Todos los Santos – Allerheiligen in Peru

Termin

Musikgruppe zu Allerheiligen.

Dieser Brauch findet alljährlich vom 01. bis zum 02. November statt.

Einstiegsinformation

In den christlich geprägten Regionen Europas und Lateinamerikas gilt der November als der Monat des Totengedenkens. Dies wird jedoch in vielen Ländern höchst unterschiedlich ausgedrückt. Während man in Deutschland diese Zeit mit einer eher traurigen, andächtigen Stimmung assoziiert, besitzen die Novembergedenkttage in Peru einen sehr lebendigen und bunten Charakter.

Insbesondere an Allerheiligen (Todos los Santos) finden im ganzen Land von 1. bis 2. November besondere Feierlichkeiten im Kreise der Familie und auf den Friedhöfen statt, um den nahestehenden Verstorbenen zu gedenken.

Ablauf

Festtafel

Speisen und Getränke zu Allerheiligen.

Bereits einige Tage vor Allerheiligen beginnen in vielen Familien die Vorbereitungen für das Fest. Von besonderer Bedeutung ist hierbei eine festlich gedeckte Tafel mit vielen unterschiedlichen Speisen, die die Familienmitglieder und die Verstorbenen am liebsten essen beziehungsweise aßen. Neben diese Gerichte werden vielerorts auch Bilder der toten Mitglieder der Familie platziert, um ihrer zu gedenken. Intention dieser Handlung ist die peruanische Überzeugung, dass die Verstorbenen zwischen dem 1. und 2. November zu Besuch in ihr Zuhause zurückkehren.

Die Auswahl der Speisen variiert dabei je nach persönlichem Interesse. Beispielsweise wird nach Angaben der Gewährsperson oftmals Mazamorra, eine Kürbissuppe mit Ananasstücken, Anis und Zimt zubereitet. Andere häufig verwendete Speisen und Getränke sind auch Cocoblätter, Obst, Kuchen sowie Wein und Bier (Cusquena).

Friedhofgang

Traditionell finden sich tausende Bewohner Lateinamerikas am 2. November in den Friedhöfen ein, um die Verstorbenen zu besuchen und ihre Grabstätten zu verschönern. Zu diesem Anlass werden auch Blumenkränze aus Papier und das Essen der Festtafel zu den Grabstätten mitgebracht und aufgebaut. In fröhlicher Stimmung verbringen die Familien dort den gesamten restlichen Tag bis zum Morgengrauen und teilen das mitgebrachte Essen und Trinken symbolisch mit den Seelen der Toten. Nach peruanischem Brauch werden die mitgeführten Leckereien auch zwischen den Familien ausgetauscht, denn es soll nichts von den Gerichten wieder mit nach Hause mitgenommen werden.
Dieser Brauch, Essen und Trinken mit den Verstorbenen zu teilen, stammt noch aus der vorspanischen Epoche und hat im Laufe der Zeit auch christliche Symbole übernommen.
Außerdem befinden sich auch mobile Essenstände vor Ort und bieten eine weitere Auswahl an verschiedenen peruanischen Gerichten wie Chicharones, Ceviche oder Pachamanca.

Neben dem kulinarischen gibt es auch ein breites musikalisches Angebot auf den Friedhöfen Perus. Sehr verbreitet sind hierbei die Tanzgruppen und „Bandas“, welche man für ein Ständchen gegen eine kleine Gebühr anmieten kann.

Hintergrund-Infos

Teilnehmer bei dem Fest.

Tod und Erinnerung

Diese Feierlichkeiten bedeuten allerdings keineswegs, dass der Tod für die Menschen in Lateinamerika weniger angstbeladen ist, als beispielsweise in Deutschland. Generell wird der offene Umgang mit dem Tod und die Erinnerung an die Verstorbenen nicht nur an Allerheiligen viel bewusster und stärker in das Leben integriert und somit auch weniger tabuisiert als in westlichen Ländern.

Bei einem Todesfall besuchen beispielsweise besonders in ländlichen Regionen Verwandte, Freunde und Nachbarn die Hinterbliebenen, um diesen bei der Trauerarbeit beizustehen und fröhliche Anekdoten und Erinnerungen über den Verstorbenen auszutauschen. Die Organisation von Abschied und Beerdigung wird traditionell von den jeweiligen Familien übernommen, welche die Trauerfeier individuell gestalten. Hierbei werden oftmals Musikstücke gespielt oder Texte vorgelesen, die der Verstorbene zu Lebzeiten sehr gemocht hatte.

Im Zuge der Urbanisierung im ausgehenden 20. Jahrhundert verschwand diese kollektive Anteilnahme vor allem in den Großstädten Perus. Der Umgang mit dem Tod und die Beerdingungsformen entwickelten sich besonders bei den Mittelschichten in Metropolen wie Buenos Aires ähnlich mit denen in Europa oder den USA. Beispielsweise etablierten sich professionelle Institutionen und Berufsgruppen wie Bestattungsunternehmen und Beerdigungsredner, die die Organisation der Beerdigung übernehmen. Die Trauer ist nun auch in Peru etwas Privates geworden, welche in einem kleinen Kreis begangen wird. Ebenso wahrt man Distanz zu den Angehörigen des Verstorbenen und bekundet sein Beileid bei der Beerdigung lediglich mittels eines stummen Händedrucks.

Gewährspersonen

Im Rahmen dieses Artikels wurde ein Interview mit Herrn Viktor Espinoza geführt. Herr Espinoza, Akademiker peruanischer Herkunft, lebt seit vielen Jahren in Augsburg.

Literatur

  • Schmitz, Susanne: Allerheiligen und „natitas“ – Enger Kontakt zwischen Lebenden und Toten im Hochland von Bolivien und Peru. In: Lydia Raesfeld und Ursula Bertels (Hg.): Götter, Gaben und Geselligkeit. Einblicke in Rituale und Zeremonien weltweit. Waxmann: Münster 2009 .
  • Seeler, Rolf: Peru und Bolivien. DuMont: Köln 2001.