiwillige Feuerwehr aus Geretsried auch hier wieder die Egerländer Gmoi. Dies wird ebenfalls wieder von vielen Interessierten verfolgt. Gerade für Kinder ist es immer ein spannendes Ereignis, wenn die Feuerwehr mit Hilfe des Drehleiterwagens den Maibaum Stück für Stück abschneidet.

Hintergrund-Infos

Geretsried – eine Stadt der Heimatvertriebenen

Das Umschneiden des Maibaums.
Um zu verstehen, warum die Maifeier anders abläuft, als in den Umkreisen, muss man sich mit der Geschichte Geretsrieds befassen. Aufgrund von Kriegen in ihren Heimatländern mussten viele Menschen um 1946 aus diesen fliehen. Sie kamen als Heimatvertriebene in das heutige Geretsried und wurden dort und rund um diesen Bereich in Lagern untergebracht. Die Vertriebenen kamen aus Sudetendeutschland, dem heutigen Rumänien (Siebenbürger und Banater Schwaben) und Ungarn. Mit in ihre neue Heimat brachten die Flüchtlinge außer ihren wichtigsten Utensilien auch verschieden Traditionen und Bräuche. 1950 wurde Geretsried dann zur Gemeinde ernannt. In den weiteren Jahren wachsen in Geretsried Industrie und der Handel, in welchem viele Heimatvertriebene Jobs fanden und aus den Lagern ausziehen konnten. Es werden Vereine, wie die heute noch bestehende Feuerwehr gegründet. Auch kulturelle Vereine wachsen in dieser Zeit. 1970, 20 Jahre später wird Geretsried zur Stadt. Die Stadt wächst in den folgenden Jahren immer weiter an und es werden öffentliche Einrichtungen, wie ein Hallenbad, ein Eisstadion oder Schulen gebaut. All diese Zeit über lebten die Heimatvertriebene ihre Traditionen aus, gaben sie an die nächste Generation weiter und tragen somit einen sehr großen Anteil an dem kulturellen Leben der Stadt. Heute umfasst Geretsried knappe 24.000 Einwohner und ist somit die größte Stadt im Landkreis Bad Tölz- Wolfratshausen. Geretsried besteht aus vier Teilen: Stein, Geretsried, Gartenberg und Gelting. Außerdem zählen drei kleinere Ansiedlungen zu dieser Stadt.

Die Egerländer

Eine der heute noch ansässigen Heimatvertriebenengruppen in Geretsried sind die Egerländer. Sie bilden einen Teil derer, die heute als Sudetendeutsche oder Deutschböhmen bezeichnet werden. Bis sie 1946 aus ihrer Heimat vertrieben wurden, siedelten sie sich in dem Raum zwischen dem nördlichen Böhmerwald, Fichtel- und Erzgebirge und der deutsch-tschechischen Staatsgrenze. Dieses Gebiet wird das weite Egerland genannt. In der ihrer neuen, wenn auch gezwungen Heimat, wollten sich die Egerländer dennoch wohlfühlen. Hierzu gehörte, dass die Vertriebenen sich untereinander trafen um ihre mitgebrachte Tradition ausüben und bewahren konnten. Bei ihren Treffen, unterhielten sich die Menschen ihrer heimatlichen Mundart und sangen auch in dieser. So wurde Zusammenhalt und gemeinsame Stärke entwickelt. Dies half in der neuen Umgebung klar zu kommen, trotz der erschütternden Hintergründe für den Heimatwechsel. 1882 fiel dann erstmal der Name „Gmoi“, als Beschreibung für Gemeinde, in einer anderen Stadt. Seit 1910 gibt es eine Gmoi in München. Auch in Geretsried gibt es solch eine von den Vertriebenen selbst gegründete Gmoi seit 1951. Immer schon wurde in dieser Gmoi gesungen, musiziert und getanzt. Auch heute noch gibt es eine Kinder- und Jugendtanzgruppe, die unter anderem singen, tanzen, Theaterspielen und die Mundart pflegen und eine Erwachsenengruppe die darüber hinaus noch Veranstaltungen organisiert. Eine Blasmusik, die Musik aus dem Egerland spielt, existiert außerdem. Außer dem Maibaumaufstellen, übten die Egerländer schon bereits ein Jahr nach ihrer Ankunft auch andere Bräuche, wie das Osterratschen mit anschließendem Osterfeuer aus.

Gewährspersonen

  • H. Hahn, Vorsitzender der Egerländer Gmoi Geretsried
  • M. Hauptkorn, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Geretsried
  • S. Dreyer, eigene Teilnahme

Literatur

  • Stadt Geretsried: Geretsried Eine Doppelschwaige wird Stadt, Geretsried 1999.

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