Chinesisches Mondfest

Termin

Dieser Brauch findet am 29.09.2023 statt.

Einstiegsinformation

Der folgende Artikel bezieht sich im speziellen auf das Mondfest in Taiwan, lässt sich aber grundsätzlich auf den gesamten chinesischsprachigen Raum anwenden.

Im Vorfeld findet eine kurze Erläuterung zur besonderen Bedeutung von Feiertagen im allgemeinen in der zeitgenössischen chinesischen Kultur statt, um die Bedeutung dieser hervorzuheben.

Die Bedeutung von Feiertagen in der zeitgenössischen chinesischen Kultur

Im Chinesischen Kalender, der sich nach Mondphasen richtet und dadurch die meisten Feiertage im Gegensatz zu unserem westlichen Kalender in den jeweiligen Jahren zu unterschiedlichen Zeiten zelebriert werden, sind die drei bedeutendsten Festlichkeiten bzw. Feiertage das chinesische Neujahresfest im Zeitraum zwischen Ende Januar und Februar, das hier vorgestellte Mondfest im September und der chinesische Nationalfeiertag (Volksrepublik China) im Oktober.

Speisen zum Mondfest.

Diese Feiertage sind für den chinesischsprachigen Raum von großer Bedeutung, nicht nur aus kultureller Sicht sondern in zeitgenössischer Hinsicht, dass es der Bevölkerung erlaubt, in Zeiten von Urbanisierung und dadurch Trennung von Familie, mit dieser wieder zusammenzufinden und gemeinsam die Festlichkeiten zu beschreiten. Die Familie in der chinesische Kultur besitzt einen sehr hohen Stellenwert, auf Grund dessen großer Wert gelegt wird, die Familie zusammenzuhalten.

Statistiken belegen, dass es in den letzten Jahrzehnten seit der Kulturrevolution in China zu der bisher größten gesehenen Migrationsbewegung und Verstädterung auf Grund besserer ökonomischer Perspektiven in der Stadt als auf dem Land gekommen ist. Es wird geschätzt das ca. 200-500 Millionen Festlandchinesen in diesem Zeitraum aus ländlichen Gegenden in Städte gezogen sind. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass die chinesische Arbeitskultur längerfristigen Urlaub im Normalfall nicht vorsieht. So kommt ein Arbeitnehmer der 10 Jahre bei einem Unternehmen beschäftigt war auf 10 Tage Jahresurlaub, während Feiertage ihm 11 Tage arbeitsfreie Zeit zugestehen. Somit kommen Feiertagen, insbesondere den oben erwähnten, eine besondere Bedeutung zu, da es diese zulassen, zu ihren Familien zurückzukehren und mit diesen die Feierlichkeiten gemeinsam zu begehen und dabei die Tradition der Familie als Einheit zumindest für wenige Tage im Jahr aufrechtzuerhalten.

Das Mondfest

静夜思

床前明月光
疑是地上霜
举头望明月
低头思故乡

Gedankenschwere stille Nacht

Von meinem Bett aus sehe ich das helle Vollmondlicht
Frost scheint den Boden zu bedecken
Ich erhebe mein Haupt und bewundere den Vollmond
Ich senke mein Haupt und denke mit Wehmut an mein Zuhause.

(Freie Übersetzung)

Dieses Gedicht des bedeutenden Dichters Li Bai aus dem 8. Jahrhundert bezieht sich auf das Mondfest und soll sein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, in dieser Zeit nicht mit seiner Familie und seinen Freunden vereint sein zu können. Auch heute noch lernen fast alle Schulkinder in Taiwan dieses Gedicht auswendig, und auch viele Erwachsene können es noch Jahrzehnte nach ihrer Schulzeit rezitieren.

Das Mondfest wird in der 15. Nacht des 8. Monats gemäß dem chinesischen Kalender zelebriert. Es symbolisiert das Ende der Erntezeit, u.a. vergleichbar mit dem Erntedankfest in der westlichen Welt. Die chinesische Agrikultur orientiert sich bis heute noch stark an den Phasen des Mondkalenders, welche Aussaht und Erntezeit vorgibt. Gleichzeitig signalisiert der Vollmond an diesem Tag eine heile perfekte Welt, in der sich Familie und Freunde zu Hause zusammenfinden um gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen und ursprünglich eine erfolgreiche Ernte zu feiern.

