Viehscheid

Termin

Alphirt mit geschmückter Kuh.

Dieser Brauch findet alljährlich an den Tagen um den 29. September statt.

Einstiegsinformation

Der Viehscheid gehört zum Alpabtrieb und ist für das Allgäu und seine Bewohner ein wichtiges und freudiges Ereignis. An einem Tag, meist Ende September, kehrt das Vieh von der Alpe ins Tal zurück, um die Wintermonate in den heimatlichen Stallungen zu verbringen.

Ablauf

Für die Alpbauern (die Alm nennt man im Allgäu Alpe und folglich heißt es Alpbauern) ist es einer der wichtigsten Tage im Jahr, wenn die Tiere, die den Sommer auf der Alpe verbracht haben ins Tal zurückgetrieben werden. Das ist in der Morgenfrühe an einem Tag Ende September der Fall, meist um Michaeli (29. September). Nicht nur für die Alpbauern ist der Tag wichtig: Dass dieser Tag im Allgäu tatsächlich oft ein allgemeiner Festtag ist, zeigen die zahlreichen Veranstaltungen rund um den Viehscheid. In rund 30 Orten gibt es im Allgäu einen Viehscheid. Ein größeres Fest mit Blasmusik und Verköstigung wird zum Viehscheid aber nicht in jedem davon gefeiert.

Zur Alpsaison

Im Frühsommer, wenn sich im Tal bereits die ersten Sonnenhungrigen im Freibad tummeln, heißt´s auch für die zahlreichen Jungrinder im Allgäu: Auf in die Sommerfrische. Der Aufstieg in die Alpen, der so genannte Alpauftrieb, ist mühsam und beschwerlich für das Jungvieh, das den Stall zuvor erst wenige Male verlassen durfte. Aus den Viehbeständen verschiedener Bauern der umliegenden Talschaften werden Herden gebildet. Den Alpauftrieb zu beobachten gilt übrigens als absoluter Geheimtipp für die Frühsommergäste in der Fremdenverkehrsregion.

Für die kommende Zeit sind die Hirten für deren Wohlergehen verantwortlich. Nach gut 100 Tagen auf der Alpe heißt es zwischen dem 9. und 24. September schon wieder Abschied von dort nehmen. Die Herden werden dann ins Tal getrieben, wo sie von Einheimischen und Gästen bereits freudig erwartet werden. Die Leitkuh bekommt einen kunstvoll und aufwändig in Handarbeit gefertigten Kopfschmuck aus Bergblumen, Zweigen, Bändern und Tannengrün aufgesetzt. Auf diese Weise festlich geschmückt führt sie als Kranzrind die Herde an. Natürlich tragen auch die Hirten ein Festtagsgewand, nämlich traditionell eine Lederhose mit bestickten Edelweißhosenträgern. Nachdem die Herde zusammen mit den Hirten im Tal eingetroffen ist, beginnt der eigentliche Viehscheid. Wie schon das Wort sagt, wird das Vieh geschieden. Das heißt, die einzelnen Tiere werden aus der Herde herausgeholt und ihrem jeweiligen Besitzer übergeben. Dies geschieht auf dem so genannten Scheidplatz, der häufig außerhalb des Ortes liegt.

Interview

Interviewpartner war Hr. Konrad.

Wann und wo findet der Viehscheid statt?
Der Viehscheid in Gunzesried findet alljährlich am 17. September statt.

Seit wann gibt es ihn?
Seit ca. 50 Jahren.

Was wird beim Viehscheid genau gemacht, und wozu dient er?
Das Jungvieh, das im Juni zur Sommerfrische auf die Alm getrieben wurde, wird dann wieder ins Tal herabgeführt.

Wer beteiligt sich aktiv daran?

Alle Senner der Umgebung.

Was machen die Senner während das Jungvieh 100 Tage auf der Alm ist?
Die Senner sind in der Zeit auf einer so genannten Sennerhütte bei dem Jungvieh. Meist nehmen sie sich noch dazu drei Kühe mit auf die Alm, um Butter und Milch herstellen zu können, da das Jungvieh noch nicht in der Lage ist, Milch zu geben.

Gibt es nach dem Almabtrieb ein Fest?
Ja. Bei diesem Fest werden Senner wie auch das Jungvieh geehrt. Die schönste Kuh wird mit einem Kranz bzw. der Senner mit einer Schelle (Glocke) ausgezeichnet. Außerdem wird Blasmusik gespielt, und es wird getanzt.

Wer organisiert das Fest?
Dazu gibt es einen Scheidmeister, der sich um die organisatorischen Angelegenheiten kümmert.

Gibt es ein traditionelles Essen?
Es werden jedes Jahr Schüblinge (Würste) gereicht.

Seit wann wird der Viehscheid in dieser Form praktiziert?
Erst seit ein paar Jahren wird es wie ein bayerisches Volksfest gefeiert, früher diente der Viehscheid lediglich dem Abtrieb des Viehs.

Findet der Viehscheid noch in anderen Regionen statt?
Hauptsächlich in den bayerischen Alpen, ansonsten noch in Baden-Württemberg, Österreich und auch in Teilen der Schweiz.

Hintergrund-Infos

Die Tradition der gemeinsamen Alpbewirtschaftung kann bis 1000 n. Chr. zurückverfolgt werden. In dieser Zeit wird dies erstmals für den Raum Oberstdorf erwähnt. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Hirten beim Alpabtrieb unter sich. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er zur großen Attraktion. Viele Touristen kommen inzwischen extra zu diesem Ereignis ins Allgäu.

Weblinks

Literatur

  • Kumpfmüller, Judith: Das bayerische Brauchtumsjahr. Lebendige Folklore zwischen Frankenwald und Watzmann.