Kultureller Hintergrund des Mondfestes

Zu Beginn huldigte man während des Mondfestes den Mondgott. Inzwischen sind die Feierlichkeiten jedoch vielseitiger. Heutzutage huldigt man zwar immer noch den Göttern, aber es ist auch ein Tag des Wiedersehens mit Familie und Freunden, den Vollmond zu genießen und Mondkuchen und Pomelos zu essen und zu grillen.

In dieser Zeit begibt sich das ganze Land auf Reisen um zu seinen Geburtsorten zurückzukehren, und mit den älteren Generationen sowie Brüdern und Schwestern ein Festmahl während des Vollmonds zu genießen, es werden Sehenswürdigkeiten und Parks besucht, dabei Mondkuchen und Pomelos verspeist und Tee getrunken. Während der wichtigsten Feiertage ist es quasi nicht möglich, Restaurants zu besuchen ohne weit im Vorfeld reserviert zu haben, Sehenswürdigkeiten nur im Gedränge von Menschenmassen betrachten zu können, Hotels oder Unterkünfte zu normalen Preisen zu finden oder eine Reservierung/Sitzplatz für ein Fernverkehrsmittel zu bekommen. Dem Reisenden zu dieser Zeit sei zur gründlichen Planung geraten und nichts dem Zufall zu überlassen.

Aktuelle Umsetzung und Ausübung

Heutzutage wird auch im asiatischen Raum immer weniger unter den traditionellen Gesichtspunkten gefeiert und der Kommerz gewinnt bei diesen Feiertagen immer mehr an Bedeutung. So entwickelte sich beispielsweise das Mondfest in Taiwan mit der Zeit zu einem „Nationalen Grilltag“. Überall, ob in der Stadt oder auf dem Land, auf Bürgersteigen vor Häusern, in Parks, oder auf den Dächern über der Stadt sitzen Familien, Freunde aber auch der „anonyme Nachbar“ aus dem Stockwerk über einem zusammen um kleine improvisierte Grills und grillen taiwanesische Würstchen, Hühnchen, Shrimp, Tintenfisch, Gemüse, Pilze und viele weitere Köstlichkeiten. Der Geruch von gegrillten wabert dabei quasi durch das ganze Land, und bei seinem Spaziergang im Park oder in der Stand muss man darauf achten, nicht aus Versehen einer Familie in Ihr Abendessen zu treten.

Entstehung und Legende

Über die Entstehung und Legende des Mondfestes gibt es eine Vielzahl von Geschichten. Eine der bekanntesten jedoch ist die Legende von Chang Er und Hou Yi. Hou Yi, in der Geschichte als berühmter Bogenschütze rettete die Welt vor plötzlich auftauchenden Sonnen, welche die Erde hätten unbewohnbar gemacht, wenn sie nicht durch Hou Yi und sein Gabe als Bogenschütze zerstört worden wären.

Darstellung von Chang Er bei seiner Himmelsreise.

Hou Yi gewann dadurch großes Ansehen und seine Fähigkeiten als Bogenschütze machten ihn berühmt. Daraufhin lernte er Chang Er kennen, eine liebliche Schönheit, die er zur Frau nahm. Eines Tages bekam Hou Yi für seine Leistungen ein Elixier der Unsterblichkeit von einer Göttin. Da er jedoch seine Frau Chang Er nicht zurücklassen wollte, indem er das Elixier verwendete, vertraute er es seiner Frau zur Aufbewahrung an. Einer seiner Schüler beobachtete dies und als Hou Yi eines Tages nicht zu Hause war, forderte dieser Schüler Chang Er dazu auf, ihm das Elixier der Unsterblichkeit zu übergeben. In dem Wissen, dass sie sich ihm nicht wiedersetzen könne entschloss Chang Er sich dazu, dass Elixier selbst zu trinken. Daraufhin wurde sie leicht wie eine Feder und entschwand gen Himmel. Als sie sich ihres Schicksals bewusst wurde, dass sie nie wieder zu ihrem geliebten Mann zurückkehren könne, entschloss sie sich, sich auf dem Mond niederzulassen, von dem sie ihren Mann zumindest aus der Ferne beobachten konnte.

Als Hou Yi zurückkam, informierte ihn ein Diener über das Geschehene. Mutlos wandte sich sein Blick gen Vollmond in der Hoffnung, Chang Er´s Anlitz sehen zu können. Das gesamte Dorf versammelte sich und bereitete Opfergaben für den Mond und sandte Gebete für Chang Er. Der Legende nach ereignete sich dies an dem besagten 15. Tag des 8. Monats des Mondkalenders, eben jenen Tag, an dem der Vollmond am hellsten leuchtet und an dem auch heute noch das Mondfest zelebriert wird.

Mondkuchen und Pomelos

Der Legende nach entwickelten sich Mondkuchen zu einem Brauch während der Yuan Dynastie (1271 – 1368 AD) zu einer Zeit als China unter Herrschaft der Mongolen stand. Insbesondere die Han Chinesen lehnten die Herrschaft durch die mongolischen Stämme ab und so planten sie eine Rebellion gegen die ausländischen Herrscher. Zu diesem Zweck versteckten sie geheime Nachrichten mit dem geplanten Datum des Aufstandes, dem 15. August des chinesischen Kalenders in den Mondkuchen und verteilten diese an die Bevölkerung mit dem Aufruf zur Rebellion an diesem Datum. Die Rebellion gelang, die Mongolen wurden aus China verdrängt und bis zum heutigen Tage gelten Mondkuchen als essentieller Bestandteil des Mondfestes.

Traditioneller Mondkuchen.

Mondfest und Mondkuchen gehören zusammen wie Weihnachten, Lebkuchen und Christstollen – was ist die Bedeutung von Mondkuchen? Mondkuchen werden als Gabe für die Götter gegeben. Außerdem repräsentieren sie Einheit, Familie, Glücklichkeit. In der Vergangenheit wurden sie auch dazu benutzt, geheime Botschaften zu übermitteln.
Die besondere Bedeutung, die der Vollmond durch seine runde Form und seine Helligkeit widerspiegelt, Einheit von Familie und Kreislauf des Lebens sind Symobliken, die auch durch Mondkuchen repräsentiert werden. Vor den Feierlichkeiten gibt es Boxen von Mondkuchen überall in den Bäckereien zu kaufen. Vor den populären Bäckereien bilden sich lange Schlangen die nie schwinden zu scheinen, egal zu welchem Tag oder zu welcher Tageszeit man versucht dem Gedränge ein Schnippchen zu schlagen. Firmen verteilen Mondkuchenboxen an ihre Mitarbeiter, Kuriere haben Hochkonjunktur beim Zustellen von Mondkuchen an Geschäftspartner und natürlich kann man nicht ohne dieses symbolträchtige Gebäck zu seinen Freunden und/oder Familie heimkehren.

Mondkuchen werden zwar durch Bäckereien und Konditoreien vertrieben und als Gebäck verkauft, allerdings dürfte für ein Mondkuchen-Neuling der Geschmack so einiges an Überraschung bereithalten, wenn er bis dato noch keine Erfahrungen mit chinesischen, taiwanesischen oder japanischen Nachspeisen gesammelt hat. Zwar gibt es eine Vielzahl an Füllugen, der Klassiker jedoch ist die Verwendung von roter Bohnenpaste und gesalzenem hartgekochten Eigelb. Diese werden in ein 1.5 – 2cm hohes rundes Küchlein gefüllt, umgeben von Kuchenteig und mit reicher Verzierung auf der Oberseite anschließend gebacken bis sie goldenbraun ihren Weg zum Kunden finden. Alternative (und kalorienärmere) Füllungen sind u.a. Fruchtfüllungen oder Füllungen mit Teegeschmack.

Pomelos sind Zitrusfrüchte, die ihre Erntezeit um das Mondfest haben. Zu diesem Zeitpunkt sieht man in allen Supermärkten, auf Märkten und bei fliegenden Händlern Berge von Pomelos auftürmen. Pomelos sind am ehesten mit Grapefruits zu vergleichen, jedoch mit einer fruchtigeren Note. In ihrer Erscheinung ähneln sie sehr dem Vollmond und daher haben auch diese Früchte eine entsprechende Symbolik (die Rundheit und die goldene Farbe der Frucht) die dem Konzept des Mondfestes entspricht. Neben dem Aussehen bedeutet die Aussprache von Pomelo eben nicht nur Pomeleo sondern die Hoffnung auf Schutz und Segen im kommenden Jahr.

Literatur

  • Liu, Amy C.: Taiwan A to Z – The Essential Cultural Guide. Taipei 2013.